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Humanes Choriongonadotropin in der Schwangerschaft .1 Struktur, Vorkommen und Rezeptorbindung

Nrp-1 CTLA-4

2.8 Humanes Choriongonadotropin in der Schwangerschaft .1 Struktur, Vorkommen und Rezeptorbindung

Das Schwangerschaftshormon hCG gehört zur Familie der Glykoproteinhormone wie LH, FSH und das Thyroid-stimulierende Hormon (TSH). Diese Hormone bestehen aus zwei Untereinheiten, die nicht-kovalent miteinander verbunden sind. Die α-Untereinheit ist bei allen Mitgliedern dieser Familie

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gleich, wohingegen die β-Untereinheit durch verschiedene Gene kodiert wird[200]. Die β-hCG-Untereinheit ist die größte β-β-hCG-Untereinheit, da sie einen längeren glykosylierten Teil enthält. Die zusätz-liche Glykosylierung ermöglicht eine höhere Stabilität und schnellere Sekretion des hCG-Moleküls.

HCG wird von sechs unterschiedlichen, aber sehr ähnlichen Genen kodiert, die zusammen mit der β-Untereinheit des LH auf Chromosom 19 lokalisiert sind[201]. β-hCG1 und 2 wurden als Pseudogene beschrieben[202][203]. In der Schwangerschaft und in Keimzelltumoren treten vor allem die Isoformen β-hCG 3, 5 und 8 auf, welche alle ein identisches Protein kodieren. Im Gegensatz dazu kodiert β-hCG7 für ein Protein, welches sich in drei Aminosäuren von den anderen unterscheidet und in ge-ringen Mengen in normalem nicht-malignen Gewebe exprimiert wird[202][204][205]. Die Homologie zwi-schen hCG und LH liegt bei 96 % und ermöglicht die Bindung beider Hormone an den gleichen Re-zeptor, den LH/CG-Rezeptor. Allerdings ist die Bindungsaffinität des hCG 4-5fach höher als die des LH. HCG kommt nur im Menschen und bei Primaten vor[206][207][208][209][210], ist in Rindern oder Nagern jedoch nicht nachweisbar[209][211]. Auf Grund ihrer sehr ähnlichen Struktur sind hCG und LH bezüglich ihrer biologischen Aktivität austauschbar und hCG wird bereits in vielen Fällen in der Klinik als Er-satz für LH eingesetzt, um zum Beispiel den Eisprung in Frauen zu induzieren oder die Testosteron- produktion in Männern anzuregen. In Tierexperimenten wird hCG ebenfalls erfolgreich zur Superovu-lation bei Nagern eingesetzt. Dies ermöglicht das Studium von Funktionen des hCG im Maussystem und die Übertragung der Erkenntnisse auf den Menschen. HCG ist eines der ersten Moleküle, das vom Embryo kurz nach der Befruchtung gebildet wird und wird von vielen Wissenschaftlern als eines der ersten Signale des Feten an die Mutter angesehen. Die hCG-mRNA liegt schon im 8-Zellstadium vor[212], wird dann vermehrt in der Blastozyste exprimiert[213][214] und nach der Implantation in großen Mengen vom Trophoblasten, speziell vom Synzytiotrophoblasten gebildet[215]. Nach der Implantation verdoppeln sich die hCG-Mengen alle 31 Stunden[216]. Die höchsten hCG-Mengen werden zwischen der 10. und 11. SSW erreicht, anschließend ist ein Abfall der hCG-Menge zu verzeichnen, wobei ge-ringe hCG-Level bis zur Geburt nachweisbar sind (Abb. 12)[217][218].

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0 50000 100000 150000 200000 250000 300000 350000

4 6 9-12 17-24

Schwangerschaftswochen nach letzter Periode

HCG-Mengen für ein Baby [IU/L]

3 5 7-8 13-16 25-Geburt

Abb. 12: HCG-Menge im Verlauf der Schwangerschaft. Die Menge an hCG steigt in den ersten Schwanger-schaftswochen dramatisch an, hat ihren Höhepunkt zwischen der 10. – 11. SSW und fällt ab der 12. SSW auf ein geringeres Level ab, welches bis zur Geburt erhalten bleibt.

