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5 Deadlock-Handling

5.2 Deadlock-Detection

5.2.3 Graphen-orientierte Deadlock-Detection

Matrixoperationen zurückgegriffen werden. Letztendlich ist das Erzeugen einer neuen Matrix nichts weiter als das schrittweise Einfügen der Kanten, die aus den einzelnen Auf- und Abladeoperationen im neuen Plan resultieren. Jedes Einfügen einer neuen Kante muss dabei jedoch von einem Zykeltest und ggf. von der Beseitigung eines ent-deckten Deadlocks begleitet werden.

Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass durch die hier vorgestellten Methoden zur Deadlock-Detection gleichzeitig der aktuelle Zustand des gesamten Systems voll-ständig dargestellt ist. Einige dieser Informationen sind essentiell, z.B. die Antwort auf die Frage, ob ein Deadlock im System existiert oder nicht. Darüber hinaus gibt es je-doch Informationen, die für die Erkennung und Behebung von Deadlocks nicht undingt notwendig wären, aber genutzt werden können, um kleinere Entscheidungen be-züglich der Abarbeitung der Pläne besser treffen zu können. So kann aus der Matrix zum Beispiel zu jedem Zeitpunkt abgelesen werden, wie viele Geräte gerade (direkt oder indirekt) auf ein AGV oder einen Kran warten. Besteht ein Deadlock, der mehrere Kräne umfasst, kann diese Information z.B. genutzt werden, um zu entscheiden, an welcher Stelle der Zykel im Rahmen der Deadlock-Resolution aufgebrochen wird. In einem solche Fall wird sinnvollerweise der Kran bevorzugt behandelt, auf den die meisten anderen Geräte warten, der also aktuell den größten Engpass darstellt.

Auf-wand, der für jeden TA zweimal anfällt, vernachlässigt werden, da für jeden TA eben-falls eine Neuplanung ausgelöst wird, was bezüglich des Aufwands die Aktualisierung deutlich dominiert. Allein der für die Neuplanungen veranschlagte Rechenaufwand von

( )

(

3

)

O nbCranes nbAgvs+ pro Neuplanung ist enorm.

In einem realen Terminal, wo Werte von nbCranes=50 und nbAgvs=50 realistisch sind (z.B. im CTA: 55 AGVs, 14 Containerbrücken, 44 Lagerkräne) und die Anzahl der Neuplanungen pro Tag leicht 10.000 erreichen kann, ist die Laufzeitanforderung signifi-kant. Insbesondere wegen der Echtzeitanforderungen in Containerterminals, die für eine Neuplanung Laufzeiten von weniger als 1 s voraussetzen. In einer solchen Anwen-dungsumgebung erscheint die Matrix-basierte Deadlock-Detection als ungeeignet. Hin-gegen kann man sich deren Anwendung in Flexiblen Fertigungssystemen gut vorstellen, da diese im Allgemeinen eine deutlich kleinere Anzahl von Stationen und AGVs haben und auch Echtzeitanforderungen weniger restriktiv sind. Auch ein Einsatz in kleineren Terminals wäre denkbar.

Für größere Anwendungen kann die Deadlock-Detection verschlankt werden, indem man statt des Matrix-basierten ein Graph-orientiertes Verfahren einsetzt. Dieses Vorge-hen wird im Folgenden beschrieben.

Ein Graphen-orientiertes Verfahren zur Deadlock-Detection

Angenommen, die Kante R1ÆR2 soll in den Resource-Allocation-Graph eingefügt werden. Die Frage ist nun, ob dadurch ein Deadlock entsteht oder nicht. Dazu wird im Graphen zuerst der Nachfolger von R2, z.B. R3, bestimmt. Diese Prozedur wird so lange fortgesetzt, bis eine maximale Anzahl von maxNbNodes Schritten erreicht wurde.

In jedem Schritt wird dabei überprüft, ob der Nachfolger der aktuellen Ressource mit R1, dem Startpunkt der einzufügenden Kante, übereinstimmt. Ist dies der Fall, kann das Verfahren abgebrochen werden. Ein Zykel wurde gefunden und damit ein Deadlock nachgewiesen.

