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Innere Merkmale der Normtexte

Im Dokument ISBN 3-205-20354-2 (Seite 54-62)

1.5 Merkmale der Normtexte

1.5.2 Innere Merkmale der Normtexte

Bei der Untersuchung der inneren Eigenschaften der Normtexte sollen Auf-bau und Stilform gemäß der Vorgehensweise der mittelalterlichen Diplomatik unter die Lupe genommen werden150. Hinsichtlich des Stils ist zu bemerken, dass der Grundherr sich selbst in den von ihm ausgestellten Stücken im Ku-rial- oder Wir-Stil151nennt und sein Gegenüber in der zweiten Person Plural („Euch“, „Euer“) – vermutlich vom ritterlichen „Ihrzen“152abgeleitet – oder mit einem indirekten „Er“ anspricht. Normtexte, die die Wirtschaftsräte, Oberhauptmänner oder Hauptmänner verfassten, sprechen vom Fürsten im objektiven Stil, auch „stilus relativus“ genannt, mögliche Varianten dafür wa-ren:sein/ihr fürstliche gnaden, seine/euer durchleucht. Der Verfasser selbst nannte sich in der ersten Person Singular und signierte das Stück eigenhän-dig, wie die oft danebenstehende Abkürzungm.p., alsomanu propria, verrät.

Der Fürst, in dessen Namen das Stück ausgestellt wurde, unterzeichnete in diesen Fällen nicht.

In allen für einen einzelnen Amtsträger verfassten Normtexten wird der Adressat gemäß seiner (adeligen oder nichtadeligen) Herkunft oder hier-archischen Verankerung behandelt, wie der Vergleich folgender Anreden zeigt:den edlen undt vesten Thoma Grün153,solle dem Adam Frantz Mar-schakh von Palmburg, unßern oberhaubtmann unßerer samentlichen herr-schafften[. . . ]154,nachdeme wir unsern wirthschaffts rath Frantz Wentzl von Tannenberg auf sein unterthäniges gesuch[. . . ]155,dem gestrengen vesten unsern sonders lieben getreuen Laurentio Josepho Schallamayr.156

Der Aufbau der hier betrachteten frühneuzeitlichen Normtexte ähnelt je-nem einer (mittelalterlichen) Urkunde und die Einteilung in (Eingangs-)Pro-tokoll, Kontext und Eschatokoll157lässt sich bis Mitte des18. Jahrhunderts beobachten. Die folgenden Kapitel beschreiben daher die innere Struktur der Instruktion, zunächst in ihrer Vollform als Ausfertigung oder Abschrift, anschließend die Abweichungen davon sowie die anderen Normtexte der liechtensteinischen Herrschaftsverwaltung.

150Hochedlinger, Aktenkunde,133.

151Siehe dazuHochedlinger, Aktenkunde,133f.

152Hochedlinger, Aktenkunde,148.

153Ebd.

154Unten Nr.2.3.3.

155Unten Nr.3.3.13.

156Unten Nr.3.3.10.

157Hochedlinger, Aktenkunde,32. Vergleiche auch die Darstellung beiWührer, Nutzen.

1.5.2.1 Protokoll

Das Protokoll, mit dem die Instruktionen der beiden untersuchten Herr-schaften eröffnet werden, besteht aus der Intitulatio und der Devotions-oder Legitimationsformel. Die Intitulatio bezeichnet die „Selbstaussage“ des Ausstellers und umfasst dessen Namen sowie eine Aufzählung sämtlicher Herkunfts-, Herrscher- und Besitztitel.158Fürst Karl stellte etwa in seiner nach1608aufgesetzten Herrschaftsinstruktion dem Text folgende Intitulatio voran:Wür, Carl, von Gottes gnaden fürst und regierender herr deß haußes Liechtenstein von Nicolspurg, herr auf Veldtsperg, Herrnbaumgartten, Eyß-grueb, Plumbau, Proßnitz, Aussee unnd Tschiernahor etc.159Die Aufzählung wird dabei immer mit der Abkürzung „etc.“ abgeschlossen, die die gekürzte Wiedergabe der Herrschertitel signalisiert, bis ins18. Jahrhundert weist je-doch keines der überlieferten Stücke eine vollständige Nennung der Titel auf.