Der hohe hCG-Spiegel im Blut in der frühen Schwangerschaft und die Ausscheidung des hCG über den Urin werden schon seit Jahrzehnten zum Nachweis einer bestehenden Schwangerschaft einge-setzt[219]. Darüber hinaus konnte die Expression von hCG auch in verschiedenen Trophoblasterkran-kungen und Tumoren nachgewiesen werden, was hCG zu einem wertvollen Kandidaten für die Tumo-rerkennung macht[33]. Die Biosynthese von hCG wird durch GnRH, durch den Epidermalen Wachstumsfaktor (EGF), Glukokortikosteroide sowie durch verschiedene Interleukine wie IL-1 oder TNF-α stimuliert[220][221][222][223]. Im Gegensatz dazu unterdrückt Progesteron die hCG-Biosynthese[224]. HCG vermittelt seine meisten Funktionen über die spezifische Bindung an den LH/CG-Rezeptor. Die-ser besteht aus einer großen Ektodomäne, aus sieben Transmembrandomänen und einem intrazellulä-ren Segment, welches an ein G-Protein gebunden ist. Nach Rezeptorbindung wird vorwiegend der zyklische Adenosinmonophosphat/Proteinkinase A (cAMP/PKA-)-Signalweg aktiviert[225]. Des Weite-ren konnte gezeigt werden, dass einige Funktionen des hCG über den Mannoserezeptor (CD206) ver-mittelt werden[226]. Der LH/CG-Rezeptor kommt auf luminalen und glandulären Epithelzellen vor, konnte aber auch auf stromalen, myometrialen und vaskulären glatten Muskelzellen nachgewiesen werden[227].

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2.8.2 Implantatorische und angiogenetische Funktionen des hCG

Die Hauptfunktion des hCG besteht in der Aufrechterhaltung des Gelbkörpers nach einer erfolgten Befruchtung der Eizelle. HCG verhindert somit die Luteolyse und stimuliert die Produktion von Pro-gesteron bis zur 7. SSW, bis die Plazenta nach der luteo-plazentalen Verschiebung diese Funktion übernimmt[228]. Darüber hinaus konnten dem hCG verschiedene schwangerschaftsfördernde und –erhaltende Funktionen zugeschrieben werden. So konnte gezeigt werden, dass das vom Embryo pro-duzierte hCG die Dezidualisierung durch Hemmung des intrauterinen Insulin-ähnlichen Wachstumfak-tors (IGF)-bindenden Proteins-1 verlangsamt und somit das Implantationszeitfenster verlängert. Des Weiteren stimuliert hCG die Expression der MMP-9 und hemmt deren Inhibitoren (TIMP-1, -2, -3), was den Gewebeumbau begünstigt und die Tiefe der Implantation reguliert[229]. Wichtige Faktoren für die Implantation wie LIF und der Makrophagen-Kolonie-stimulierende Faktor (M-CSF) werden in ihrer Expression ebenfalls durch hCG positiv reguliert (Abb. 13). Weitere Funktionen des hCG, die sich direkt auf die Proliferation und Kontraktilität der glatten Muskulatur im Endometrium auswirken, tragen erheblich zur erfolgreichen Implantation der Blastozyste bei[230][231][232]. Das weibliche Repro-duktionssystem unterliegt während des Menstrualzyklus, der Follikulogenese, der Ovulation, der Gelbkörperbildung und im Besonderen während der Plazentabildung einer ständigen Gefäßneubil-dung[233]. Hierbei ist der vaskuläre endotheliale Wachstumsfaktor (VEGF) ein wichtiger Regulator für das Wachstum der Gefäße. Durch Induktion von VEGF und durch Erhöhung der endometrialen Ge-fäßbildung trägt hCG direkt zur Ausbildung des plazentalen Gefäßbettes bei und gewährleistet die Versorgung des Feten (Abb. 13)[234][235]. Die schwangerschaftsfördernden Funktionen des hCG macht man sich bereits in der Klinik zu Nutze, indem man Patientinnen, die eine in vitro-Fertilization (IVF) vornehmen in der Lutealphase mit hCG behandelt. Diese Behandlung hat in mehreren Studien zu er-höhten Schwangerschaftsraten im Vergleich zu Placebo-behandelten Kontrollen geführt[236][237][238]. Der genaue Mechanismus, der dieser schwangerschaftsfördernden Wirkung des hCG zu Grunde liegt, ist jedoch noch nicht geklärt.

