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6. A USWERTUNG UND D ARSTELLUNG DER F ORSCHUNGSERGEBNISSE

6.1. Die Klientel der befragten Einrichtungen

6.2.2. Inhalte von Beratungsgesprächen

Erste Priorität in den Beratungsgesprächen hat die materielle Grundsicherung und somit eine Existenzsicherung der Klienten und Klientinnen. Dazu gehört zunächst ein Schlafplatz, Essen und Einkommen. Wobei der Schlafplatz in den meisten Fällen zunächst ein Notquartier bedeutet und erst in weiteren Schritten in langfristigere Lösungen umgewandelt werden kann. Hinsichtlich der Einkommenssicherung sind Mindestsicherung beantragen, Kontakt zum AMS, Pension oder I-Pension beantragen die gängigen Vorgehensweisen.

"Das heißt, es geht viel um materielle Grundsicherung, Einkommenssicherung, Dokumentenbeschaffung und halt das Erarbeiten der Voraussetzungen der Förderbewilligung in den meisten Fällen." (IVP4 2017 : 6)

Um im Weiteren eine Wohnversorgung anbieten zu können, bedarf es im nächsten Schritt einer Feststellung des Ist-Zustandes hinsichtlich der Voraussetzung auf Förderbewilligung vom Beratungszentrum Wohnen. Hier wird genau geprüft, welche Voraussetzung bereits erfüllt sind und welche gemeinsam erarbeitet werden müssen, wie etwa Dokumente beschaffen. Die bürokratischen Angelegenheiten zu beachten ist außerdem wesentlicher Bestendteil der Sozialen Arbeit in der Wohnungslosenhilfe.

Dokumente, Verlängerungen, Anträge, Formulare ausfüllen bezüglich MA40, Meldung, Hauptwohnsitzbestätigung, AMS oder GIS gehören hier dazu.

Für die Wohnversorgung werden dann unterschiedliche Punkte geprüft und gemeinsam mit den Klient_innen versucht zu klären. So spielt die aktuelle Wohnsituation eine Rolle.

Befindet sich die betreute Person in einer Wohnung und benötigt Hilfe beim Wohnungserhalt, Vermeidung von Delogierung, Einzug, Möblierung oder bei der Finanzierung der Wohnung oder unter Umständen muss an der Wohnfähigkeit gearbeitet

54 werden und eine Unterbringung innerhalb der WWH angestrebt werden. Es können Wohn- und Mietbeihilfeanträge gestellt werden, Wohnungen gesucht werden oder Begleitungen zu Mietvertragsunterzeichnungen oder der ähnlichem stattfinden.

Wichtigster Punkt ist jedoch immer, die Personen, die in einer Notschlafstelle untergebracht sind möglichst schnell in weiterführende Wohnversorgung vermitteln zu können. Dort ist dann das Lernen zu Wohnen Ziel, wodurch erneute Wohnplatzverluste abgewendet werden sollen. Außerdem ist die Inklusion ins neue Wohnumfeld Thema in den Beratungsgesprächen zwischen Sozialarbeiter_in und Klient_in. Hier wird besprochen welche Möglichkeiten das neue Wohnumfeld bietet, wie es mit dem Kontakt zu den Nachbar_innen steht oder ob Zugang zu neuen Gemeinschaften gefunden werden konnte.

"Meistens ist viel Bedarf rund um Wohnungserhalt, Wohnungseinzug, Möblierung, die ganzen Sachen." (IVP8 2017: 2)

"Also, das hat auch mit der sozialen Inklusion, wird teilweise damit verstanden. Wie bewege ich mich im Sozialraum, kenne ich den um mich rum. Also geographisch mal, wo finde ich Anschluss vielleicht. Aber auch, das kann auch über die Herkunftseinrichtung sein, das man sagt, man behaltet dort das Kaffeekränzchen weiter. Oder wenn es dort eine Werkstatt gibt, können die auch in der Werkstatt weiter Dinge herstellen, oder wie auch immer. Das ist so, wie bin ich in der Gesellschaft eingebettet, soziale Inklusion." (IVP8 2017 :72)

Aus finanzieller Sicht ist es Aufgabe der Expert_innen auf die Miete der Klient_innen zu schauen und gemeinsam daran zu arbeiten, keine Mietrückstände aufkommen zu lassen.