Häufig wurde nur ein kleiner Titel verwendet:Von gottes gnaden Carl, in Schlesien zu Troppau und Jägerndorff fürst und regierer deß hauses Liech-tenstein etc.160Dies geht oft mit der Entstehungsstufe des Textes einher und kennzeichnet somit meist ein Konzept, nicht jedes Stück weist jedoch eine Intitulatio auf.161Entscheidend könnte dafür neben der Entstehungsstufe und der Bedeutung, die dem Stück beigemessen wurde, das Gegenüber ge-wesen sein. Sogar unter Gleichrangigen war es üblich, die Selbstbetitelung – meist am Ende des Stücks – anzuführen.162Die Legitimationsformel „von Gottes Gnaden“ ist mit der Intitulatio verbunden und steht vor oder nach dem Namen des Fürsten. Als Relikt der ansonsten nicht mehr vorzufinden-den Invocatio könnte ein über dem Text geschriebenes Kreuzzeichen auf einer undatierten Instruktion des Fürsten Karl für seinen Pfleger sowie auf einer Instruktion seines Bruders Gundaker für die Richter aus dem Jahr1614 gedeutet werden.163

Über oder unter der Intitulatio liest man den eigentlichen Titel und somit die Bezeichnung des Stückes, also beispielsweise „Instruktion“, „Instruktion und Ordnung“ oder als Kombination mit der Funktion: „Kastners Instruk-tion“. In dieser Form ist die Textbezeichnung zentriert und durch Auszeich-nungsschrift oder Sperren hervorgehoben. Vor allem ab dem18. Jahrhundert

158Lemma „Intitulatio (Titel)“, verfasst von Peter Seelmann, Lexikon, Friedensverträge der Vormoderne, [http://www.historicum.net/themen/friedensvertraege-der-vormoderne/lexikon/

a-m/art/Intitulatio/html/artikel/4042/ca/a0ddf537a1a22710740c7853c55ef0ac] (24.08.2011).

159Unten Nr.1.1.1.4.

160Unten Nr.1.1.1.5.

161Unten Nr.1.1.1.9: Das Konzept kommt beispielsweise ohne Intitulatio aus.

162Hochedlinger, Aktenkunde,135.

163Unten Nr.1.1.1.5; HAL, H1254, Instruktion Gundakers von Liechtenstein für die Richter1614 (mit Korrekturen von1651, nicht ediert).

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1.5 Merkmale der Normtexte

wurde die Textsortenbezeichnung immer häufiger in den Text eingebunden, sodass diese nach der Intitulatio zu finden ist:Bekhenen hiermit und in crafft dessen, das wir heunth dato den edlen undt vesten Thoma Grün zu unße-ren würtschafftsrath außer daß hochfürst(lich) gundackerischen majoraths auch der anliegenden allodialgütter Haußkürchen und Erdtberg, ingleichen der herrschafft Feldtsperg, Eyßgrueb und Tschertschein, wir thetten ihme dann dieß orths in specie etwaß committiren, mit folgender instruction an-und aufgenohmen haben.164Auf einen formschönen Titel, wie er noch im 17. Jahrhundert öfter anzutreffen ist, wird verzichtet, optisch vollzieht diese Textsorte somit einen deutlichen Wandel zum bloßen Gebrauchstext.

Während die Nennung von Textsorte und Funktion165wesentlicher Be-standteil jeder Instruktion ist, ist die namentliche Nennung des Amtsträgers nicht zwingend notwendig. Ein Zusammenhang zwischen der Namensnen-nung und der hierarchischen Stellung kann ebenso wenig konstatiert werden.

Der Großteil der überlieferten Instruktionen wurde allgemein gehalten und an einen oder mehrere Amtsträger einer oder mehrerer Herrschaften adres-siert. Im Fall einer namentlichen Erwähnung eines hohen Amtsträgers er-folgte die Anrede meist durch ein vorangestellteslieber getreuer, wodurch das Untertanen- bzw. Vasallenverhältnis signalisiert wurde.166Dem Adelsgrad einer Person wurde man in der Frühen Neuzeit durch ein dem Namen vor-angestelltes Prädikat gerecht:Bekennen hiemit und in crafft dessen, daß wür heunt dato dem gestrengen vesten, sonders lieben Antony Savageri[. . . ].167Die Reihenfolge der verwendeten Prädikate entspricht in diesem Beispiel der kor-rekten Anrede eines förmlichen Schreibens, wonach zuerst Würde oder Stand (gestrenger vester) und an zweiter Stelle das Verhältnis des Absenders zum Empfänger (sonders lieber) angegeben wird. Die Anredengestrenger,vester sowieedlergenossen Angehörige des Ritterstandes oder untitulierte Adelige.

