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2. Literaturübersicht

2.3 Invariante Kette

Die invariante Kette ist ein 30 kD schweres Glykoprotein, welches die Plasmamembran der Zelle einmal durchdringt. Der kurze aminoterminale Rest des Proteins befindet sich auf der dem Zytoplasma zugewandten Seite der Membran. Der mit Zuckerketten versehene carboxyterminaler Abschnitt ist auf der extracytoplasmatischen Seite der Membran zu finden.

Durch unterschiedliches Spleißen können zwei etwas unterschiedlichen Formen der invarianten Kette entstehen: p31 sowie die längere Form p41. Diese besitzt 64 zusätzliche Aminosäuren auf der cytoplasmatischen Seite, die einen Proteasen-hemmenden Bereich (Proteaseinhibitordomäne) ausbilden (Bevec et al., 1996). Die Regel ist eine Koexpression von p31 und p41 in professionellen APCs. Das Verhältnis der beiden Formen zueinender kann hierbei variieren.

Jeweils drei Proteine invariante Kette lagern sich nach ihrer Synthese im endoplasmatischen Retikulum (ER) zu einem sogenannten Trimer zusammen. Jede dieser drei Untereinheiten kann im ER ein MHC Klasse II-Molekül binden und dabei als sogenanntes Chaperon dessen korrekte Faltung unterstützen (Anderson et al., 1992; Romagnoli et al., 1994). Die invariante Kette wird so von MHC II gebunden, dass ein Teil seiner Polypeptidkette, das sogenannte CLIP- (class-II-associated invariant chain peptide) Fragment, in der Peptidbindungsfurche des MHC II liegt (Ghosh et al., 1995). Auf diese Weise wird die Bindungsfurche blockiert und eine Bindung von Peptiden oder partiell gefaltete Proteine an die MHC Klasse II Moleküle im ER verhindert (Roche und Cresswell, 1991; Busch et al., 1996) (s. Abbildung 2.3).

Eine Sortierungssequenz im cytoplasmatischen Schwanz der invarianten Kette (Peters et al., 1991; Bakke und Dobberstein, 1990; Pieters et al., 1993; Übersicht bei Geuze, 1998) dirigiert die gebundenen MHC Klasse II-Moleküle zu einem späten endosomalen Kompartiment mit niedrigem pH-Wert, dem sogenannten MHC II-Beladungskompartiment.

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Abbildung 2.3

Modell eines Trimers der invarianten Kette (links) und eines MHC Klasse II - Invariante Kette - Komplexes (rechts): In der rechten Abbildung wurde der dritte MHC-Klasse-II-Komplex zur Erleichterung der Darstellung entfernt.

Die carboxyterminale Region zwischen den Resten 118 und 193 vermittelt die Trimer-Bildung, die Region zwischen den Resten 81 und 104, welche als CLIP (class-II-associated invariant chain peptide) bezeichnet wird, blockiert die peptidbindende Grube. (Cresswell, 1996)

2.4 Antigenprozessierung und Beladung von MHC Klasse II

2.4.1 Aufnahme des Antigens

In den verschiedenen professionellen antigenpräsentierenden Zellen werden exogene Antigene über rezeptorvermittelte Endozytose, Phagozytose und Micro- bzw. Macropinozytose in das Zellinnere aufgenommen. Hier durchlaufen sie den endozytotischen Weg bis zum Lysosom (Übersicht bei Geuze, 1998).

2.4.2 Antigenprozessierung

Für die effektive Präsentation müssen Antigene zunächst in kleinere Fragmente gespalten werden.

Die hierfür verantwortlichen Proteasen sind noch nicht vollständig charakterisiert. Die initiative Rolle scheint das Enzym AEP (asparaginyl endopeptidase) zu spielen (Manoury et al., 1998).

