• Keine Ergebnisse gefunden

6.2 „Eigene Kultur“ – Die Standardsetzer

Im Mittelpunkt der Darstellung dieses Typs steht das prototypische Gruppeninterview mit Vertretern der „Papierfabrik“ PAP-38-2000+. (Eine Erläuterung der verwendeten Kürzel findet sich in Anhang 5) Dieser Fall wird an geeigneten Stellen mit den Grup-peninterviews des „Immobilienanbieters“ IMMO-39-500-1999 und des „Autobauers“

AUTO-36-2000+ verglichen. Die vergleichende Interpretation widmet sich den The-men „Ansprüche der Verantwortlichen und Zuständigen an sich selbst“ und „Erwartungen an die Beschäftigten“. Transkriptauszüge werden sowohl aus dem Interview in der „Papierfabrik“ PAP-38-2000+, als auch aus den Vergleichs-fällen präsentiert. Allerdings wird eine reflektierende Interpretation zum einzelnen Fall nur für die „Papierfabrik“ PAP-38-2000+ gegeben. Reflektierende Interpretationen zum „Immobilienanbieter“ und zum „Autobauer“ werden nur in Form von vergleichen-den Interpretationen präsentiert, deren Bezugspunkt die „Papierfabrik“ ist.

Die „Papierfabrik“ PAP-38-2000+ - Zusammenfassung des Relevanzsystems Für das Gruppeninterview, das im Rahmen einer ASA-Sitzung mit PAP-38-2000+, einem Unternehmen der Papierindustrie, geführt wurde, ist der Betriebsratsvorsit-zende eigens von einem anderen Standort aus angereist. Auch der CEO Deutsch-land ist anwesend. Er eröffnet das Gespräch mit dem Hinweis, dass er durch seine Anwesenheit den besonderen Stellenwert zum Ausdruck bringen wolle, den das Thema Arbeitsschutz für die Firma seit einigen Jahren hat.

Angestoßen wurde das grundlegende Umdenken im Arbeitsschutz durch einen tödli-chen Arbeitsunfall. Dies führte dazu, dass die Stelle eines „Senior Managers“ für Si-cherheit und Gesundheitsschutz eingerichtet wurde. Dieser Senior Manager ist Mit-glied des Vorstands, d. h. der obersten Führungsebene. Seither sind zusätzliche Kommunikationskanäle zum Arbeitsschutz aufgebaut worden, wie beispielsweise Schulungsfilme und E-Learning-Kurse. So wird versucht, das Thema Arbeitsschutz ständig im Gespräch zu halten. Auch der neu eingeführte Gesundheitstag, an dem die Produktion stillsteht, soll helfen, die von den Zuständigen und Verantwortlichen propagierte eigene Präventionskultur im Bewusstsein der Mitarbeiterinnen und Mitar-beiter zu verankern – O-Ton CEO: „Das muss rein in die DNA [unserer] MitarMitar-beiter“.

Persönliche Schutzausrüstung lässt das Unternehmen teilweise nach Wunsch der Beschäftigten anfertigen. Dazu werden die Beschäftigten in der Produktion vorab nach ihren Bedürfnissen und Ansprüchen beispielsweise an Sicherheitsschuhe be-fragt. Wenn durch Mitarbeiterbefragungen oder auf anderem Wege neue

Gefährdun-gen in den Blick geraten, werden diese sehr ernst Gefährdun-genommen und möglichst deutschlandweit in allen Standorten beseitigt. Dabei lernt ein Standort vom anderen.

Es herrscht ein umfassendes Verständnis vom Arbeitssicherheit und Gesundheits-schutz, das neben Technik auch psychische Belastungen und betriebliche Gesund-heitsförderung einschließt. Sicherheit und Gesundheitsschutz werden als kontinuier-licher Prozess verstanden. Man orientiert sich nicht nur an den eigenen Konzern-standards, sondern zudem an branchenübergreifenden Best-Practice-Beispielen.

