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Zahlreiche tierexperimentelle Arbeiten zur Pathogenese der Glomerulonephrits (GN), Bestimmungen der Aktivität des Serumkomplements sowie immunhistologi-sche Untersuchungen an Nierenbiopsien haben gezeigt, dass der Mehrzahl von Glomerulonephritiden des Menschen eine Immunpathogenese zugrunde liegt. So lassen sich zwei unterschiedliche Pathomechanismen zur Pathogenese dieser GN unterscheiden. Die erste Glomerulonephritis-Form wird durch Einwirkung eines sogenannten nephrotoxischen Antikörpers, der gegen bestimmte Strukturen in der glomerulären Basalmembran gerichtet ist, ausgelöst (MASUGI 1934). Die zweite Form wird durch Ablagerung zirkulierender oder In situ-Bildung von Immunkom-plexen ausgelöst (GERMUTH u. RODRIGUEZ 1973).

2.15.1. Durch nephrotoxische Antikörper vermittelte Nierenschäden

Diese Form der Glomerulopathie bzw. Nephropathie wird durch bestimmte Anti-körper ausgelöst, die an Strukturantigene in der glomerulären Basalmembran (GBM) und/oder der tubulären Basalmembran (TBM) binden. Die lineare Bindung solcher Basalmembran-Antikörper an entsprechende Strukturen im Glomerulus (anti-GBM-Glomerulonephritis) bzw. im Tubulus (anti-TBM-Nephritis) lässt sich mit den Methoden der Immunfluoreszenz oder Immunperoxidase nachweisen. Die Zahl der (Glomerulo-) Nephritiden mit einer solchen Immunpathogenese beträgt beim Menschen 5 bis 16 % aller Nephropathien (MCPHAUL u. MULLINS 1976).

Tierexperimentell ist die Anti-Basalmembran-Glomerulonephritis durch Verabrei-chung eines heterologen Serums, das Antikörper gegen glomeruläre Basal-membranen enthält, bei vielen Tierarten erzeugt worden. Dabei wurde einem suchstier ein heterologes Antiserum injiziert, das durch Immunisierung eines Ver-suchstieres einer anderen Spezies mit Nierenextrakt erzeugt worden war. Darauf-hin bindet sich der injizierte, sog. nephrotoxische Antikörper an die GBM und/oder

51 TBM. Die Antigen-Antikörper-Bindung löst eine Aktivierung des Komplementsys-tems (ADLER et al. 1984) mit chemotaktischer Anlockung von neutrophilen Granu-lozyten (HAWKINS u. COCHRANE 1968) und Monozyten (STERZEL u. PABST 1982) aus. Die Aktivierung dieser Mediatoren führt zur Proliferation glomerulärer Zellen (BARNES u. HEVEY 1990) und Fibrose der mesangialen Matrix (COIMBRA et al. 1991) sowie Strukturänderungen in der GBM (BONSIB 1985), die den Aus-tritt von Makrophagen (MAZZUCO u. MONGA 1985) und Fibrinogen (MORITA et al. 1973) erlauben. So können sich zelluläre und fibrozelluläre „crescents“ (Halb-monde) bilden (CLARKE et al. 1983).

Die Anti-Basalmembran-Glomerulonephritis ist unter den Haustieren bisher nur bei Hund und Pferd beschrieben. Beim Goodpasture-Syndrom des Menschen kommt es, offensichtlich wegen der Bildung von Antikörpern gegen pulmonale Basal-membranen, die mit den glomerulären Basalmembranen kreuzreagieren, zur Anti-Basalmembran-Glomerulonephritis.

2.15.2. Durch Immunkomplexe vermittelte Nierenschäden

Die durch Immunkomplexe induzierte Glomerulonephritis ist durch Ablagerung von Antigen, Antikörper und Komponenten des Komplementsystems in einem granulä-ren Ablagerungsmuster gekennzeichnet. Die Größe der sich bildenden Immun-komplexe wird durch das aktuelle Verhältnis von Antigen und Antikörper bestimmt.

Bei Äquivalenz entstehen große Komplexe, die durch mononukleäre Phagozyten rasch eliminiert werden und somit keine Krankheitssymptome verursachen. Klei-nere bis mittelgroße, im Antigen- oder Antikörperüberschuss gebildete Immun-komplexe werden wesentlich langsamer eliminiert. Sie zirkulieren länger und kön-nen zwischen den Zellen des Gefäßendothels der Niere auf die Basalmembran gelangen und sich dort ablagern.