Hierzu gehört im Bedarfsfall auch eine Erhebung des Schuldenstandes und wenn nötig eine Regelung dessen. Außerdem können betreute Konten eingerichtet werden, wenn die Klient_innen dies wünschen, um die fixen Zahlungen zu organisieren.

Neben diesen Hardfacts nimmt auch Perspektivenentwicklung, den Bedarf reflektieren und gemeinsame Ziele erarbeiten großen Raum ein. Hierzu ist zu klären, welche Einrichtung in Zukunft passen könnte und der Kontakt zu diesen herzustellen oder zu diskutieren, wie das Leben gestaltet werden kann. Es wird bedarfsorientiert gearbeitet und versucht einen Zustand herzustellen, von dem aus weitere Schritte gesetzt werden können. Auch Bildung kann im Zusammenhang mit der Bedarfsorientierung eine Rolle spielen. Außerdem wird versucht zu klären, wie es zur Obdachlosigkeit gekommen ist und wie der Weg heraus aussieht.

Im gesamten Wohnungslosenbereich ist Gesundheit ein großer und wichtiger Punkt, so auch in der Beratung. Sowohl physische Gesundheit als auch psychische in Hinblick auf Suchterkrankungen und die Anbindung an den PSD sind Thema. Genauso wie die Möglichkeit einer stationären Therapie, wenn dies gewünscht ist.

Insgesamt wird im Beratungssetting Alles besprochen was ansteht oder gerade akut ist.

Dies sind Themen, die einerseits von den Sozialarbeiter_innen angesprochen werden und andererseits von den Klient_innen eingebracht werden.

55 6.2.3. Anliegen von Klient_innen

Die Anliegen der Klient_innen sind ganz unterschiedlicher Herkunft und überschneiden sich teilweise mit den Inhalten der Beratungsgespräche; sind manchmal aber auch ganz persönlich.

Oft geht es um praktische Dinge wie Schule oder Probleme mit dem AMS. Auch strukturelle Dinge werden hier oft angesprochen. Wie etwa wo ist der nächste Kindergarten oder Hausarzt oderAlles was die Inklusion ins neue Wohnumfeld betrifft.

Themen in Richtung Beruf werden ebenfalls von den Klient_innen mit in die Beratung gebracht. Häufig geht es hier um das Schreiben von Bewerbungen oder die Jobsuche.

"Probleme mit den Kindern, wenn sie nicht in die Schule gehen wollen, hab ich öfters als Thema. Manchmal, selten, Partner, Probleme mit dem Partner. Oft Probleme mit dem AMS, die MA40 ist immer Thema, wenn da der Antrag mal gestellt wurde, ist das oft wochenlang ein Thema und schwierig, weil da eben dann das Einkommen ausfällt." (IVP1 2017 : 47)

Alles rund um Gesundheit ist häufig Inhalt der Gespräche. Bei Suchterkrankten Kund_innen wird Sucht und Therapie besonders oft angesprochen. Dem Konsumthema zugehörig sind auch Probleme hinsichtlich Rauchen und Alkohol. Aber auch die psychische Gesundheit spielt neben der physischen eine große Rolle.

Von den Expert_innen als überraschend empfunden wurde, dass manche Klient_innen sehr persönliche Dinge von sich aus ansprechen. Das können familiäre Dinge sein, wie etwa Scheidung oder (kein) Kontakt zu den Kindern. Insgesamt abgebrochene Beziehungen und daraus resultierende Einsamkeit ist häufig Thema. Auch wenn Einsamkeit nie so beim Namen genannt wird. In den Wohnhäusern sind Nachbarschaftskonflikte ein Punkt der viele Bewohner_innen beschäftigt.

Allgemein herrscht häufig eine gewisse Rückwärtsgewandtheit bei den Klient_innen. Das heißt, es wird der Wunsch geäußert, dass es wieder so wie Früher sein soll, und das der jetzige Zustand nicht der ist, der bleiben soll. Besonders in den Wohnhäusern wird oft angesprochen, dass ein institutionelles Wohnen möglichst schnell hinter sich gelassen werden soll. Hier kommt auch die Frage auf, was mit der Zeit angefangen werden soll und wie Freizeitgestaltung aussehen kann.

