• Keine Ergebnisse gefunden

6.3 „Kennzahlen“ – Die Systematiker

Im Mittelpunkt der Darstellung dieses Typs steht das Gruppeninterview mit einem Großbetrieb, dem „Wasserwerk“ ABF-3-2000+. Dieser Fall wird an geeigneten Stel-len mit den Gruppeninterviews der Fälle CHEM-1-20-249 und WFB-20-500-1999 verglichen. Die vergleichende Interpretation widmet sich dem Thema Erfolge im Ar-beitsschutz.

Das „Wasserwerk“ ABF-3-2000+ - Zusammenfassung des Relevanzsystems Der Großbetrieb ist aus der Fusion zweier zuvor selbständiger Unternehmen der Wasseraufbereitungs- und Entsorgungsbranche hervorgegangen und befindet sich in der Post-Merger-Phase, in der eine neue gemeinsame Kultur entstehen und die Unternehmensteile noch zusammenwachsen müssen. In dem Jahr, in dem das Gruppeninterview stattfindet, befindet sich der Aufbau eines gemeinsamen Arbeits-schutzmanagementsystems (AMS) in vollem Gange. Dieses soll in das integrierte Managementsystem, das bereits Qualitäts- und Umweltschutzmanagement umfasst, eingegliedert werden. In der Vergangenheit sind bereits regionale Arbeitsschutzzerti-fikate angestrebt und erteilt worden. Eine entsprechende Auszeichnung konnte aber nicht verlängert werden. Die AMS-Aufbauarbeiten werden von den Befragten als för-derlich für das Zusammenwachsen des neuen größeren Unternehmens erlebt. An dem Gruppeninterview nimmt der Abteilungsleiter Netzbetrieb, die in diesem Fall weibliche Fachkraft für Arbeitssicherheit, eine Frau, die zugleich AMS-Beauftragte ist, sowie ein Arbeitnehmervertreter teil. Gleich zu Beginn teilen die Gesprächs-partner mit, dass sie pro Jahr 30 bis 40 Arbeitsunfälle zu verzeichnen haben. Dies sei die Größenordnung, auf die die Unfälle durch technische Maßnahmen in den letz-ten Jahren reduziert werden konnte. Damit scheint eine Grenze erreicht, die nach Ansicht der Befragten nur durch Verhaltensänderung der Beschäftigten weiter

ge-senkt werden kann. Man ist sich noch nicht abschließend darüber im Klaren, wie eine solche Verhaltensänderung zu erreichen ist. Der Betrieb verfügt über ein betriebli-ches Gesundheitsmanagement (BGM) mit vier festangestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unter Leitung des Betriebsarztes. Im Rahmen des BGM werden Ge-sundheitstage durchgeführt, es gibt eine Anlaufstelle für Suchtfragen sowie Aktivitä-ten in der Suchtprävention, Mitarbeiter-Befragungen sowie eine Betriebssportgruppe, die ein Zirkeltraining durchführt, an dem alle Beschäftigten teilnehmen können. Das Durchschnittsalter im Betrieb liegt bei 48 Jahren, die durchschnittliche Betriebszuge-hörigkeit bei 20 Jahren. Der Betrieb befindet sich in einem städtischen Ballungsraum.

Formulierende Interpretation zur Passage „Erfolge im Arbeitsschutz“

Auf die leitfadengestützte Frage „Wann fühlen Sie sich im Arbeitsschutz erfolgreich?“

hatten die Befragten in den vorangegangen Passagen bereits mit einem Bericht über ein Projekt im Bereich Ergonomie geantwortet, das sie als erfolgreich bezeichneten.

