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5.1 Material und Methoden

5.1.1 Die Hunde und deren Halter

Alle 96 getesteten Hunde gehörten der Rasse Australian Sheperd an. Somit konnten Abweichungen im Verhalten aufgrund verschiedener Rassezugehörigkeiten ausgeschlossen werden.

Sämtliche Halter der Hunde waren Mitglieder im Club für Australian Sheperd Deutschland e.V. (CASD). Für die vorliegende Studie war dies von Vorteil, da die Halter somit alle ähnliche Interessen und Vorgehensweisen in der Haltung ihrer Hunde hatten. Zum Beispiel macht MIKLÓSI (2011) auf eventuelle Probleme mit der Referenzpopulation in Fragebogenerhebungen aufmerksam. So meint er, dass man häufig eine sehr unterschiedliche menschliche Population hat, die aufgrund von verschiedenen Interessen, Erfahrungen und Berufen die Ergebnisse in vieler Hinsicht verzerren können.

Der Umstand, dass in dieser Studie alle Halter Mitglieder im CASD waren, erleichterte außerdem die Auswertung der Daten, vor allem im Vergleich mit dem gezeigten Verhalten, da dies die Anzahl der zu vergleichenden Daten reduzierte. Es hat z.B. niemand angeben, seinen Hund aus dem Tierheim zu haben oder den Hund im Zwinger zu halten.

In Hinblick auf die Gesamtpopulation der Australian Sheperds und ihren Haltern ist dieser Umstand wiederum eher von Nachteil. Um eine Aussage die

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Gesamtpopulation betreffend machen zu können, ist in einer Stichprobe eine möglichst breite Verteilung der verschiedenen Halter wünschenswert.

Die Beschränkung auf diese Rasse und deren Halter kam wie folgt zustande. Der CASD war an das Institut für Tierschutz und Verhalten der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover mit der Bitte herangetreten, einen Verhaltenstest speziell für diese Rasse zu entwickeln. Dieser sollte als Instrument für eine selektive Züchtung geeignet sein.

Bei den Haltern waren neun Männer und 87 Frauen vertreten. Wegen des Ungleichgewichts des Geschlechts der Halter wurde dieses Merkmal nicht mit dem gezeigten Verhalten verglichen, da diesbezüglich keine aussagekräftigen Ergebnisse zu erwarten waren.

Die Geschlechtsverteilung der Hunde war mit 44,8% männlichen und 55,2%

weiblichen Hunden relativ ausgeglichen. Diverse Studien konnten Zusammenhänge zwischen dem Geschlecht und Verhalten nachweisen (WILSSON u. SUNDGREN 1997a; STRANDBERG et al. 2005). So konnten BOLLEN u. HORROWITZ (2008) zeigen, dass signifikant mehr Rüden einen Test zur Klassifizierung von aggressiven Hunden nicht bestanden haben.

Lediglich zehn der 96 Hunde waren kastriert, was sicherlich auch mit der Mitgliedschaft der Halter im CASD in Zusammenhang gebracht werden konnte.

Leider konnte auch dieses Merkmal wegen des Ungleichgewichts nicht mit in die Studie einbezogen werden.

Es wurde ein Mindestalter für die Hunde von einem Jahr festgelegt, eine beschränkende Altershöchstgrenze gab es nicht. Gerade junge Hunde sind vor Ihrer Pubertät körperlich und sozial noch nicht völlig ausgereift. Die sexuelle Reife kann ab dem sechsten Monat bis teilweise zum zehnten Monat eintreten. Die soziale Reife kann auch erst sehr viel später eintreten, teilweise erst mit zwei oder drei Jahren (OTT 2010). Laut GANSLOSSER (2007) sind auch z.B. Vorhersagen zum Verhalten eines erwachsenen Hundes mithilfe von Tests aus der Welpenzeit nicht möglich.

Um auszuschließen, dass Hunde mit Schmerzen oder einer akuten Erkrankung an dem Test teilnehmen und dadurch das gezeigte Verhalten beeinflusst wird, wurde bei allen Hunden vor dem Testdurchlauf eine Allgemeinuntersuchung durchgeführt.

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113 Es gab Halter, die mit mehreren Hunden an dem Verhaltenstest teilgenommen haben.

