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4.2 Ergebnisse der In-vivo-Studien

4.2.3 Toxikologische Befunde in Abhängigkeit von Dosis und Zeit

4.2.3.4 Histopathologie

4.2.3.4.2 Hoden, Nebenhoden, Ductuli efferentes

Histopathologische Veränderungen wurden getrennt an Hoden, Nebenhodenkopf, -körper und -schwanz sowie den Ductuli efferentes betrachtet.

Der Hoden wies folgende Veränderungen auf: tubuläre Dilatation, tubuläre Degeneration (Sammelbegriff für Samenzellverlust, abgeschilferte Samenzellen und Vakuolisierung des Tubulusepithels) und tubuläre Atrophie.

Die tubuläre Dilatation war vorwiegend diffus ausgeprägt. In wenigen Fällen trat sie auch fokal oder multifokal auf. Bei der tubulären Dilatation zeigten sich die Samenkanälchen histologisch erweitert. Dabei waren das Lumen und auch der Umfang des Samenkanälchens selbst vergrößert und das samenbildende Epithel der Kanälchen stellte sich unter Erhalt aller stadienspezifischen Samenzellpopulationen als dünner dar.

Die tubuläre Dilatation korrelierte mit erhöhten Hodengewichten sowie auch mit makroskopisch vergrößerten Hoden.

Überwiegend bei Tieren mit hochgradiger tubulärer Dilatation kam es aufgrund des tubulären Druckanstiegs zur Abschilferung von degenerierten Samenzellen und damit zu einer Ausdünnung des samenbildenden Epithels (= Fehlen von Samenzellen).

Weiterhin zeigte sich eine Vakuolisierung des samenbildenden Epithels. Die Abschilferung und das Fehlen von Samenzellen sowie das Auftreten von Vakuolen waren keinem spezifischen Zelltyp innerhalb des germinativen Epithels zuzuordnen.

Innerhalb eines Samenkanälchens traten auch mehrere dieser Läsionen zusammen auf.

Dosis (mg/kg/d) 0 0,2 0,6 0 0,2 0,6 0 0,2 0 0,6 Anzahl Applikationen 1 1 1 4 4 4 11 11 11 Anzahl Tiere mit

histopathologischen (=substanzinduzierten) Befunden

- - - 5 - - 7

Darüber hinaus waren die Läsionen über alle Spermiogenese-Stadien gleichmäßig verteilt. Aufgrund dieses unspezifischen Verteilungsmusters wurden sie deskriptiv unter dem Sammelbegriff „tubuläre Degeneration“ zusammengefasst befundet.

Als tubuläre Atrophie wurden Sertoli-Cell-Only-Tubuli bezeichnet. Tubuläre Degeneration und Atrophie betrafen unterschiedlich viele Samenkanälchen pro Hodenquerschnitt.

Einige Veränderungen der Ductuli efferentes erstreckten sich bis in den Nebenhodenkopf. Deshalb werden sie an dieser Stelle zusammen beschrieben.

Die Befunde beinhalteten eine Dilatation des distalen Abschnitts der Ausführungsgänge sowie des Nebenhodenganges zusammen mit einer verminderten intraluminalen Spermiendichte, einer lymphohistiozytären interstitiellen Entzündung, vereinzelten eosinophilen nekrotisierenden Vaskulopathien kleiner arterieller Gefäße sowie Spermiengranulomen.

Die Dilatationen zeigten sich hauptsächlich am distalen Abschnitt der Ductuli efferentes und in dem Bereich des Nebenhodenkopfes, in dem die Ductuli efferentes in den Nebenhodengang einmünden. Die Lumina der Ductuli efferentes sowie des Nebenhodenganges, in denen unter physiologischen Bedingungen die Spermien als aufkonzentrierte eosinophile Filamente sichtbar werden, erschienen leer.

Ein weiterer Befund, fast ausschließlich die Ductuli efferentes betreffend, waren Spermiengranulome. Spermiengranulome entstehen wenn antigenetisch als fremd geltende Spermien das Ausführungsgangsystem, welches durch die Blut-Hodenschranke vom Immunsystem isoliert ist, aufgrund von Ruptur oder Undichtigkeit verlassen. Dabei wird in Kontakt mit dem körpereigenen Immunsystem eine immunologische Reaktion ausgelöst. Die Spermiengranulome bestanden aus einem zentralen Kern an akkumulierten Spermien, umgeben von Zellen des Immunsystems. In akut gebildeten Spermiengranulomen überwogen dabei Makrophagen und neutrophile Granulozyten. Später infiltrierten hauptsächlich Lymphozyten und Plasmazellen, dieses waren die chronischen Spermiengranulome. In fortgeschrittenen Stadien kam es auch

zu einer Rekanalisation innerhalb der Spermiengranulome, in dem vom unbeschädigten Gangepithel am Rande des Granuloms ausgehend Epithelzellen ein sprossen.

Neben diesen Spermiengranulomen zeigten einige Tiere auch intraduktuläre Spermiengranulome, das heißt innerhalb optisch unbeschädigter Gänge fanden sich Anhäufungen von Spermien. Diese Anhäufungen waren umgeben von Makrophagen.

