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Abweichungen, Besonderheiten und weitere Eigenschaften der Instruktionen

Im Dokument ISBN 3-205-20354-2 (Seite 62-65)

1.5 Merkmale der Normtexte

1.5.3 Abweichungen, Besonderheiten und weitere Eigenschaften der Instruktionen

Bedingt durch ihre Funktion als Vorlage gibt es diverse Differenzen zwischen Konzepten und Ausfertigungen oder Abschriften. Große Unterschiede fallen bereits bei der vergleichenden Durchsicht der einleitenden Protokolle ins Auge. So wurde beispielsweise in der Instruktion für den Oberhauptmann des Fürsten Karl auf sämtliche Bestandteile des Protokolls verzichtet und die Instruktion stattdessen mit folgender Narratio eingeleitet:Nachdeme eines oberhauptmans vornemste sorg in deme beruhet, das von allen der herrschaff-ten hauptleuthen, pflegern und allen andern ambtleuthen ihr beruff fleißig und wie sich solches vermög ihrer instruction und sonsten gebühret, verrich-tet werde.190Das fehlende Protokoll sowie die halbbrüchige Seiteneinteilung

187Unten Nr.1.3.1.6.

188Unten Nr.1.2.2.15.

189Unten Nr.1.3.3.2.

190Unten Nr.1.1.1.9.

dieses mit Marginalien versehenen Stückes deuten darauf hin, dass es sich entweder um ein Konzept oder ein Reinkonzept handelt.

Sowohl äußere als auch innere Merkmale unterlagen einem zeitlichen Wandel, wie sich bereits oben gezeigt hat, so lässt sich die Entwicklung der Textsorte Instruktion bis zum Beginn des19. Jahrhunderts hin zu einer Ver-einfachung konstatieren, oder anders ausgedrückt: zu einer Entwicklung, die auf eine pragmatische Ausrichtung fokussierte. Abweichungen weisen grund-sätzlich darauf hin, dass man das an mittelalterliche Urkunden angelehnte Schema für die jeweiligen Bedürfnisse adaptierte und weiterentwickelte, was dem dynamischen Charakter von Instruktionen entspricht. Als Bei-spiel dafür sind vor allem die Wirtschaftsinstruktionen zu erwähnen, deren Aufbau meist abhängig vom Aussteller – als der oft auch der Oberhaupt-mann fungierte – unterschiedlich ausfällt. Während eine vom Grundherrn ausgestellte Wirtschaftsinstruktion eine Intitulatio trägt, begann eine Wirt-schaftsinstruktion, die der Oberbuchhalter Lorenz Joseph Schallamayer fünf Monate nach seiner Ernennung zum Wirtschaftsrat1717ausstellte, mit einer standesgemäßen Anrede und einer aus der dritten Person geschilderten Inti-tulatio, die sich folgendermaßen liest:Demnach der durchleuchtigste herzog und herr, herr Anton Florian, des hey(ligen) röm(ischen) reichs fürst und regi-rer des hauses Liechtenstein von Nicolspurg, herzog in Schlesien zu Troppau und Jägerndorff , graff zu Rittberg, ritter des goldenen fluses, grand von Spanien ersteren classis[. . . ].191In der Regel eröffnen die von den obersten Beamten aufgesetzten Wirtschaftsinstruktionen gleich mit einer Narratio.

Anders als in den oben beschriebenen Instruktionen für einzelne Amtsträ-ger, erfuhren die Adressaten – also die Herrschaftsbeamten – meist etwas über den Hergang oder die Motivation dieser Texte, wie die folgende vom Feldsberger Hauptmann verfasste InstruktionOhnmaßgebig gehorsambe re-lationspunctazeigt:Wie es auff euer fürst(lichen) gnaden cammergütter undt herrschafften bey nachfolgenden ämbtern eingerichtet werden könte, damit denen bösen untreuheitten zum theil vorgebogen, das gutte nutzbahr auff-gerichtet und bey gutter ordnung erhalten undt einfolglich nichts alß euer fürst(lichen) gnaden mercklicher frommen darauß erwachsen undt erfolgen möchte.192Zugleich appellierte der Verfasser bereits in der Einleitung an die Herrschaftsbeamten, sich an ihre Pflichten zu halten.

Neben den Wirtschaftsinstruktionen beauftragte der Grundherr seine Vertreter direkt oder indirekt damit, Wirtschaftsverordnungen und -verbes-serungen auszuarbeiten. Mit dem Befehl, Vorschläge zur Wirtschaftsverbes-serung vorzubringen, wurden die Oberhauptmänner und Wirtschaftsräte bereits in den Instruktionen indirekt dazu angehalten, diese in schriftlicher

191Unten Nr.1.3.1.8.