Gemäß der Kleiderordnung Leopolds I. von1671gehörten die oberen Herr-schaftsbeamten derselben gesellschaftlichen Klasse an wie Nobilitierte ohne Grundbesitz oder Hofbedienstete.168Dementsprechend wurden die liechten-steinischen Beamten in den Normtexten je nach Position tituliert. Die förm-liche Anredeedler und vester169wurde beispielsweise dem Raitmeister Jonas Huemer1595zuteil. Mehr als hundert Jahre später wurde soder ehrnveste und lieber getreue Lorenz Schallamayer umb s(ein)er bey der buchhalterey

164Unten Nr.1.3.1.7.

165Jakob Wührer und Martin Scheutz haben die Selbstbeschreibung im Protokoll in die Text-sorten- und Funktionsnennung unterteilt:Wührer, Scheutz, Zu Diensten, IB II.1.

166Hochedlinger, Aktenkunde,143.

167Unten Nr.1.3.1.1.

168Bruckmüller, Sozialgeschichte,190.

169Unten Nr.1.1.1.1.

habenden guten experienz und capacität vor einen buchhalter g(nä)dig ver-ordnet.170Hauptmänner wurden ebenfalls mitehrenvesterundsonders lieber getreuerangeredet, Oberhauptmänner, Raiträte und Wirtschaftsräte dage-gen mitgestrenger vester. Diese bewusste Abstufung geht beispielsweise aus den normativen Texten, die Johann Caspar Villinger betreffen, hervor: In seiner Instruktion wurde er mit den Worten heunt dato dem ehrenvesten, unßern sonders lieben getreuen Johan Caspar Villinger, haubtman der herr-schafft Rabenspurg171zum Oberhauptmann und drei Jahre später schließlich zum Regenten und Wirtschaftsrat ernannt:den gestrengen vesten, unsern sonders lieben getreuen Johan Caspar Villinger, zu dato gewesenen oberhaubt-mann172. Bei Herrschaftsbeamten mit adeliger Herkunft wurde wiederum zur Distanzierung ein eigenes Prädikat verwendet: [. . . ] bekennen hiemit, daz wir den wolgebornen herren, unsern rath und besonders lieben getreuen Johann Wenzel Sedlnizky von Cholticz auf Trzebowicz zu unserm oberhaupt-man aller unserer herrschafften in Böhmen, Österreich und Mähren, wie auch unserer cammergüter in beyden unsern fürstenthümern Troppau und Jegerndorff gnedig bestellet.173

Der Beschreibung von Textsorte und Adressat folgt häufig die verhaltens-normierende Wendungwie er sich in seinem ambte verhalten solle,oder etwas strenger formuliert:Instruction[. . . ]welche er genau zu observiren undt in allweeg gehors(ams)t zu bevollziehen haben wirdt.Fürst Karl nahm in einer Instruktion für den Pfleger auch gleich dessen Untergebene in die Pflicht:

wie er sich in verrichtung seines ambts, diensts und obligens verhalten, auch ob seiner authorität halten und keinen ungehorsamb gestatten soll.174 Da-mit wurde der Amtsträger gleich zu Beginn ermahnt, sein Amt gemäß den inhaltlichen Vorgaben zu führen.

Im Fall einer neu eingeführten Dienststelle oder einer Reaktion auf vor-angegangene Missstände fließt die Motivation des Ausstellers in die Instruk-tion mit ein:Nachdeme wir aus dem allzu nahmhafften abfall deren quota lieferungen gegen vorigen zeiten und auß anderen bey aus zeit hero vorgekom-menen verschiedenen beschwärden wahrnehmen müssen, daß es auf unsern herrschafften nicht allzu ordentlich und richtig zugehen möge; wir mithin, um einstens auf den klaren grund zu kommen, auf die gesambte herrschafften eine untersuchungs commission abzuschicken [. . . ].175Dieser als „Narra-tio“ bezeichnete Passus zählt gemäß dem Aufbau einer Urkunde schon zum

170Unten Nr.2.2.2.

171Unten Nr.1.2.2.15.

172Unten Nr.2.2.1.

173HAL, H71, Patent zur Publizierung des neubestellten Oberhauptmanns von Feldsberg, Jo-hann Wenzel Sedlnitzky unter Fürst Karl,15.10.1625(nicht ediert).

174Unten Nr.1.1.1.5.