Formulierende Interpretation zur Passage „Erwartungen an die Beschäftigten“

Auf die Frage, welche Erwartungen an die Beschäftigten existieren, nennt die Sifa die Erwartung, dass die Beschäftigten Regeln befolgen und zugleich darauf achten, dass ihr Kollege sie auch befolgt. Erreicht werden soll, dass die Leute „von innen heraus“ sagen, ich möchte mich an die Regeln halten und ich will, dass mein Kollege sicher arbeitet. Dies sei als Zielvorstellung allerdings noch relativ weit weg von Erfah-rung und menschlicher Psychologie („Aber die Leute rauchen auch und trinken auch.“). Von dem Einverständnis aller Interviewten zur Aussage, die skizzierte Ziel-vorstellung sei eine Selbstverständlichkeit, entfaltet die Sifa ihre Vision weiter, indem sie sich von der „Safety-First-Philosophie“ anderer Unternehmen abgrenzt. Denn von jeder expliziten Priorisierung könne es Ausnahmen geben, beispielsweise weil die Maschine gerade stillsteht oder gerade diese Woche etwas anderes dran ist. Damit die Sicherheit und der Gesundheitsschutz auch in diesen Fällen nicht auf Platz zwei rutsche, müsse jeder ohne IRGENDWAS zu wissen - selbst wenn es ein Passant von der Straße wäre, der den Betrieb besichtigt -, Missstände sofort erkennen. Diese Achtsamkeit müsse perspektivisch einfach dazugehören. So umreißt die Sifa „ihren Traum“.

Transkript-Auszug 1 „Erwartungen an die Beschäftigten“

Bm2-Sifa: Ja. Also eigentlich erwarten wir nur zwei Sachen, um es ganz ein-260 fach zu machen: Dass sie die Regeln befolgen. UND, und dann ist das schon 261 die Kür, dass sie noch gucken, ob der Nachbar, der Kollege die Regeln auch 262 befolgt, um ihn drauf hinzuweisen, wenn er was falsch macht. Wenn wir das 263 schaffen würden, wäre perfekt. Aber die Erfahrung und die Psychologie, wis-264 sen wir/ Das Verrückte ist ja, die Leute, obwohl es um ihre eigene Gesundheit 265 geht, tun es trotzdem. Aber die Leute rauchen auch und trinken auch. Also wir 266 Menschen sind wohl so. Und das ist so im Prinzip/ Das ist die einzige Erwar-267 tung. Aber das ist halt unsere Aufgabe, da das SO lange an einem Thema zu 268 arbeiten bis aus INNEN heraus die Leute sagen, "ich möchte mich an die Re-269 geln halten und ich möchte, dass mein Kollege sicher arbeitet." Aber das ist 270 schon irgendwann mal/ Ich hoffe, es vor der Rente zu schaffen (alle lachen).

271 #00:15:18-8#

272 273

Bm3-BR: Das ist eine Selbstverständlichkeit, wie wir gesagt haben.

274 #00:15:21-5#

275 276

Bm2-Sifa: Ja, genau. Wie ich gestern gesagt habe. Also ich habe vielleicht da 277 so eine Philosophie, die ich da zu dem Thema habe. Viele Firmen sagen ja, 278 "Safety First" oder "Safety Priorität". Und ich möchte da völlig weg von. Weil 279 ich sage, das ist immer/ Wenn ich was als Priorität setze, kann es auch mal in 280

einer anderen Woche keine Priorität sein, weil es ist halt grade was anderes.

281 Oder wenn es an Nummer eins ist, genau das Gleiche. "Ja, normalerweise ist 282 es Nummer eins, ABER diese Woche haben wir einen Stillstand oder die Ma-283 schine steht grade." Dann ist es verschiebbar. Und ich habe gestern/ Weil wir 284 haben gestern unseren Sicherheitsausschuss vom Betriebsrat gehabt, eine 285 Tagung, und da habe ich gesagt, wenn irgendjemand von uns, egal, wen wir 286 hier auf der Straße nehmen, sagen, besichtige mal bitte diese Fabrik. Und 287 dann sieht er an der Maschine ein Kind stehen, das da arbeitet an der Ma-288 schine. Würde jeder sofort sagen ohne die Regeln der Firma zu kennen, ohne 289 IRGENDWAS zu wissen: "Das geht doch gar nicht. Warum arbeitet hier ein 290 Kind?" Und das ist das, wo ich gerne hin möchte. Dass die Leute von SELBST 291 erkennen, das geht so nicht, ein GEFÜHL entwickeln und dass es nicht mehr 292 auf irgendeiner Liste stehen muss, sondern dass es einfach dazugehört, dass 293 man einfach sagt, sowas WOLLEN wir hier nicht. Das wäre so mein Traum, 294 wenn wir da hinkommen. #00:16:30-0#