"Genau. Also das sie gern woanders hinwollen, weils halt tatsächlich nur ein Zwischenschritt ist. Also das wird nicht von allen, manche würden gerne länger bleiben, als es tatsächlich geht. Aber dass sie immer wieder thematisieren, dass sie etwas Anderes möchten. Die Frage ist das, ob der Sprung dann tatsächlich gelingt oder nicht. Aber dass das irgendwie im Sinn ist. Auf jeden Fall da." (IVP2 2017 : 49)

Natürlich sind auch Beschwerden ein Punkt, der von Seiten der Klient_innen in die Gespräche eingebracht wird. Beschwerden hinsichtlich der Wohnung, der Einrichtung,

56 der Nachbarn oder der Betreuung. Andere wiederum wollen in Ruhe gelassen werden und wollen gar keine Sozialarbeit.

6.3. Der Bildungsbegriff von in der WWH tätigen Sozialarbeiter_innen

Eine erste oft genannte Kernaussage, die Sozialarbeiter_innen nennen, wenn es um die Darstellung ihres eigenen Bildungsbegriffes geht ist die, dass sie Bildung bzw. eine gute fundierte Allgemeinbildung als sehr wichtig erachten. Ohne Bildung sei kein Weiterkommen möglich. Bildung stellt ein Allgemeingut dar, dass Jedem und Jeder zu Teil werden soll. Das Recht auf Bildung wird in diesem Zusammenhang zitiert. Ein Bewusstsein, dass dieses nicht Jedem und Jeder in unserer Gesellschaft zugänglich ist, stellt die Aussage dar, dass es ein Privileg ist Bildung ausleben zu können.

Besonders betont wurde von vielen Interviewten, dass Bildung für sie ein vielfältiger Begriff sei, der nicht nur als hochstechender Kulturbegriff zu verstehen ist, sondern viele Aspekte umfasst. Bildung ist etwas, was sehr breit wahrgenommen und verstanden wird und von Lesen, Schreiben, Rechnen, also eher dem schulischen Sektor, bis zu Kultur, Kunst und Freizeit reicht. Es wird zwischen einer formellen Bildung und einer informellen Bildung unterschieden. Wobei unter der formellen Bildung jegliche Art von Ausbildung oder beruflicher Weiterbildung gesehen wird: Das Lernen in Bildungsinstitutionen. Der berufliche Sektor wird hier besonders betont. Als informelle Bildung hingegen wird alles bezeichnet, was man mitbekommt. Dies kann politische Bildung sein, wie auch handwerkliche Fähigkeiten.

"Wow, voll schwierig. Ja, ich weiß nicht ich finde es ist halt ein Begriff, den man für alles Mögliche verwenden kann. Für mich fällt die klassische Schulbildung unter Bildung. Aber halt auch, jede mitbekommene Bildung ob die halt von Zuhause ist an Werten oder irgendwelche Peergroups oder sonst irgendetwas. Also alles, das man irgendwie mitbekommt. Auch irgendwelche, keine Ahnung. Kultur und Kunst fällt für mich auch darunter. Ganz viel Freizeitbildung und schulische Bildung."

(IVP2 2017 : 53)

Bildung stellt somit in all seinen Facetten eine Voraussetzung für eine gesicherte Existenz im Erwachsenenalter dar. Ein guter Job und die Integration ins Arbeitsleben sind ebenfalls Bildungsabhängig.

Bildung sei auf jeden Fall kein Stillstand sondern ein sich ständiges Bewegen, Orientieren und Umorientieren. Dies lässt sich sowohl auf die formelle wie auch informelle Bildung beziehen. Das ist auch beschreibbar als eine Weiterentwicklung hinsichtlich von Zielen, die gesetzt werden und mittels Aneignung von Wissen erreicht werden können. Dies beinhaltet, dass man an Bildung wachsen kann und aneinander wachsen kann, was die gesellschaftlichen Faktoren hervorhebt. Man lernt etwas um sich in der Welt bewegen zu können, sie zu verstehen. Also eine Wissensaneignung fürs Leben um dieses meistern zu können.

