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4 Diskussion

4.1 Interpretation der Ergebnisse

Bisherige Untersuchungen über Zusammenhänge bei alpinen Nachwuchsskirennläuferinnen und -rennläufern beschränkte sich auf den konditionellen und koordinativen Bereich. In letzterem stand das Gleichgewicht im Fokus zahlreicher Studien (Hrysomallis, 2011; Raschner et al., 2017; Jastrzębska, 2020). Der Einfluss der visuellen Wahrnehmung auf diese Bereiche stellte, gerade im Nachwuchsbereich, bisher eine Forschungslücke dar. Die Ergebnisse dieser Arbeit liefern erste Erkenntnisse über diesen Forschungsbereich.

Im Zuge der Untersuchung auf geschlechterspezifische Unterschiede zeigten die Nachwuchsskirennläuferinnen (MW 2,02; SD 0,31) im Vergleich zu den Nachwuchsskirennläufern (MW 2,63; SD 0,54) einen besseren Gleichgewichtsscore.

Dieser Unterschied war hochsignifikant (p < 0,001). Dieses Ergebnis reiht sich in die Untersuchungen von Raschner (2013) ein. Die Referenzwerte der 11- bis 18-jährigen Nachwuchsathletinnen (MW 1,99; SD 0,42) für den skispezifischen Balancetest (MFT S3-Check) sind in der Untersuchung besser als diejenigen der gleichaltrigen Nachwuchsathleten (MW 2,52; SD 0,52). Raschner et al. (2017) kamen bei ihrer Untersuchung von österreichischen Nachwuchsskirennläuferinnen und -rennläufern ebenfalls zu dem Ergebnis, dass Mädchen über den gesamten Altersverlauf in der Jugend einen besseren Gleichgewichtsscore aufweisen (MFT S3-Check) als Jungen.

Dieser geschlechterspezifische Unterschied war im Alter von 15 Jahren signifikant (p = 0,003). Lesnik et al. (2017) wiesen ebenso signifikante geschlechterspezifische Unterschiede (p < 0,05) bei slowenischen Nachwuchsskirennläuferinnen und -rennläufern mittels des Biodex Stability Systems nach. Dieser Unterschied tritt nicht nur bei Nachwuchsskirennläuferinnen und -rennläufern auf, sondern zeigte sich auch in der Untersuchung von Niedermeier et al. (2019). Hier wurden Sportstudentinnen und -studenten als Probanden herangezogen, wobei die Studentinnen bei der Messung mittels Biodex Stability System einen hochsignifikant besseren Gleichgewichtsscore (p < 0,001) erzielten. In der Literatur wird dieser geschlechterspezifische Unterschied durch die veränderten anatomischen Voraussetzungen erklärt. Mit Einsetzen des Wachstumsschubs in der Pubertät verändert sich das Kraft-Last-Verhältnis bei beiden Geschlechtern. Während die langen Gliedmaßen der Jungen für großmotorische koordinative Bewegungen von

Vorteil sind, haben die Mädchen durch eine geringere Körpergröße und ein breiteres Becken einen tieferliegenden Schwerpunkt, was für die Aufrechterhaltung des Gleichgewichts von Vorteil ist (Baur et al., 2009; Raschner, 2017). Da sich die in dieser Arbeit untersuchte Stichprobe im Alter der Adoleszenz befindet und die Mädchen im Mittel eine geringere Körpergröße (siehe Tabelle 3) aufwiesen, können die gerade erwähnten anatomischen Unterschiede als Begründung angeführt werden.

Beim Testitem der Sprungkoordination konnten bei der Sprungkoordination_links der Probanden (Mdn 5,15, Q1 4,80, Q3 6,33) ein signifikanter Unterschied (p = 0,031) zur Sprungkoordination_links der Probandinnen (Mdn 5,47, Q1 4,98, Q3 6,43) festgestellt werden. Dieses Ergebnis deckt sich mit den Untersuchungen von Raschner (2013).

