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Das gilt für alle Autoren, die er kritisch würdigt

2. Bevor auf die Ansätze von G.v. Schanz und E.v. Böhm-Bawerk

ein-gegangen wird, sei die Auffassung von G.v. Sc h m o 1 1 er

selbst in Kürze referiert.

Bemerkenswert ist, daß für ihn, wenn er auf die Besteuerung als Verteilungspolitik zu sprechen kommt (S. 34), "die wichtigste Ga-rantie aber für die Erhaltung desselben" (er meint: des Kapitals)

"··· in dem wirthschaftlichen Sinn, in dem sittlichen Geist, in der ganzen Lebens- und Kulturrichtung eines Volkes, in dem Um-stand, dass ein Land überhaupt ökonomisch, politisch und mora-lisch vorwärts schreite" liegt. Wenn man den Stellenwert der spä-teren "maintaining-capital-intact"-Diskussion der Kapitaltheore-tiker erkennen will, wird man diese Abstützung der Schmollerschen Theorie auf metaökonomische Urteile und Normen mitbedenken müssen.

Auch bei Schmoller nun stellen wir fest, daß bei allen Theoreti-kern, die er kritisiert, der Definitionsversuch des Einkommens unvermittelt in die Beschreibung des steuerlichen Einkommens hin-übergleitet. Schmoller selbst macht aber die bedeutsame Feststel-lung (S. 36), daß "statt des Uberschusses das Einkommen als sol-ches zur Grundlage der Steuerlehre" zu machen sei; "über die posi-tive Größe und Höhe der Steuersumme des Einzelnen ist damit noch nichts gesagt". Und noch deutlicher (S. 54): Es ist im Einkommen ein Generalnenner zu finden, "wenigstens annähernd einen Geldaus-druck zu finden für alle die verschiedenen Bestandteile und Arten, für die mannigfaltigen Quellen und Erscheinungsformen dessen, was wir die Totalität des Einkommens heißen. Diess ist die nothwendi-ge Bedingung jedes Maassstabes; denn wie soll man messen ohne die-se Möglichkeit? Wie soll man ohne einen festen, allgemein durch-greifenden Anhaltspunkt die verschiedenen Erscheinungen des Lebens in ihrem Verhältnis zu einander richtig würdigen? Ohne diesen Ge-neralnenner kein Maassstab, ohne Maassstab keine Gerechtigkeit."

Dies ist in einem sehr frühen Diskussionsstadium in nuce das Bei-spiel für die Totaleinkommensdefinition, gegeben im Jahre 1863, aber seitdem immer wieder theoretisch und politisch aufgegeben.

Es münden dann die weiteren Ausführungen Schmollers - nach umfänglicher Fundierung auf staatsphilosophischen Grundanschauungen -in e-ine Lehre von den Steuerbegründungen und -verteilungen, die die Einkommenstheorie weit hinter sich läßt.

Es findet sich just hier auch der Rückgriff Schmollers (S. 54) auf ein Zitat von Schäffle, der später D. Schneider (1986,S.231) zu der Bemerkung veranlaßt die sog. "finanzwissenschaftliche Sicht" (hier bezieht er sich auf J. Hackmann, 1983, dies aber im Zusammenhang mit nichtrealisierten Vermögenswertsteigerungen)

sträubender Zitierfehler zustande gekommen". Schneider kriti-siert als Zitierfehler an Schmoller, Schäffle habe niemals, wie Schmoller behaupte, dem Einkommen lediglich "buchhalterische Existenz" zugeschrieben. Ein Zitierfehler liegt vor, doch der Zu-sammenhang ist zu beachten: Schmoller will ausdrücken, daß jegli-che Einkommensdefinition "buchhalterisch" bleibe, weil es kaum gelingt, es in seiner Totalität zu erfassen; wir interpretieren:

Was faßbar ist, ist allenfalls das (zufällig) Aufgeschriebene.

3. G.v. Schanz und E.v. Böhm - Ba werk betonten klar die analytische Trennung zwischen dem Kapital- und Gewinn-Bereich einerseits und dem Vermögens- und Einkommensbereich an-dererseits: Einkommen gehört nicht in die Gewinnkategorie

(Schanz 1896)1 Abschreibungen - die ja der Kapitalerhaltung die-nen - werden ausschließlich in den Allokationsbereich verwiesen (Böhrn-Bawerk 1921), sie sind "Nutzleistungen" des Kapitals (1921, s. 36 0 f.) • Der Reingewinn, der "Reinzins ", ergibt sich als Abzug der Abschreibungen (der "Abnützungsquote") vom "Capitalwert"

(S. 366, 368). Böhrn-Bawerk grenzt diese Größen eindeutig vom distributiven Einkommensbereich ab (S. 378 f.).

