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Teil 3: Lösung des Regelungsdefizits

B. Eigenständiger Straftatbestand gegen Spielmanipulationen

III. Verfassungsrechtliche Hürden

4. Bestimmtheit

Die Ausgestaltung einer staatlichen Rechtsnorm gegen Manipulationen im Sport unterliegt weiter der Schwierigkeit, dass eine solche dem Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG entsprechen muss. Das Bestimmtheitsgebot begründet die Verpflichtung des Gesetzgebers, die Voraussetzungen der Strafbarkeit so konkret zu umschreiben, dass Tragweite und Anwendungsbereich der Straftatbestände zu erkennen sind und sich durch Auslegung ermitteln lassen.400 Ob die oben dargestellten Entwürfe einer Strafnorm gegen Bestechlichkeit und Bestechung im Sport diese Anforderungen erfüllen, ist umstritten.

a. Argumente im Zusammenhang mit Anti-Doping-Gesetz

Hinsichtlich eines staatlichen Anti-Doping Gesetzes konzentriert sich die Kritik an der Bestimmtheit einer Strafnorm zum einen auf die Definition des Begriffs „Doping“. Da ein Verweis auf private (sportinterne) Normen rechtsstaatlich problematisch sei, müssten die verbotenen Mittel und Verfahren in einer uneleganten und unflexiblen Aufzählung im Gesetz verankert werden.401 Auch eine allgemeine Festlegung der verbotenen Mittel selber sowie gegebenenfalls von Grenzwerten sei praktisch unmöglich.402 Letztendlich würden die Sportverbände zum Herrn über den Straftatbestand, da sie entscheiden, welche Substanzen und Methoden unzulässig sind.403

399Siehe dazu ausführlich oben, B.III.1.d.

400Ständige Rechtsprechung des BVerfG, vgl. BVerfG, NJW 1987, 3175

401Kudlich, JA 2007, 94; Dury, SpuRt 2005, 138; Krähe, SpuRt 2006, 194; die Verweistechnik ebenfalls ablehnend Parzeller/Rüdiger, ZRP 2007, 137; a.A. Cherkeh/Momsen, NJW 2001, 1752, die eine Verweistechnik für zulässig erachten und daher aufgrund der Flexibilität bevorzugen. Hauptmann/Rübenstahl, HRRS 2007, 143 befürworten die Aufnahme der verbotenen Stoffe durch eine Rechtsverordnung, was jedoch nur für Normen des BtMG aufgrund von § 1 Abs. 2 BtMG möglich ist.

402Dury, SpuRt 2005, 138

403Steiner, SpuRt 2006, 244

Zum anderen wird im Rahmen des Bestimmtheitsgebots eine Beschränkung des Adressatenkreises der Norm verlangt. Eine Erfassung auch des Freizeitsports sei unangemessen und überfordere die Ermittlungsbehörden.404 Daher soll insbesondere der Freizeitsport vor einer Kriminalisierung bewahrt werden.405

b. Übertragbarkeit auf Bestechung und Bestechlichkeit

Auf eine Strafnorm gegen Bestechlichkeit und Bestechung im Sport lassen sich diese Argumente nur sehr eingeschränkt übertragen. Das erstgenannte Argument scheidet schon nach der Natur der Sache aus, da der Begriff „Doping“ für eine Strafnorm gegen Bestechlichkeit und Bestechung irrelevant ist. Zudem werden im Fall von Bestechungen, wie nun bereits mehrfach gezeigt, nicht sportinterne Regeln sondern übergeordnete Rechte verletzt.

(1) Beschränkung auf Wettkampfsport

Eine Beschränkung des Tatbestandes auf den Wettkampfsport und damit die Herausnahme des Freizeitsports aus dem Anwendungsbereich kommt hingegen grundsätzlich auch bei einer Strafnorm gegen Bestechlichkeit und Bestechung in Betracht. Fraglich ist jedoch, ob eine solche Beschränkung tatbestandlich erforderlich ist.

Eine Bestechung ist dadurch charakterisiert, dass der Bestochene den Vorteilsgeber gegenüber anderen bevorteilt. Ein Vorteil setzt damit schon grundsätzlich voraus, dass mehrere Akteure existieren, die dasselbe Ziel verfolgen, also dass ein Wettbewerb besteht. Folglich ist die Tathandlung im Fall der Bestechung bzw. Bestechlichkeit im Sport bereits von Anfang an auf den sportlichen Wettbewerb beschränkt. Im Gegensatz zu Doping, das auch außerhalb des Wettbewerbs denkbar und nicht unüblich ist, sind Bestechungen mithin schon definitions-gemäß auf den Wettbewerb beschränkt.

Eine ausdrückliche Beschränkung des Tatbestandes auf den Wettkampf ist somit nicht erforderlich.

(2) Beschränkung auf Profisport

Problematischer ist die Beantwortung der Frage, ob ein Straftatbestand gegen bestechungsbedingte Manipulationen auf den Leistungs- und Profisport zu beschränken ist.

404Steiner, SpuRt 2006, 244

405Jahn, GA 2007, 588; Kudlich, JA 2007, 94

Wie bereits mehrfach ausgeführt, hat die Manipulation sportlicher Wettbewerbe durch Bestechung eine stark ausgeprägte ökonomische Komponente. Da der zur Manipulation notwendige Einsatz in geldwerten Leistungen besteht, wird er regelmäßig nur dann erfolgen, wenn die angestrebte Gegenleistung – also der Gewinn des Wettbewerbs – den Wert der Leistung – das Bestechungsgeld – übersteigt. Dies gilt grundsätzlich in allen Bereichen des Sports, in denen der Gewinn des Wettbewerbs finanzielle Vorteile für einen Akteur zur Folge hat. Zwar wird die Differenz zwischen Einsatz und Ertrag und damit auch der Anreiz zur Manipulation im Profisport regelmäßig deutlich höher sein als im Amateursport. Es ist aber dennoch nicht auszuschließen, dass auch im Amateursport Bestechungen durchgeführt werden, um Wettbewerbe zu gewinnen, solange dies finanzielle Vorteile mit sich bringt. Der Anreiz zur Manipulation ergibt sich in diesen Fällen weniger aus dem Vorteil, sondern mehr aus dem geringen notwendigen Einsatz sowie der geringen Überführungsgefahr.