Hier wäre denkbar, dass der Halter beim ersten Durchgang selber vielleicht etwas aufgeregt war, weil er nicht wusste, was ihn erwartet. Bei allen weiteren Durchgängen war der Halter eventuell entspannt oder sogar gelangweilt. Die Stimmung der jeweiligen Halter könnte das Verhalten seines Hundes im Test beeinflusst haben. Dieser mögliche Störfaktor wurde jedoch vernachlässigt. Vielleicht hätte es eindeutigere Ergebnisse gegeben, wenn die Halter mit jeweils nur einem Hund an dem Test teilgenommen hätten. Stimmungsschwankungen der Besitzer können aber sicherlich nie ausgeschlossen werden. Es wurde jedoch darauf geachtet, dass alle Hunde von ihrer Hauptbezugsperson durch den Test geführt wurden. Diese Hauptbezugsperson hat auch den Besitzerfragebogen ausgefüllt.

5.1.2 Der Fragebogen

Laut PORST (2011) ist die Entwicklung eines Fragebogens eine hochkomplizierte Angelegenheit. Seine Ausführungen beziehen sich auf meist umfangreiche Befragungen im Zuge der empirischen Sozialforschung.

Jeder Fragebogen sollte vor seiner Anwendung unbedingt auf Brauchbarkeit und Qualität mittels eines Pretests untersucht werden (PORST 2011; RAAB-STEINER und BENESCH 2008). Da in dieser Studie ein bereits zum größten Teil bestehender Fragebogen von VON GAERTNER (2009) genutzt wurde, konnte dieser Schritt entfallen. Der bestehende Fragebogen wurde um drei Fragen bezüglich der Besitzererfahrung und eventueller Vorbesitzer der Hunde erweitert. Fünf Fragen aus dem Fragebogen von VON GAERTNER (2009) wurden verfeinert, so wurde z.B.

nachgefragt, ob die jeweilige Ausbildungsmaßnahme der Hunde auch abgeschlossen wurde.

Der Vorteil, einen schon zum größten Teil verwendeten Fragebogen zu nutzen, liegt darin, dass dessen Validität gesichert ist und man die Möglichkeit hat, Ergebnisse zu vergleichen (VON GARTNER 2009).

Der Fragebogen sollte einige grundlegende Punkte in der Hundehaltung abfragen, kann aber keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Auf weitere Fragestellungen wurde hier verzichtet, da die Halter meist eine lange Anreise hinter sich hatten und

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mit Ihren Hunden nach dem Ausfüllen des Fragebogens auch noch den Verhaltenstest durchlaufen mussten. Eine eventuell ungenaue oder überhastete Bearbeitung hätte die Folge von mehr Fragen sein können.

Um mehr oder gezieltere Fragen unterbringen zu können, hätte man den Fragebogen vorab per Post oder E-Mail verschicken können. So konnte allerdings eine gewisse Standardisierung gewährleistet werden. Alle 96 Fragebögen sind unter nahezu identischen Bedingungen ausgefüllt worden, eine Vorabbefragung hätte dies nicht leisten können.

Der größte Teil der Fragen waren geschlossene Fragen. Durch Ankreuzen konnten vorgegebene Antworten gegeben werden. Dies führte zu einheitlichen Antworten und erleichterte die Auswertung der Daten. Mögliche Unklarheiten bei der Beantwortung seitens der Besitzer konnten direkt während des Ausfüllens besprochen werden.

Die negativen Antworttendenzen gehören mit zu den massiven Kritikpunkten, die an Fragebogen allgemein als Forschungsmethode geübt werden können (MUMMENDEY 2003; RAAB-STEINER und BENESCH 2008). Die Problematik dieser Verfälschungstendenzen kann auch bei der vorliegenden Arbeit nicht ganz außer Acht gelassen werden. Da die Fragebogen nicht anonym ausgeben werden konnten und somit jeder Fragebogen mit dem Namen des Halters versehen ist, kann es bei der Beantwortung der Fragen eventuell zu einer Beantwortungstendenz im Zuge der „Sozialen Erwünschtheit“ gekommen sein. „Soziale Erwünschtheit“ meint, dass in diesem Fall die Halter die einzelnen Fragen des Fragebogens in die Richtung beantwortet haben, die der sozialen Norm entspricht (Bortz et al. 2002). So könnte es vorstellbar sein, dass z.B. bei der Frage nach der Ausbildung der Hunde Falschangaben gemacht worden sind, weil es unter den Vereinsmitgliedern eventuell gerne gesehen wird, dass die Hunde z.B. eine Welpenschule besuchen.