Weiterhin beteiligt sind Enzyme der Cathepsin-Familie, insbesondere Cathepsin B (Zhang et al., 2000), Cathepsin E (Nishioku et al., 2002) und für einige Antigene auch Cathepsin L und S (Hsieh

et al., 2002). GILT (gamma-interferon-inducible lysosomal thiol-reductase) ist für die Spaltung von Disulfidbrücken zuständig (Maric et al., 2001). Auch die p41 Form der invarianten Kette ist, wie erwähnt, in der Lage, die proteolytische Umgebung des Endosoms zu beeinflussen. Sie besitzt Homologien zur Cystatin Familie der Protease-Inhibitoren (Bevec et al., 1996). Hieraus lässt sich ein dementsprechender Einfluss der invarianten Kette auf die Protease-Aktivität vermuten.

Die in den endosomalen Kompartimenten jeweils vorzufindenden Proteasen, der herrschende pH-Wert und das Reduktionspotential nehmen einen wichtigen Einfluss auf die resultierende Antigenprozessierung. Sie geben einen jeweils unterschiedlichen Prozessierungsweg vor. So können aus ein und demselben Antigen viele verschiedene zu präsentierende Peptidfragmente entstehen (Übersicht bei Watts, 1997).

2.4.3 Transport und Beladung von MHC Klasse II Molekülen

Klasse II αβ−Dimere formen im ER mit der invarianten Kette einen Komplex, der noch nicht mit Peptiden wechselwirken kann, weil die peptidbindende Grube durch die CLIP-Region der invarianten Kette besetzt ist. Dieser Komplex wird aus dem Endoplasmatischen Retikulum transportiert, passiert den Golgi-Apparat und wird dann vom Trans-Golgi-Netzwerk aus zu frühen Endosomen transportiert. Der größte Teil dieser Komplexe gelangt von hier aus direkt weiter zu späten Endosomen, welche aufgenommene und prozessierte Antigene enthalten. Eine kleine Fraktion kann vorübergehend an die Zelloberfläche gelangen, wird aber schnell wieder in das Innere der Zelle aufgenommen (Lindner, 2002) (s. Abbildung 2.4).

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Abbildung 2.4

Modell für den Transport eines MHC II - invariante Kette - Komplexes zu den MHC II - Peptid – Beladungskompartimenten (nachLindner, 2002)

Bis heute ist es nicht gelungen, den Ort der Beladung von MHC Klasse II - Molekülen mit Peptiden genau zu charakterisieren. Wahrscheinlich handelt es sich nicht um ein einziges spezifisches Kompartiment, sondern um mehrere verschiedene Kompartimente, welche als Beladungsort genutzt werden können. Der Beladungsort hängt von der Herkunft des Peptids, dem MHC II - Haplotyp und der jeweiligen antigenpräsentierenden Zelle ab. Er kann sich auf der Ebene des frühen Endosoms bis zum Lysosom befinden (Geuze, 1998). Laut Literatur ist das Beladungskompartiment morphologisch als multivesikuläres Körperchen (Pieters et al.,1991;

Humbert et al., 1993; Calafat et al., 1994; Amigorena et al.,1994; Tulp et al.,1994) oder als multilamelläres Körperchen (Peters et al., 1991) charakterisiert.

Die invariante Kette wird eventuell bereits auf ihrem Weg zum MHC II Beladungskompartiment, spätestens aber, wenn sie dort angekommen ist, durch proteolytische Enzyme in mehreren Schritten gespalten. Bei den Proteasen handelt es sich vornehmlich um solche aus der Familie der

Cathepsine, nämlich Cathepsin D (Zhang et al., 2000), Cathepsin F (Shi et al.,2000) sowie die Cathepsine L und S (Hsieh et al., 2002). Die p41 Form der invarianten Kette scheint ihre Proteolyse direkt zu beeinflussen, da sein Proteaseinhibitorfragment an die lysosomale Protease Cathepsin L binden und sie inhibieren kann. (Lennon-Dumenil et al., 2001; Fineschi et al., 1995, Übersicht bei Turk et al, 1999). Die ersten Abbauschritte führen zu einem ~20-24kD Fragment und weitere zu ~10-12 kD Produkten. Diese werden dann wiederum zu einem am MHC-Klasse-II-Molekül gebunden bleibenden Fragment, CLIP (class-II-associated invariant chain peptide), zerlegt (Busch et al., 1996). Mit diesem bleibt die peptidbindende Grube zunächst blockiert.