52 2.15.2.1. Durch zirkulierende Immunkomplexe vermittelte Nierenschäden

Für die Immunkomplex-Glomerulonephritis sind im Blut zirkulierende Antigen-Antikörper-Komlexe primär initiierende Faktoren. Als antigene Komponente der Immunkomplexe wurden vor allem exogene (bakterielle, virale, parasitäre, toxi-sche), aber auch einzelne endogene (DNA-) Antigene identifiziert. Eine Glomeru-lonephritis entwickelt sich meist dann, wenn lösliche Immunkomplexe mit leichtem Antigen-Überschuss vorliegen. Diese Immunkomplexe lagern sich vor allem im Mesangium und subendothelial (insbesondere die kleineren Immunkomplexe) ab (STILMANT et al. 1975). Bei der chronischen Immunkomplex-Glomerulonephritis sind neutrophile Granulozyten (HOLDSWORTH et al. 1981) und das Komple-mentsystem als Mediatoren beteiligt, während bei der akuten Form nur die Makrophagen von entscheidender Bedeutung sind (HOLDSWORTH et al. 1980).

2.15.2.2. Durch in situ gebildete Immunkomplexe vermittelte Nierenschäden

In der GBM scheinen neben den für die Entstehung des Goodpasture-Syndroms verantwortlichen Antigenen noch weitere, potentiell immunogene Glykoproteine vorzukommen, wie z. B. jene, die für die Entstehung der experimentell zu erzeu-genden Heyman-Nephritis verantwortlich sind. Mittels dieses Modells ist die Im-munkomplexpathogenese der idiopathischen membranösen Glomerulonephritis zu reproduzieren (ABRASS u. COHEN 1986). Demnach sind in den Glomeruli zwei verschiedene Antigenmoleküle in der Lage, Antikörper in situ zu binden; das Anti-gen gp 330 befindet sich auf der Oberfläche von Podozyten, das AntiAnti-gen gp 90 im Glomerulum und im Tubulusepithel (KERJASCHKI 1990). Neben im Gewebe vor-kommenden Antigenen können auch im Blut zirkulierende Antigenmoleküle zu-nächst in die Niere „implantiert“ werden, woraufhin in situ ein Antigen-Antikörperkomplex entsteht (ISAACS u. MILLER 1982). Nach GERMUTH u.

53 RODRIGUEZ (1973) sind nur Immunkomplexe von mindestens 500 kD nephro-pathogen.

2.15.2.3. Durch Immunkomplexe vermittelte Glomerulonephritiden beim Schwein

In diesem Zusammenhang sei zum einen die Untersuchungen von SHIROTA et al.

(1986 und 2002) verwiesen. Bei der Untersuchung von 100 pathomorphologisch unauffälligen sechs Monate alten Schlachtschweinen konnten subklinische Glome-rulonephritiden mit dem Nachweis von IgG und C3 diagnostiziert werden. Bei der Suche nach einem spezifischen Antigen stießen sie auf Actinobacillus pleurop-neumoniae Serotyp 1, 2, 5 und postulierten nach Durchführung einer Studie zu verschiedenen schweinepathogenen Agentien diesen Erreger als einen häufigen Auslöser von Immunkomplex-vermittelten Glomerulonephritiden beim Schwein.

JANSEN et al. (1993, 1995) untersuchten die membranoproliferative Glomerulo-nephritis Typ II bei Schweinen der norwegischen Yorkshire-Rasse. Betroffene Tie-re sterben dabei beTie-reits in den ersten Lebenswochen infolge eines NieTie-ren- Nieren-versagens. Bei so erkrankten Tieren kommt es durch einen autosomal-rezessiv vererbten Mangel des Faktors H, eines Plasmaproteins, das die Komplementakti-vierung reguliert, zu einer exzessiven AktiKomplementakti-vierung des Komplementsystems. Infol-ge des erhöhten Komplementverbrauchs tritt eine Hypokomplementämie auf.

Morphologisch kommt es dabei zu einer Ablagerung von Komplement in der glo-merulären Basalmembran und im Mesangium.

Die im Zusammenhang mit dem PDNS auftretende Glomerulonephritis scheint auch infolge einer immunvermittelten Typ III-Hypersensitivitätsreaktion aufzutreten (SEGALES et al. 1998 a, b). Die exakte Ätiologie ist zwar noch unklar, allerdings konnten in beschädigten Glomeruli, Tubuli und Arteriolen Immunglobuline (IgA, IgG und IgM) sowie Komplement (C3) nachgewiesen werden (SIERRA et al.

1997).

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