Die Referenzwerte der Probandinnen (MWdomB 6,19; SDdomB 0,78; MWnbomB 6,38;

SDndomB 0,82) sind höher als jene der Probanden (MWdomB 5,60; SDdomB 0,61; MWnbomB

5,66; SDndomB 0,61), was eine schlechtere Leistung der Nachwuchsskirennläuferinnen bedeutet (Raschner, 2013). Betrachtet man die Sprungkoordination im Altersverlauf in der Untersuchung von Raschner (2013) so zeigte sich bei den Nachwuchsskirennläuferinnen eine Stagnation der Leistung ab einem Alter von 15 Jahren. Bei den Jungen trat diese nicht auf, weshalb es zu einem hochsignifikanten Unterschied (p < 0,001) im Geschlechtervergleich kommt (Ahnert & Schneider, 2007;

Raschner, 2013). Das bereits für das Gleichgewicht erwähnte Kraft-Last-Verhältnis wirkt sich in der Sprungkoordination positiv auf die Leistung der Jungen aus. Die größere Körpergröße sowie ein höherer BMI, der durch die größere Muskelmasse begründet ist, sind für eine bessere Leistung in diesem Testitem von Vorteil (Raschner, 2013). Die untersuchte Stichprobe wies für die Nachwuchsskirennläufer eine größere Körpergröße sowie einen höheren BMI im Vergleich zu den Nachwuchsskirennläuferinnen auf (siehe Tabelle 3).

Bei der Auswertung der Testitems zur visuellen Wahrnehmung zeigte sich, dass die Nachwuchsskirennläufer im Mittel bessere Werte erzielten als die Nachwuchsskirennläuferinnen. Ausnahme sind die Items PS und RT, hier waren die Mittelwerte der weiblichen Testpersonen höher (siehe Tabelle 4). Signifikante Unterschiede konnten keine nachgewiesen werden. Dieses Ergebnis stimmt mit den Resultaten von Chraif (2013) überein. Geschlechterspezifische Unterschiede in der visuellen Wahrnehmung können grundsätzlich nur durch genetische Faktoren, Persönlichkeitsmerkmale oder erlebte Erfahrungen begründet werden. Auch die Sexualhormone haben einen Einfluss auf die Verarbeitungsstrategien von

sensorischen Informationen (Heirani et al., 2012). In einer Untersuchung von Chraif

(2013) zeigte sich ein hochsignifikanter geschlechterspezifischer Unterschied (p < 0,001) in der Reaktionszeit bei rumänischen Studentinnen und Studenten (20,1 ±

1,5 Jahre) zu Gunsten der Studentinnen. Dieses Resultat deckt sich mit dem Ergebnis der vorliegenden Arbeit, wo die Nachwuchsskirennläuferinnen ebenfalls bessere Werte im Testitem RT zeigten. Der Unterschied hier war nicht signifikant (p = 0,573). Dieses Ergebnis steht im Gegensatz zu den Resultaten von Heirani et al.

(2012). Unabhängig vom Level in ihren jeweiligen Sportarten wiesen Collegestudentinnen (22 ± 3 Jahre) eine signifikant höhere Reaktionszeit als Collegestudenten auf (p < 0,05). In der Literatur (Baur et al., 2009) wird bei der Reaktionszeit von einem Vorteil der Jungen ausgegangen, steigt der Zeitdruck und der motorische Anteil einer Aufgabe. Da der motorische Anteil beim Testitem RT jedoch gering war und dafür die Anforderungen an den Präzisionsdruck erhöht, ist dies eine mögliche Erklärung dafür, dass das Leistungsniveau der Mädchen über das der Jungen ansteigt (Baur et al., 2009). In Bezug auf das Testitem PS lassen sich die besseren Mittelwerte der Nachwuchsskirennläuferinnen, durch ihr früher entwickeltes räumliches Arbeitsgedächtnis (Burris et al., 2020), sowie ihre bessere Aufmerksamkeits- und Konzentrationsfähigkeit erklären (Jastrzebska, 2020). Bei einer Untersuchung mittels der SPARQ Sensory Station von Nike Inc., konnten Burris et al., (2020) eine signifikant bessere Leistung (p < 0,05) der Athletinnnen im Testitem PS nachweisen.