175Unten Nr.1.3.2.1. 56

1.5 Merkmale der Normtexte

Kontext, allerdings „empfiehlt es sich“, wie Jakob Wührer vorschlägt, „bei Instruktionen auch aus pragmatischen Gründen, sie noch dem Protokoll zuzuschlagen, da der Beginn des Kontexts in der Regel mit dem Beginn der Dispositio auch optisch klar von allen vorangehenden Teilen abgehoben ist“.176Wie die wenigen überlieferten Instruktionen aus der zweiten Hälfte des18. Jahrhunderts zeigen, verzichtete man in dieser Zeit auf eine Intitula-tio mit LegitimaIntitula-tionsformel und stellte dem Text stattdessen eine NarraIntitula-tio voran. Fürst Alois I. leitete seine Instruktion über die Teilung der Justiz-und Wirtschaftsämter von1796mit folgendem Absatz ein:Um die verhältniße zwischen den wirtschaftsämtern und justiziärn in hinsicht der justitzpflege so viel möglich genau zu bestimmen, erachten wir nothwendig, euch auf den gehorsamsten vorschlag unsers fürstlichen raths und anwalds, dann mähri-schen landes advokaten Ott und auf das einrathen unserer fürstlichen kanzley nachfolgende instruckzion hierüber zuertheilen.177

1.5.2.2 Kontext

Die Brücke zum eigentlichen Kern des Stückes, der „Dispositio“ oder Wil-lenserklärung, bilden meist Konjunktionen wie „ingleichen“, „als“ oder „und zwar“. In der Dispositio offenbart der Aussteller dem Empfänger seine ei-gentlichen Pflichten, demnach ist dieser Teil des Textes jener, „an welchem sein individueller Charakter frei von formelhaften Verbrämungen zutage tritt [. . . ]“178, wie Otto Meisner festhielt. In den ersten zwei bis drei Punk-ten unterscheiden sich Instruktionen für Oberoffiziere von jenen für Un-teroffiziere. Erstere beinhalten zu Beginn allgemeine Vorschriften über die Amtsführung, zu der die Führung eines guten Lebenswandels, die Befolgung der Instruktion, die Zugehörigkeit zum katholischen Glauben und der Besuch der Gottesdienste zählten. Zudem wurde den Oberoffizieren aufgetragen, ein exemplarisches Leben zu führen und untergeordnete Beamte und Unterta-nen hinsichtlich ihrer religiösen Pflichten sowie die Pfarrer hinsichtlich der Abhaltung der Gottesdienste, Kinderlehre etc. zu kontrollieren. Außerdem wurde ihnen auferlegt, die vom Fürsten mündlich anvertrauten Angelegen-heiten gegenüber Dritten geheim zu halten und generell dessen Nutzen zu fördern. Für Unteroffiziere wie den Kastner begann der Kanon an Vorschrif-ten ohne derlei Einleitung sofort mit dem eigentlichen Regelungsinhalt: Cast-ner soll zwar allerley sorten getraidt von den tröschern unnd das zinstreid31 mezen für ein muth einnemben, und den lezten gehaufft, aber in seiner rait-tung nur30mezen für ain muth in empfang sowol in ausgab verraiten, damit

176Wührer, Nutzen,118.

177Unten Nr.1.3.3.3.

178Meisner, Archivalienkunde,228.

ir fürstl. gn. die ubermaß des einen mezen treulich verrait werde, also daß ein solcher mut, so von denen tröschern eingenommen wierdt, in der raittung per ein mut unnd ein mezen in empfang eingeschriben wirdt.179Imperative wie „befehlen“ oder „ordnen“ sowie Satzkonstruktionen mit dem Modalverb

„sollen“ vermitteln den Befehlscharakter und dominieren den sprachlichen Stil. Inhaltlich wird dann jedem Beamten entsprechend seiner Funktion eine „Taskliste“ aufgetragen. Auf eine nähere inhaltliche Beschäftigung mit den einzelnen Punkten wird an dieser Stelle zugunsten einer ausführlichen Beschreibung bei den einzelnen Herrschaftsbeamten verzichtet.