Da nicht klar wurde, worin genau der Erfolg bestand, fragte die Interviewerin wie folgt nach: „Sie haben jetzt beide (damit gemeint waren AL und Sifa, BSH) gesagt, das war sehr erfolgreich, dieses Projekt. Wo dran machen Sie den Erfolg fest?“ Daraufhin setzt der Abteilungsleiter mit grundsätzlichen Ausführungen zur Konjunktur von Er-folgen ein. Erfolge im Arbeitsschutz gehen seiner Meinung nach immer auf besonde-res Engagement bzw. besondere Projekte der Zuständigen und Verantwortlichen zurück. Sobald diese nachlassen oder zu Ende gehen, gehen die Unfallzahlen wie-der hoch und man muss wiewie-der tätig werden. Die Sifa ist wie-derselben Meinung und be-tont, es sei „wirklich MESSBAR“. Ihre Erfahrung ist: Nach Abschluss eines Projektes gehen die Unfallzahlen wieder hoch – bis zum nächsten Projekt. In der Antwort auf die Anschlussfrage der Interviewerin, was die Befragten von ihren Mitarbeitern erwar-ten, wird deutlich, dass generell Vorsicht und Wachsamkeit erwartet werden. Diese generelle Erwartung wird jedoch nur an bestimmten Unfall-Beispielen erläutert (Unfall mit Flex, Vakuum-Sauger). Davon abgegrenzt wird ein Stolperunfall, der als schwer-wiegend, aber unvermeidbar dargestellt wird.

Transkript-Auszug „Erfolge im Arbeitsschutz“

Bm1-AL: Also wir stellen das ganz eindeutig fest. Wenn man was macht, pas-779 siert auch was. Irgendwann macht man dann nichts mehr, weil man durch ist 780 mit dem Programm, oder weil man vielleicht mal andere Prioritäten hat oder 781 so. #00:44:49-9#

782 783

Bw-SiFa: Richtig. #00:44:50-4#

784 785

Bm1-AL: Und dann steigen die Zahlen wieder an. Das ist so. Und sich ständig 786 zu motivieren, an dem Thema zu bleiben, das ist schwierig. Das ist schwierig.

787 Man denkt dann immer, so, jetzt hast du das gemacht und das gemacht und 788 das gemacht und nun ist auch mal gut. Nee, ist leider nicht. Die Zahlen gehen 789 dann wieder hoch. #00:45:14-9#

790 791

Bw-SiFa: Genau. Bis zum nächsten Projekt. Und es ist wirklich MESSBAR.

792 #00:45:15-4#

793 794

Bm1-AL: Bis zum nächsten Projekt. #00:45:16-3#

795

796 Bw-SiFa: Genau wie Sie sagen. Ja. #00:45:17-8#

797 798

Bm1-AL: Und dann geht es wieder runter. #00:45:19-7#

799 800

I: Vielleicht mal an der Stelle angeschlossen die Frage, was erwarten Sie von 801 Ihren Mitarbeitern? (Also?) welches Verhalten im Bereich Arbeits- und Ge-802 sundheitsschutz. #00:45:33-0#

803 804

Bm1-AL: Also ich erwarte keine Olympia-Sieger hier. Ich erwarte ein normales 805 Verhalten mit dem normalen Menschen/ gesunden Menschenverstand. Nicht?

806 Es gibt Dinge, die kann man nicht verhindern, die passieren. Ja? Ich kann/ ich 807 persönlich bin ja kein Fan von dieser Null-Unfall-Strategie von *Esso und 808 *Schell und so weiter. Ich kann mir das auch ganz schwer vorstellen, dass 809 sowas geht, aus der Erfahrung, die ich hier habe. Ich erwarte einfach, dass 810 die Mitarbeiter dran denken und vorsichtig sind und das, was wir hier predigen 811 ernst nehmen und mit Wachsamkeit bei ihrer Arbeit sind. Dennoch bin ich mir 812 klar darüber, dass es auch mal was gibt, was schief gehen kann. Das ist ein-813 fach so. Ne? Manchmal sagen die, meine Güte, wie kann das passieren? Ich 814 habe jetzt gerade wieder einen Unfall mit einer Flex gehabt zum Beispiel. Das 815 ist ein extrem unfallträchtiges Gerät. Wo der Mitarbeiter den Stecker in die 816 Steckdose gesteckt hat oder in sein Ding da und dann läuft die Flex an. Dann 817 sage ich, wie kann sowas PASSIEREN? Wie kann das passieren, dass die 818 Flex losläuft #00:46:35-3# obwohl gar keiner an dem Gerät dran ist? Da hat 819 also irgendjemand den Feststell-Schalter festgestellt und die Flex so weg ge-820 legt, oder sie ausversehen angeschaltet oder was weiß ich. (Seufzt) Das sind 821 Unfälle, (wo man sich schwer?) reden kann. Oder was auch ganz schlimm ist, 822 das war damals der Unfall mit dem (Vakuum-Sauger?), wo oben eine ROLLE 823 war, die runter gefallen ist, jemand knapp am Kopf vorbei, oder glaube ich 824 sogar getroffen, weiß ich nicht, war aber nicht schlimm. Und hinterher dann 825 drei Leute sagten, „ja, das ist mir auch schon passiert.“ Und ich dann frage, 826 sag mal, „warum hast du denn nicht mal Bescheid gesagt?“ Und nicht/ Da 827 werde ich dann ein bisschen böse. Aber wenn einer nun (stammelnd) irgend-828 wo AUSRUTSCHT im nassen Gras, im Dunkeln und sich einen Fuß bricht, 829 hier, wenn ich da an den Herrn *B. denke, in (stammelnd) (*H.?). #00:47:20-830 3#