57 Die Erweiterung von Wissen und Fähigkeiten beinhaltet auch, dass der Mensch wissen muss, was er tut und wie die Wirkung auf andere ist. Ein gewisses Rollenverständnis der eigenen Person zu erwerben und ein realistisches Fremd- und Selbstbild zu entwickeln sind Punkte von Bildung. Zusammengefasst wird dies unter dem Stichwort der Persönlichkeitsbildung. Ein selbstbestimmter Wissenserwerb auf persönlicher Ebene ist hier vom Vorteil.

Aber nicht nur die Aneignung von Wissen alleine stellt einen Teil der Bildung dar, sondern schon der Weg dorthin. Zu wissen, wie man Zugang zu Bildung erhalten kann, wie man seine Interessen ausleben und schärfen kann, lernen wie man lernt, sind hier oft genannte Punkte. Wobei mit dem Wort Lernen in diesem Zusammenhang oft gemeint ist, dass das Hirn angestrengt wird und die Menschen klar denken können.

Hierzu gehört ebenfalls eine soziale Bildung, die soziales Lernen wie auch eine soziale Intelligenz umfasst. Eine gute Diskussionskultur um sich ausdrücken zu können und dadurch wiederum einen guten Umgang mit den Menschen um sich herum pflegen zu können sind hierfür von Bedeutung. Aber nicht nur der Umgang mit dem Umfeld, sondern auch der Umgang mit sich selbst, der Psyche und dem Körper sind hier zu nennen. Die Grundwerte der menschlichen Umgangsformen zu kennen und umsetzten zu können war ein Punkt in der Definition von Bildung.

"Welche Rolle habe ich wo. Ja. Ich hab Daheim eine andere Rolle als in der Arbeit, als im Freizeitsektor, bei meinen Freunden, wie auch immer. Das ist auch eine Art von Bildung, die keine Ahnung wo stattfindet. Soziales Lernen, ja. So wirkliche Institutionen gibt es dafür nicht. Das ist halt, wenn man a Massl hat, lernt man das innerhalb der Familie, bei Freunden im Bekanntenkreis. Zuerst mal so in diesen Kreisen. Natürlich auch im Kindergarten, in der Schule, überall wo man mit Menschen längere Zeit zusammen ist. Ja, das ist soziales Lernen. Das halt irgendwie so nebenbei passiert und viel zu wenig Beachtung findet. Weil ich glaube, dass man erst, wenn man sozial gefestigt ist, Wissensinhalte besser behält oder einsetzten kann." (IVP8 2017: 52)

Auf die Soziale Arbeit bezogen wurde genannt, dass Bildungsarbeit Soziale Arbeit sei und Soziale Arbeit ist Beziehungsarbeit. Demnach ist Beziehungsarbeit Soziale Arbeit.

Auf diesen Punkt wird mehr im Teil hinsichtlich der Bildung bezogen auf die Wohnungslosenhilfe eingegangen.

Ebenso wird im folgenden Teil mehr darauf eingegangen, dass Bildung zwar zum einen als Bedürfnis jedoch nicht als Grundbedürfnis bezeichnet wird und demnach erst dann in den Vordergrund rückt, wenn die materiellen Bedürfnisse gestillt sind. Dennoch kann Bildung Sicherheit bringen und lässt sich so gut in die Maslowsche Bedürfnispyramide

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" Für mich ist Bildung, wenn man sich einfach in unserer Gesellschaft bewegen kann, frei bewegen kann, wenn man geistig mitkommt, wenn man Zusammenhänge versteht, wenn man Wissen hat. Aber Wissen alleine ist nicht Bildung. Sondern wenn man einen Umgang damit hat, und wenn man weiß, wo krieg ich Wissen her.