In der vorliegenden Studie korrelierte bei den Nachwuchsskirennläufern der

Gesamt-Score der visuellen Wahrnehmung signifikant mit dem Testitem DP (p= 0,039;

rs = 0,520). Die Regressionsanalyse zeigte jedoch knapp keinen signifikanten Einfluss (p = 0,059) dieses Testitems auf den Gesamt-Score. Vielmehr wiesen die Testitems

CS (p = 0,021; Beta = 0,507) und RT (p = 0,047; Beta = 0,606) den höchsten signifikanten Einfluss auf den Gesamt-Score auf. Die Korrelation dieser beiden

Testitems mit dem Gesamt-Score war jedoch schwach bis gering (rs CS = 0,045;

r RT = 0,212) ausgeprägt. Diese drei Teilbereiche (DP, CS, RT) wurden von Schläppi et al. (2016) auch als wichtige Faktoren für die visuelle Wahrnehmung während dem Skirennlauf benannt. So zeigte sich in den Interviews mit den Athleten des Schweizer Nationalteams, dass bei schlechten Sichtverhältnissen, wie Sonne-Schatten-Wechsel, Nebel oder diffusen Lichtverhältnissen die gesamte visuelle Wahrnehmung

beeinträchtigt ist. CS und DP sind durch die eingeschränkte Sicht direkt beeinflussten Teilbereiche. Eine verlängerte Reaktionszeit ist eine Folgeerscheinung der schlechteren Sichtverhältnisse (Stalin & Dalton, 2021) und wirkt sich negativ auf die Skitechnik aus (Raschner et al., 2017). Signifikante Korrelationen zwischen diesen Testitems konnten bei den Nachwuchsskirennläufern jedoch nicht nachgewiesen werden (siehe Tabelle 5).

Eine eingeschränkte Sicht im alpinen Skirennsport wirkt sich negativ auf das Gleichgewicht der Skirennläuferinnen und -läufer aus, da die meisten sensorischen Informationen zur Erhaltung des Gleichgewichts über die Augen aufgenommen werden (Raschner et al., 2017). Diese These wird durch die mittlere, inverse Korrelation der Testitems Gleichgewicht und Gesamt-Score (p = 0,176; r = -0,356) bei den Nachwuchsskirennläufern bestätigt. Die negative Korrelation kommt dadurch zustande, dass beim Gleichgewicht ein niedrigerer Score ein besseres Ergebnis bedeutet. Einen möglichen Erklärungsansatz für die Korrelation liefert Jastrzębska (2020), denn die schlechtere posturale Gleichgewichtskontrolle von Nachwuchsskirennläufern wird begründet durch die geringere Aufmerksamkeit und Konzentration, sowie deren geringere Integrität der sensorischen Informationen durch das zentrale Nervensystem. Der PS-Score, welcher die Aufmerksamkeitsspanne widerspiegelt, war bei den Probanden im Mittel (63,1 ± 26,7) geringer, was die These von Jastrzębska (2020) stützt. Das periphere Sichtfeld spielt ebenfalls eine zentrale Rolle zur Aufrechterhaltung des Gleichgewichts (Vater et al., 2019). Schläppi et al.

(2016) konnten die Bedeutung des peripheren Sehens für den alpinen Skirennlauf bestätigen. So orientieren sich die interviewten Athleten an den Toren, Pistenmarkierungen oder natürlichen Hinweisen, wie Bäumen oder Bergen. Die Testitems MOT und PS können zur Überprüfung des peripheren Sehens herangezogen werden, allerdings zeigte bei den Nachwuchsskirennläufern nur PS eine mittlere, inverse, jedoch nicht signifikante Korrelation (p = 0,217; r = -0,327) mit dem Gleichgewicht.