831 832

Bw-SiFa: (*H.?), ja. #00:47:21-5#

833 834

Bm1-AL: (Seufzt) Mensch, was willst du denn da machen? #00:47:22-3#

835 836

I: Ja, passiert. #00:47:23-4#

837 838

Bm1-AL: Was willst du denn da machen? Nicht? Hat der sich gestellt auf eine 839 Schachtabdeckung aus Edelstahl, die war rutschig, ist er ausgerutscht. Nee, 840 Hand hat er sich gebrochen, (überhaupt, nicht?), einen komplizierten Hand-841 bruch. #00:47:32-2#

842 843

Bw-SiFa: Handgelenk, ja. #00:47:33-1#

844 845

Bm1-AL: Dreivierteljahr krank, ne? #00:47:36-8#

846 847

I: Oh. #00:47:34-8#

848 849

Bm1-AL: Und nicht vernünftig gerichtet. Schiefe Hand. Ganz schlimm, Was 850 willst du denn da machen? (...) Naja, was willst du denn da machen?

851 #00:47:46-9#

852

Reflektierende Interpretation „Wasserwerk“ ABF-3-2000+:

Proposition des AL (779-790), Validierung durch Sifa und AL im Wechsel (792-799), Proposition durch I (801-803), Differenzierung durch AL (805-810), Elabo-ration (810-814), Exemplifizierung (814-828), Opposition (828-835), Validierung durch I, Elaboration der Opposition in Form der Erzählung (839-850), Konklusi-on (850-852)

Im Modus der Argumentation thematisiert der AL einen neuen Orientierungsgehalt, der die Bedingung jeglichen Erfolgs im Arbeitsschutz unterstreicht: das Engagement der Zuständigen. Deren Projekttätigkeit wird einerseits als Motor dargestellt, der Ver-besserungen bewirkt („wenn man was macht, passiert auch was“), andererseits folgt die Argumentation einer Beschreibung der Projekte als Sisyphusarbeit („Man denkt dann immer, jetzt hast du das gemacht und nun ist auch mal gut. Nee, ist leider nicht.

Die Zahlen gehen wieder hoch.“) Dieser Orientierungsrahmen, der von unvermeidba-ren Zyklen im Arbeitsschutz ausgeht („Zahlen gehen hoch und wieder runter“) wird von der Sifa und dem AL im Wechselspiel viermal validiert. In der Passage do-kumentiert sich eine gewisse Resignation, aus der die Befragten durch die An-schluss-Proposition der Interviewerin gerissen werden. Auf deren Frage nach den Erwartungen an die Beschäftigten antwortet der AL zunächst mit der Differenzierung zu den Grenzen des aus seiner Sicht Erwartbaren („keine Olympiasieger“; „keine Null-Unfall-Strategie“). Aus seiner Erfahrung im Betrieb könne er sich nur schwer vorstellen, dass sowas geht.