Auch in diesen intratubulären Granulomen waren Rekanalisationen zu beobachten.

Die Anzahl der im Schnitt sichtbaren Spermiengranulome variierte von einzeln bis multipel.

Die Abschnitte des Nebenhodenkörpers und Nebenhodenschwanzes zeigten im Gegensatz zu Nebenhodenkopf und Ausführungsgängen keine Dilatationen, das heißt, keine Erweiterung des Lumens oder des Durchmessers des Nebenhodenganges. Aber segmental waren im Körper oder Schwanz des Nebenhodens Veränderungen in der Spermiendichte zu beobachten. Dabei waren segmental Tubulusabschnitte weniger dicht mit Spermien gefüllt als Tubulusabschnitte in angrenzenden Bereichen. In wenigen Fällen schien die Spermiendichte so sehr reduziert, dass der Druck im Inneren des Tubulus nicht mehr aufrechterhalten werden konnte und das Epithel sternförmig nach innen in das Lumen ragte. In wenigen Fällen zeigte sich auch hier eine interstitielle Entzündung und sehr vereinzelt eosinophile nekrotisierende Vaskulopathien, diese befanden sich ausschließlich im Mesorchium.

Zusammengefasst waren am Hoden tubuläre Dilatation, tubuläre Degenration und tubuläre Atrophie zu beobachten. Die Ductuli efferentes und der Nebenhodenkopf zeigten Dilatation, verminderte Spermiendichte, interstitielle lymphohistiozytäre Entzündung, Vaskulopathien und Spermiengranulome. Der Nebenhodenkörper und der Nebenhodenschwanz wiesen segmentale Veränderungen der Spermiendichte sowie interstitielle lymphohistiozytäre Entzündung und Vaskulopathien im Mesorchium auf.

Bei den Gruppen mit einer Behandlungsdauer von 1 Tag waren von jeweils 10 Tieren pro Gruppe in der Vehikelkontrollgruppe 1, in der Gruppe mit der niedrigen Dosis (0,2 mg/kg/d) 2 und in der Gruppe mit der hohen Dosis (0,6 mg/kg/d) 3 Tiere betroffen.

Bei den Gruppen, die über 4 Tage behandelt wurden, zeigten 3 Tiere der Kontrollgruppe und 4 Tiere der Gruppe mit der hohen Dosis (0,6 mg/kg/d) einen histopathologischen Befund. Bei einer Behandlungsdauer von 11 Tagen wiesen 5 Tiere der Gruppe mit der hohen Dosis (0,6 mg/kg/d) einen histopathologischen Befund auf.

Aus dieser Zusammenfassung der Gruppeninzidenzen von histopathologischen Befunden an den männlichen Geschlechtsorganen wird deutlich, dass es auch in den Kontrollgruppen zum Auftreten von histopathologischen Befunden kam.

Dabei handelte es sich um Spontanbefunde, welche auch als Hintergrundmorphologie in den mit BYK199404 behandelten Tieren auftraten. Um genaue Aussagen über substanzinduzierte Befunde zu geben, war es wichtig, diese Spontanbefunde von den substanzinduzierten Befunden abzugrenzen.

Die am häufigsten in Ductuli efferentes und Nebenhoden auftretenden Spontanbefunde waren Spermiengranulome. Diese waren entweder intratubulär oder extratubulär gelegen. Weiterhin traten am Hoden Dilatationen und Degenerationen oder Atrophien der Hodentubuli als Spontanbefunde auf.

Substanzinduzierte Befunde hingegen waren in den Ductuli efferentes und im Nebenhodenkopf eindeutig die Vaskulopathien und die diffusen interstitiellen Entzündungen sowie die eindeutig segmentalen Dilatationen der Tubuli. Im Bereich von Nebenhodenkörper/-schwanz zeigten sich als substanzinduzierte Befunde eine segmental verminderte Spermiendichte und Vaskulopathien sowie interstitielle Entzündungen im Mesorchium. Diese Befunde waren in den Kontrollgruppen nicht aufgetreten.

Nach Identifizierung der Spontanbefunde und Abgrenzung zu den substanzinduzierten Befunden ergab sich, dass substanzinduzierte histopathologische Befunde in allen mit der hohen Dosis (0,6 mg/kg/d) behandelten Gruppen auftraten. Von den 10 Tieren pro Gruppe waren nach 1 Behandlungstag 1 Tier, nach 4 Behandlungstagen 3 Tiere und nach 11 Behandlungstagen 4 Tiere betroffen. Somit wurde eine zeitabhängige Zunahme der histopathologischen Befunde von Hoden, Nebenhoden und/oder Ductuli efferentes

deutlich (siehe Tabelle 22; Übersicht über die Gruppeninzidenzen der einzelnen Befunde siehe Tabelle 31 im Anhang).

Tabelle 22: Übersicht substanzinduzierter Befunde an den männlichen Geschlechts- organen; n = 10/Gruppe