Die Aufrechterhaltung des Gleichgewichts, sowie die allgemeine koordinativen Leistung sind zentrale Aspekte im alpinen Skirennsport. Da Ersteres durch die visuelle Wahrnehmung beeinflusst wird, wie in den Kapiteln 1.5.1 und 1.5.2 ausreichend dargelegt, ist es naheliegend ebenso eine Überprüfung der Korrelation zwischen der Sprungkoordination sowie dem Gesamt-Score der visuellen Wahrnehmung durchzuführen. Die Sprungkoordination stellt eine Testmöglichkeit zur Überprüfung

des hohen koordinativen Niveaus im alpinen Skirennlauf dar (Raschner et al., 2017).

In der vorliegenden Studie konnte nur ein mittlerer, nicht signifikanter Zusammenhang (p = 0,179; r = 0,354) der Sprungkoordination_rechts mit dem Gesamt-Score bei den Nachwuchsskirennläufern nachgewiesen werden. Jedoch zeigten die Testitems RT und VC in der Regressionsanalyse den größten Einfluss auf die

Sprungkoordination_rechts. Der Einfluss von VC war signifikant (p = 0,032;

Beta = 0,625), RT war knapp nicht signifikant (p = 0,061; Beta = 0,572). Die Leistungsfähigkeit bei konditionellen und kraftorientierten Aufgaben, wie einem Sprungparcours, stieg bei Jungen ab der Pubertät hochsignifikant an (p < 0,001) (Ahnert & Schneider, 2007). Die Reaktionszeit bzw. die Koordination unter Zeitdruck ist für das Absolvieren eines Sprungparcours ein leistungsbestimmender Faktor (Baur et al., 2009), genauso wie für den alpinen Skirennlauf (Raschner, 2013). Die vorliegende Studie konnte jedoch nur eine mittlere inverse, nicht signifikante Korrelation der RT mit der Sprungkoordination_links (p = 0,116; rs = -0,409) nachweisen. Die negative Korrelation ergibt sich dadurch, dass eine geringere Zeit bei der Sprungkoordination eine bessere Leistung bedeutet. Die Bedeutung der VC für die Ausführung koordinativer Bewegungsabläufe liegt auf der Hand, so führt eine verminderte Sehschärfe selbst bei automatisierten Bewegungen zu koordinativen und somit auch zu technomotorischen Einbußen (Jendrusch & Brach, 2003; Schläppi et al., 2016). Eine Verringerung der VC führt zu einer verlangsamten Reaktionszeit und in weiterer Folge zu langsameren Laufzeiten im alpinen Skirennsport (Stalin & Dalton, 2021).

Für eine gute Fahrtechnik im alpinen Skirennlauf ist neben einer sehr gut ausgeprägten Gleichgewichtsfähigkeit auch ein hohes koordinatives Niveau von Vorteil (Scherr et al., 2011). Eine Korrelation dieser beiden Einflussfaktoren wäre daher naheliegend. Die vorliegende Studie konnte bei den Nachwuchsskirennläufern sowohl bei der Sprungkoordination_links (p = 0,931; rs = -0,024) als auch bei der Sprungkoordination_rechts (p = 0,855; r = 0,050) keine signifikante Korrelation mit dem Testitem Gleichgewicht nachweisen. Ein möglicher Erklärungsansatz ist die gute Leistung der Athleten in der Sprungkoordination, im Gegensatz zur schlechteren Leistung im Gleichgewicht. Durch die anatomischen Voraussetzungen kann die Leistung nicht in beiden Testitems gut sein und somit auch nicht korrelieren. Dies bestätigt die Untersuchung von Neuner (2020). Die Autorin untersuchte die sportmotorischen Fähigkeiten bei Nachwuchsskirennläuferinnen und -rennläufern im