Die Rechte und Pflichten des Amtsträgers wurden, wie bereits erwähnt, mit Ziffern oder Zahlwörtern, in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts auch mittels Paragraphen nummeriert und zusätzlich oder ohne Numme-rierung nur in Absätze gegliedert. Eine Überleitung zum nächsten Punkt wird dabei oft am Ende des Absatzes durch einleitende Worte hergestellt, weshalb dort der Satz dann fortgesetzt wird. Auch kommt es vor, dass ein Satz auf zwei Punkte aufgeteilt wird, offensichtlich dann, wenn es sich um zwei Pflichten oder Aufgaben handelt, die aber inhaltlich zusammenhängen, wie folgender Ausschnitt aus der Instruktion für die Oberhauptmänner von 1744verdeutlicht:Werden unsere oberhaubtl(eu)the zu ende eines jedwedern jahres sich andero nacher Wienn zu den haubt-cassa-rechnungs-schlus zu verfügen, und nicht nur den plan deren, des gantzen jahrs hindurch von de-nen unterhabenden herrschafften abgelieferten quota geldern, sondern auch einem mit denen subordinirten herrschaffts vorsteheren und ämtern previe concertiret-, wohl überlegt- und zu pappier gestelten entwurff, was und wie viel in dem bevorstehenden jahr von mir und anderer herrschafft zu der haubt cassa füglich eingeliefert werden würde, mitzubringen haben, und demnach 24to all und jedes in eine instruction zubringen nicht möglich, so jedannoch in die activität und amtirung dieser unserer oberhaubtleuthen haubtsächlich einschlaget, so werden dieselbe überhaubt und generaliter dahin angewiesen und in gnaden befehliget, in all und jeden in dieser unserer instruction auch nicht enthaltenen vor jedes mahl für zu denken, wie das füst(liche) intere(ss)e, from und nutzen am sichersten befördert werden könnte.180

Teilweise überschneiden oder wiederholen sich die einzelnen Punkte, wie das Beispiel zeigt. So wurde der Beamte in einem der letzten Punkte noch-mals ermahnt, die Instruktion zu befolgen und wiederholt durchzulesen.

Dieses ebenfalls typische Merkmal der meisten Instruktionen wird als Be-fehlseinschärfung oderSanctiobezeichnet, die manchmal auch mit der An-drohung einer Strafe verschränkt wurde. Die außergewöhnlich umfangreiche

179Winkelbauer, Gundaker, Nr.16. Instruktion für den Wilfersdorfer Kastner aus dem Jahre1614 mit Ergänzungen und Änderungen bis etwa1637, §1.

180Unten Nr.1.3.2.5, §23. 58

1.5 Merkmale der Normtexte

Instruktion für den Feldsberger Kellner aus der Zeit Karls endete beispiels-weise mit einer umfassenden Sanctio:Beschlißlichen wollen wir das ubrige, wan und wo sonsten weiter zu beförderung unsers besten oder auch zu mehrer seiner obligenden verrich- und verraittung vollkhommen und sicherheit was in acht zu halten sein möchte, seinem auffrichtigem gemütter, christlichem gewißen und wohlmainenden beschaidenheit (wie dann seinen obligenden pflichten nach unser gnädiges vertrauen zu ihme stehet) anhaimb gestellet haben, derohalben wie sein unfleiß oder unachtsambe verwahrlosung oder auch vorsezliche uns schädliche aigennuzligkeit der befundenen beschaffen-heit nach ohne verschonung gestrafft soll werden. Also hergegen, wan er neben ordentlicher führung und eingebung der wochenzettel und hauptrait-tungen durch sein fleiß, vorsichtigkeit, treu und vernünfftiges nachdenken entweder mercklichen schaden abgewendet oder zu vermehrung unsers nuzen außer jemandts laesion oder unbilicher verkürzung und abbruch von neuem was erdacht undt angerichtett oder anzurichten wehre, soll er, wan solche nuzschaffung im werckh erwiesen, eine gleichmeßige recompens gewiß zu ge-warten und darumb khünlich anzuhalten fug und macht haben.181In diese abschließende Verkündung fließen nochmals die eingangs auferlegten Er-mahnungen zu Gehorsam, Glaube und Fleiß sowie die kurze Wiederholung seiner Pflichten und die Erinnerung an die Sanktionierung eigennützigen Handelns. Die Befehlseinschärfung, die identisch ist mit jener des Pflegers von Feldsberg und Eisgrub182unter Karl, vereint sämtliche Elemente, die se-parat in den abschließenden Ermahnungen einer Instruktion immer wieder anzutreffen sind.

