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D. Bestechungsfälle

II. Der Fall „Hoyzer“

Doch nicht nur Schiedsrichter sondern auch mehrere aktive Spieler konnte Sapina für seine Manipulationen gewinnen. So erhielt Steffen Karl, Spieler und Co-Trainer des Chemnitzer FC, vor mehreren Spielen Geld von Sapina, um nicht seine volle Leistung zu bringen und dadurch Niederlagen seiner Mannschaft zu verursachen. Darüber hinaus soll Karl im Auftrag von Sapina versucht haben, weitere Bestechungen in Spielen der Regionalliga Nord zu vermitteln.39 Auch die Spieler Ronny Thielemann, Ronny Kujat und Marco Eckstein des Regionalligisten Sachsen Leipzig sollen vor zumindest einem Spiel im Jahr 2004 von Sapina Geld für Niederlagen ihres Vereins erhalten haben.40 Schließlich wusste der Kapitän des SC Paderborn 07, Thijs Waterink, um die Manipulation des Pokalspiels gegen den Hamburger SV.41

2. Verfahren und Sanktionen

Der Verdacht der Beteiligung von Robert Hoyzer an der Verschiebung von Fußballspielen kam erstmals am 19. Januar 2005 auf, als vier Bundesliga-Schiedsrichter den Vorsitzenden des DFB-Schiedsrichterausschusses, Volker Roth, über Hinweise auf Manipulationen bei von Hoyzer geleiteten Spielen informierten.42 Nach einer ersten Vernehmung des Verdächtigen leitete der DFB-Kontrollausschuss eigene Ermittlungen ein und erstattete zudem Strafanzeige.43Am 27. Januar 2005 gestand Hoyzer überraschend die Vorwürfe44 und deckte in der Folgezeit den gesamten Umfang des Skandals auf.

Das Verfahren gegen Hoyzer vor dem DFB-Sportgericht gestaltete sich dennoch zunächst schwierig, da Hoyzer nach seinem Austritt aus seinem Verein Hertha BSC Berlin nicht mehr der Sportgerichtsbarkeit unterlag.45 Da sich Hoyzer dem Urteil jedoch nicht entziehen wollte, trat er dem Verein SC 09 Steele bei und wurde schließlich am 29. April 2005 vom DFB-Sportgericht wegen unsportlichen Verhaltens in acht Fällen lebenslang aus dem DFB und seinen Mitgliedsverbänden ausgeschlossen.46 Im April 2011 gab der DFB einem

39Spiegel Online vom 8. Dezember 2005, http://www.spiegel.de/sport/fussball/0,1518,389240,00.html

40FAZ vom 21. Oktober 2005

41FAZ.net vom 1. Februar 2005, http://www.faz.net/aktuell/sport/fussball/schiedsrichterskandal-hoyzer-nennt-namen-erste-spieler-gestehen-1212880.html

42FAZ.net vom 25. Januar 2005, http://www.faz.net/aktuell/sport/fussball/hintergrund-wortlaut-der-erklaerung-der-berliner-schiedsrichter-zum-fall-hoyzer-1207935.html

43FAZ vom 27. Januar 2005

44Spiegel Online vom 27. Januar 2005, http://www.spiegel.de/sport/fussball/0,1518,338910,00.html

45Hamburger Morgenpost vom 12. April 2005

46Stern.de vom 29. April 2004, http://www.stern.de/sport/fussball/hoyzer-skandal-schiri-auf-lebenszeit-gesperrt-539800.html

Gnadengesuch des Gesperrten statt, nach dem Hoyzer zumindest als Spieler wieder aktiv am Spielbetrieb des DFB teilnehmen darf.47

Der zweite Hauptbeteiligte Dominik Marks erhielt zunächst am 15. Februar 2005 eine Vorsperre, entzog sich dann jedoch ebenfalls dem Verfahren durch einen Vereinsaustritt.48 Die beteiligten Spieler von Sachsen Leipzig wurden zu Vorstrafen verurteilt, die Spieler Waterink und Karl für fünf49bzw. acht50Monate gesperrt. Der Verdacht gegen Schiedsrichter Jürgen Jansen erhärtete sich nicht, so dass die Verfahren gegen ihn eingestellt wurden.