192Unten Nr.1.1.3.1. 62

1.5 Merkmale der Normtexte

Form vorzulegen. So entstanden die meist als würthschaffts meliorations punctafirmierenden Texte vermutlich in Folge einer Visitation und adres-sierten zunächst den Grundherrn. Als Ergebnis einer direkt angeordneten Wirtschaftsinstruktion lässt sich die Würthschafftliche Verordnungen auf hochfürst(lichen) gnädigsten befehl193bestimmen, die sich in erster Linie an den Hauptmann, aber auch an dessen untergeordnete Wirtschaftsbeamte und -bedienstete richtete. Vorangegangen ist diesem Normtext der offen-sichtliche Nachweis einiger Missstände:Forderist1o ist sich zuverwundern, das bey erstgesagten herrschafft Feltsperg gleichwohlen in allem114pauern undt185hauer sich befinden thun, welche die wochen hindurch (so vil mier wissent) drey tag zu robothen schuldig seint.194

Der Kontext – als wesentlicher Bestandteil – ist sowohl in Konzepten als auch in Wirtschaftsinstruktionen so wie in den oben geschilderten Beispie-len gegliedert. Zusätzlich enthalten Instruktionen aufgrund ihrer Genese im Kontext häufig kleinere Narrationes, also Begründungen oder Hinweise, wie auf bestehende Missstände zu reagieren sei:Beschiehets gar offt, daß die richter und schäncken auß denen stadtl und dörffern ohne bier, wein undt brantwein wieder nach hauß fahren, ihre müh undt versaumbnuß vergeblich anwenden, wordurch aber ihro fürst(lichen) gnaden am schanck schaden lei-den müßen. Dahero solle erforschet werlei-den, hinter wen die uhrsach deßen bestehet, welcher sodann nach befundt bestrafft werden solle.195 Abgeschlos-sen wurde der Kontext sowohl in Konzepten als auch in Wirtschaftsinstruk-tionen in der Regel von einer Befehlseinschärfung, häufig auch von einer Corroboratio.

Die Elemente des Eschatokolls, insbesondere Datum und Ortsangaben, weisen Konzepte gelegentlich, Unterschriften196nur in Ausnahmefällen auf.

Die vorwiegend als Abschriften oder Original überlieferten Wirtschaftsin-struktionen hingegen weisen meist all diese Bestandteile auf.197

Eine Besonderheit stellt dassummarische verzaichnuß undt findtregister dar, das in den Instruktionen für den Pfleger der Fürsten Karl und Karl Eusebius ans Ende gestellt wurde und dem Amtsträger zur Orientierung gereicht wurde, um ihm bei seiner Arbeit als Nachschlageverzeichnis zu dienen. In diesem Überblick wurden seine sämtlichen Pflichten nochmals Punkt für Punkt aufgelistet. Ein derartiges summarisches Verzeichnis blieb aber die Ausnahme und findet sich nur in diesen beiden Stücken, später wurde der (hier nicht edierten) gedruckten Hauptinstruktion von1838ein Inhaltsverzeichnis vorangestellt.

193Unten Nr.3.1.10.

194Ebd., §1.

195Unten Nr.1.1.3.1, §13.

196Vgl. unten Nr.1.3.1.5sowie3.1.5.

197Vgl. beispielsweise unten Nr.1.3.1.8sowie1.3.2.2.

Abhängig von der Position variierten die Dienstanweisungen in ihrem Um-fang: Instruktionen für Wirtschaftsrat, Oberhauptmann und Pfleger fielen umfangreicher aus als jene für die Ober- (Rentschreiber, Burggraf, Kastner und Kellner) und Unteroffiziere (Meier, Müller, Förster etc.). Entgegen dem Befund für die Verhältnisse am Wiener Hof, wo die Länge der Dienstanwei-sungen nicht direkt mit der Stellung des Hofamts korrelierte198, gilt zumin-dest für den wirtschaftlichen Bereich der untersuchten liechtensteinischen Herrschaften, dass die hierarchische Position die Länge einer Instruktion wesentlich bestimmte. Auf den ersten Blick scheint es vielleicht verwun-derlich, dass die umfangreichste Instruktion im 17. Jahrhundert nicht der ranghöhere Oberhauptmann, sondern der Pfleger (Hauptmann) erhielt. Al-lerdings stand dieser an der Spitze einer Herrschaft und hatte daher eine Schlüsselposition inne, wie auch aus der detaillierten Ausführung seiner Aufgabenbereiche hervorgeht. Diese umfangreiche Liste der Pflichten und Aufgaben spiegelt neben seinen Kompetenzen auch seine Macht gegenüber den ihm untergeordneten Beamten wider. Besonders veranschaulicht wird dies durch die Pflegerinstruktionen aus der Zeit Gundakers von Liechten-stein. Die Tatsache, dass seine Anweisungen umfangreicher ausfielen als die seines Bruders Karl für Feldsberg, also der Hauptlinie, bestätigt zudem einmal mehr seine Bemühungen um eine effiziente Verwaltung und Wirt-schaftsführung seiner Herrschaften. Während der Wilfersdorfer Pfleger im Jahr1614von Fürst Gundaker mit einer100Punkte umfassenden Instruk-tion bestellt wurde, umfasste die seines Bruders Karl aus derselben Zeit bloß 44Punkte. Daneben stechen vor allem Instruktionen für die Wirtschaftsräte hervor, die mit60Punkten vergleichsweise umfassend waren.199

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