Altersverlauf und konnte lediglich in den Altersstufen 14 (p < 0,001; r = 0,383) und 15 (p < 0,05; r = 0,348) eine signifikante Korrelation zwischen dem Gleichgewicht (MFT S3-Check) und der Sprungkoordination nachweisen. Im weiteren Altersverlauf zeigten sich keine signifikanten Korrelationen mehr. Da das Alter der hier vorliegenden Stichprobe im Mittel 16,9 ± 1,4 Jahre betrug, stimmen die Ergebnisse mit denen von Neuner (2020) überein. Die Stagnation der Gleichgewichtsleistung bei Jungen ab einem Alter von ca. 15 Jahren (Raschner et al., 2017) verhindert somit eine Korrelation mit der Sprungkoordination. Sekulic et al. (2013) konnten in ihrer Untersuchung von Collegeathleten (21,6 ± 2,1 Jahre) eine signifikante Korrelation (p < 0,05) des Gleichgewichtsindex, gemessen mittels Biodex Balance System, und verschiedenen Agilitätstests (r = 0,37 - 0,58) feststellen. Dieses Ergebnis hat im Vergleich eine limitierte Aussagekraft, da die Messungen von Sekulic et al. (2013) keine Sprungkoordination enthielten, sondern Tests mit Start-Stop-Bewegungen und Richtungswechseln ausgeführt wurden.

Die Analyse der Ergebnisse der Nachwuchsskirennläuferinnen ergab starke bis sehr starke, signifikante Korrelationen des Gesamt-Score der visuellen Wahrnehmung mit den Testitems CS (p = 0,026; rs = 0,592), NF_Q (p = 0,015; r = 0,631), PS (p = 0,001;

r = 0,793) und MOT (p < 0,001; rs = 0,837). Die Regressionsanalyse zeigte hier ebenfalls einen hochsignifikanten Einfluss des Testitems CS (p < 0,001; Beta = 0,355).

Die Bedeutung eines guten, leistungsfähigen Auges für sportliche Leistung wurde von Erickson (2018) im Allgemeinen, sowie von Schläppi et al. (2016) und Stalin & Dalton (2021) für den alpinen Skirennlauf erläutert. Die Ergebnisse von Schläppi et al. (2016) decken sich mit den korrelierenden Testitems der vorliegenden Studie. So gaben die interviewten Athleten an, dass eine verminderte Kontrastsensitivität die Leistung am stärksten einschränke, da beispielsweise Schläge in der Piste nicht mehr gut zu erkennen sind. Die periphere Wahrnehmung spielt ebenso eine wichtige Rolle, da die Orientierung bei hohen Bewegungsgeschwindigkeiten erschwert ist (Jendrusch &

Brach, 2003; Schläppi et al., 2016). Aus diesem Grund sind MOT und PS relevante Teilbereiche, die zu einer verbesserten Leistung beitragen können, da periphere Gesichtsfeldeinschränkungen die Leistungsfähigkeit stärker einschränken als zentrale Ausfälle (Jendrusch & Brach, 2003; Stalin & Dalton, 2021). Die NF_Q bestätigt ihre Relevanz für den alpinen Skirennlauf, indem die interviewten Athleten angaben, ihren Blick beim aktuellen Tor sofort bereits zwei bis drei Tore weiter nach vorne oder auf

den Absprungpunkt bei einem Sprung in der Abfahrt zu richten (Schläppi et al., 2016).

Burris et al. (2020) zeigten in ihrer Untersuchung mit der SPARQ Sensory Station von Nike Inc., dass Athletinnen und Athleten aus koordinativ anspruchsvollen Sportarten, wie Ski Alpin, ein höheres Niveau im Testitem NF_Q aufwiesen, verglichen mit Athletinnen und Athleten aus Mannschaftssportarten. Innerhalb der Testitems zur visuellen Wahrnehmung lag eine signifikante, inverse Korrelation zwischen VC und RT vor (p = 0,020; rs = -0,614). Eine mögliche Erklärung für die inverse Beziehung in der vorliegenden Studie könnte der Testablauf der beiden Testitems sein. VC wurde nur in einem Abstand von 3 Metern zum Tablet untersucht. Die RT wurde mit einem Abstand von einer Armlänge zum Tablet getestet (Senaptec, 2020). Der alpine Skirennlauf fordert eine schnelle Reaktionsfähigkeit (Raschner, 2013; Stalin & Dalton, 2021). Schnelle muskuläre Reaktionen sind jedoch abhängig von der Qualität der Aufnahme der visuellen Reize (Erickson, 2018). Dies kann auch als Begründung für den signifikanten Einfluss der RT auf den Gesamt-Score gesehen werden (p = 0,001;

Beta = 0,352).

