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Der Begriff Diffuse Alveolar Damage (DAD) ist in der Humanmedizin die Bezeichnung für ein Syndrom, das durch einen diffusen Schaden des Alveolarepithels und des Kapillarendothels im distalen Lungenparenchym hervorgerufen wird und gleicht in Ätiologie, Pathogenese und Verlauf dem Wesen der interstitiellen Pneumonie, wie sie in der Veterinärmedizin aufgefasst wird. Die klinischen Symptome als Folge dieser Veränderungen werden unter dem Begriff Acute Respiratory Distress Syndrome (ARDS) zusammengefasst und sind charakterisiert durch respiratorische Insuffizienz, Zyanose und arterielle Hypoxämie, die letztlich zu einem extrapulmonalen Multisystemischen Organversagen (MOV) und zum Tod führen können. Klassischerweise wird der Ablauf der interstitiellen Pneumonie in drei Phasen eingeteilt: initiale Entzündung / exsudative Phase, fibroproliferative Phase und schließlich Regeneration oder interstitielle und interalveoläre Fibrose (ZAPOL et al., 1979;

KERINS et al., 1995; MEDURI, 1996). Die Ergebnisse jüngerer Untersuchungen weisen jedoch darauf hin, dass entzündliche und fibrotische Prozesse nicht wie ursprünglich angenommen nacheinander ablaufen, sondern parallel (ASHA et al., 1997; CHESNUTT et al., 1997b; MARSHALL et al., 2000). Wie weit interstitielle Pneumonien bei Pferden verbreitet sind, ist nicht genau geklärt. Zwar wiesen nach Untersuchungen von WINDER und VON FELLENBERG (1987) an 115 Schlachtpferden bereits 15,6 % der Tiere das histopathologische Erscheinungsbild einer interstitiellen Pneumonie auf, es wird jedoch noch zusätzlich mit einer erheblichen Dunkelziffer gerechnet. Nach der Auswertung von 4255 Sektionsfällen in Kentucky zwischen den Jahren 1993 und 1996 waren interstitielle Pneumonien mit 12,5 % aller Fälle die zweithäufigste Erkrankung der unteren Atemwege beim Pferd (WILLIAMS, 1997).

Das wesentliche pathohistologische Kriterium einer interstitiellen Pneumonie ist eine diffuse oder unregelmäßig verteilte Schädigung der alveolären Septen, die vorrangig zu einer initialen exsudativen Reaktion führt, gefolgt von proliferativen und / oder fibrotischen Prozessen (KERINS et al., 1995; MEDURI, 1996). Dieser Zustand kann durch verschiedene Insulte herbeigeführt werden, zu denen neben infektiösen Ursachen (z. B. Influenza equi, Equines Arteriitis Virus, Pneumocystis carinii), anorganischen Stäuben (z. B. Silikose) Toxinen (Pyrrolizidinalkaloide, Crofton Weed, Perillaketon), Hypersensitivitätsreaktionen und akuter Pankreatitis auch Schock und Septikämie gehören, wobei die Ursache beim Pferd nur selten festgestellt werden kann (MOORE et al., 1981; TURK et al., 1981; BUERGELT et al., 1986;

