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2.5 Die Regulation der plazentaren Angiogenese

2.5.1 Regulatoren

2.5.1.3 Insulinähnliche Wachstumsfaktoren

Die insulinähnlichen Wachstumsfaktoren 1 und 2 (Insulin-like Growth Factors, IGF) sind Mitglieder der IGF-Peptidfamilie, der insgesamt mindestens zehn strukturähnliche Proteine angehören. Unter diesen weisen IGF1 und 2 eine hohe Homologie (>50%) zu Insulin auf. Im Allgemeinen wird den IGF eine wichtige Funktion in Bezug auf das somatische Zellwachstum und die Zellproliferation zugesprochen (MONZAVI u. COHEN 2002; COHEN 2006). Die Aminosäuresequenz des IGF1 entspricht der Sequenz des humanen IGF1, wohingegen sich bei IGF2 drei der 67 Aminosäuren zum humanen IGF2 unterscheiden (HONEGGER u. HUMBEL 1986). Die Produktion von IGF1 unterliegt verschiedenen Einflüssen, zu denen vorrangig die Wirkung des Wachstumshormons (Growth Hormon, GH), aber auch von Östrogenen und Glukokortikoiden zählen. Das Vorhandensein von IGF2 unterliegt einem schwächeren Einfluss von GH (COLLETT-SOLBERG u. COHEN 2000).

Die Wirkung von IGF1 und 2 wird durch die Bindung an korrespondierende Rezeptoren entfaltet (IGFR1 und 2). Der IGFR1 befindet sich auf zahlreichen Zelltypen und bindet IGF1 und 2 mit hoher Affinität. Nach der Ligandenbindung erfolgt die Aktivierung der Rezeptor-Tyrosinkinase und konsekutiv wird das Signal in das Zellinnere weiter geleitet, unter anderem durch die Phosphorylierung von Proteinen der IRS-Familie (HOLZENBERGER et al. 2004; COHEN 2006). Der IGFR2 bindet neben IGF2 auch Mannose-6-haltige lysosomale Enzyme und Retinsäure, wohingegen die Affinität zu IGF1 sehr gering bis nicht vorhanden ist (SCOTT u. FIRTH 2004). IGFR2 wird vor allem im Zellinneren in den Bereichen des Golgi-Apparates sowie in Endo- und Lysosomen exprimiert (CHAKRABORTY et al. 2002).

Im Plasma zirkulieren insulinähnliche Wachstumsfaktoren größtenteils in gebundener Form. Diese Bindungsproteine (IGFBP1-6) verlängern nicht nur die

Halbwertszeit von IGF1 und 2, sondern transportieren diese auch zu ihren Zielzellen und modulieren die Interaktion zwischen ihnen und den IGFR (MONZAVI u. COHEN 2002). Zumeist fungieren die IGFBP als Inhibitoren der IGF, jedoch können einige dieser Bindungsproteine die Wirkung der IGF verstärken, in dem sie die Bindung an den Zielzellrezeptor fördern (WETTERAU et al. 1999; COLLETT-SOLBERG u. COHEN 2000).

Die biologischen Wirkungen der insulinähnlichen Wachstumsfaktoren sind zahlreich. Neben einer blutzuckersenkenden Wirkung und einer Bedeutung in der Tumorbiologie (Vermittlung anti-apoptotischer Signale), sind diese Faktoren für das fetale und plazentare Wachstum von zentraler Bedeutung (COHEN 2006). In einer Studie am Tiermodell zeigten BEHRINGER et al. (1990), dass IGF1 eine zentrale Bedeutung für das fetale Wachstum zukommt. Die Verpaarung von GH-defizienten mit IGF1-transgenen Mäusen führte zu Nachkommen mit normalem Körpergewicht und linearem Wachstum. Zudem traten GH-unabhängige IGF1-Effekte auf, wie zum Beispiel ein höheres Volumen des Gehirns, welches die stärkere Bedeutung von IGF1 im Vergleich zu GH unterstrich. Mäuse, die eine Defizienz des IGF1-Gens aufwiesen, zeigten ein geringes Geburtsgewicht und waren nur eingeschränkt lebensfähig. Die Plazenta wies jedoch ein normales Gewicht auf (LIU et al. 1993). IGF2-defiziente Mäuse ließen eine reduzierte Gewichtsentwicklung und ein verringertes Plazentagewicht erkennen. Diese Tiere waren im Gegensatz zu IGF1-defizienten Mäusen lebensfähig und zeichneten sich post partum durch eine normale Gewichtsentwicklung aus. Es kann gefolgert werden, dass IGF2 eine große Bedeutung für das plazentare Wachstum und folglich für das fetale Gewicht hat. Jedoch ist IGF2 für das postpartale Wachstum, im Gegensatz zu IGF1, nicht zwingend notwendig (DECHIARA et al. 1990; BAKER et al. 1993; MONZAVI u. COHEN 2002).