Ebenfalls als Teil dieser Schlussformeln behielt sich der Grundherr das Recht vor, die Instruktion zu ändern oder aufzuheben. Zudem wurde in den Instruktionen für höherrangige Beamte an dieser Stelle oft darauf hingewie-sen, dass nicht alle zu regelnden Umstände in eine Instruktion geschrieben werden konnten, weshalb der Adressat diese ungeregelten Angelegenheiten nach eigenem Ermessen entscheiden, allerdings nicht ohne Genehmigung durch den Grundherrn umsetzen sollte, wie der Passus in der Instruktion des Wirtschaftsrats Schallamayer illustriert:Und lezt(lich)en, weilen ohn-mög(lich)en alles, was bey der würthschafft sich eraignet, in eine instruction gebracht werden kann, also wird daz übrige, was hierinnen nicht begriffen und hervorkommen möchte, seiner dexterität überlassen, doch daß all dieses und was durch industrialwürthschafft von ihme erfunden werde, er zu un-serer gnädigen genehmhaltung gehor(sam) überreiche. Allermassen wir uns bevorhalten, solche instruction zu mindern, zu mehren, zu verändern oder gar

181Unten Nr.1.1.1.8.

182Unten Nr.1.1.1.5.

auf zu höben, nach unserm g(nä)digen gefallen und willen[. . . ].183Etwa ein halbes Jahrhundert später räumte Joseph Wenzel dem von ihm eingesetzten Administrator einen größeren Handlungsspielraum ein, indem dieser eine be-sondere Vollmacht für diese unvorhersehbaren Vorkomnisse erhielt:Weilen aber schlüßlichen ohnmöglich, alles im vorhinaus eingesehen und alle etwa noch ferners in sachen vorzukehren und einzuleithen kommende umstände und vorfallenheiten, welche so dann in dem werk selbsten besser und fügli-cher einzusehen und zu erkennen seyn werden, hierorths in specie angeführt werden können, solchemnach wird dem gräflichen herrn administratori eine besondere vollmacht oder mandatum cum libera ohne anderweitige instruc-tion in separato zugestelt, um sich derselben auf alle fälle gebrauchen, sohin, seinem befund nach, diese ihme überlassene administration bestens besorgen zu können.184

Niederen Beamten – wie etwa dem Wilfersdorfer Müller – wurde aufgetra-gen, den Hauptmann oder Oberhauptmann in seinen Aufgaben zu unterstüt-zen:Diße instruction (welche ihnen ihr fürst(lichen) g(na)den zu verbessern, zu mehrern, zu mindern oder gahr auf zu heben vorbehalten) soll er offt undt fleißig durch leßen undt der selben volge leisten. Er soll auch deme allen, so daz mühl und mahl weesen anbetrifft, es seye hierinen und in den span-zetl begriffen oder nit, undt waß ihr fürst(liche) g(na)den hinführ anbeföhlen werden, getreulich nachkhomen, allen schaden wenden und wo er ihn gegen-wertig oder zu khünfftig spürt, den regenten oder haubtman anzeigen und den herrschaftlichen nuzen befürdern helffen.185

Drei weitere dem Kontext einzugliedernde Merkmale wurden in den edier-ten Quellen festgestellt: die Gnadenversicherung, die Courtoisie und die Cor-roboratio. Von der nur dem Fürsten im Umgang mit seinen untergeordneten Herrschaftsbeamten zustehenden Gnadenversicherung machten die Fürsten von Liechtenstein nur selten Gebrauch. Eines der wenigen Beispiele lieferte Anton Florian, der die Bekundung mit einem Aufruf zum Gehorsam unter Androhung von Ungnade verknüpfte:Gleich wie wir nun hiermit ihme nebst allen unsern wirtschaffts beambten unsere fürst(lichen) gnaden entbiethen, also befehlen wier auch, daz alle disses hierin entholtenes ad litteram obser-viren und bey verlihrung ihres ambts nebst schwerer fürst(licher) ungnadt unverbrechlich halten undt exequiren sollen.186

Die Schlusscourtoisie kommt einer Unterwürfigkeitsbezeugung gleich, sie findet sich daher nur in untergeordneten Instruktionen, die vom Oberhaupt-mann oder Wirtschaftsrat verfasst werden, und äußert sich durch Adjektive

183Unten Nr.1.3.1.6.

184Unten Nr.1.3.2.8.

185Unten Nr.1.2.2.8.

186Unten Nr.1.3.1.2. 60

1.5 Merkmale der Normtexte

wieuntertänigst gehorsameroderdienstgefälligerund wird unten im Zusam-menhang mit den restlichen Normtexten noch genauer erläutert. Vor dem Eschatokoll kündigt die Corroboratio als Form der Bekräftigung die

wieuntertänigst gehorsameroderdienstgefälligerund wird unten im Zusam-menhang mit den restlichen Normtexten noch genauer erläutert. Vor dem Eschatokoll kündigt die Corroboratio als Form der Bekräftigung die

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