DIEKMANN et al., 1990; BRUCE, 1995; BUERGELT, 1995; PERRON-LEPAGE et al., 1999; DEL PIERO, 2000). Auch die toxische Wirkung durch die therapeutische Applikation hochkonzentrierten Sauerstoffs ist eine mögliche Ursache (JUBB, 1991). Das Fehlen einer bevorzugten Orientierung der Schäden im Bereich kleiner luftführender Wege unterscheidet die interstitielle Pneumonie von der Bronchopneumonie. Im Allgemeinen treten die Veränderungen disseminiert auf, oft jedoch akzentuiert in den dorsokaudalen Lungenabschnitten. In den meisten Fällen sind die auslösenden Insulte für die Alveolarschäden hämatogenen Ursprungs, was zu einem ausgedehnten oder unregelmäßigen Verteilungsmuster der Schäden in den Azini führt, wohingegen sie bei aerogener Irritation zentroazinär lokalisiert sind. Es gibt jedoch auch Ausnahmen von dieser für den Ursprung der Noxen typischen Verteilung. Ebenso wie in anderen Organen sind die morphologisch fassbaren Reaktionen auf viele unterschiedliche Agentien sehr ähnlich und nicht spezifisch für die jeweilige Ätiologie. Unabhängig davon, ob die Ursachen toxischer, metabolischer oder infektiöser Natur sind, verursachen sie Schäden an Alveolarepithelzellen vom Typ I und am alveolären Kapillarendothel. Art, Eintrittspforte und Intensität einer Noxe bestimmen jedoch die zeitliche Reihenfolge, ob als Erstes Epithel- oder Endothelschäden auftreten. Aufgrund ihrer fehlenden Regenerationsfähigkeit sind Alveolarepithelzellen vom Typ I in der Regel am stärksten betroffen (JUBB, 1991). In einem frühen Stadium zeigen AI-Zellen Vesikelbildung im Zytoplasma, gefolgt von Zelluntergang, Ablösung und Freilegung der Basalmembran.

Auch an kapillären Endothelzellen findet sich eine Vesikelbildung, aufgrund ihres besseren Regenerationsvermögens lassen sich jedoch bloßgelegte endotheliale Basalmembranen nur sehr selten beobachten (CORRIN u. VIJEYARATNAM, 1975; BACHOFEN u. WEIBEL, 1977). Während dieser akuten Phase können serofibrinöses Exsudat, Stauung und Ödeme der Alveolarwände beobachtet werden. Fibrin, andere Serumproteine und Zelldebris kondensieren dabei häufig zu hyalinen Membranen (HILL et al., 1976; KATZENSTEIN et al., 1976).

Zudem finden sich im alveolären Exsudat für gewöhnlich Leukozyten und Erythrozyten sowie eine gemischtzellige, interstitielle Infiltration. Der Ersatz degenerierter AI- Zellen erfolgt durch Proliferation und Differenzierung von AII-Zellen, wobei die intakte Basalmembran als Leitschiene dient. Alveolen, gesäumt von kubischen AII-Zellen, sind ein typisches Zeichen für subakute bis chronische interstitielle Pneumonien (ADAMSON u. BOWDEN, 1974).

Nach Regression der Entzündung und bei fehlender Fibrose der Alveolarwände ist eine vollständige Heilung möglich. Die Proliferation der AII-Zellen markiert den Übergang von der exsudativen in die proliferative Phase. Beginnende fibrotische Veränderungen zu diesem Zeitpunkt sind mögliche und sehr kritische Prozesse. Bereits 72 h nach einem DAD kann die

Proliferation von Fibroblasten eintreten und unreife Fibroblasten können innerhalb von drei Tagen nach hochgradiger Exsudation in den Alveolarlumina beobachtet werden. Fibrotische Prozesse können also sowohl interalveolär als auch intraalveolär ablaufen, wobei deren Umfang vom Ausmaß der Entzündungsreaktion abhängt (MEDURI u. CHINN, 1994). Bei überlebenden Tieren heilen akute interstitielle Pneumonien mit mehr oder weniger stark ausgeprägter Narbenbildung ab. Ähnlich der kutanen Wundheilung sind auch in der Lunge Myofibroblasten mit in reparative Vorgänge einbezogen (PACHE et al., 1998). Chronische, progressive Entzündungen sind nur selten zu beobachten und stehen in Zusammenhang mit einer dauerhaften oder wiederholten Exposition gegenüber dem auslösenden Agens. Die chronische interstitielle Pneumonie ist durch die intraalveoläre Akkumulation mononukleärer Zellen - in erster Linie Makrophagen - durch Proliferation und Persistenz von AII-Zellen, interstitielle lymphozytäre Infiltrate und Zubildung von Bindegewebe charakterisiert (JUBB, 1991).