Abbildung 2.5

Spaltung der invarianten Kette

a an die peptidbindende Grube von MHC Klasse II gebundene invariante Kette

b Die Spaltung der invarianten Kette hat begonnen. Noch ist ein membranverankertes Fragment an MHC II gebunden.

c Nach weiterem Abbau der invarianten Kette bleibt nur ein kurzes Peptidfragment, CLIP, an MHC II gebunden

Um die Bindung von Peptiden zu ermöglichen, muss das CLIP-Frament entweder abdissoziieren oder verdrängt werden. Hierzu lagert sich ein weiterer wichtiger MHC Klasse II-Beladungs-Kofaktor an den MHC Klasse II - invariante Kette - Komplex an. Er wird beim Menschen als HLA-DM, bei der Maus als H-2M bezeichnet. In seiner Struktur ähnelt er dem MHC Klasse II Molekül, die peptidbindende Grube ist allerdings fast vollständig geschlossen (Mosyak et al., 1998). HLA-DM bindet keine Peptide (Kropshofer et al., 1997). HLA-DM reichert sich in dem MHC II Beladungskompartiment an. Es fördert die Abspaltung des CLIP-Fragments und nur locker bindender Proteinfragmente und unterstützt gleichzeitig die Bindung von Peptiden, die eine hohe Affinität zur peptidbindenden Grube aufweisen (Denzin et al., 1995; Sloan et al., 1995; Sherman et al.,1995; Kropshofer et al., 1996). Zusätzlich stabilisiert HLA-DM die MHC Klasse II Moleküle, so dass sie nicht in ihre beiden Untereinheiten (α und β - Kette) zerfallen können (Denzin et al., 1996) (s.Abbildung 2.6).

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Abbildung 2.6

Schematische Darstellung der Funktionen von HLA-DM:

(a) HLA-DM fördert die Abspaltung des CLIP-Fragments aus der peptidbindenden Grube des MHC II Moleküls (b) HLA-DM stabilisiert MHC Klasse II Moleküle

(c) HLA-DM fördert die Abspaltung locker bindender Proteinfragmente und fördert die Bindung von Peptiden mit hoher Affinität zur peptidbindenden Grube des MHC II Moleküls

Hat das MHC II Molekül sein spezifisches Peptid gebunden, wird es zur Zelloberfläche transportiert. Eine Möglichkeit, wie die entstehenden MHC-II-Peptid-Komplexe zur Zelloberfläche gelangen, besteht darin, dass sie über Transportvesikel auf direktem Weg zur Plasmamembran gelangen und mit dieser fusionieren. So konnte in dendritischen Zellen gezeigt werden, wie nach Aktivierung der Zellen multivesikuläre Körperchen (MVBs) tubuläre Struktur ausbilden. Die Spitzen der neu ausgebildeten Tubuli „wachsen“ auf die Zellmembran zu und schnüren schließlich an ihrer Spitze Vesikel ab, welche zur Plasmamembran wandern und mit ihr fusionieren. Nimmt man an, dass es sich bei den MVBs um das MHC Beladungskompartiment handelt, so enthalten die abgeschnürten Vesikel vermutlich beladene MHC II Komplexe, die auf diesem Weg zur Zellmembran gelangen (Kleijmeer et al., 2001).

Eine andere Möglichkeit ist die Bildung von Exosomen innerhalb der MHC II Beladungskompartimente. Exosomen sind kleine Membranvesikel, welche durch Einstülpung der Membran des Beladungskompartiments entstehen. Das MHC II Beladungskompartiment kann dann zur Zelloberfläche wandern; seine Membran fusioniert mit der Zellmembran und die Exosomen werden in den extrazellulären Raum entlassen (van Niel et al, 2002).