Verfälschungseffekte durch eine zu schnelle Bearbeitung des Fragebogens können ausgeschlossen werden, da kein Zeitlimit für die Beantwortung vorgegeben wurde.

5.1.3 Der Test

Ein Wesenstest untersucht das gesamte Verhalten eines Hundes seiner Umwelt gegenüber (FEDDERSEN-PETERSEN 2004). Eine Überprüfung des

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115 repertoires bei einem Rassehund als Instrument der Zuchtzulassung hält FEDDERSEN PETERSEN (2004) für sehr wichtig. In den Niederlanden wurde z.B.

ein Aggressionstest von NETTO und PLANTA (1997) entwickelt. Dieser sollte in erster Linie dazu dienen, sehr aggressive Hunde einiger bestimmter Rassen von der Zucht auszuschließen. Auch in Schweden gibt es so einen standardisierten Verhaltenstest, den „dog mentality assessement“ (DMA). Ursprünglich als Hilfsmittel für Züchter von Arbeitshunden entwickelt (FÄLT 1997b), wird er mittlerweile in vielen schwedischen Rassevereinen genutzt (GIESER 2006).

FEDDERSEN-PETERSEN (2004) gibt zu bedenken, dass Wesenstests aufgrund ihrer vielen Variablen oftmals Mängel aufweisen, trotz dieser bestehenden Schwierigkeiten sind diese Tests als Kriterium für die Zuchtauswahl jedoch begrüßenswert.

Für den Verhaltenstest wurden Testsituationen ausgewählt, mit deren Hilfe das Verhalten der Hunde in verschiedenen Kategorien untersucht werden konnte. Dazu gehörten der Kontakt mit unbelebter Natur, Spielsituationen, ungewöhnliche Geräusche und der Kontakt mit neutralen, freundlichen und auch ungewöhnlichen Menschen (MAZUR 2012). Die Reihenfolge der Situationen war immer gleich.

Das gezeigte Verhalten der Hunde wurde direkt vor Ort, unmittelbar nach jeder Situation von stets derselben Person mithilfe eines Ethogramms notiert. Zusätzlich wurde alles mithilfe einer Videokamera dokumentiert. Auch wenn die Kameraperson einen zusätzlichen Störfaktor für die Hunde darstellte, so ist in verschiedenen Studien (NETTO u. PLANTA 1997; MITTMANN 2002; HIRSCHFELD 2005) dargestellt worden, dass das gezeigte Verhalten der Hunde per Videoaufnahmen exakter beurteilt werden kann. Zu diesem Ergebnis kam auch MAZUR (2012), deren Dissertation der Verhaltenstest zu Grunde liegt.

Der Test fand unter freien Himmel statt. Dadurch fanden die Tests für die verschiedenen Hunde durchaus bei sehr unterschiedlichem Wetter statt. Aus organisatorischen Gründen musste der Test leider an drei verschiedenen Orten stattfinden. Um trotzdem die Objektivität des Tests zu gewährleisten, wurden sehr ähnliche Gelände gewählt. Die Gelände waren während der Tests immer abgesperrt, so dass sich niemand anders dort aufhalten konnte. Trotzdem konnte eventueller

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Wildgeruch oder auch der Geruch der anderen Hunde, wie auch bestimmte auditive Reize den jeweiligen Hund beeinflussen. Insgesamt wurde der Einfluss durch externe Reize so niedrig wie möglich gehalten. Somit war ein standardisierter Ablauf gewährleistet.

Als Testpersonen haben Studenten der Tierärztlichen Hochschule Hannover fungiert.

Da die Tests teilweise auch während der Vorlesungszeiten durchgeführt wurden, war es leider nicht möglich, dass immer die gleichen Helfer anwesend waren. Um eine Abweichung der Situationen an den einzelnen Testtagen zu minimieren, wurden alle Studenten vorab genau instruiert. Vor dem Test wurden alle Situationen mehrmals geprobt und es gab einen Testdurchlauf. In Schweden wird in Bezug auf die Verlässlichkeit des Wesenstests (DMA) ein sehr großer Aufwand betrieben. So müssen zunächst zwischen 24 und 38 Stunden Ausbildung absolviert werden, um Testassistent werden zu können (SVARTBERG 2005).