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Blastozyste

LH/CG-R

Implantation Toleranz

Angiogenese

LIF IL-6 VEGF

s

Abb. 13: Der Effekt des Embryos auf die Implantation, mütterliche Immuntoleranz und Angiogenese.

HCG erhöht durch Bindung an seinen endometrialen LH/CG-Rezeptor die epitheliale Produktion von LIF und VEGF und vermindert die epitheliale Produktion von IL-6. Durch Bindung an seinen endothelialen LH/CG-Rezeptor stimuliert hCG die Angiogenese. Abbildung entnommen und modifiziert aus Literaturangabe[239].

2.8.3 Immunregulatorische Funktionen des hCG

Neben den entscheidenden Funktionen, die die Implantation und Angiogenese betreffen, wurden in den letzten Jahren auch immunregulatorische Funktionen des hCG beschrieben. So konnten Khan und Kollegen zeigen, dass die Applikation von hCG in ein Mausmodell für autoimmunbedingten Diabetes, das Auftreten der Erkrankung verhindern konnte. Die Forscher erklärten die immunsuppressive Wir-kung des hCG mit einer Inhibierung von Th1-Antworten und mit einer Erhöhung der Anzahl an Treg -Zellen[240]. Weitere Publikationen bestätigten die inhibitorische Wirkung des hCG auf T- und B-Lymphozyten[241] durch Induktion von Suppressor-T-Zellen[242][243][244][245][246]. Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass hCG die Expression des Fas-Liganden im menschlichen Endometrium erhöht, was zu einer gesteigerten Apoptose von T-Zellen und Endometriumzellen beiträgt und somit die

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sion des Trophoblasten erleichtert[247]. In diesem Zusammenhang unterstützt hCG nachweislich auch die Funktion von Makrophagen, die zum Abtransport der apoptotischen Zellen beitragen und somit eine Entzündung vermeiden[248]. Kane und Kollegen konnten außerdem einen Einfluss des hCG auf die Proliferation von uNK durch Bindung an den Mannoserezeptor zeigen[226]. Letztendlich konnte auch nachgewiesen werden, dass hCG die Expression der immunsupprimierenden Moleküle IDO und IL-10 in aktivierten DZ induzieren kann, was im Weiteren die Aktivität von T-Zellen hemmt[249]. Obwohl gezeigt werden konnte, dass die den Treg-Zellen ähnlichen Suppressor-T-Zellen den LH/CG-Rezeptor exprimieren[250] und die Gabe von hCG die Anzahl an Treg-Zellen bei autoimmunbedingten Diabetes erhöhen kann[240], ist die genaue Wirkung des hCG auf Treg-Zellen noch unbekannt und wird im Rah-men dieser Arbeit in der Schwangerschaft untersucht.

2.9 Zielstellung

Seit Jahrzehnten versuchen Wissenschaftler die grundlegenden Mechanismen, die zur Toleranz des Feten durch das mütterliche Immunsystem führen, aufzuklären. CD4+CD25+ Treg-Zellen expandieren während einer normal verlaufenden Schwangerschaft und leisten einen entscheidenden Beitrag zum Aufbau und zur Aufrechterhaltung dieser Toleranz gegenüber dem Fetus. Trotz intensiver Forschung sind jedoch die genauen Faktoren und Abläufe, die der Expansion und Funktion der Treg-Zellen in der Schwangerschaft zu Grunde liegen, bis heute weitgehend ungeklärt. Daher werden im Rahmen dieser Doktorarbeit Faktoren und Mechanismen untersucht, die die Generierung, Expansion, Migration und Funktion der Treg-Zellen in der Schwangerschaft beim Menschen und der Maus beeinflussen. Im Be-sonderen wird einerseits der Einfluss von väterlichen Antigenen auf die Expansion der Treg-Zellen analysiert und andererseits, inwieweit das Schwangerschaftshormon hCG zur Migration der Treg -Zellen zur fetal-mütterlichen Grenzfläche sowie zur Generierung und Funktion der Treg-Zellen beiträgt.

In drei Versuchskomplexen werden folgende Fragestellungen bearbeitet:

Versuchskomplex I: Untersuchungen zur Expansion der Treg-Zellen vor der Schwangerschaft