A

B

Abbildung 2.7

A: Transport von MHC II Peptid Komplexen vom multivesikulären Körperchen zur Zellmembran in dendritischen Zellen:

In ruhenden dendritischen Zellen befindet sich MHC II auf internen Vesikeln in vakuolenförmigen multivesikulären Körperchen (MVBs). Nach Aktivierung der Zellen kommt es zu einer Rückfusion der Vesikel in die limitierende Membran, damit zum Kontakt des MHC II invariante Kette Komplexes mit dem in der Membran befindlichen HLA-DM und im weiteren zur Beladung von MHC II mit Peptid. Die MVBs bilden tubuläre Strukturen aus. An den Spitzen der Tubuli werden schließlich Vesikel abgeschnürt, welche zur Zellmembran wandern. Die in diesen Vesikeln enthaltenen MHC II Peptid Komplexe werden so an die Zelloberfläche transportiert. (aus: Kleijmeer et al., 2001)

B: Produktion und Freisetzung von Exosomen in profesionellen antigenpräsentierenden Zellen:

Exogene Antigene werden durch Endozytose an der Plasmamembrn aufgenommen und in Endosomen prozessiert. Im MHC II Beladungskompartiment entstehen durch Einstülpung der Membran interne Vesikel, das Kompartiment kann nun als multivesikuläres Körperchen (MVB) bezeichnet werden. Das MVB kann anschließend entweder zum Lysosom dirigiert werden oder mit der Zellmembran verschmelzen. Bei der Fusion der MVBs mit der Plasmamembran werden die internen Vesikel als sogenannte Exosomen in den extrazellulären Raum freigesetzt. (nach van Niel et al, 2002)

2.5 Immunologische Verhältnisse im Dünndarm

2.5.1 Einführung

Der Dünndarm, auch Mitteldarm genannt, setzt sich aus drei strukturell und funktionell variierenden aufeinander folgenden Abschnitten zusammen. In anatomischer Reihenfolge werden diese Duodenum (Zwölffingerdarm), Jejunum (Leerdarm) und Ileum (Krummdarm) genannt. Der Dünndarm dient dem Abschluss der bereits im Magen begonnenen Verdauungsprozesse der Nahrungsbestandteile und der Aufnahme der gespaltenen Nahrungsinhaltsstoffe.

Dabei spielt die Schleimhaut des Dünndarms eine zentrale Rolle. Vorrangig dient sie der Resorption von Wasser, Elektrolyten, Vitaminen und der Endprodukte des Verdauungsprozesses.

Alle diese Stoffe werden durch die freie Oberfläche des Epithels aufgenommen und an das Blut- oder gegebenenfalls an das Lymphgefäßsystem wieder abgegeben. Weiterhin erfolgt die Sekretion

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eines Teils des enzymhaltigen Darmsaftes, wie auch die Synthese und Abgabe von Schleim zum Schutz des Gewebes der inneren Darmoberfläche, über die Dünndarmschleimhaut. Die Bildung von Gewebshormonen findet ebenfalls hier statt.

Daneben kann die enterale Schleimhaut als das flächenmäßig größte lymphatische Organ des Körpers bezeichnet werden und ist dementsprechend aktiv an immunologischen Reaktionen beteiligt (nach Liebich, 1993).

2.5.2 Anatomisch-morphologische Gegebenheiten

Der Darm ist auf seiner gesamten Länge aus geschichteten Gewebeabschnitten aufgebaut. Geht man in der Betrachtung vom inneren Hohlraum, dem sogenannten Lumen, nach außen, stößt man zunächst auf die Tunica mucosa, die Schleimhautschicht. Ihr oberflächliches, einschichtiges, hochprismatisches Epithel bildet die Innenauskleidung des Darms. Sie wird durch eine sogenannte Basalmembran von dem darunterliegenden lockeren Bindegewebe, der Lamina propria mucosae, getrennt. Dieses subepitheliale Gewebe beinhaltet Blut- und Lymphgefäße, Nervenfasergeflechte sowie eine große Zahl von eingewanderten immunologisch aktiven Zellen wie Makrophagen, Granulozyten, Mastzellen und T- und B-Lymphozyten. Die Tunica mucosa wird durch eine Muskelschicht, die Lamina muscularis mucosae abgeschlossen.

Die nach außen hin folgenden Schichten sind die Submucosa (Unterschleimhautbindegewebe), die Tunica muscularis (Muskelschichten), die Tunica adventitia (Bindegewebsschicht), die Subserosa und abschließend die Serosa.

