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2.2.1 Phosphodiesterase-4 als Ziel der Pharmakotherapie

PDEs regulieren die intrazelluläre Konzentration an cAMP durch Degradation, wie in Kapitel 1.2.1 beschrieben. Die Inaktivierung des cAMP hat zur Folge, dass es nicht mehr als sekundärer Botenstoff wirken kann und somit bestimmte biologische Prozesse gehemmt werden. Im Fall von Entzündungszellen verhält es sich allerdings umgekehrt.

Dort ist cAMP überwiegend ein negativer Regulator der primär aktivierenden Signalwege.

Das heißt, ein niedriger Level an cAMP führt zu einem pro-inflammatorischen Effekt, hingegen erzeugt ein Anstieg von cAMP einen anti-inflammatorischen Effekt (KAMMER 1988; CASTRO et al. 2005). Erstmals herausgefunden wurde dies bereits im Jahr 1968, als ein erhöhter Level von cAMP in Leukozyten die Antigen-induzierte Histaminfreisetzung aus basophilen Granulozyten inhibierte (LICHTENSTEIN u. MARGOLIS 1968).

Demzufolge ist es möglich, einen anti-inflammatorischen Effekt zu erzielen, indem man die PDE hemmt und somit den intrazellulären cAMP-Spiegel erhöht hält.

Unter der Vielzahl der PDEs ist die PDE4 diejenige, die dominant auf immunregulatorischen Zellen zu finden ist (siehe Kapitel 2.1.3) und somit im Laufe der Zeit in den Fokus der Pharmakotherapie gerückt ist. Probleme, die in der präklinischen

Entwicklung von PDE4-Inhbitoren aufgetreten sind, sowie die potentiellen Einsatzgebiete werden in den nächsten Kapiteln dargestellt.

2.2.2 Übersicht über die Phosphodiesterase-4-Inhibitoren

Theophyllin war der erste natürlich vorkommende, unselektive PDE-Inhibitor der entdeckt wurde (RALL u. SUTHERLAND 1958). Bereits im frühen 20. Jahrhundert wurde Theophyllin zur Therapie von COPD eingesetzt und hat neben seiner broncho-dilatatorischen Wirkung auch einen Einfluss auf die bei Asthma bronchiale vorherrschende Entzündung. Auf Grund von Nebenwirkungen wie Tachykardien, Arrhythmien, Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen ist die klinische Anwendung von Theophyllin eingeschränkt (SCHUDT et al. 2011). Die Entdeckung, dass hauptsächlich die PDE4-Subfamilie für den anti-inflammatorischen Effekt verantwortlich ist, führte zur Entwicklung von spezifischen PDE4-selektiven-Inhibitoren. Die entwickelten selektiven PDE4-Inhbitoren der 1. Generation, wie zum Beispiel Rolipram, zeigten ebenfalls Nebenwirkungen. Auch bei den folgenden PDE4-Inhibitoren der 2. Generation, wie Roflumilast und Cilomilast, von denen Roflumilast als Daxas® für die Behandlung von COPD zugelassen ist, blieben die Nebenwirkungen nicht aus (GIEMBYCZ 2002;

GIEMBYCZ 2006; DIAMANT u. SPINA 2011).

Im Laufe der Zeit haben sich immer mehr mögliche Einsatzgebiete eröffnet, bei denen das anti-inflammatorische Potential der PDE4-Inhibitoren ausgenutzt wird, wie zum Beispiel rheumatoide Arthritis (KOBAYASHI et al. 2007), allergische Hauterkrankungen und Psoriasis (BÄUMER et al. 2007), IBD (BANNER u. TREVETHICK 2004) oder allergische Rhinitis (DRAHEIM et al. 2004).