Das ist so mein Bildungsbegriff. Also Kulturtechniken können. Zumindest einen Umgang damit haben. Und wissen, wo man Informationen herkriegt, und diese aber auch richtig zu verstehen. So würde ich Bildung jetzt sehen. Also da geht es jetzt nicht um eine Universitätsausbildung." (IVP8 2017: 45)

6.4. Bildung und die Wiener Wohnungslosenhilfe

Inwiefern Bildung aus Sicht der Expert_innen in der Wiener Wohnungslosenhilfe eine Rolle spielt wird im Folgenden dargestellt. Bei vielen Klient_innen sei ein eher niedriges Bildungsniveau vorhanden, was wenig formelle Bildung und wenig Wissensmaterial bedeutet. Auch wird die Klientel insgesamt immer bildungsferner. Obwohl ein Wissenshunger zu spüren ist, ist dennoch wenig Bildung, aber durchaus soziale Intelligenz vorhanden. Vor allem fehlende Deutschkenntnisse sind deutlich bemerkbar.

Bildung im Zusammenhang mit Arbeit sei oft eher weniger ein Thema, da manche Klient_innen wenig Berufs- und Arbeitserfahrung haben oder wieder arbeiten kein Thema ist. Obwohl häufig wenig Bildung vorhanden ist, wird dennoch immer wieder betont, dass das Recht auf Bildung gerade hier besonders wichtig ist und mehr beachtet werden muss.

Oft ist Bildung jedoch mit Lernen gleichgesetzt und negativ behaftet, da es mit Schule oder AMS assoziiert wird. Mit Schule, AMS oder mit Deutschkursen wird häufig Zwang verbunden und somit ein negatives Gefühl. Außerdem sind andere Bedürfnisse häufig im Vordergrund, so dass so lange diese nicht gedeckt sind kein Interesse von Seiten der Klient_innen am Thema besteht. Erst wenn die Wohnversorgung geklappt hat, wird das Bedürfnis nach Bildung wieder größer. Oftmals wird diese Aussage mit der Bedürfnispyramide nach Maslow begründet, wonach Essen, Trinken und Schlafen wichtiger ist, Bildung aber auch ein Bedürfnis darstellt.

"Da sind dieselben Anforderungen und auch Bedürfnisse, wie bei jedem anderen Menschen auch und Fähigkeiten auf jeden Fall." (IVP5 2017:28)

Auch bei den bestehenden Angeboten muss sehr vorsichtig mit dem Begriff Bildung umgegangen werden, da manche Nutzer_innen sonst nicht kommen würden. Demnach muss der Begriff verkleidet werden, und somit Bildung versteckt angeboten werden. Das Wort sei zu hoch gestochen und man traut sich nicht dran. Außerdem muss versucht werden die negative Besetzung des Begriffs umzuwandeln und Bildungsangebote nicht als Pflicht anzubieten. Zugleich müssen die Fördergeber_innen im Blick behalten werden, hinsichtlich des Gebrauchs des Begriffs in der Wohnungslosenhilfe.

59 Soziale Arbeit befasst sich verstärkt mit Tagesstruktur als mit Bildung. Dies geschieht auch häufiger in Wohneinrichtungen als in Tageszentren. Allerdings wird darauf hingewiesen, dass sich Sozialarbeiter_innen mehr zum Thema informieren sollten und auch Bildung als Bestandteil der Arbeit einfordern sollten, da ein Bildungsauftrag wohl schon immer mitschwingt. Wenn Klient_innen Bildungsinteressen anmelden, dann werden diese von den Sozialarbeiter_innen aufgegriffen und betreut. Und auch in unterschiedlichen Formen meist indirekt angeboten. Gesamtbild zu sehen. Und so passiert es halt oft, nein, da seid ihr zuständig und da sind die zuständig. und wer fliegt raus aus dem Ganzen. Der Mensch, der es eigentlich braucht. So, ja. Von dem her wäre es natürlich eine wichtige Aufgabe.

Gerade der Sozialarbeit das irgendwie einzufordern. In heutigen Zeiten, nicht ganz so einfach denke ich. Aber durchaus unbedingt wichtig. Nämlich nicht nur immer nur auf das Thema Arbeit bezogen die Bildung. Sondern sonst auch noch irgendwie.