Als Kritikpunkt kann sicherlich angefügt werden, dass einige Testpersonen oftmals zwei verschiedene Situationen bedienen musste. Es wurde jedoch darauf geachtet, dass diese Situationen ähnlich waren. Da die Testpersonen den Hunden unbekannt waren und die jeweiligen Situationen auch immer nur kurz waren, kann ein Lernerfolg seitens der Hunde jedoch ausgeschlossen werden.

Der für diese Studie gewählte Test konnte alle Verhaltensweisen, die für die Zuchttauglichkeit wichtig sind, bis auf das Imponierverhalten aus dem für diesen Test erstellten Ethogramm auslösen. Dieser Test ist somit geeignet, das Verhalten der Hunde zu testen (MAZUR 2012).

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117 5.2 Die Ergebnisse

Die vorliegende Studie soll den Einfluss von Haltungsfaktoren auf das Verhalten des Hundes erforschen. Verschiedene Umstände, unter denen der Hund lebt, der Ausbildungsstand der Hunde sowie einige Daten zu den Besitzern, wie z. B. das Alter, das Geschlecht und die Erfahrung im Halten von Hunden wurden abgefragt. Diese Ergebnisse wurden mit dem Verhalten der Hunde in einem Verhaltenstest statistisch abgeglichen.

Es gibt sehr viele wissenschaftliche Arbeiten die das Verhalten der Hunde mithilfe von Verhaltenstests untersucht haben. Laut RÜFENACHT et al. (2004) lassen sich grundsätzlich sehr schwer Vergleiche untereinander anstellen, da die Ziele dieser Tests sehr unterschiedlich sind und von Rasse, Verwendungszweck, Land und Beurteiler abhängen.

Zusätzlich gibt es auch immer Probleme mit der Kausalität (MIKLÓSI 2011;

GANSLOSSER und KITCHENHAM 2012). Korrelationen bzw. Zusammenhänge müssen naturgemäß nicht auf eine kausale Beziehung hinweisen.

SAUTTER (2003) z.B. hat herausgefunden, dass die aggressiven Hunde häufig in der Welpenschule waren. Das kann zweierlei bedeuten. Einmal, dass die Welpenstunde dieses aggressivere Verhalten ausgelöst hat. Zum Zweiten, dass Hunde, die früh Verhaltensauffälligkeiten zeigen, eher in die Welpenstunde geführt werden, weil der Besitzer sich davon eine Besserung verspricht.

5.2.1 Zusammenhänge der Haltungsfaktoren und dem Verhalten

Die meisten Halter waren zwischen 30 und 50 Jahre alt. Dies deckt sich in etwa mit den Zahlen von SAUTTER (2003) und JAHN (2002).

KUBINYI et al. (2009) fanden heraus, dass die Besitzer im Alter zwischen 19 und 30 die am wenigsten emotional stabilen Hunde besaßen. Die trainierbarsten und geselligsten Hunde wurden von Haltern zwischen 31 und 60 Jahren geführt.

In dieser Studie konnte ein ähnlicher Zusammenhang zwischen dem Alter des Besitzers und dem Verhalten der Hunde in jedoch nur einer Situation (Handling) festgestellt werden. Die Hunde von Besitzern zwischen 18 und 40 Jahren zeigten

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mehr als doppelt so hohe Werte bei der passiven Submission als die Hunde von Besitzern, die zwischen 41 und über 60 Jahre alt waren. Da alle Besitzer Mitglieder im CASD waren, und dies teilweise auch langjährig, könnte es in diesem Fall so sein, dass die älteren Besitzer eventuell schon mehrere Hunde besaßen und deswegen routinierter die Handling-Übungen ausführen konnten, und sich das wiederum im Verhalten der Hunde wiedergespiegelt hat.

Es gibt verschiedene Studien, die unterschiedliche Angaben zur Bedeutung des Alters der Hunde zum Testzeitpunkt machen. In dieser Studie fanden sich Zusammenhänge in zwei Situationen. In der Situation Bobbycar hielt sich die passive Submission in allen vier Altersstufen konstant, während die Annäherung, welche in dieser Situation eventuell auch als Neugierde zu verstehen ist, abnahm und die Entspanntheit in nahezu gleichen Maßen zunahm. Es wäre sicherlich interessant zu wissen, ob die Hunde, die in jungen Jahren neugierig sind, dann später die Entspannten sind. Dafür müsste man allerdings die jungen, neugierigen Hunde aus dieser Studie in vier bis fünf Jahren noch einmal unter gleichen Bedingungen testen, was nicht realistisch ist.