Wird die Grenze von maxNbNodes erreicht, ohne dass ein solcher Zykel entdeckt wor-den ist, muss der Graph azyklisch sein. Somit kann die neue Kante eingefügt werwor-den, ohne dass ein Deadlock entsteht. Die maximal durchzuführende Anzahl von Schritten kann für Containerterminals auf maxNbNodes= ⋅2 min

{

nbCranes nbAgvs,

}

beschränkt werden, da sich in dem entsprechenden Resource-Allocation-Graph AGV- und Kran-Knoten abwechseln. Das heißt, dass nach maxNbNodes Schritten entweder alle AGVs oder alle Kräne überprüft worden sind. Da an einem Deadlock immer sowohl Kräne als auch AGVs beteiligt sein müssen, ist damit dessen Nichtexistenz belegt. Im Beispiel von Abbildung 5-2(b) auf Seite 102 hat maxNbNodes den Wert 4, jeder Zykel kann also maximal aus 4 Knoten bestehen.

Wenn der Algorithmus auf dieses Beispiel angewendet würde, z.B. bei AGV V1 star-tend, würde der Lagerkran S1 als dessen Nachfolger bestimmt, da eine Wartebeziehung zwischen V1 und S1 besteht. Da der aktuelle Knoten (S1) nicht dem Startknoten (V1) entspricht und ebenso wenig maxNbNodes überschritten ist, wird das Verfahren fortge-setzt. Am Ende terminiert der Algorithmus beim erneuten Erreichen von V1 und liefert den Zykel V1ÆS1ÆV2ÆS2ÆV1 zurück. Abbildung 5-9 beschreibt den Ablauf der ganzen Prozedur als Flussdiagramm.

actNode:=startNode nbNodes:=1

maxNbNodes:=2*min{nbCranes,nbAgvs}

Hat actNode einen Nachfolger?

actNode:=Nachfolger(actNode) nbNodes:=nbNodes+1

actNode=startNode?

nbNodes>maxNbNodes?

„kein Zykel vorhanden“

ja

nein

nein

ja

ja nein

„Zykel vorhanden“

„kein Zykel vorhanden“

Abbildung 5-9: Algorithmus zur Graphen-orientierten Deadlock-Detection Die Korrektheit des vorgestellten Verfahrens basiert auf zwei Eigenschaften des be-trachteten Problems.

(1) Jede Ressource hat im Resource-Allocation-Graph maximal einen Nachfolger. Es sei daran erinnert, dass eine Ressource v genau dann als Nachfolger einer Res-source u bezeichnet wird, wenn die nächste Operation im Plan von u nicht die nächste Operation im Plan von v ist (aber v zur Durchführung dieser Operation benötigt wird). Da jede Ressource nur eine nächste Operation hat, kann sie auch nur maximal einen Nachfolger haben.

(2) Wird ein azyklischer Graph durch das Einfügen einer Kante (u,v) zyklisch, so ent-hält er höchstens einen Zykel und die Kante (u,v) ist Teil dieses Zykels.

Die Eigenschaft (2) kann indirekt bewiesen werden: Angenommen, die Aussage ist falsch und das Einfügen der Kante (u,v) würde zu zwei Zykeln führen. Dann müsste

jeder dieser Zykel (u,v) enthalten, da er sonst schon vor dem Einfügen der Kante bestan-den hätte. Folglich müsste eine Situation entstehen, wie sie in Abbildung 5-10 darge-stellt ist. Wenn man von Knoten u starten würde und von jedem Knoten zu seinem Nachfolger ginge, käme man irgendwann zu einem Knoten w, der zwei Nachfolger hat, bevor man wieder u erreicht (Andernfalls kann (u,v) nicht zu einem zweiten Kreis gehö-ren, da es offensichtlich keine Verbindung zwischen (u,v) und diesem zweiten Kreis gibt). Der Knoten w kann aber nicht zwei Nachfolger haben, da dies der Eigenschaft (1) widerspricht. Damit ist die Annahme widerlegt und die Aussage (2) bewiesen.