Im Gegensatz zu dieser anti-inflammatorischen pharmakodynamischen Wirkung der PDE4-Inhibitoren zeigen präklinische Toxizitätsstudien mit PDE4-Inhibitoren beim Einsatz von suprapharmakologischen Dosierungen im Tiermodell toxikologische Befunde, die sich als entzündliche Gewebe- und Gefäßveränderungen äußern (LARSON et al. 1996; LOSCO et al. 2004; MECKLENBURG et al. 2006; MCCLUSKIE et al. 2006; DIETSCH et al. 2006; DAGUES et al. 2007a; DAGUES et al. 2007b; HANTON

et al. 2008; ZHANG et al. 2008; WEAVER et al. 2008; WEAVER et al. 2010). Die Art der Gewebe, die von diesen entzündlichen PDE4-induzierten Läsionen betroffenen sind, variiert speziesspezifisch. Die Humanrelevanz dieser in toxikologischen Dosierungen von PDE4-Inhibitoren auftretenden entzündlichen Läsionen im Tiermodell ist dabei bisher unbekannt.

2.2.3 Toxizität der Phosphodiesterase-4-Inhibitoren im Tiermodell Die Organe/Gewebe mit PDE4-Inhibitor-induzierten Läsionen sind:

• das Herz, dort traten neben Gefäßentzündungen auch Myokarddegenerationen auf (LARSON et al. 1996; DIETSCH et al. 2006);

• der Thymus, es zeigten sich neben einer Abnahme des Thymusgewichts (LARSON et al. 1996; LOSCO et al. 2004; ZHANG et al. 2008) auf histologischer Ebene eine lymphoide Atrophie (DIETSCH et al. 2006; PETER et al. 2011);

• der Gastrointestinaltrakt, dort fanden sich histologisch Nekrosen im Bereich des Magens, makroskopisch Dilatationen, flüssigkeitsgefüllte Darmschlingen sowie histologisch Enteritiden vor allem im Bereich des Dünndarms, zusätzlich stellten sich die Peyerschen Platten verdickt dar (LARSON et al. 1996; MECKLENBURG et al. 2006; ZHANG et al. 2008);

• das Mesenterium zeigte eine Mesenteritis und Vaskulitiden (DIETSCH et al. 2006;

MECKLENBURG et al. 2006)

• das Pankreas zeigte Entzündungen kleinerer Gefäße (ZHANG et al. 2008);

• die Leber zeigte ein vermindertes Gewicht (ROBERTSON et al. 2001) sowie Entzündungen kleinerer Gefäße (LARSON et al. 1996; ZHANG et al. 2008);

• die Milz wies histologisch eine lymphoide Atrophie auf (PETER et al. 2011; SHETH et al. 2011);

• die Niere zeigte eine Entzündung kleinerer Gefäße (ZHANG et al. 2008);

• die Nebennieren wiesen ein erhöhtes Gewicht (LARSON et al. 1996) sowie eine Hyperplasie auf (DIETSCH et al. 2006);

• das Weichgewebe um das Tibialgelenk zeigte eine Entzündungszellinfiltration (DIETSCH et al. 2006);

• die männlichen Geschlechtsorgane zeigten eine Zunahme des Hodengewichts sowie histologische Veränderungen in Hoden, Nebenhoden und Ductuli efferentes (HANTON et al. 2008; HEUSER et al. 2012).

Weiterhin kam es zu Veränderungen der Leukozyten in Form einer Zunahme der neutrophilen Granulozyten sowie einer Abnahme der Lymphozyten (WEAVER et al.

2010; PETER et al. 2011). Außerdem zeigte sich bei den Blutparametern unter anderem eine Zunahme von Haptoglobin, Fibrinogen, GRO/CINC-1, Timp-1 und IL-6 (DIETSCH et al. 2006; DAGUES et al. 2007b; WEAVER et al. 2008).

Während bei Affen relativ unspezifisch mehrere Organe, wie zum Beispiel Magen, Herz, Nieren oder das Mesenterium betroffen waren (LOSCO et al. 2004), zeigten sich insgesamt tierartspezifisch jeweils bestimmte Organe und Gewebe hauptsächlich von entzündlichen Läsionen betroffen. Beim Hund stellten sich die Nasenmuscheln und die Haut am Skrotum als sensitivste Gewebe dar (HANTON et al. 2008). Bei der Maus waren es das Herz und die Reproduktionsorgane (LOSCO et al. 2010). Das sensitivste Organ bei der Ratte war das Mesenterium (DIETSCH et al. 2006; MECKLENBURG et al. 2006;

DAGUES et al. 2007b).