Der Einfluss des optischen Analysators auf die Aufrechterhaltung des Gleichgewichts wurde in der vorliegenden Arbeit bereits häufig erwähnt (siehe Kapitel 1.5.1 und 1.5.2).

Daher kann eine Korrelation dieser beiden Testitems angenommen werden, die sich in der vorliegenden Arbeit bei den Nachwuchsskirennläuferinnen im Bereich der VS nachweisen lies. Der mittlere Zusammenhang war knapp nicht signifikant (p = 0,077;

rs = 0,488). Mädchen weisen eine bessere Integrität von sensorischen Informationen auf, was zu einem verbesserten Gleichgewicht führt (Jastrzębska, 2020). Zudem zeigte sich eine mittlere inverse, jedoch nicht signifikante Korrelation der RT mit dem Gleichgewicht (p = 0,140; r = -0,415). Die negative Korrelation kommt dadurch zustande, da beim Gleichgewichtsscore ein geringerer Wert ein besseres Ergebnis bedeutet. Dieser Zusammenhang erklärt sich durch die ständig nötige Anpassung des Gleichgewichts während dem Ski fahren an beispielsweise Schläge oder Unebenheiten in der Piste (Schläppi et al.,2016). Um eine gute Skirenntechnik zu fahren, ist es nötig den Körperschwerpunkt ständig über der Unterstützungsfläche der Ski zu halten, sowie sich durch die von außen auftretenden Kräfte nicht aus dem Gleichgewicht bringen zu lassen (Raschner, 2013).

Die Bedeutung des optischen Analysators für den alpinen Skirennlauf wurde von Schläppi et al. (2016) und Stalin & Dalton (2021) untersucht. Der Zusammenhang von Sprungkoordinationstests auf den alpinen Skirennlauf wurde von Dür (2013)

nachgewiesen. Der Sprungkoordinationstest Sternspringen zeigte einen sehr starken signifikanten Zusammenhang mit der Skitechnik (p < 0,05; r = 0,70). Daher wäre auch ein Zusammenhang zwischen der Sprungkoordination und der visuellen Wahrnehmung denkbar. Die Analyse der Ergebnisse der Nachwuchsskirennläuferinnen zeigte lediglich einen schwachen, nicht signifikanten Zusammenhang zwischen dem Gesamt-Score und Sprungkoordination_rechts auf (p = 0,662; r = 0,128). Das Testitem VC wies sowohl für die Sprungkoordination_rechts (p = 0,403; rs = 0,243), als auch für die Sprungkoordination_links (p = 0,443; rs = 0,223) eine schwache, nicht signifikante Korrelation auf. Die Korrelation von VC mit der Sprungkoordination war stärker ausgeprägt als die aller weiteren Testitems (CS, DP, NF_Q, PS, MOT, RT) mit der Sprungkoordination. In der Regressionsanalyse konnten keine signifikanten Einflüsse der Testitems zur visuellen Wahrnehmung auf die Sprungkoordination_rechts und Sprungkoordination_links bei Nachwuchsskirennläuferinnen festgestellt werden. Die VC weist eine große Bedeutung für die Ausführung koordinativer Bewegungsabläufe auf. So führte eine verminderte Sehschärfe bei automatisierten Bewegungsabläufen zu koordinativen und in weiterer Folge auch zu technomotorischen Einbußen (Jendrusch & Brach, 2003;

Schläppi et al., 2016; Stalin & Dalton, 2021). Mädchen zeigten bei Aufgaben mit hohem motorischem Anteil und unter Zeitdruck, wie bei einem Sprungparcours, grundsätzlich ein geringes Niveau (Baur et al., 2009). Andererseits wiesen sie eine hohe Verarbeitungsfähigkeit von sensorischen Informationen auf (Jastrzębska, 2020). Auf Grund dieser inversen Beziehung kann es zu keinem Zusammenhang der Sprungkoordination mit der visuellen Wahrnehmung kommen.