Auch K.

w

i c k s e l l kommt in seiner Schrift von 1893, in der er sich in anderem Zusammenhang sehr kritisch mit Böhm-Bawerk aus-einandersetzt, in dem uns hier interessierenden Punkt zu demselben Ergebnis: "Vom volkswirtschaftlichen Standpunkte aus sind die Un-terhaltungsmittel, sobald sie in den Besitz der Arbeiter getreten sind, überhaupt nicht mehr Produktionsmittel und nicht mehr Kapi-tal" (1893/1969, S. 77).

4. Gerade I. Fis her, dem eine vertiefte Auseinanderset-zung mit dem Einkommensbegriff und dem Kapitalbegriff zu danken ist, trug unglücklicherweise durch die Verklammerung von Einkom-men und Kapital sowie durch den Aufweis eines "theoretischen"

Zusammenhanges zwischen ihnen dazu bei, daß bis auf den heutigen Tag versucht wird, Einkommen seiner Höhe nach aus der Funktion des Kapitals abzuleiten und zu "beweisen". Vermutlich war es das Bemühen, zwischen abstrakter Theorie und praktizierter Wirtschafts-rechnung zu vermitteln und eine "künstliche" Brücke zu schlagen zwischen einem buchhalterischen und einem "psychischen Einkommens-konzept" (S. H. Franke! 1969, S. 99), die Fisher die "rationale Gestaltung der Begriffe Kapital und Einkommen" (Erich Schneider

1961, s. 742) dergestalt suchen ließ, daß er den Einkommensbe-griff als vom KapitalbeEinkommensbe-griff abhängig und auch wiederum auf ihn orientiert definierte: Ist Kapital der "Wert einer gegebenen Men-ge von Gütern", so ist demMen-geMen-genüber Einkommen der "Wert einer Men- ge-gebenen Menge von Nutzleistungen" (I. Fisher 1906 und 1928) 15 );

ist das konkrete Kapital in den "commodities" zu sehen, so das Einkommen in den "services" als der abstrakten Nutzung des Kapi-tals. Damit ist ein künstlicher Zusammenhang zwischen Kapital und Einkommen, also zwischen dem allokativen und distributiven Be-reich hergestellt. Der Gedankengang ist folgender: Aus Kapital fließt Einkommen; Kapital muß erhalten werden; Doppelzählungen sind aus dem Einkommen zu eliminieren, d,h. Abschreibungen und Sparen (beide dienen der Kapitalbildung und -erhaltung, die wie-der zu künftigem Einkommen führen), scheiden aus dem Einkommens-begriff aus; Einkommen ist somit der "net benefit from capital".

Schon H.C. Simons klassifiziert aber die Auffassung Fishers vom Einkommen als eine "Ertrags-Konzeption" (1938, S. 43), also als im allokativen Bereich befangene Definition, und R.H. Parker

(Parker/Harcourt 1969, S. 8) vermutet, daß Fisher das Einkommen im Grunde nur deswegen durch den Kapitalterminus definiert, um das Sparen aus dem Einkommen ausschließen zu können, weil er einen konsumorientierten Einkommensbegriff postulieren möchte. 161 Die Definition Fishers läßt das Einkommen als eine Größe im di-stributiven Bereich nicht gelten; selbst das Sparen wird nur al-lokativ gesehen, ist in keiner Weise mit dem distributiven Phä-nomen der privaten Vermögensbildung und -ausstattung verbunden.

Das aus "rationalen" Gründen vorgegebene Ziel der Kapitalerhal-tung präformiert den Einkommensbegriff; eine distributive Größe muß dann zwangsläufig durch allokative Elemente definiert werden.

Dieses Befangensein im Allokativen ist gleichermaßen kennzeich-nend für die Hayek-Pigou-Hicks-Diskussion um das Phänomen des

"m a in t a in in g c a p i t a 1 in t a c t" , die in den Jahren 1941/42 in der Zeitschrift Economica ausgetragen wurde.

15) In dem deutschen Text Fishers von 1928 entspricht der Aus-druck "Nutzleistungen" exakt dem von Böhm-Bawerk gefundenen Terminus der "Nutzleistungen des Kapitals" für die Abschrei-bungen.

16) Als Nebeneffekt ergibt sich, daß Fishers Einkommensbegriff prozeßgebunden, d,h. nur als Ergebnis einer ökonomischen

Die Auseinandersetzung entzündete sich am Abschreibungs- (Wertmin-derungs-)Begriff in seiner Bemessungsbasis und seinem Inhalt. Das allokativ motivierte Erklärungsinteresse des "maintaining" muß zur Bestimmung der distributiven Größe "Einkommen" herhalten.