Für die vorliegende Arbeit ist lediglich die Tunica mucosa von Bedeutung.

Abbildung 2.8

Schematische Darstellung des Wandbaus des Darmtrakts am Beispiel der Speiseröhre eines Pferdes aus: Liebich, 1993

Zur Bewältigung der Hauptaufgaben des Epithels im Dünndarm, welche wie beschrieben aus Resorption und Sekretion bestehen, findet man eine ausgeprägte Oberflächenvergrößerung durch Falten, Zotten, Krypten und Mikrovilli. Zotten werden durch fingerförmige Ausstülpungen der Lamina propria mucosae und des diese überziehenden Epithels gebildet. Die Zellmembran dieser Epithelzellen stülpt sich ihrerseits aus und bildet auf diese Weise einen dichten Besatz mit Mikrovilli. Die Schleimhaut ist außerdem durch Epitheleinsenkungen gekennzeichnet, welche als Lieberkühnsche Krypten bezeichnet werden. Im Bereich dieser Krypten befinden sich die undifferenzierten Stammzellen des Epithels, welche sich mitotisch teilen, entlang der Zottenachse Richtung Spitze wandern und währenddessen in die nachfolgend beschriebenen unterschiedlichen Zelltypen des Dünndarmepithels differenzieren (Cheng et al., 1974). Daneben weisen die Krypten verschiedene Drüsenzellen auf, die für die Sekretion von Bedeutung sind.

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Abbildung 2.9

Schema einer Zotte des Dünndarms:

Schiebler et al, 2000

Das Dünndarmepithel besteht aus vier vorherrschenden Zellformen:

Enterozyten

Enterozyten sind hochprismatische Epithelzellen, welche eine deutliche Polarität aufweisen. Ihre Zellmembran ist in einen apikalen (oberen) und einen basolateralen (unteren) Bereich zu unterteilen. Im Zellinneren befindet sich der längsovale, locker strukturierte Kern. Die Zellen sind reich an Mitochondrien und ER und weisen einen gut ausgebildeten Golgi-Apparat auf. Apikal bilden Enterozyten Mikrovilli aus, welche regelmäßig und dicht angeordnet sind. Sie haben eine Länge von 1-1,5µm und einen Durchmesser von ungefähr 0,1µm auf, ihre Anzahl pro Zelle beträgt etwa 2000-3000 bzw. bis zu 200 Millionen pro mm² Epitheloberfläche. Die Mikrovilli bilden in ihrer Gesamtheit einen sogenannten Bürstensaum, der bereits lichtmikroskopisch erkennbar ist. Die Membran ist in diesem Bereich außen von einer großen Anzahl an Zuckerketten überzogen, der sogenannten Glykokalix. Die Enterozyten sind im apikalen Bereich untereinander durch sogenannte Schlussleistenkomplexe verbunden. Diese bestehen aus Zonulae occludentes (Tight junctions), Zonulae adhaerentes (adhering junctions) und Maculae adhaerentes (Desmosomen).

Die Zonulae occludentes bilden zum einen eine Barriere, welche die Diffusion von Stoffen von luminal in den Interzellularraum verhindert; zum anderen wirken sie innerhalb der Membran als

"Zaun", der eine Vermischung von apikalen und lateralen Membranbereichen unterbindet und somit zur Aufrechterhaltung der Zellpolarität beiträgt. Zonulae adhaerentes und Desmosomen sind im wesentlichen Haftkomplexe, welche die Zytoskelette der benachbarten Epithelzellen miteinander verbinden. Des weiteren sind die Enterozyten über Nexus (gap junctions) miteinander verbunden, die einen interzellulären Stoffaustausch niedermolekularer Substanzen und Ionen ermöglichen. Basal stehen die Zellen in engem Kontakt zur Basalmembran.

Abbildung 2.10

Schema eines Enterozyten aus: Liebich, 1993

Becherzellen

Die Epithelschicht der Zottenoberfläche und der Krypten enthält neben den Enterozyten Becherzellen, die in ihrer Zahl vom Duodenum über das Jejunum bis zum Ileum zunehmen.