In der Situation Anstarren nahm das Aggressionsverhalten mit dem Alter der Hunde ab und die passive Submission sowie die Annäherung nahmen zu.

Beide Zusammenhänge können mit dem eventuell größeren Erfahrungsschatz der älteren Hunde erklärt werden. Da alle Halter der Hunde Mitglieder im CASD sind und somit sicherlich gleiche Vorstellungen haben, ist es möglich, dass die Hunde über vergleichbare Erfahrungen verfügen. VON GAERTNER (2009) konnte in Ihrer Studie in der Situation `Geister´ Ähnliches feststellen. Dort zeigten die Hunde mit zunehmendem Alter mehr Annäherung und weniger Aggressionsverhalten.

FUCHS et al. (2005), RÜFENACHT et al. (2002) und KUBINYI et al. (2009) konnten ebenfalls unterschiedliche Verhaltensweisen der Hunde in verschiedenen Altersstufen zeigen. Allerdings liefen diese Studien fast ausschließlich mit Hunden unter drei Jahren.

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119 In anderen Tests, die ebenfalls auch mit älteren Hunden gemacht wurden, konnten keine Zusammenhänge aufgrund des Alters festgestellt werden (WILSSON und SUNDGREN 1997a; SCHÖNING und BRADSHAW 2005).

Das Geschlechterverhältnis der Hunde war mit 43 Rüden und 53 Hündinnen fast ausgeglichen. Lediglich zwei Rüden und acht Hündinnen waren kastriert, so dass in dieser Studie die Auswirkungen einer Kastration auf das Verhalten nicht untersucht werden konnte.

Während VON GAERTNER (2009) keine signifikanten Zusammenhänge zwischen dem Verhalten der Hunde und dessen Geschlechter aufzeigen konnte, fanden sich in dieser Studie in drei Situationen Zusammenhänge (Person mit Blindenstock; Jogger;

Abruptes Aufstehen und Weglaufen). In allen drei Situationen zeigten ausschließlich Hündinnen aggressives Verhalten. Die meisten anderen Verhaltensweisen waren in allen drei Situationen bei Hündinnen und Rüden ähnlich. Jedoch zeigten die Hündinnen meistens passive Submission, während die Rüden jedes Mal überwiegend und in ähnlichem Maße entspannt waren. Alle drei Situationen waren mit Menschen.

In der Studie von RÜFENACHT et al. (2002) erreichten die Rüden in allen getesteten Verhaltensmerkmalen signifikant bessere Beurteilungen als die Hündinnen. Und von 285 Hunden, die die Wesensprüfung nicht bestanden haben, waren 68% Hündinnen und 32% Rüden. GODDARD und BEILHARZ (1985) fanden eine Wirkung des Geschlechts nur auf ängstliches Verhalten. Viele andere Studien berichten von Verhaltensunterschieden bei Hündinnen und Rüden (WRIGHT und NESSELROTE 1987; SVARTBERG 2002; STRANDBERG et al. 2005; COURREAU und LANGLOIS 2005). Die jeweiligen Methoden und Zielsetzungen dieser Arbeiten unterscheiden sich jedoch und lassen sich somit, wie schon erwähnt, schwer miteinander vergleichen.

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Bei der Frage zur Herkunft des Hundes wurde gefragt, ob der jeweilige Hund selbst gezogen wurde, von einem Züchter (hier: Stadt oder Land), einer Privatperson, aus dem Tierheim oder aus sonstigen Bezugsquellen erworben wurde. 12 Hunde (12,5%) wurden demnach selbst gezogen und 87,5% stammten auch alle von anderen Züchtern (16,7% aus der Stadt, 70,8% vom Land). Dies deckt sich ungefähr mit den Zahlen von MEERMANN (2009) und SAUTTER (2003). MEERMANN konnte feststellen, dass 7% der Australian Sheperds aus eigener Zucht stammten und 89,9% von einem Züchter übernommen wurden. Während auch dort kein Tier aus dem Tierheim stammte, sind jedoch die restlichen Hunde von Nothilfeorganisationen oder Privatpersonen übernommen worden. In dieser Studie sind alle Tiere selbst gezüchtet oder von einem Züchter übernommen worden. Da die Fragebögen nicht anonym ausgefüllt wurden, könnte man auch hier wieder den Aspekt der `Sozialen Erwünschtheit´ diskutieren (s. Kap. 5.1.2). Es könnte aber auch sein, dass einfach nur die sehr engagierten Mitglieder des CASD an diesem Test teilnahmen.