295 296

Bm1-CEO: Das Idealbild. #00:16:30-1#

297 298

Bm2-Sifa: Genau, das Idealbild. Wie gesagt, ich habe noch ein bisschen bis 299 zur Rente. Mal sehen (alle lachen). #00:16:34-5#

300

Reflektierende Interpretationen zur „Papierfabrik“ PAP-38-2000+

(Transkript-Auszug 1):

Beschreibung mit Hintergrundkonstruktionen: Bewertung (260-264), Differen-zierung (264-271), Validierung durch BR (274-275) Elaboration (277-284), Erzäh-lung (284-291), Orientierungstheorie (291-295), Validierung durch CEO (297), Konklusion (299-300)

Die Sifa nennt die beiden Erwartungen Regelkonformität und Aufmerksamkeit gegenüber Kollegen. Die zuletzt genannte Erwartung bewertet er als „Kür“. Es folgt ein differenzierender Exkurs zu den Restriktionen, die diesen Erwartungen durch die Erfahrung mit der widersprüchlichen menschlichen Psyche gesetzt sind („die Leute, obwohl es um ihre eigene Gesundheit geht, tun es trotzdem“). Darin kommt ein ge-nerelles Menschenbild zum Ausdruck („wir Menschen sind so“): Menschen tun et-was, obwohl es ggf. ihrer Gesundheit schadet. In dem Vergleich „aber die Leute rau-chen auch und trinken auch“ wird eine Begründung für „das Verrückte“ angedeutet:

Gesundheitliche Risiken werden auch bei der Arbeit in Kauf genommen, wenn etwas Spaß macht, Genuss bringt oder das Leben – kurzfristig – bequemer macht. Dass ein solches Verhalten verrückt genannt wird, darin kommt einerseits eine Distanzie-rung zum Ausdruck, auf die andererseits unmittelbar eine IdentifizieDistanzie-rung folgt: „wir Menschen sind so.“ Das im Menschenbild verortete Dilemma wird von der Sifa also selbst nachempfunden und nicht in Frage gestellt. Damit ist die grundsätzliche Schwierigkeit der Aufgabe umrissen, die Erwartung der Regelkonformität bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auch durchzusetzen. Die weitgehende Empathie, das Verständnis für regelwidriges Verhalten der Beschäftigten dient hier als diskursi-ve Strategie, um das Ausmaß der Herausforderung deutlich zu machen. Der Be-triebsrat bestätigt den Orientierungsgehalt, indem er an die gemeinsame Bewertung der skizzierten Erwartungen als vereinbarte „Selbstverständlichkeit“ erinnert und da-mit auf den rationalen Bereich jenseits des „Verrückten“, der im Unternehmen etab-liert werden soll. Dies greift die Sifa auf und macht in Form der Elaboration und der

Erzählung über die Betriebsratstagung vom Vortag nochmals das Ziel deutlich, die genannten Erwartungen allmählich zu einer Selbstverständlichkeit zu machen. Die

„Safety-First-Philosophie“ anderer Unternehmen zieht er als Kontrastfolie heran, um damit zu erläutern, wie es seiner Meinung nach nicht funktionieren kann: Dass Si-cherheit und Gesundheitsschutz explizit priorisiert werden müssen, kennzeichnet er als labile Präventionskultur. Denn was explizit priorisiert werden müsse, könne temporär auch außer Kraft gesetzt werden. Mit der Metapher eines Kindes an der Maschine setzt er dieser Kontrastfolie die von ihm favorisierte Haltung entgegen:

Dass ein Kind nicht an der Maschine stehen sollte, ist für jeden selbstverständlich und wird von den Leuten „VON SELBST“ erkannt. Diese Perspektive auch für unsi-cheres Arbeiten zu etablieren, bezeichnet der Safety Manager als seinen Traum, an dem er arbeite. Der CEO validiert diese kollektive Orientierung, indem er den Begriff

„Traum“ mit „Idealbild“ paraphrasiert, was zur Konklusion durch die Sifa führt, dass dieser Kurs bis zu seiner Rente beibehalten werde und diese Beharrlichkeit ange-sichts der schwierigen Aufgabe auch nötig sei. Dieser Endpunkt der Passage wird kollektiv validiert mit gemeinsamem Lachen.

