• Keine Ergebnisse gefunden

Die Qualit¨at der Grenzfl¨achen zwischen verschiedenen Materialien hat entscheidenden Einfluß auf die optischen und elektrischen Eigenschaften von Heterostrukturen. In der Regel werden m¨oglichst glatte Grenzfl¨achen angestrebt, die bei optischen Messungen geringere Linienbreiten und ein st¨arkeres PL-Signal bewirken. Bei der Molekularstrahle-pitaxie ist es grunds¨atzlich nicht m¨oglich, perfekt atomar glatte Schichten zu wachsen, da immer schon eine neue Schicht anf¨angt zu entstehen, bevor die vorige komplett ab-geschlossen ist. Aus diesem Grund gibt es in epitaktisch hergestellten Heterostrukturen stets Grenzfl¨achenfluktuationen, deren Ausmaß von den gew¨ahlten Wachstumsparame-tern abh¨angt. Bei tern¨aren Halbleitern wie beispielsweise AlGaAs kommt hinzu, daß perfekt glatte Grenzfl¨achen prinzipiell nicht m¨oglich sind, da hier der Kristall eine Le-gierung mit statistisch verteilten Atomen ist. Die Form der Grenzfl¨achen wird beim MBE-Wachstum vor allem durch zwei Prozesse an der Oberfl¨ache bestimmt, die in den folgenden beiden Abschnitten erl¨autert werden.

Oberfl¨ achenmigration

Durch Wachstumspausen von etwa einer Minute an den Grenzfl¨achen kann sich das PL-Spektrum der Probe wie in Kapitel 2.5 beschrieben in mehrere Signale aufspal-ten, die jeweils f¨ur sich eine schmalere Linienbreite aufweisen. Diese Wachstumspausen bewirken, daß sich einzelne Atome auf der Oberfl¨ache verst¨arkt bewegen (Oberfl¨ achen-migration) und L¨ocher in der Schicht ausf¨ullen, so daß sich großfl¨achige glattere Be-reiche bilden, die Durchmesser von einigen µm erreichen k¨onnen [Her91]. Durch Ober-fl¨achenmigration beim Wachstum werden die Grenzfl¨achen also allgemein glatter. Ohne Wachstumspause hingegen weist die Oberfl¨ache vor allem kurzreichweitige Fluktuatio-nen in der Gr¨oßenordnung von wenigen nm auf. Bei Untersuchungen an Quantenfilmen, bei denen nur an einer der beiden Grenzfl¨achen eine Wachstumspause eingelegt wur-de, hat sich gezeigt, daß sich die GaAs-Oberfl¨ache allgemein schneller gl¨attet als die AlGaAs-Oberfl¨ache [Kop91]. Dies l¨aßt sich auf die geringere Oberfl¨achenbeweglichkeit

von Aluminium zur¨uckf¨uhren. Die Dynamik der Oberfl¨achenmigration l¨aßt sich qua-litativ bei der RHEED-Messung beobachten. Schließt man eine Effusionszelle, nimmt die Intensit¨at des RHEED-Signals noch eine Weile zu bis sie nach etwa einer Minute den Endwert erreicht.

Urspr¨unglich wurden die scharfen PL-Signale bei Quantenfilmen, die mit Wachs-tumspausen hergestellt wurden, auf großfl¨achige atomar glatte Bereiche an den Grenz-fl¨achen zur¨uckgef¨uhrt, deren Dicken sich jeweils um eine Monolage unterscheidet [Her91].

Warwicket. al.haben 1990 jedoch darauf hingewiesen [War90], daß die Abst¨ande der Si-gnale im PL-Spektrum bei bis dahin gemessenen Proben meistens eher einem Abstand von etwa 0,8 ML entsprechen. Diese Diskrepanz l¨aßt sich nur dadurch erkl¨aren, daß die Grenzfl¨achenrauigkeiten in Wirklichkeit eine deutlich komplexere Statistik aufweisen.

Genauere Untersuchungen mit Raman-Streuung und Kathodolumineszenz-Mikroskopie ergaben, daß in der Regel eine Kombination von kurz- und langreichweitigen Fluktua-tionen vorliegt [Gam91, War92].

