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Die in dieser Arbeit untersuchten Strukturen basieren auf dem III/V-Verbindungshalb-leiter Galliumarsenid (GaAs), dem nach Silizium technologisch wichtigsten HalbIII/V-Verbindungshalb-leiter.

Bild 2.1:Die Kristallstruktur von Galliumar-senid. Die Arsenatome sind relativ zu den Gal-liumatomen entlang der [111]-Richtung um ei-ne viertel Raumdiagonale der Einheitszelle ver-setzt. (nach U. Niedermeier)

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GaAs kristallisiert in der Zinkblendestruktur, die aus einem kubisch fl¨achenzentrierten Gitter und einer zweiatomigen Basis besteht (Bild 2.1). Die Bindung erfolgt dabei prim¨ar ¨uber sp3-Hybridorbitale. Die Herstellung von GaAs-Einkristallen erfolgt durch Kristallz¨uchtung aus elementarem Gallium und Arsen. D¨unne Schichten von GaAs und verwandten Materialien k¨onnen durch verschiedene Epitaxieverfahren (siehe Kapitel4) in hoher Qualit¨at auf ein Substrat aufgewachsen1 werden.

Breite Anwendung erf¨ahrt GaAs in der Hochfrequenz- und Optoelektronik. Elek-tronische Bauelemente aus GaAs schalten aufgrund der hohen Elektronenbeweglichkeit wesentlich schneller als solche aus Silizium und erzeugen ein geringeres Eigenrauschen.

Die h¨ohere Durchbruchspannung bei GaAs erlaubt es, Bauteile bei h¨oheren Spannun-gen und damit h¨oheren Leistungen zu betreiben. Aufgrund dieser Eigenschaften ist GaAs ein wichtiger Grundstoff f¨ur die Hochfrequenz- und Mikrowellentechnik. Dar¨uber hinaus erm¨oglicht GaAs aufgrund der direkten Bandl¨ucke die effiziente Emission und Absorption von Licht. Daher ist GaAs der bei weitem am h¨aufigsten eingesetzte Halb-leiter f¨ur Photodetektoren, Leuchtdioden und Halbleiterlaser.

Zu den praktischen Nachteilen von GaAs gegen¨uber Silizium z¨ahlen der hohe Preis und die Giftigkeit aufgrund des Arsens. Wegen der relativ niedrigen Beweglichkeit der L¨ocher l¨aßt sich die weit verbreitete CMOS-Schaltungstechnik nicht effizient mit GaAs realisieren. Außerdem existiert im Materialsystem GaAs kein guter Isolator, der eine

¨ahnliche Funktion wie Siliziumdioxid bei Silizium ¨ubernehmen k¨onnte.

Die Kristallstruktur von GaAs bewirkt unter anderem, daß der Kristall unter geeig-neten Umst¨anden entlang der unpolaren [110]-Ebenen ¨uber makroskopische Distanzen atomar glatt gespalten werden kann. Dieser Aspekt ist f¨ur die in dieser Arbeit unter-suchten Strukturen von entscheidender Bedeutung.

Bandstruktur

Die Bandstruktur eines GaAs-Kristalls ist in Bild 2.2 dargestellt. Am Γ-Punkt, dem Zentrum der Brillouinzone, besitzt GaAs eine direkte Bandl¨ucke, also ein Minimum im Leitungsband und ein Maximum im Valenzband. Dies bewirkt, daß die optischen Ei-genschaften im thermodynamischen Gleichgewicht haupts¨achlich von Ladungstr¨agern am Γ-Punkt bestimmt werden. Der Verlauf der B¨ander in der N¨ahe des Zentrums der Brillouinzone ist daher besonders wichtig.

Die Elektronenzust¨ande sind s-artig, das heißt, die Blochfunktion hat die gleiche

1Dem grammatikalisch sensiblen Leser wird an dieser Stelle auffallen, daß das Verb

wachsen“ im Deutschen eigentlich intransitiv ist. Mangels besserer Alternative wird es dennoch in dieser Arbeit transitiv verwendet, um zum Ausdruck zu bringen, daß etwas durch epitaktisches Wachstum auf ein Substrat aufgebracht wird.

Γ b)

Leitungsband

Schwerlochband Leichtlochband

Abgespaltenes Loch-band Eg

k(001) E

k(110)

a)

Bild 2.2: (a) Bandstruktur von Galliumarsenid (b) Verlauf der B¨ander am Γ-Punkt unter Ber¨ucksichtigung der Spin-Bahn-Wechselwirkung (aus [Sch05])

Symmetrie wie die s-Schale eines Wasserstoffatoms (Bahndrehimpuls L= 0). Der Ver-lauf des Leitungsbands in der N¨ahe des Γ-Punkts im ~k-Raum ist in guter N¨aherung isotrop und l¨aßt sich im Rahmen der Effektiven-Masse-Theorie als Parabel darstellen.