Becherzellen sind einzellige intraepitheliale Drüsen, die einen glykoprotein- und glykolipidreichen Schleim produzieren, welcher merokrin auf die Oberfläche der intestinalen Schleimhaut abgegeben wird. Dort wirkt er wirkt zytoprotektiv und bakterizid (Liebich, 1993).

Endokrine Zellen

Die endokrinen Zellen des Darms gehören zusammen mit vergleichbaren endokrinen Zellen des Magens und des Pankreas zu den Zellen des sogenannten gastroentero-pankreatischen endokrinen Systems. Sie liegen intraepithelial bevorzugt in der Wand der Krypten (s. Abb 1.10) und geben ihre Sekretgranula inkretorisch an das eng anliegende subepitheliale Kapillarnetz ab.

Ihre Wirkstoffe beeinflussen stimulierend bzw. hemmend die Abgabe von Verdauungsenzymen und die Darmmotorik (Liebich, 1993).

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Paneth-Zellen

Paneth-Zellen liegen am Grund der Lieberkühnschen Krypten (s. Abb. 1.10). Sie sind gekennzeichnet durch eine große Anzahl azidophiler Granula, die sich apikal im Zytoplasma häufen. Paneth-Zellen geben exokrin ein seröses Sekret ab, das unter anderem reich ist an anti-mikrobiellen Substanzen wie Lysozym und Defensinen (Porter et al., 2002; Ganz, 2000; Ouellette et al., 2001).

2.5.3 Immunologische Einrichtungen des Dünndarms

Die Schleimhaut des Magen-Darm-Trakts kommt zeitlebens mit einer Vielzahl körperfremder Stoffe und Mikroorganismen (Nahrungsmittelantigene, Viren, Bakterien, Pilze, tierische Parasiten) in Kontakt. Um ein Übertreten in das Körperinnere zu verhindern, besitzt die Tunica mucosa unspezifische und spezifische Schutzmechanismen, die in ihrer Gesamtheit eine Schleimhautbarriere bilden.

An unspezifischen Mechanismen ist zuallererst die bakterizide Wirkung des von den Becherzellen produzierten Schleims auf die Mikroorganismen zu nennen, welche zudem durch die zähe Konsistenz des Schleims in ihrer „Bewegungsfähigkeit“ gebremst werden (Übersicht bei Spezian et al., 1991). Zudem hat Laktoferrin als Bestandteil der Darmsekrete bakteriostatische Wirkung (Übersicht bei McNabb und Tomasi, 1981). Weiterhin wird von den Paneth-Zellen am Grund der Lieberkühnschen Krypten ein antimikrobielles Sekret abgegeben, welches Lysozym und Defensine enthält (Porter et al., 2002). Darüberhinaus verhindert die physiologische Darmflora oftmals eine pathogene Keimbesiedelung durch Konkurrenzwirkung.

Der wichtigste spezifische Schutzmechanismus geht auf die lymphatischen Zellsysteme der Dünndarmschleimhaut zurück, welche unter dem Begriff GALT (gut associated lymphoid tissue = darmassoziiertes lymphatisches Gewebe) zusammengefaßt werden. Dazu gehören die Gaumen- und Rachenmandeln sowie das lymphatische Gewebe des Darmtrakts, welches als einzelne Follikel oder in Gruppen von Lymphfollikeln, den sogenannten Peyerschen Platten, organisiert ist.

Peyersche Platten sind besonders zahlreich im Ileum vertreten. Sie sind in der Submucosa gelagert, schieben sich aber meist weit in die Tunica mucosa vor, so dass sie sich kuppelartig in das Darmlumen vorwölben und häufig sogar die Darmzotten verdrängen.