Nach dieser Abgrenzung von der Kontrastfolie anderer Unternehmen („Esso und Schell“) entfaltet er seine als „einfach“ bewerteten Erwartungen: „Anweisungen be-folgen und wachsam sein“. Mit der Aussage, dass dann dennoch etwas schief gehen könne („das ist einfach so“) drückt er implizit bereits aus, dass er nicht alle Unfälle für vermeidbar hält. Durch die Beispiel-Erzählungen zu dem Unfall mit dem „extrem un-fallträchtigen Gerät Flex“ sowie den Beinahe-Unfällen („Rolle am Vakuumsauger bei-nahe auf den Kopf gefallen“), die offenbar schon mehrfach vorgekommen, von den betroffenen Mitarbeitern aber nicht kommuniziert wurden, verweist er auf Unfallarten, die seiner Meinung nach vermeidbar sind. Im Zusammenhang mit diesen Unfällen erwartet er ein anderes Verhalten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, als sie es ak-tuell zeigen und gibt zu Protokoll, das ärgere ihn schon. Im Anschluss daran entfaltet er aber eine unvereinbare Gegenorientierung, die er auf eine andere Unfallart be-zieht. Diese ruft bei ihm nur Mitgefühl mit dem betroffenen Mitarbeiter, aber keinen Ärger hervor, da er hier keine Möglichkeit der Vermeidung sieht („Mensch, was willst du denn da machen?“) Nach der Validierung dieses oppositionellen Orientierungsge-haltes durch I. („ja, passiert“) elaboriert er die Opposition im Modus der Erzählung zu einem konkreten Fall, bei dem ein Mitarbeiter auf der rutschigen Schachtabdeckung aus Edelstahl ausgerutscht ist und sich einen komplizierten Handbruch zugezogen hat. Als Konklusion wird abschließend die zwischenzeitlich mehrfach geäußerte

rhe-torische Frage „Naja, was willst du denn da machen?“ wiederholt. Insgesamt doku-mentiert sich hier erneut eine resignative Grundhaltung, die die Beschäftigten nur bis zu einem gewissen Grad fordert, nur bis zu einer gewissen Grenze Präventivmaß-nahmen für möglich hält – immerhin wäre dem Ausrutschen auf nassem Edelstahl ggf. auch mit Spikes an den Schuhsohlen beizukommen – und davon überzeugt ist, ohne die permanent zu erneuernde Aktivität der Zuständigen und Verantwortlichen, zu der diese sich nur unter Mühen immer wieder motivieren können, kann es keine dauerhaften Erfolge im Arbeitsschutz geben.

Vergleich mit dem „Chemiewerk“ CHEM-1-20-249

Das bis vor einigen Jahren Inhaber geführte mitteständige „Chemiewerk“

CHEM-1-20-249 bildet in Bezug auf Betriebsgröße und Region einen Kontrast zu ABF-3-2000+. Ebenfalls im Kontrast steht der Umstand, dass das Unternehmen im ländlichen Raum angesiedelt ist. Es orientiert sich stark an den Branchenstandards der chemischen Industrie und hat mit dem „Wasserwerk“ gemeinsam, dass es die Einhaltung dieser und anderer Standards im Rahmen eines integrierten Manage-mentsystems überwacht. Gemeinsam ist den beiden Betrieben auch das hohe Unfallrisiko. Das Chemiewerk gilt als Störfallbetrieb in einer Hochrisikobranche. Nach einem Wechsel des Geschäftsführers wurden Arbeitssicherheit und Gesundheits-schutz stärker fokussiert. Das Ziel „null meldepflichtige Unfälle“ wurde in das Hand-buch des Managementsystems integriert. Über Zielvereinbarungsprozesse werden Orientierungs-Kennzahlen im Bereich Arbeitssicherheit mit allen Betriebsteilen verab-redet. In der Produktion lautet die Vereinbarung beispielsweise null meldepflichtige Unfälle, d. h. null Unfälle, die eine Arbeitsunfähigkeit von mehr als drei Tagen nach sich ziehen, und daneben maximal zwei Unfälle mit Chemikalienkontakt, die unter-halb der Schwelle der Meldepflichtigkeit bleiben. Mit dem „Chemiewerk“ wurde das allererste Gruppeninterview im Sample geführt. Neben der Betriebsrätin und der männlichen Fachkraft für Arbeitssicherheit (Sifa) nimmt der Manager für Produktsi-cherheit und Vorschriften als Vertreter des Arbeitgebers teil. Seine Teilnahme ist auch deswegen sinnvoll, weil er eng mit der Sifa zusammenarbeitet und sich bei der Stoffbewertung immer wieder große Überschneidungen zwischen Produkt- und Ar-beitssicherheit ergeben. Das Interview ist insgesamt von großer Offenheit geprägt.