Entscheidend ist, daß mithilfe dieser der Kapitalerhaltung dienen-den Allokationsgrößen das Einkommen definiert werdienen-den soll. Nach Pigou ergibt sich nämlich das "net income" aus dem gross invest-ment minus depreciation plus consumption (1941, s. 271). Weitere seiner Gleichungen17

l

lassen erkennen, daß er erstens mit makro-ökonomischen Größen arbeitet18 l und daß er zweitens das net income als eine Ertragsgröße definiert hat. Somit sind seine Darlegungen, obwohl sie das Einkommen erklären wollen, nur für den allokativen Bereich relevant.19 )

Deutlicher aber wird das Phänomen der Vermengung der allokativen und der distributiven Betrachtungsebenen bei Hayek, der nach sei-nen tlberlegungen zum "maintaining capital intact" qua Abschrei-bungen übergangslos auf das net income und die direct taxation zu sprechen kommt (1941,

s.

277). Das Interesse am net income be-gründet er mit der Notwendigkeit, ein "profitable investment"

feststellen zu können (S. 278). Auch hier wird also das Einkommen in seiner Höhe durch die der Kapitalerhaltung dienende Abschrei-bungsgröße bestimmt; hier dient ferner das Nettoeinkommen nur zur Untermauerung des Erklärungsinteresses an der allokativen Größe

"profitable investment". Treffend ist die Kritik von N. Kaldor

17) "net income = gross income minus depreciation", dies kann nur als eine Gleichsetzung von Ertrag mit Einkommen verstan-den werverstan-den. - "net investment = gross investment minus de-preciation"; aus der weiteren Definition "net investment = net income minus consumption" muß gefolgert werden, daß Sparen und Investition gleichgesetzt wird, eine rein makroökonomische Betrachtung.

18) H.C. Simons kann nachweisen (1938, S. 46 f.), daß überhaupt sich die Denkweise der Kapitalerhaltung aus dem gesamtwirt-schaftlichen Einkommensverständnis herleiten läßt.

19) Nicht ohne Grund wird diese Ansicht als "Kapitaltheorie des Einkommens" bezeichnet.

(1955, s. 66 f.), der Hayek vorwirft, daß er sich der zu einfa-chen Methode bediene, die Kapitalerhaltung zu definieren als

"maintenance of income": 'We cannot first define income as what is left after maintaining capital intact and then define the latter as what is left required to maintaining income intact, without getting involved in circular reasoning".

Wie I. Fisher sieht auch J. R. Hicks die Notwendigkeit einer strikten Trennung zwischen Einkommen und Kapital, doch anders als jener betont er die Unabhängigkeit des Einkommens von einer im Materiellen vorgefundenen Einkommensquelle. Anders auch als Pigou und Hayek ist ihm das Einkommen nicht ein Netto-Konzept zur Aufrechterhaltung der Quelle, nicht ein Problem des maintai-ning capital intact (1942, S. 176 ff.). Hicks löst den Einkom-mensbegriff aus einer zweifachen Verbundenheit: Weder geht Ein-kommen nur aus einer produktiven Tätigkeit noch nur aus einer Kapitalquelle hervor. 201 Vielmehr wird bei Hicks deutlich, daß die Einkommensdefinition von einem ganz speziellen erkenntnis-leitenden Interesse bestimmt wird, das in der Vorhersagbarkeit des Verhaltens der Einkommensbezieher im dynamischen Prozeß liegt. 211 Dennoch stellt auch Hicks seine Ausführungen zum Ein-kommensbegriff vorwiegend ab auf die Bemessung der Abschreibun-gen (1942, S. 177); auch er vermengt die allokativen ("invest-ment", "depreciation") und die distributiven ("income", "con-sumption") Elemente und argumentiert mit makroökonomischen Größen

("Net Social Income = Consumption + Net Investment"). Zumindest aber hat er das allokativ-distributive Abgrenzungsproblem, so wie es in der vorliegenden Untersuchung gefaßt ist, wohl erahnt, wenn er nämlich einen Realertrag vom Realeinkommen unterscheidet,

und ersteren als jenen Ertrag versteht, der aus dem in seiner Substanz zu erhaltenden Kapital entsteht, letzteres als das Ein-20) allerdings um den Preis, daß bei ihm nunmehr das Kapital

nur noch als der kapitalisierte Wert einer bestimmten Zu-kunftserwartung auftaucht, und daß das Einkommen das "stand-ard stream equivalent" dieser Erwartungen ist.