Da sowohl die Sprungkoordination als auch die Gleichgewichtsfähigkeit häufig herangezogene Testitems zur Beurteilung der sportmotorischen Leistung im alpinen Skirennlauf sind (Raschner et al., 2013), könnte es zu einer Korrelation der beiden Testitems kommen. Bei den Nachwuchsskirennläuferinnen konnte diese Annahme nicht bestätigt werden. Es zeigte sich eine mittlere, negative, nicht signifikante Korrelation des Gleichgewichts mit der Sprungkoordination_links (p = 0,313;

rs = -0,291), gleichermaßen wie mit der Sprungkoordination_rechts (p = 0,234;

r = -0,340). Dies bedeutet, dass eine gute Leistung in der Gleichgewichtsmessung mit einer schlechten Leistung in der Sprungkoordination einherging. Neuner (2020) untersuchte den Zusammenhang einzelner sportmotorischer Tests bei Nachwuchsskirennläuferinnen und -rennläufern und konnte ebenfalls keine Korrelation

des Gleichgewichts (MFT S3-Check) mit der Sprungkoordination bei Nachwuchsskirennläuferinnen in allen Altersgruppen (14 - 18 Jahre) nachweisen.

Dieses Ergebnis wurde von Sekulic et al. (2013) gestützt. Die Autoren untersuchten den Zusammenhang des Gleichgewichtsindex, gemessen durch Biodex Balance System, und verschiedenen Agilitätstests bei College-Studentinnen (20,6 ± 2,1 Jahre).

Sie konnten nur bei einem Testverfahren (20 yards distance agility test) eine signifikante, mittlere Korrelation feststellen (p < 0,05; r = 0,37). Die Zusammenhänge der restlichen Testitems waren nur schwach bis mittel ausgeprägt (r = 0,11 – 0,30).

Die Autoren begründeten ihr Ergebnis durch verminderte Leistungsfähigkeit der Studentinnen in der Koordination, welche durch Kraft- und Geschwindigkeitskapazitäten limitiert sind. Dem gegenüber standen die guten Gleichgewichtsfähigkeiten der Studentinnen. (Sekulic et al., 2013) Diese Begründung basiert auf den anatomischen Voraussetzungen der Geschlechter. So sind die kürzeren Extremitäten und das breitere Becken ein Vorteil für die Aufrechterhaltung des Gleichgewichts bei Mädchen, da der Schwerpunkt so tiefer liegt. Diese körperlichen Voraussetzungen sind für die Sprungkoordination von Nachteil, da das Kraft-Last-Verhältnis schlechter ist (Raschner et al., 2017).

Betrachtet man die Ergebnisse der Regression im Geschlechtervergleich so zeigten sowohl Nachwuchsskirennläuferinnen (p < 0,001) als auch Nachwuchsskirennläufer (p = 0,021) einen signifikanten Einfluss des Testitems CS auf den Gesamt-Score der visuellen Wahrnehmung. Schlechte Sichtverhältnisse und daraus resultierend eine schlechte Bodensicht haben einen negativen Einfluss auf die Fahrtechnik (Schläppi et al., 2016; Raschner et al., 2017; Stalin & Dalton, 2021). Herrscht Nebel, Sonne-