Das Leitungsband ist zweifach spinentartet (Gesamtdrehimpuls J = 12,mj12).

Die Lochzust¨ande hingegen sind haupts¨achlich p-artig (L= 1), was zu einer deutlich komplizierteren Bandstruktur mit drei unterschiedlichen Valenzb¨andern f¨uhrt (Bild 2.2b). Die ersten beiden (mitJ = 32) sind am Γ-Punkt entartet und werden Schwerloch-(engl.:heavy hole, Abk.: HH) und Leichtlochband (engl.:light hole, Abk.: LH) genannt.

Diese Bezeichnungen weisen auf die unterschiedlichen effektiven Massen der jeweiligen L¨ocher und damit auf die Kr¨ummungen der Parabel im~k-Raum hin. Dabei entspricht eine flachere Parabel einer gr¨oßeren effektiven Masse. Das dritte Lochband (mitJ = 12) ist durch die Spin-Bahn-Wechselwirkung zu kleineren Energien hin verschoben und wird als abgespaltenes Lochband bezeichnet (engl.: split-off hole, Abk.: SO). Alle drei Valenzb¨ander sind jeweils zweifach spinentartet (mit mj = ±32 f¨ur schwere L¨ocher und mj12 f¨ur leichte und abgespaltene L¨ocher). Die Kr¨ummung der Valenzb¨ander im ~k-Raum und damit auch die effektive Lochmasse ist deutlich anisotrop. F¨ur eine genaue theoretische Beschreibung muß daher statt einer skalaren effektiven Masse ein effektiver Massetensor verwendet werden.

Heterostrukturen

Ein Grund f¨ur die große praktische Bedeutung von GaAs besteht darin, daß es sich gut mit anderen III/V-Halbleitern zu Heterostrukturen verbinden l¨aßt. Verbindungs-halbleiter werden nach der Anzahl ihrer Bestandteile in bin¨are, tern¨are und quatern¨are Halbleiter unterteilt. GaAs ist somit ein bin¨arer Halbleiter. Ein tern¨arer Halbleiter stellt

eine Legierung aus zwei bin¨aren Halbleitern dar. Ersetzt man beispielsweise 30% der Galliumatome in GaAs durch Aluminium, so erh¨alt man Al0.3Ga0.7As. Ein quatern¨arer Halbleiter wird analog dazu aus vier Elementen gebildet. Die meisten Eigenschaften von tern¨aren und quatern¨aren Halbleitern lassen sich gut durch lineare Interpolation zwischen den jeweiligen bin¨aren Bestandteilen ermitteln (siehe Kapitel3.3).

Bild 2.3: Graphische Darstellung von Bandl¨ucke und Gitterkonstante verschiedener Halb-leiter. Auf den eingezeichneten Verbindungslinien liegen tern¨are Halbleiter, die Legierungen aus den Materialien der jeweiligen Endpunkte darstellen. Gestrichelte Linien kennzeichnen tern¨are Halbleiter mit indirekter Bandl¨ucke.

Zur Herstellung von qualitativ hochwertigen Proben ist es in der Regel notwendig, daß das Wachstum pseudomorph verl¨auft, die aufgewachsenen Schichten also die Git-terstruktur des Substrats annehmen (siehe Kapitel 2.6). Unterscheiden sich die Gitter-konstanten, so entstehen Verspannungen, deren Energie im weiteren Wachstum durch Versetzungen und Fehlstellen abgebaut wird. In Bild 2.3 sind Bandl¨ucken und Git-terkonstanten von verschiedenen bin¨aren Halbleitern dargestellt. Die Gitterkonstanten von GaAs und Aluminiumarsenid (AlAs) unterscheiden sich um nur 0,14 %. Folglich l¨aßt sich AlAs und damit auch Aluminiumgalliumarsenid (AlGaAs) praktisch ohne Ver-spannungen auf ein GaAs-Substrat aufwachsen. Durch das Legierungsverh¨altnis l¨aßt sich beim Wachstum von AlGaAs-Schichten jede beliebige Bandl¨uckenenergie zwischen den Bandl¨ucken von GaAs und AlAs einstellen. Ferner kann man durch Dotierungen

Bild 2.4: Vergleich der Zustandsdichten von Strukturen mit unterschiedlicher Dimensio-nalit¨at. Die eingezeichneten Energien kennzeichnen den Beginn der jeweiligen B¨ander bzw.

Subb¨ander. Mit abnehmender Dimensionalit¨at konzentrieren sich die besetzbaren Zust¨ande zunehmend an diesen Punkten.

den Potentialverlauf beeinflussen und durch Wachstum von indiumhaltigen Schichten die Bandl¨ucke noch weiter verkleinern und verspannte Schichten herstellen. Auf diese Weise l¨aßt sich der Verlauf der Leitungs- und Valenzbandkante von Heterostrukturen sehr genau kontrollieren. Dieses Verfahren wird als Bandgap engineering bezeichnet [Cap87].