Oberfl¨ achensegregation

Ein weiterer Prozeß, der das Wachstum an den Grenzfl¨achen bestimmt, ist die so-genannte Oberfl¨achensegregation [Sch06]. Dies bedeutet, daß Atome beim Wachstum zwischen den Schichten diffundieren. So kann zum Beispiel ein Atom an der Oberfl¨ache mit einem anderen, das in der n¨achsttieferen Atomlage sitzt, den Platz tauschen. Sind unmittelbar unter der Oberfl¨ache verschiedene Atomsorten vorhanden, wie zu Beispiel beim Wachstum von Verbindungen oder an Grenzfl¨achen, so hat eine Atomsorte immer eine h¨ohere Wahrscheinlichkeit, an die Oberfl¨ache zu diffundieren. Dieser Effekt tritt vor allem in indiumhaltigen Schichten auf, aber in geringerem Ausmaß auch bei AlAs und GaAs [Leo00]. Die Segregation an der Oberfl¨ache l¨aßt sich durch Augerelektro-nenspektroskopie oder R¨ontgen-Photoemissionsspektroskopie messen [Moi89]. Es zeigt sich, daß sich auf einer AlGaAs-Oberfl¨ache stets mehr Gallium befindet als in den darunterliegenden Schichten. Gallium hat demzufolge eine st¨arkere Tendenz als Alu-minium, an die Oberfl¨ache zu diffundieren. Bei InAlAs- oder InGaAs-Schichten findet sich stets mehr Indium an der Oberfl¨ache.

Zur Beschreibung der Oberfl¨achensegregation wurden verschiedene Modelle entwi-ckelt. Ein einfaches Modell geht davon aus, daß die Gallium- bzw. Indiumatome in der gerade gewachsenen Schicht mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit in die darauf folgende Schicht diffundieren [Mur92]. Ein anderes Modell betrachtet die Oberfl¨ achen-segregation als Gleichgewichtsreaktion und leitet das Profil der Materialzusammenset-zung aus dem Massenwirkungsgesetz her [Ger92]. Ein mit diesem Modell berechnetes Tiefenprofil der Materialzusammensetzung f¨ur einen Quantenfilm ist in Bild 4.8

dar-gestellt. Dieses Modell setzt jedoch ein thermodynamisches Gleichgewicht voraus und gilt daher f¨ur das MBE-Wachstum nur n¨aherungsweise. In [Deh94] findet sich dar¨uber hinaus ein kinetisches Modell und in [Gra96] eine Monte-Carlo-Simulation der Ober-fl¨achensegregation. Leider l¨aßt sich die Oberfl¨achensegregation experimentell nur sehr ungenau bestimmen [Moi89]. Somit sind die Daten, die den theoretischen Modellen zugrundeliegen, zwar ausreichend, um den Effekt qualitativ zu verstehen, aber nicht genau genug, um zuverl¨assige quantitative Aussagen treffen zu k¨onnen. Daher wird an dieser Stelle darauf verzichtet, die Rechnungen weiter zu vertiefen.

Al0.35Ga0.65As GaAs Al0.35Ga0.65As

Aluminiumgehalt x in AlxGa1-xAs

0 0.05 0.10 0.15 0.20 0.25 0.30 0.35 0.40

Tiefenprofil in Wachstumsrichtung z [nm]

-2 -1 0 1 2 3 4 5 6 7

Bild 4.8: Berechnung der Oberfl¨achensegregation mit dem in [Ger92] vorgestellten Modell f¨ur das Wachstum eines in Al0,35Ga0,65As eingebetteten 5,09 nm breiten GaAs-Quantenfilms.

Die rote Linie zeigt das nominelle Tiefenprofil des Aluminiumgehaltes. Die blau markierte tats¨achliche Verteilung zeigt die Aufweichung der Grenzfl¨ache. Die blauen Punkte entsprechen den einzelnen Monolagen.

Die Oberfl¨achensegregation hat f¨ur das Wachstum von Quantenfilmen zwei Kon-sequenzen. Zum einen werden wie in Bild 4.8 zu sehen ist die beiden Grenzfl¨achen zwischen dem Quantenfilm und den Barrieren aufgeweicht. Dies f¨uhrt nach Berechnun-gen in [Leo00] zu einer Erh¨ohung der ¨Ubergangsenergie um etwa 10 meV f¨ur GaAs-Quantenfilme. Zum anderen werden die Grenzfl¨achen rauer und damit die optischen Linien verbreitert.

In diesem Zusammenhang ist zu beachten, daß die Oberfl¨achensegregation zwar zu raueren Grenzfl¨achen zwischen zwei Schichten, aber nicht zu raueren Oberfl¨achen f¨uhrt, da die Rauigkeiten erst beim ¨Uberwachsen einer Oberfl¨ache entstehen. Wenn

sich auf Rastersondenmikroskopie-Aufnahmen von MBE-gewachsenen Oberfl¨achen ato-mar glatte Bereiche zeigen [Kop93, Yos02], bedeutet dies also nicht zwangsl¨aufig, daß beim ¨Uberwachsen dieser Oberfl¨achen die entstehenden Grenzfl¨achen ebenso glatt sind [Leo00].

4.5 Technische Details zum ¨ Uberwachsen von