u v w

Abbildung 5-10: Ausschnitt des Resource-Allocation-Graphen nach dem Einfügen von Kante (u,v)

Die Graphen-orientierte Deadlock-Detection funktioniert – genau wie das Matrix-ba-sierte Pendant – nur für azyklische Graphen. Deshalb kann die Erkennung eines Zykels nicht aufgeschoben werden, sondern muss sofort erfolgen, wenn ein Deadlock entsteht.

Auf der anderen Seite können bei der Freigabe eines neuen Plans durchaus mehrere Deadlocks im realen System bestehen. Daher ist es wichtig, zwischen dem realen Sys-tem und dessen interner Repräsentation – sei es als Graph oder Matrix – zu unterschei-den. Letztere darf nie zyklisch sein.

Sobald ein neuer Plan freigegeben ist, wird die interne Repräsentation dieser neuen Si-tuation Schritt für Schritt aufgebaut. Während eine Wartebeziehung nach der anderen als Kante in den Graphen eingefügt wird, muss ständig die Azyklizität des Resource-Allocation-Graphen aufrechterhalten werden. Sobald ein Zykel im Graphen entsteht, wird dieser dort beseitigt. Gleichzeitig wird der entsprechende Deadlock im realen Sys-tem aufgehoben. Auf diese Weise erhält man schließlich ein Deadlock-freies SysSys-tem und gleichzeitig eine zykelfreie interne Repräsentation, welche die Situation korrekt darstellt. In Abschnitt 5.3.5 wird die Kongruenz zwischen realem System und dessen interner Repräsentation an einem Beispiel ausführlicher erklärt.

Vergleich mit dem Matrix-basierten Verfahren

Der größte Vorteil des Graphen-orientierten Verfahrens ist, dass hier die umfangreichen Matrixoperationen eingespart werden können. Stattdessen wird einfach die Kette der Wartebeziehungen durchgegangen, sobald eine neue Kante eingefügt wurde. Auch hier ist ein Zykeltest nach dem Löschen einer Kante nicht notwendig, da auf diese Weise kein Zykel entstehen kann. Insgesamt müssen also, anstatt die gesamte Matrix zu prüfen und anzupassen, nur die Wartebeziehungen der betroffenen zwei Ressourcen aktuali-siert werden. Wird ein neuer Plan freigegeben, muss für jede Ressource eine Wartebe-ziehung eingefügt werden. Insgesamt reduziert sich die Komplexität des Deadlock-Detection-Algorithmus durch den Graphen-orientierten Ansatz auf

{ } ( )

(

min ,

)

O nbCranes nbAgvnbCranes nbAgvs+ pro Neuplanung. Das ist mehr als eine Potenz niedriger als bei der Matrix-basierten Variante.

Teilweise wird die bessere Laufzeit des Graphen-orientierten Verfahrens durch Ver-nachlässigung weniger wichtiger Informationen, wie z.B. der Anzahl der auf jeden Kran oder jedes AGV wartenden anderen Geräte, erreicht. Im Matrix-basierten Verfahren diente diese Information zur Auswahl des Engpass-Gerätes innerhalb eines Deadlock-Zykels, auf das die Deadlock-Resolution-Prozedur (die im nächsten Abschnitt erklärt wird) angewendet werden soll. Es ist allerdings recht einfach, ähnlich aussagekräftige Kriterien für die Auswahl des Engpass-Gerätes im Graphen-orientierten Verfahren her-zuleiten. So kann zum Beispiel der Kran gewählt werden, vor dem (physisch) die größte Anzahl Fahrzeuge wartet.

Für die Deadlock-Detection in Containerterminals mit ihren extrem hohen Rechenzeit-anforderungen erscheint das Graphen-orientierte Verfahren geeigneter. Es wurde bei allen Untersuchungen der vorliegenden Arbeit eingesetzt.