Schatten-Wechsel oder ein diffuses Licht, so können die Skirennläuferinnen und -rennläufer Unebenheiten und Schläge in der Piste nicht mehr gut erkennen (Schläppi

et al., 2016). Niedermeier et al. (2019) wiesen darauf hin, dass schlechte Sichtverhältnisse ein Prädiktor für Verletzungen sind. Eine Möglichkeit die schlechten Sichtverhältnisse auszugleichen, ist die Verwendung von rot getönten Skibrillengläsern. Diese absorbieren gewissen Lichtspektren und ermöglichen eine klarere Sicht (Erickson, 2018). Umso höher das Level der Athletinnen und Athleten, umso besser kommen diese auch mit schlechten Sichtverhältnissen zurecht, da die Weiterleitung der sensorischen Informationen besser funktioniert (Burris et al., 2020) und sie sich vermehrt auf das periphere Sehen verlassen und so die Einschränkungen

im foveal Bereich kompensieren können (Vater et al., 2019). Das periphere Sehen verlangt die vermehrte Integration von sensorischen Informationen sowie ein hohes Level an Aufmerksamkeit und Konzentration. Im Geschlechtervergleich schnitten die Jungen hierbei schlechter ab (Jastrzębska, 2020). Die Stichprobe zeigte nur bei den Nachwuchsskirennläuferinnen eine signifikante, sehr starke Korrelation der Testitems PS (p = 0,001; r = 0,793) und MOT (p < 0,001; rs = 0,837) mit dem Gesamt-Score der visuellen Wahrnehmung. Das lässt darauf schließen, dass die gesamte visuelle Leistung der Mädchen zu einem größeren Anteil auf dem peripheren Sehen beruht.

Begründet wird dies durch die frühere Entwicklung des räumlichen Arbeitsgedächtnisses bei Mädchen (Burris et al., 2020). Bei den Nachwuchsskirennläufern konnte hingegen nur eine mittlere, nicht signifikante Korrelation der Testitems PS (p = 0,161; r = 0,368) und MOT (p = 0,245; rs = 0,308) mit dem Gesamt-Score nachgewiesen werden.

Eine Möglichkeit die Funktion des sensomotorischen Systems zu überprüfen und in weiterer Folge auch zu trainieren ist die posturale Gleichgewichtskontrolle (Hrysomallis, 2011). Die Nachwuchsskirennläuferinnen zeigten im Mittel signifikant (p = 0,001) bessere Werte als die Nachwuchsskirennläufer. Betrachtet man den Einfluss der einzelnen Testitems zur visuellen Wahrnehmung, besonders des Testitems PS, konnte bei den Nachwuchsskirennläuferinnen nur eine schwache, inverse, nicht signifikante Korrelation mit dem Gleichgewicht nachgewiesen werden (p = 0,353; r = -0,269). Bei den Nachwuchsskirennläufern war diese Korrelation mittel ausgeprägt (p = 0,217; rs = 0,327). Da die Aufrechterhaltung des Gleichgewichts nicht nur durch die sensorischen Informationen der Augen bedingt ist, sondern die Regulation auch über das Sprunggelenk erfolgt (Raschner, 2013), könnte man auf Grund dieser Ergebnisse annehmen, dass die Gleichgewichtskontrolle bei den Mädchen vermehrt über das Sprunggelenk erfolgt und sie weniger auf die

Eine Möglichkeit die Funktion des sensomotorischen Systems zu überprüfen und in weiterer Folge auch zu trainieren ist die posturale Gleichgewichtskontrolle (Hrysomallis, 2011). Die Nachwuchsskirennläuferinnen zeigten im Mittel signifikant (p = 0,001) bessere Werte als die Nachwuchsskirennläufer. Betrachtet man den Einfluss der einzelnen Testitems zur visuellen Wahrnehmung, besonders des Testitems PS, konnte bei den Nachwuchsskirennläuferinnen nur eine schwache, inverse, nicht signifikante Korrelation mit dem Gleichgewicht nachgewiesen werden (p = 0,353; r = -0,269). Bei den Nachwuchsskirennläufern war diese Korrelation mittel ausgeprägt (p = 0,217; rs = 0,327). Da die Aufrechterhaltung des Gleichgewichts nicht nur durch die sensorischen Informationen der Augen bedingt ist, sondern die Regulation auch über das Sprunggelenk erfolgt (Raschner, 2013), könnte man auf Grund dieser Ergebnisse annehmen, dass die Gleichgewichtskontrolle bei den Mädchen vermehrt über das Sprunggelenk erfolgt und sie weniger auf die