Und das glaube ich läuft oft unter Kultur und Freizeit und nicht unter Bildung."( IVP7 2017: 84)

Folgende Angebote, Einrichtungen und Vernetzungen werden von den Expert_innen genannt, die in irgendeiner Weise im Kontakt mit Bildung und Obdach- und

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 Freizeitangebote

 Ausgehängte Bildungsinformationen

 Leserunde

 Gspiar fürs Tier

Außerdem findet Bildung in Form von Partizipationsprojekten und sozialen Prozessen statt in der WWH. Auch als Kompetenzerweiterung finden viele Angebote statt, die unter anderem Namen als Bildung angeboten werden. Dies geschieht vor allem aus dem Grund der Stabilisierung.

Oft geht es im Rahmen der Beratungsgespräche auch um das Thema Gesundheit, was von den Sozialarbeiter_innen im weitesten Sinne ebenfalls dem Bildungssektor zugeordnet wird. Außerdem erzählt eine Expertin, dass sie den Eindruck habe wer sich in der Wohnungslosenhilfe weiterbilden will und zum Beispiel Bücher liest wird sowohl von Sozialarbeiter_innen als auch Klient_innen als skurril befunden. Und das obwohl so wenige Bildung für sich entdecken. Es müsste noch viel mehr dahingehend in der WWH passieren und vor allem mehr soziale Bildung gefördert werden.

6.5. Die Teilhabe der Klientel am Bildungsraum Wien

Die Teilhabe von wohnungs- und obdachlosen Menschen am Bildungsgeschehen in Wien wurde von den Sozialarbeiter_innen sehr unterschiedlich bewertet. Einige waren der Meinung, dass die Möglichkeit zur Teilhabe gegeben ist und es viele Angebote gibt, die zumindest einen theoretischen Zugang für die Klientel bieten. Die Bildungsangebote in Wien seien insgesamt niederschwellig gestaltet und jede Person die sich bilden will, kann dies auch tun in Wien. Manchmal sei die Teilhabe dennoch beschränkt und nur durch die Unterstützung von Initiativen, die diese anbieten möglich.

"Ich glaube, dass Wien schon relativ gut ist in der Teilhabe, jetzt im Österreichvergleich. Dass sozusagen auch Leute mit wenig Geld oder mit wenig Bildungshintergrund Möglichkeit haben zu Bildung zu kommen." (IVP7 2016: 54)

Besonders die VHS biete hier mit ihrem Sozialtarif eine Möglichkeit zur Teilhabe außerhalb der Wohnungslosenhilfe. Aber auch der Eintritt in Museen oder Bibliotheken ist durch den Kulturpass möglich. Dieser wird in den beratenden Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe ausgestellt. Für eine Weiterbildung der Internetkenntnisse gibt es das Internetcafé Zwischenschritt, dass bei computerbezogenen Fragen Hilfe anbietet und kostenloses Internet bereitstellt. Zur Nutzung dieser Angebote trägt außerdem die Mobilcard bei, durch die sich obdach- und wohnungslose Menschen durch Wien bewegen können. Gut zugängliche Angebote sind kostenlose Deutschkurse für Frauen, hier fehlt aber ein Angebot für Männer. Insgesamt sei aber ein Großteil des Zugangs zum Bildungssystem für marginalisierte Menschen vom AMS geregelt.

61 Dieser verstärkte Zugang durch das AMS führt oft dazu, dass Bildung von den Klient_innen der Wohnungslosenhilfe nicht als Freund gesehen wird und häufig negativ besetzt ist.

"Und es ist auch oft so, keine Erfahrung darin. Letzte Schule, also der letzte Kurs vielleicht der AMS Kurs war, und das ist natürlich negativ. Und man geht halt dann, man hat keine Erfahrung darin, wie das dann ist, wenn man Kurse besucht, die für einen gut sind oder unter fremde Leue geht und das gut ist." (IVP12 2017: 74)

Ein Großteil der Interviewten betonte jedoch, dass die Teilhabe an der Gesellschaft sehr beschränkt ist oder mit Hindernissen verbunden ist. Vor allem der institutionalisierten

Ein Großteil der Interviewten betonte jedoch, dass die Teilhabe an der Gesellschaft sehr beschränkt ist oder mit Hindernissen verbunden ist. Vor allem der institutionalisierten