VON GAERTNER (2009) stellte in einer am ehesten vergleichbaren Studie mit Deutschen Schäferhunden fest, dass dort 74,5% der Hunde von einem Züchter stammten, aber auch 23,8 % der Hunde von Privatpersonen übernommen wurde und ein Hund aus dem Tierheim stammte.

Bei der Frage, ob die Herkunft des Hundes Auswirkungen auf das Verhalten hat, kam es bei vier Situationen (Spiel 1; Jogger; Person mit Blindenstock; Luftballons) zu signifikanten Zusammenhängen. In der Situation `Spiel1´ wurde überwiegend Spielverhalten oder neutrales Verhalten gezeigt. Jedoch zeigten 8,3 % der selbst gezüchteten Hunde passive Submission. In allen drei anderen Situationen zeigten ausschließlich die selbst gezüchteten Hunde Aggressionsverhalten und sind insgesamt nicht so entspannt wie ihre Artgenossen, die von anderen Züchtern stammen. In der Situation `Luftballons´ ist gar kein Hund, der selber gezogen wurde, entspannt.

SAUTTER (2003) zeigte in ihrer Studie auch, dass signifikant mehr aggressive Tiere vom betroffenen Halter selbst gezüchtet wurden. Sie führt an, dass eventuell aggressive Muttertiere, die vielleicht ebenfalls aus Eigenzucht stammen, nicht objektiv bezüglich der Zuchttauglichkeit beurteilt werden können.

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121 In der Studie von KUBINYI et al. (2009) waren die introvertiertesten Hunde unter anderem diejenigen, die vom Halter selbst gezüchtet worden waren.

Ein signifikanter Unterschied zwischen den Hunden aus der Stadt und vom Land konnte nicht dargestellt werden. Während in den Situationen `Person mit Blindenstock´ und `Jogger´ die Hunde vom Züchter vom Land entspannter waren als die, die vom Züchter aus der Stadt stammten, zeigte sich in der Situation

`Luftballons´, dass die Hunde vom Land doppelt so häufig passive Submission zeigten.

In den folgenden Auswertungen findet sich acht Mal ein Zusammenhang von verschiedenen Fragestellungen mit den Situationen `Zerrspiel 1´ oder `Zerrspiel 2´.

Viele Hundehalter, die an dieser Studie mit ihrem Hund teilnahmen, standen dieser Situation sehr kritisch entgegen. Es gab sogar einzelne, die diese Situation zuerst gar nicht mitmachen wollten. GANSLOSSER und KITCHENHAM (2012) beschreiben auch, dass immer wieder diskutiert wird, ob ungeeignete Spiele zwischen Menschen und Hunden Verhaltensprobleme auslösen können.

Auch im Internet kursieren in den einschlägigen Foren die verschiedensten Meinungen zu diesem Thema. So wird berichtet, dass man mit dem Zerrspiel das automatische Zupacken konditioniert und den Hunden ihren Trieben ausliefert. Die Hunde würden im Schlaf zubeißen und man nimmt ihnen somit ein Stück Freiheit, weil man sie nie wieder mit Fremden spielen lassen kann.

HORVÁTH et al. (2008) haben dazu in einer Vergleichsstudie das Verhalten und die physiologischen Reaktionen von Hunden in zwei Testgruppen untersucht. In einer Gruppe waren Polizeihundeführer und in der anderen Grenzwärter mit ihren Hunden.

Während eines dreiminütigen Zerrspiels in der jeweils üblichen Art stiegen bei den Polizeihunden die Cortisolkonzentrationen im Speichel im Laufe des Spiels sehr stark an, während sie bei den Hunden der Grenzwärter abfielen.

Eine Videoanalyse zeigte später deutliche Unterschiede im Verhalten der Hundeführer. Die Polizeihundeführer kontrollierten das Verhalten des Hundes nahezu ständig und fochten somit einen echten, ernstgemeinten Wettbewerb mit ihren

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Hunden aus. Die Grenzwärter hingegen zeigten freies Spiel ohne disziplinarische Maßnahmen unter Übermittlung von freundlichen Verhaltensweisen; die Reaktion der Hunde war dementsprechend.

Das zeigt, dass Autorität, Kontrolle oder sogar Aggression schon in kürzester Zeit

Das zeigt, dass Autorität, Kontrolle oder sogar Aggression schon in kürzester Zeit