In der Plazenta des Rindes gelang es bereits, Mitglieder des IGF-Systems nachzuweisen. ROBINSON et al. (2000) zeigten das Vorkommen während des Sexualzyklus und in der Phase der frühen Trächtigkeit. Die stärkste Expression von IGF1 fand sich im subepithelialen Stroma des Endometriums, wohingegen IGF2 vorrangig im karunkulären Stroma exprimiert wurde. Der IGFR1 wurde an

Tag 16 der Trächtigkeit in tiefen Drüsen des Endometriums, dem karunkulären Stroma und im Myometrium lokalisiert. Die Expression der IGFBP1-3 wurde durch die Anwesenheit des Embryos modifiziert, zudem änderte sich IGFBP1-Expression auch im Verlauf des normalen Zyklus. In einer weiteren Studie, die von RICHTERICH (2009) durchgeführt wurde, wurde das Vorkommen von Mitgliedern des IGF-Systems in Plazentomen des Rindes von Tag 50 der Trächtigkeit bis zur Geburt untersucht. Auf mRNA-Ebene war IGF1 am stärksten im ersten Drittel der Trächtigkeit exprimiert und konnte vor allem in den Karunkeln lokalisiert werden.

Im Gegensatz dazu war IGF2 vornehmlich in den Kotyledonen zu finden, wo die Expression im Trächtigkeitsverlauf kontinuierlich anstieg. Der IGFR1 wurde gleichmäßig im fetalen und maternalen Kompartiment detektiert, während der IGFR2 vorrangig in der Karunkel exprimiert wurde. Auf Proteinebene wurden Mitglieder des IGF-Systems (IGF1 und 2, IGFR1 und 2) vor allem in gefäßassoziierten Bereichen nachgewiesen, so dass der Autor einen wichtigen Zusammenhang zwischen den Mitgliedern des IGF-Systems und der Angiogenese in der bovinen Plazenta vermutet. Die Veränderungen in den Expressionsmustern deuten darauf hin, dass die Mitglieder des IGF-Systems im Rahmen der Trächtigkeit aktiv regulatorische Funktionen übernehmen (RICHTERICH 2009).

Auch in der humanen Plazenta gelang es, Liganden des IGF-Systems sowie der IGFBP nachzuweisen. In den Trophoblastzellen wurden sowohl IGF1, wie auch IGF2 nachgewiesen, wobei IGF2 stärker exprimiert war (HAN et al. 1996). In einer weiteren Studie zeigten HERR et al. (2003) die Expression von IGF2 durch Endothelzellen in der Plazenta und wiesen außerdem angiogene Effekte nach, so dass neben einer regulatorischen Funktion im Rahmen der Trophoblastinvasion auch eine Bedeutung für die plazentare Angiogenese besteht.

Durch die Lokalisation der IGF in den Blutgefäßen und ihrer Umgebung, sowie der Detektion dieser Faktoren in den Trophoblastzellen, beziehungsweise TGC, liegt die Vermutung nahe, dass Liganden des IGF-Systems Einfluss auf die plazentare Angiogenese des Rindes nehmen und diese Regulation auch über die parakrine Sekretion der Liganden durch die Trophoblastzellen erfolgt. Deshalb sind IGF1 und 2 als Endothelzellstimulanzien in der vorliegenden Studie verwendet worden.