Formulierende Interpretation zur Passage „Persönliches Commitment des CEO“

Der CEO Deutschland legt in einem persönlichen Bekenntnis offen, dass er ein Unternehmen führen will, das das MAXIMALE tut, damit keine Unfälle passieren.

Diesen „persönlichen Anspruch“ stellt der CEO als Teil seiner Integrität dar („dass ich jeden Morgen in den Spiegel schauen kann“). Auch die Zuteilung von Investitionen gerade bei baulichen Maßnahmen oder bei der Anschaffung von Dingen, die nötig sind für die Setzung des Themas Arbeitssicherheit, ist durch diesen Anspruch ge-prägt. Zugleich kennzeichnet der CEO seinen Anspruch aber auch als Traum, dem die Realität gegenüberstehe. In der Realität müsse er sich vermutlich damit abfinden, dass im Alltag kleinere Unfälle passieren. Er sei froh, dass es in den letzten Jahren gelungen sei, die „Unfälle mit höheren Risiken“ signifikant zu senken, wodurch er seinem Traum, eine „unfallfreie Gesamtsituation“ zu schaffen, schon ein Stück näher gekommen sei. Glücklich sei er auch, dass sein Unternehmen in den letzten Jahren mehrere Safety-Awards der internationalen Konzerngruppe, der es angehört, nach Deutschland holen konnte, und zwar für eine Periode von weit mehr als 1000 unfall-freien Arbeitstagen in einigen deutschen Standorten. Dies seien in seiner risikorei-chen Branche herausragende Leistungen.

Transkript-Auszug 2 „Persönliches Commitment des CEO“

Bm1-CEO: Und ich glaube, das paart sich ganz gut mit meinem ganz persön-794 lichen innerlichen Antrieb. ICH möchte ein Unternehmen FÜHREN und leiten, 795 in dem ich ganz persönlich das MAXIMALE tue, dass KEINE Unfälle passie-796 ren. Und das ist auch mein ganz persönlicher Anspruch, dass ich wirklich je-797 den Morgen aufstehe und in den Spiegel schauen kann und sage: "Okay, ich 798 habe das Maximale getan, was ICH persönlich einsetzen konnte, um hier jeg-799 liche Unfälle in unserem Unternehmen soweit mit zu vermeiden." Und das 800 prägt denn dann auch beispielsweise die Zuteilung von Investitionen in dem 801 Moment, wenn wir einfach hier in Richtung bauliche Maßnahmen gehen müs-802 sen oder auch einfach halt letztlich Dinge anschaffen müssen, um das ganze 803 Thema Arbeitssicherheit soweit mitzusetzen. Ich weiß, das ist ein Traum und 804

vermutlich muss ich mich mit der Realität abfinden, dass immer wieder denn 805 dann halt letztlich kleine Unfälle soweit mit passieren, aber ich persönlich bin 806 ganz froh, dass wir es erreicht haben, dass wir speziell die Anzahl der Unfälle 807 mit höheren Risiken in den letzten Jahren SIGNIFIKANT reduziert haben. Und 808 insofern komme ich meinem Traum dann auf jeden Fall schon ein Stückchen 809 weiter. Aber das ist mein ganz persönlicher Antrieb, hier tatsächlich einfach 810 ein Unternehmen zu schaffen, in dem es uns wirklich gelingt, eine unfallfreie 811 Gesamtsituation soweit zu erreichen. Und ich bin ganz, ganz glücklich, weil 812 wir haben in den letzten Jahren relativ häufig auch schon von der gesamten 813 *T. Group mehrere Safety-Awards bekommen. Also es gibt Werke, die dann 814 auf globaler Ebene mit ausgezeichnet werden. Und wir haben in der Zwi-815 schenzeit eine ganze Reihe von Safety-Awards, die nach Deutschland ge-816 gangen sind für Werke, die weit über tausend Arbeitstage unfallfrei unterwegs 817 gewesen sind. Und ich glaube, speziell in unserer Industrie sind das dann 818 doch auch noch herausragende Leistungen. #00:46:59-5#

819

Reflektierende Interpretationen zur „Papierfabrik“ PAP-38-2000+

(Transkript-Auszug 2):

Anschluss-Proposition des CEO (794-800), Elaboration (800-804), Differenzierung (804-809) und persönliche Bewertung (810-819)