2.2.4 Besondere Zielparameter bei der Ratte

Ratten sind die meistberichtete und gleichzeitig sensibelste Tierspezies für toxikologische Effekte in Form von entzündlichen Läsionen durch PDE4-Inhibitoren in toxikologischen Dosierungen. Aus diesen Gründen wurde die Ratte als Tierspezies in der Dissertation verwendet. Die PDE4-Inhibitor-induzierten toxikologischen Befunde zeigen bei der Ratte einige Besonderheiten auf, die für die Doktorarbeit eine Rolle spielten und sollen an dieser Stelle genauer betrachtet werden.

Das Mesenterium ist bei der Ratte das am häufigsten veröffentlichte Zielorgan der PDE4-Inhibitor-induzierten Organtoxizität (LARSON et al. 1996; ROBERTSON et al.

2001; DIETSCH et al. 2006; MECKLENBURG et al. 2006; DAGUES et al. 2007a;

DAGUES et al. 2007b; ZHANG et al. 2008; WEAVER et al. 2008; WEAVER et al. 2010;

PETER et al. 2011).

Daher stellte das Mesenterium auch ein Hauptzielorgan für die histologische Beurteilung der Organtoxizität des in der Dissertation verwendeten PDE4-Inhibitors BYK199404 dar.

Neben dem Mesenterium gab es weitere Hauptzielorgane. Dabei handelte es sich um Hoden, Nebenhoden sowie die Ductuli efferentes (Verbindung zwischen Rete testis und Nebenhodenkopf).

Die Auswahl dieser Organe basierte neben den oben erwähnten Veröffentlichungen auf früher bei der Takeda GmbH (Konstanz) durchgeführten Studien, in denen PDE4-Inhibitoren wiederholt bei Ratten verabreicht wurden. Diese früher durchgeführten Studien zeigten, dass die ausgewählten Organe (Mesenterium, Hoden, Nebenhoden und Ductuli efferentes) zu den klassischen Zielorganen der durch PDE4-Inhibitoren-induzierten Organtoxizität gehören. Diese Organe waren die sensibelsten im Auftreten toxikologischer Befunde durch PDE4-Inhibitoren und bestimmten damit den no observed adverse effect level (NOAEL). Außerdem wurde die beobachtete Organtoxizität als kritisch beurteilt, da sich die pathologischen Veränderungen des Mesenteriums und zum Teil auch der Hoden, Nebenhoden oder Ductuli efferentes nur schwer oder erst sehr spät an einem noch lebenden Organismus erkennen lassen und zudem schlecht zu überwachen sind.

Einhergehend mit diesen entzündlichen Läsionen ist ein Anstieg von Entzündungsparametern, unter denen IL-6, als pro-inflammatorisches Zytokin, bei der Ratte eine Rolle spielt (DIETSCH et al. 2006; DAGUES et al. 2007b; WEAVER et al.

2008; WEAVER et al. 2010). Einige dieser Studien gaben einen Hinweis darauf, dass IL-6 an der Pathogenese der toxikologischen PDE4-Inhibitor-induzierten Befunde beteiligt ist. In einem In-vitro-Versuch konnte gezeigt werden, dass ein IL-6-Anstieg nach PDE4-Inhibitor-Gabe rattenspezifisch ist (DIETSCH et al. 2006). Daher wurde IL-6

als Ansatzpunkt für eine pharmakologische Intervention zur Reduzierung der PDE4-Inhibitor-vermittelten Organtoxizität ausgewählt.

Diese Zielparameter (Mesenterium, Hoden, Nebenhoden, Ductuli efferentes und IL-6) spielen für die Dissertation eine besondere Rolle. In den folgenden Kapiteln werden physiologische Eigenschaften dieser Parameter und auch PDE4-Inhibitor-induzierte Veränderungen genauer beschrieben.

2.3 Mesenterium und männliche Geschlechtsorgane