Grundsätzlich besteht die Gefahr von bestechungsbedingten Manipulationen also nicht nur im Profisport, sondern auch im wettkampfmäßig betriebenen Amateursport.

Dennoch sprechen überzeugende Argumente dafür, den Einsatz des Strafrechts auf den Profisport zu beschränken. Wie im Rahmen der Diskussion um das geschützte Rechtsgut gezeigt wurde, ist der Einsatz des Strafrechts zum Schutz des freien Wettbewerbs als Universalrechtsgut dann gerechtfertigt, wenn die zu erfassende Rechtsgutverletzung eine erhöhte Sozialschädlichkeit aufweist. Diese ist durch die Auswirkungen von bestechungs-bedingten Manipulationen auf die Gesamtwirtschaft und die Gesellschaft gegeben, doch beschränken sich diese sozialschädlichen Folgen auf Manipulationen im Profibereich.

Manipulationen im Amateurbereich erreichen hingegen keine vergleichbaren sozial-schädlichen Dimensionen, so dass sie richtigerweise aus einem Straftatbestand heraus-zunehmen sind.

Ein neuer Straftatbestand gegen Bestechlichkeit und Bestechung im Sport ist folglich tatbestandlich auf sportliche Wettkämpfe mit hinreichender Vermögensrelevanz zu beschränken.

(3) Beschreibung der Tathandlungen

Problematisch könnte sich weiter die hinreichend bestimmte Beschreibung der von einem neuen Straftatbestand erfassten Tathandlungen gestalten. Wie oben herausgearbeitet, soll der neue Straftatbestand die bestechungsbedingte Schlechtleistung von Spielern und Schiedsrichtern erfassen. Das Verhalten ist folglich durch zwei Komponenten

gekennzeichnet: Zum einen die Annahme von Geld und zum anderen damit kausal verbunden die unmittelbare Manipulation des sportlichen Wettbewerbs. Entsprechend kann ein Tatbestand gegen bestechungsbedingte Manipulationen sportlicher Wettkämpfe entweder individuell an eine dieser Handlungen oder an beide kombiniert anknüpfen.

(a) Manipulation als Tathandlung

Die Anknüpfung der Strafbarkeit der Sportler und Schiedsrichter an deren manipulative Handlungen im Wettbewerb, wie dies z.B. der Entwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen versucht, ist hinsichtlich der Bestimmtheit problematisch. Bei Schiedsrichtern könnte die Tathandlung durch ein Merkmal „Treffen bewusst falscher Entscheidungen“ wohl noch hinreichend bestimmt erfasst werden. Damit wären alle denkbaren Manipulationshandlungen eines Schiedsrichters im Wettkampf erfasst.

Bei den Sportlern kommt hingegen eine Vielzahl möglicher Handlungen in Betracht, die den Verlauf und das Ergebnis des Wettkampfes manipulieren können. Dazu kommt, dass ein Merkmal der „absichtlichen Schlechtleistung“ weder hinreichend bestimmt, noch in der Praxis einfach anzuwenden sein dürfte. Um alle möglichen Manipulationshandlungen eines Sportlers zu erfassen, müsste die Tathandlung also sehr allgemein formuliert werden, was im Hinblick auf die Bestimmtheit der Norm problematisch ist. Alternativ müssten die möglichen Manipulationshandlungen einzeln konkret beschrieben werden, was zwar die Bestimmtheit garantieren würde, aber die Gefahr mit sich bringt, dass nicht alle Handlungen erfasst werden.

(b) Vorteilsannahme als Tathandlung

Knüpft man den Tatbestand hingegen an die Bestechung bzw. Bestechlichkeit an, stellt die hinreichend bestimmte Formulierung der Tathandlung keine Schwierigkeit dar. Sie kann in Anlehnung an § 299 StGB beschrieben werden als „Fordern, sich versprechen lassen oder Annehmen eines Vorteils“. Damit sind alle möglichen Alternativen der Vorteilsannahme erfasst und hinreichend bestimmt beschrieben.

Die sachgerechtere Lösung ist daher, hinsichtlich der eigentlichen Tathandlung auf den Bestechungsvorgang abzustellen und – ähnlich wie im bestehenden § 299 StGB – die Manipulation des Wettkampfes lediglich als der Bestechung zugrundeliegende Unrechtsvereinbarung anzusehen, die zur Erfüllung des Tatbestandes nicht eintreten muss.

Durch diese Lösung wird weiterhin jede bestechungsbedingte Manipulation sportlicher

Wettkämpfe erfasst, da diese immer mit der Gewährung bzw. Annahme einer Verlustprämie verbunden sind. Hinsichtlich der eigentlichen Wettkampfmanipulation reicht dann wohl aus, wenn diese als „unlautere Beeinflussung“ oder in vergleichbarer Form beschrieben wird.

Aufgrund des Zusammenhangs mit der Tathandlung der Vorteilsgewährung/-annahme ist die derartige Ausgestaltung eines Straftatbestandes gegen Bestechlichkeit und Bestechung im Sport hinreichend bestimmt.