In der Umgebung eines Lymphfollikels befinden sich cytotoxische T-Zellen. T-Helferzellen, Makrophagen und dendritische Zellen sind am Rand des Keimzentrums zu finden. Im Zentrum der Lymphfollikel finden sich B-Lymphozyten, die sich im Rahmen einer immunologischen Aktivierung zu Immunglobulin-produzierenden Plasmazellen differenzieren. Von besonderer Bedeutung ist hierbei IgA, dessen Transportweg durch die polare Epithelzelle mit Hilfe des sogenannten polymeren Immunglobulinrezeptors (pIgR) bisher auch am besten untersucht ist. Der pIgR bindet

IgA an der basolateralen Oberfläche der Epithelzelle und wird dann durch Endozytose in das Innere der Zelle aufgenommen. Hier zunächst im Endosom zu finden, wird er nun in Vesikel sortiert, die an die apikale Zelloberfläche wandern. Dort angekommen, fusioniert das Transportvesikel mit der Zellmembran (Exozytose), es erfolgt ein proteolytischer Abbau des pIgRs und sein großes extrazelluläres Fragment, auch sekretorische Komponente genannt, wird zusammen mit dem gebundenen Immunglobulin nach außen abgegeben. Den gesamten Vorgang bezeichnet man als Transzytose (Mostov, 1994). Das sekretorische Immunglobulin ist widerstandsfähig gegenüber proteolytischem Abbau und weist daher eine lange Wirksamkeit auf.

Es verhindert die Bindung von Bakterien an die Schleimhaut, agglutiniert Bakterien und neutralisiert Viren und Toxine (Janeway et al., 1997).

Die direkt über dem lymphatischen Gewebe gelegenen Epithelzellen des Dünndarms sind spezialisiert und werden als M-Zellen (membraneous cells) bezeichnet. Sie können abgeflacht sein und tragen kürzere, dickere und weniger dicht stehende Mikrovilli. Als charakteristisches Merkmal der M-Zellen ist ihre basale Plasmamembran in Form einer tiefen Tasche eingestülpt. In der Membran finden sich Adhäsionsmoleküle, welche mit den häufig in denTaschen befindlichen T-Lymphozyten und auch mit Ausläufern von Makrophagen wechselwirken. M-Zellen „sammeln“

mittels clathrin-vermittelter Endocytose, Makro- und Mikropinozytose oder Phagozytose kontinuierlich Antigene aus dem intestinalen Lumen. Sie transportieren sie zunächst über den endosomalen Weg weiter, dann aber nicht zu den Lysosomen, sondern im sogenannten transzytotischen Transport direkt zur basolateralen Oberfläche und geben sie dort in die taschenförmige Einstülpung ab (Übersicht bei Neutra et al., 2001).

Abbildung 2.11

Schematische Darstellung einer M-Zelle, flankiert von zwei Enterozyten.

In dem taschenförmigen Raum, den die Einstülpung der M-Zelle bildet, befindet sich ein Lymphozyt.

Die vorherrschende Antwort auf oral zugeführte nicht invasive Antigene ist die immunologische Toleranz. Das Immunsystem des Darms kann aber, bedingt durch zeitgleich ablaufende Entzündungen oder eine zufällige Kopplung an ein immunstimulierendes Antigen eine sowohl regionale als auch systemische Antwort auf fremde Antigene einleiten. Einige wichtige klinischen

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Störungen / Krankheiten wie z.B. Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa sind gekennzeichnet durch anhaltende entzündliche Reaktionen der intestinalen Mukosa (Übersicht bei Strobel et al.,1998).

2.5.4 Dünndarmepithelzellen als immunologisch aktive Zellen

Die intestinalen epithelialen Zellen (IECs, intestinal epithelial cells) haben direkten Kontakt zu T-Zellen innerhalb der Epithelzellschicht, den sogenannten intra-epithelialen Lymphozyten (IELs) wie auch zu T-Zellen in der tieferliegenden lamina propria (LPLs, Lamina propria Lymphozyten).

Abbildung 2.12

Kontakt von Enterozyten zu Lymphozyten der Mukosa des Dünndarms

LPL = Lamina propria Lymphozyten; IEL = intra-epitheliale Lymphozyten; TJ = tight junction Der Pfeil bezeichnet eine Pore in der Basalmembran, durch die die Enterozyten mittels sogenannter „basolateraler Projektionen“ mit den Lymphozyten der Mukosa in Kontakt treten. aus: Hershberg et al., 2000

Könnten intestinale epitheliale Zellen in diesem Zusammenhang als antigenpräsentierende Zellen

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