Die der Passage vorangegangenen Ausführungen der Sifa, die die Besonderheit des aktuellen Commitments im Unternehmen dadurch illustriert, dass er als Sifa selbstverständlich Mitglied in der obersten Führungsebene, d. h. im Vorstand ist, dort Ideen vorstellen kann und bei Zustimmung immer in allen Standorten Leute zugeteilt bekommt, die ihn bei der Durchsetzung seiner Ideen unterstützen, ergänzt und kommentiert der CEO Deutschland durch den Verweis auf seine Person und sein persönliches Commitment („das paart sich ganz gut mit meinem ganz persönlichen inneren Antrieb“). Diese Anschluss-Proposition des CEO liefert so etwas wie eine Erklärung für die herausgehobene organisatorische Einbindung der Sifa (Vorstands-mitglied mit ausdrücklicher Machbefugnis; er kann sogar Vorschriften schreiben, die alle Werke beachten müssen; nicht wie früher, als einige Werke mitmachten und an-dere nicht). Der CEO führt diese Gegebenheiten damit implizit auf sein persönliches Commitment zurück: Er will „das MAXIMALE tun, damit keine Unfälle passieren“.

Diesen Anspruch stellt er als Teil seiner persönlichen Integrität dar („dass ich jeden Morgen in den Spiegel schauen kann“). Als zusätzliche Elaboration der Konsequen-zen seines persönlichen Anspruchs nennt er die Zuteilung von Investitionen und verweist damit auf seine Machtstellung, die ihm einen Spielraum eröffnet, den er für die Stärkung der Arbeitssicherheit nutzen will. Differenzierend kommt er dann auf das Spannungsverhältnis zwischen Traum und Realität als Restriktion zu sprechen („vermutlich muss ich mich mit der Realität abfinden, dass immer wieder denn dann halt letztlich kleine Unfälle soweit mit passieren“). Dass es in den letzten Jahren ge-lungen ist, die „Unfälle mit höheren Risiken“ signifikant zu senken, verbucht er aber auf dem Konto seines persönlichen Traums von einer „unfallfreien Gesamtsituation“, d. h. seines persönlichen Engagements, das mit persönlichen Gefühlen verknüpft wird: unfallfreies Arbeiten über längere Zeiträume sowie die u. a. dafür erhaltenen Safety-Awards der internationalen Konzerngruppe, der der Betrieb angehört, machen ihn „ganz, ganz glücklich“. In dieser Form der mit Emotionen verbundenen Themati-sierung dokumentiert sich persönlicher Ehrgeiz und Stolz, der sich auf Sicherheit und Gesundheitsschutz erstreckt. Der CEO hat den Arbeitsschutz zu einer wichtigen

Di-mension seines persönlichen Erfolgs als Manager gemacht. Dies wurde im vorlie-genden Fall allerdings auch durch die Konzern-Politik begünstigt, die Erfolge im Ar-beitsschutz mit „Safety Awards“ honoriert.

Vergleich mit dem „Immobilienanbieter“ IMMO-39-500-1999

Ein Vergleich mit IMMO-39-500-1999, einem großen Unternehmen der Immobilien-wirtschaft (Hausverwaltung und Maklerdienste sowie Baufinanzierung für Wohn- und Gewerbe-Immobilien) bietet sich an, da auch hier auf die aktive Beteiligung und auf die Aufmerksamkeit der Beschäftigten gegenüber anderen Kolleginnen und Kollegen gesetzt wird. Der Betrieb wurde in der Dimension „Gefährdungsrahmung“ demselben bzw. einem sehr ähnlichen homologen Orientierungsrahmen zugeordnet wie die

„Papierfabrik“ PAP-38-2000+ (179-222):