Trotz dieser vermeintlich schnellen Reaktionen sah sich der DFB auch in diesem Fall der Kritik ausgesetzt, frühere Warnungen ignoriert zu haben. So meldete der Sportwettenanbieter Oddset dem DFB am 23. August 2005, unmittelbar nach dem Pokalspiel zwischen Paderborn und Hamburg, per Fax die ungewöhnlich hohen Wetteinsätze auf dieses Spiel und formulierte auf dieser Grundlage einen Manipulationsverdacht, den der DFB jedoch nicht weiter verfolgte.51

Auch die Staatsanwaltschaften begannen unmittelbar nach der Veröffentlichung des Verdachts im Januar 2005 ihre Ermittlungen. Nach dem Geständnis Hoyzers am 27. Januar 2005 wurden umfangreiche Hausdurchsuchungen bei den verdächtigen Hintermännern durchgeführt, im Rahmen derer vier Verdächtige festgenommen wurden.52 Auch die Schiedsrichter Hoyzer und Marks wurden mehrere Wochen in Untersuchungshaft genommen.53 Am 24. Juni 2005 erhob die Staatsanwaltschaft Berlin Anklage gegen die Schiedsrichter Hoyzer und Marks, den Spieler Karl sowie drei Hintermänner wegen gewerbs-und bandenmäßigen Betrugs.54 Am 17. November 2005 verurteilte das Landgericht Berlin schließlich Robert Hoyzer wegen Beihilfe zum Betrug in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und fünf Monaten und Dominik Marks wegen Beihilfe

47Spiegel Online vom 13. April 2011, http://www.spiegel.de/sport/fussball/fussball-wettskandal-urteil-gegen-sapina-verzoegert-sich-a-756768.html

48News-Meldung des DFB vom 29. Juli 2005

49FAZ.net vom 7. April 2005, http://www.faz.net/aktuell/sport/wettskandal-dfb-sperrt-waterink-bis-ende-juli-1232137.html

50FAZ.net vom 22. Dezember 2005, http://www.faz.net/aktuell/sport/wettskandal-dfb-sperrt-steffen-karl-fuer-acht-monate-1384380.html

51Spiegel Online vom 31. Januar 2005, http://www.spiegel.de/sport/fussball/0,1518,339499,00.html

52FAZ.net vom 30. Januar 2005, http://www.faz.net/aktuell/sport/fussball/wettskandal-helle-aufregung-im-brennpunkt-berlin-1213674.html

53FAZ.net vom 10. März 2005, http://www.faz.net/aktuell/sport/fussball/wettskandal-schiedsrichter-dominik-marks-in-untersuchungshaft-1212331.html

54Spiegel Online vom 26. Juni 2005, http://www.spiegel.de/sport/fussball/0,1518,362298,00.html

zum Betrug in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung.55Steffen Karl wurde in einem abgetrennten Verfahren aufgrund eines späten Geständnisses ebenfalls wegen Beihilfe zum gewerbsmäßigen Betrug in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten auf Bewährung verurteilt.56In beiden Verfahren sah das Gericht durch den Abschluss der Wetten durch die Hintermänner den Tatbestand des Betrugs als erfüllt an, was eine Verurteilung der Schiedsrichter und Spieler als Gehilfen ermöglichte.

Da die Angeklagten gegen das Urteil Revision einlegten, musste im Jahre 2006 der Bundesgerichtshof über den Fall entscheiden. Überraschenderweise beantragte Oberstaats-anwalt Hartmut Schneider von der BundesOberstaats-anwaltschaft in diesem Verfahren einen Freispruch der Angeklagten.57 Anders als das Landgericht Berlin sah er den Betrugstatbestand nicht als erfüllt an, weshalb auch eine Beihilfe der Schiedsrichter Hoyzer und Marks nicht in Betracht komme. Der BGH folgte dieser Ansicht nicht, sondern bejahte den Betrug und verwarf daher die Revision der Angeklagten am 15. Dezember 2006.58