Die Befragten hoffen, durch das Interview neue Ideen und Ansatzpunkte für den Ar-beitsschutz in ihrem Hause zu gewinnen.

Transkript-Auszug „Erfolge im Arbeitsschutz“

Bm1-SiFa: Mit dem Management finde ich die Zusammenarbeit und die Ar-1499

beitsweise okay, die ist gut. Die finde ich sehr gut. Aber wie gesagt: Aus der 1500

Mannschaft, was da noch kommt, würde ich, denke ich mal, begrüßen, wenn 1501

da noch ein bisschen mehr (...) konstruktive Vorschläge kommen. Weil bei 1502

vielen Dingen sind Sie ja angewiesen auf die Belegschaft, ne? Wenn Sie jetzt, 1503

sagen wir mal, nicht ständig dabei sind, kennen Sie ja den Umgang mit, teil-1504

weise, Dingen gar nicht, ne? Deswegen müssen Sie, auf die Informationen 1505

sind Sie ja angewiesen, der Leute. #01:18:01-7#

1506 1507

I: Na klar. Das können Sie als Sicherheitsfachkraft ja nicht alles wissen. Das 1508

ist/ #01:18:05-7#

1509 1510

Bm1-SiFa: JA, wir hatten jetzt einen Unfall, da hat einer (...) Fässer entladen.

1511

Ja, (...) das machen die seit zwanzig Jahren, diese Fass-Entlader, nie darüber 1512

nachgedacht. Und dann ist dem, sagen wir mal, so ein Plastikfass auf die 1513

Hand gefallen, ne? War nichts Schlimmes. So, wie ist es passiert? Da stan-1514

den wir mit dem Produktionsleiter da hinten und haben uns das mal ange-1515

guckt, wie der das macht. (...) Würdest du so nie mitkriegen, das hatten wir 1516

vorher nie mitgekriegt, wenn man nicht ständig dabei ist. Aber deswegen ist 1517

man ja angewiesen auf die Dinge, die da von der Belegschaft kommen. Dann 1518

haben wir gesehen: "Scheiße, ist eigentlich Blödsinn, wie der das macht." Und 1519

jetzt haben wir ihm da so eine andere Leiter beschafft. (...) Eine Podestleiter, 1520

wo er hoch kann oder/ haben wir bestellt, wo er entsprechend das Ding nicht, 1521

sagen wir mal, auf Zehenspitzen anliftet hier. #01:18:47-2#

1522 1523

I: (lacht) #01:18:47-9#

1524 1525

Bm1-SiFa: Bis das Fass dann, sagen wir mal/ (...) Kommst du nicht drauf.

1526

Kommst du nicht drauf, wenn du da nicht von der Belegschaft Input be-1527

kommst, oder sagen wir mal, darauf hingewiesen wirst, kommst du auf solche 1528

Dinge gar nicht. #01:19:01-6#

1529 1530

I: Und was glauben Sie, was bräuchten Sie dazu, um hier mehr dieses Wissen 1531

der Belegschaft abzurufen? #01:19:08-4#

1532 1533

Bm1-SiFa: Ja, was bräuchte ich? Gut, wir haben ein paar Formulare, also mit 1534

den sogenannten Beinahe-Unfällen, aber das hilft uns auch nicht weiter. Ich 1535

weiß nicht was/ (...) Ja, was brauchen wir mehr? (...) Eigentlich vielleicht ein 1536

paar mehr Sicherheitsbeauftragte, die, sagen wir mal, ein bisschen Argumen-1537

te in die Mannschaft bringen, dass einfach das Bewusstsein ein bisschen 1538

mehr greift, WARUM wir das Ganze machen. (...) Vielleicht ist es auch so ein 1539