Transkript-Auszug „Erwartungen an die Beschäftigten“

Bm2-GF: Na, idealerweise würde ich sagen, natürlich ein proaktives Vorher-179 sehen, ein sich mit Gefährdung Auseinandersetzen des oder ein Auseinan-180 dersetzen mit eben der potentiellen Gefährdung, das sicherlich dann am Ende 181 die Idealvorstellung, wir erleben natürlich auch/ Oder aufgrund unseres gerin-182 geren Gefährdungsrisikos haben wir beispielsweise als Vorgabe, dass wir mit 183 null Unfällen im Jahr durchkommen möchten, das ist unser Ziel. Ich hoffe ja, 184 wir/ Also wir erreichen das sogar auch teilweise in Teilbetrieben, das ist immer 185 wieder schön auch zu sehen, dass es funktioniert, natürlich gibt es auch Um-186 stände, die sich nicht ganz verhindern lassen und ich glaube, da muss man 187 auch nochmal unterscheiden, was ist eigentlich der Hintergrund für so einen 188 Unfall, der wird auch sehr akribisch von Herrn *Z dann immer wieder beleuch-189 tet auch in der Gefährdungsanalyse, was ganz wesentlich ist. Um einfach 190 Dinge abzustellen, also zu was führt am Ende des Tages auch zu Unfällen, 191 die im ersten Moment vielleicht als, na gut, das war jetzt eher Pech vielleicht 192 abgetan werden könnten, aber am Ende gibt es ja trotzdem eben/ trotzdem 193 auch Hintergründe. #00:10:00-5#

194 195

I: Ja. #00:10:01-3#

196 197

Bm1-Sifa: Ich glaube, von/ Weil wir gerade bei/ Mitarbeitermotivation sind, 198 glaube ich, auch dieses Thema aktive Teilnahme quasi und Interesse an den 199 Themen, ist auch sehr wichtig, wo wir nachher bei dem Motivationsthema 200 auch sehen, dass halt Mitarbeiter, vor allem aus den Themen, die ich mit de-201 nen mache, Ergonomie, dass die halt auch den Mehrwert daraus sehen letz-202 ten Endes, das ist halt für mich auch ganz wichtig, dass sie halt merken:

203 "Okay, es geht hierbei um mich. Also dass MEINE Gesundheit, meine Sicher-204 heit am Arbeitsplatz", und Ergonomie ist ja immer das schönste Beispiel, was 205 ich halt den Leuten versuche zu vermitteln, auch wenn sie heute noch keine 206 Schmerzen haben, wenn sie zehn Jahre lang in der falschen Position arbeiten 207 letzten Endes, dann wird sich der Rücken irgendwann rächen und das ist halt 208 dann/ Da brauchen wir schon das Thema aktive Teilnahme, dass sie das 209 dann nachher auch dann verstehen irgendwo. #00:10:41-3#

210 211

Bm3-BR: Also ich merke es ja schon bei uns, wir sind ein recht junges Team, 212

was nicht heißt, wir sind alle junge Leute, sondern wir sind alle recht neu bei 213 *C. und wir wurden von Anfang an mit diesen ASA-Geschichten und mit dem 214 Arbeitsschutz konfrontiert und ich merke es bei den Kollegen, die sind jetzt 215 schon viel eher drin, also was das Thema Ergonomie angeht, kamen viele an 216 und kannten diese Funktion vom Stuhl nicht und jetzt sind sie das alle am nut-217 zen. Oder wir haben jetzt auch so einen Fluchthelfer bei uns, der hat dann von 218 Anfang an drauf geachtet, dass keine Kisten mehr im Gang stehen. Also der 219 ist dann da ganz aktiv hier unterwegs, das liegt wahrscheinlich daran, dass wir 220 von Anfang an schon fast darauf geimpft wurden, als wir hier angefangen ha-221 ben. #00:11:12-3#

222

Vergleichende reflektierende Interpretation zwischen „Immobilienanbieter“ und

„Papierfabrik“:

Beschreibung mit Hintergrundkonstruktionen: Bewertung (179-182), Elaborati-on (182-184), Differenzierung (184-190), ArgumentatiElaborati-on in Form der KElaborati-ontrastie- Kontrastie-rung (190-194), Anschlussproposition durch Sifa (198-205), Elaboration (205-210), Validierung durch BR in Form von Beispiel-Erzählungen (212-220) und Konklusion in Form einer Bewertung (220-222)

Beschreibung mit Hintergrundkonstruktionen: Bewertung (179-182), Elaborati-on (182-184), Differenzierung (184-190), ArgumentatiElaborati-on in Form der KElaborati-ontrastie- Kontrastie-rung (190-194), Anschlussproposition durch Sifa (198-205), Elaboration (205-210), Validierung durch BR in Form von Beispiel-Erzählungen (212-220) und Konklusion in Form einer Bewertung (220-222)