bisschen, weiß ich nicht, von den Leuten so, ja (...), ja (...) kann es auch nicht 1540

in Worte fassen. Aber, wie gesagt, wenn man da so ein bisschen mehr zu-1541

sammenrücken würde, wäre, denke ich mal, das eine oder andere (...) an 1542

Mängeln, die wir dabei erkennen würden, könnte man abstellen. #01:19:57-7#

1543 1544

I: Mhm (verstehend). #01:19:58-6#

1545 1546

Bm1-SiFa: Vielleicht hätten wir auch diesen - das war kein großer Unfall -, 1547

aber diesen Unfall vom (unv. Tasse klappert) vielleicht vorher erkannt, ne? Er 1548

wäre gekommen und hätte gesagt: "Mensch, ich muss jedes Mal da oben die-1549

ses obere Fass anlupfen, und ich komme da einfach nicht hin." So, wenn wir 1550

das vorher gesehen hätten, so eine ganz triviale Geschichte, wäre es viel-1551

leicht gar nicht so weit gekommen. #01:20:16-6#

1552 1553

Bw-BR: Ja, dieser/ #01:20:18-2#

1554 1555

Bm1-SiFa: Da haben wir natürlich erst NACH dem Unfall diese Korrekturmaß-1556

nahme eingeführt, weil wir das gesehen haben. Und SOWAS, denke ich mal, 1557

hätte vielleicht aus der Belegschaft/ (...) #01:20:26-5#

1558 1559

Bm2-Produktsicherheit: Vielleicht hat der das gar nicht für sich als Gefahr/

1560

#01:20:28-8#

1561 1562

Bm1-SiFa: Hat er auch nicht. Hat er auch nicht. #01:20:30-6#

1563 1564

Bm2-Produktsicherheit: Nein. "Das Fass ist ja leer, das (fange ich auf?)"/

1565

#01:20:32-3#

1566 1567

Bm1-SiFa: Das haben wir zwanzig Jahre schon so gemacht. Irgendwie hinge-1568

stellt, und dann (...) die obere Reihe, so dreilagig gestapelt, ne? Die obere 1569

Reihe, stelle ich mich auf Zehenspitzen. Das wiegt ja auch nicht viel, ist ja so 1570

ein Plastikfass. Aber trotzdem hat es natürlich eine Kante. Wenn es runterfällt 1571

und haut dir irgendwo auf den Fingernagel, dann blutet es natürlich. Aber 1572

wenn der vorher gesagt hätte: "Mensch/ (...)" #01:20:54-6#

1573 1574

I: Könnten SIE sich da was vorstellen, was man tun könnte, um die Mitarbeiter 1575

so ein bisschen mehr aus der Reserve zu locken? #01:21:01-0#

1576 1577

Bw-BR: (...) Also, wenn jetzt draußen in der Mannschaft auch Intranet verfüg-1578

bar wäre, dass man da, ich will nicht sagen, so eine Meckerecke einrichtet.

1579

Das wäre womöglich wieder ein Schlagwort, was dann vielleicht eher den An-1580

reiz hätte. Aber so ein Portal: Verbesserungsvorschläge. Oder: Was hat mich 1581

heute gestört? Oder dass da irgendwie eine Kommunikation entsteht, die 1582

dann jetzt auch von den/ weil es ist wirklich so, dass uns als Betriebsrat auf-1583

fällt, dass die Meister eben NICHT immer alle Probleme so ernst nehmen, wie 1584

die Mitarbeiter es empfinden, und dann vielleicht auch (...) vergessen weiter-1585

zugeben. Und wenn dann mehrfach ein Problem angesprochen worden ist, 1586

dann ist Unmut. So, und dann ist es/ #01:21:47-0#

1587 1588

Bm1-SiFa: Kommt noch dazu, das stimmt, ja. #01:21:47-3#

1589 1590

Bw-BR: ist es womöglich eben DOCH nicht so wichtig, wie die es empfinden.

1591

und dann wird es irgendwann vergessen. Das muss gar kein Mutwillen sein, 1592

es ist einfach menschlich: Der eine gibt auf, der andere mag es nicht mehr 1593

ansprechen. Bis wir das hören, sind vielleicht zwei Jahre vergangen. Womög-1594

lich ist der Mitarbeiter gar nicht mehr da: "Ja, das haben die ja schon ganz 1595

früher gesagt, das wurde ja nie wahrgenommen oder für ernst genommen, 1596

und jetzt ist es endlich mal passiert." Das ist natürlich ganz ungünstig.

1597

#01:22:13-1#

1598 1599

Bm1-SiFa: Ah, DA haben wir echt Bedarf. Da muss ich echt sagen: Da haben 1600

wir echt Bedarf, aus der Mannschaft so Input zu kriegen. #01:22:17-6#

1601

Vergleichende reflektierende Interpretation zwischen „Chemiewerk“ und

„Wasserwerk“:

Proposition der Sifa im Modus der Bewertung (1499-1502), Elaboration (1502-1506), Validierung durch I. (1508), erste Exemplifizierung durch Sifa (1511-1522), erste Differenzierung (1526-1529), Nachfrage durch I. (1531-1532), zweite Differenzierung durch Sifa 1534-1543), Validierung durch I. (1545), zweite Exemplifizierung durch Sifa im Modus der Bewertung (1547-1552), Validierung durch BR (1554), Fortsetzung der Exemplifizierung im Modus der Erzählung (1556-1558), Antithese durch Manager Produktsicherheit (1560), Validierung durch Sifa (1563), Elaboration durch Manager Produktsicherheit (1565-1566), Validierung durch Sifa (1568-1573), zweite Nachfrage durch I. (1575-1576), Lö-sungsvorschlag / Elaboration durch BR im Modus der Beschreibung (1578-1587), Validierung durch Sifa (1589), Differenzierung durch BR (1591-1598), Konklusion durch Sifa (1600-1601)

Bezug nehmend auf die Leitfaden gestützte Frage nach Erfolgen im Arbeitsschutz, die eine Bewertung herausfordert, schlägt die Sifa das Thema Zusammenarbeit mit dem Management an und steigert seine Bewertung dieser Zusammenarbeit in einem Dreischritt („okay; gut; sehr gut“). Dieser Einstieg bildet die Kontrastfolie für die Nen-nung und anschließende Elaboration einer weniger erfolgreichen Zusammenarbeit, und zwar mit der Belegschaft sowie der Priorisierung der noch verbesserungsfähigen Kommunikation mit dieser („weil bei vielen Dingen sind Sie ja angewiesen auf die Belegschaft, ne?“) Die Validierung dieses Orientierungsgehaltes durch I. greift die Sifa durch eine Exemplifizierung zu einem Unfall beim Fässer entladen auf, der un-längst passiert ist: einem Arbeiter ist dabei ein leeres Plastikfass auf die Hand gefal-len. Das hat die Aufmerksamkeit der Sifa und des Produktionsleiters auf die Art und Weise gelenkt, wie dieser Arbeiter Fässer entlädt. Zuvor war dem konkreten

Bezug nehmend auf die Leitfaden gestützte Frage nach Erfolgen im Arbeitsschutz, die eine Bewertung herausfordert, schlägt die Sifa das Thema Zusammenarbeit mit dem Management an und steigert seine Bewertung dieser Zusammenarbeit in einem Dreischritt („okay; gut; sehr gut“). Dieser Einstieg bildet die Kontrastfolie für die Nen-nung und anschließende Elaboration einer weniger erfolgreichen Zusammenarbeit, und zwar mit der Belegschaft sowie der Priorisierung der noch verbesserungsfähigen Kommunikation mit dieser („weil bei vielen Dingen sind Sie ja angewiesen auf die Belegschaft, ne?“) Die Validierung dieses Orientierungsgehaltes durch I. greift die Sifa durch eine Exemplifizierung zu einem Unfall beim Fässer entladen auf, der un-längst passiert ist: einem Arbeiter ist dabei ein leeres Plastikfass auf die Hand gefal-len. Das hat die Aufmerksamkeit der Sifa und des Produktionsleiters auf die Art und Weise gelenkt, wie dieser Arbeiter Fässer entlädt. Zuvor war dem konkreten