21) Das "Eigenartige" der Hicks'schen Einkommenstheorie liegt darin, daß er im Grunde nachzuweisen versucht, für die

"dynamische" Theorie sei der Einkommensbegriff überflüssig, da eine solche Theorie nicht von den historischen Größen

(ex post) ausgehen müsse, sondern von Erwartungsgrößen; diese aber ließen sich als Einkommenskonzept nicht messen. Im übri-gen siehe die Kritik N. Kaldors an den Hicks'schen Erwartungs-größen, Kaldor 1955,

s.

77 ff.

kommen der realen Kaufkrafterhaltung auffaßt (S. 176). Doch ge-langt er zu dieser Unterscheidung nicht etwa aus Gründen einer exakten Allokations-Distributions-Abgrenzung, sondern aus einem ganz anderen Blickwinkel: Sein Interesse ist - im Sinne einer Zeitdynamik - der Gegenwarts-Zukunfts-Gegensatz; so wird das Kapital mit dem Blick auf die Zukunftserträge (einschließlich der Abnutzungsprobleme) erklärt, das Einkommen hingegen mit Blick auf die Gegenwart und den möglichen Gegenwartskonsum. Demnach löst die von ihm geforderte strikte Trennung des Einkommens vom Kapital nicht unser Definitionsproblem, sondern ein Hicks'sches Zeit- und Verhaltensvorhersageproblem.

Das Ergebnis der Hayek-Pigou-Hicks-Diskussion bringt für uns le-diglich eine Vermengung der allokativen und distributiven Be-trachtungsebenen und Begriffe sowie den Versuch, eine distribu-tive Größe mithilfe allokadistribu-tiver Begriffselemente zu definieren.

Seit der durch v. Schanz und Böhm-Bawerk bezogenen klaren Aus-gangsposition hat die Diskussion über Fisher und Hayek-Pigou-Hicks mithin keinen Fortschritt in Richtung der Einkommensdefi-nition gebracht.

5. Zumindest die Chance zu einem solchen Fortschritt stellte sich 1949 mit der B e t r i e b s t e u e r - D i s k u s s i o n ein, 22> seit nämlich der "Betriebsteuerausschuß" die bereits be-stehende Literatur gewürdigt, die Vorteile und Wirkungen einer Betriebsteuer begründet und Alternativ-Gesetzentwürfe formuliert hatte. 23 ) Es ergab sich das interessante Phänomen, daß Autoren, die nicht in erster Linie zur Lösung von Einkommensdefinitions-22) Erwähnung verdient, daß bereits 1924 der Deutsche Juristen-tag dem Gesetzgeber die rechtsformunabhängige Unternehmens-besteuerung anempfohlen hatte, siehe Becker/Lion 1925, S.

429 f. u. 544. Im gleichen Jahr schlug F. Findeisen (1924) seine "Unternehmens teuer" vor. W. Flume ( 1971 , 1972, 1974 und 1975) propagiert bei grundsätzlicher Anerkennung des Be-triebsteuergedankens als steuerpolitischen Kompromiß eine objektivierte Unternehmensbesteuerung von Ertrag und Vermö-gen, die er in das Verhältnis von Körperschafts- zu Einkom-mensbesteuerung integrieren will. Siehe auch K. Tipke 1980c, s. 1080, und Chr. Flämig 1981, S. 160, aber auch - zur Frage der "Leistungsfähigkeit" in der Unternehmensbesteuerunq -D. Schneider 1975b, K. schredelseker 1975, E. Schipporeit 1979 und G, Heidinger 1982.- weitere Literatur zur "Leistungs-fähigkeit von Unternehmungen" siehe unten§ 21

23) Veröffentlicht in StuW, 26. Jg. 1949, Sonderheft "Betrieb-steuer", Sp. 929-1068.

fragen angetreten waren, die Grundlagen schufen, eine solche De-finition zu ermöglichen, und zwar dadurch, daß sie in aller Klar-heit die im allokativen Bereich zu erhebende Betriebsteuer trenn-ten von der im distributiven Bereich zu erhebenden Einkommensteuer.

Wenn schon die Steuerarten klar voneinander getrennt werden soll-ten, so auch die ihnen zugrundeliegenden Bemessungsgrundlagen

"Gewinn" und "Einkommen". Mit dieser Erkenntnislage war man wie-der bei v. Schanz und Böhm-Bawerk. Aber trotzdem wurde unser Ab-grenzungsproblem nicht mit allen Konsequenzen gesehen; da man in erster Linie an Steuerproblemen interessiert war, hat man auch infolge der Einwendungen gerade gegen die Praktikabilität und Steuersystematik der Betriebsteuer weitere Uberlegungen zum Ein-kommensbegriff nicht angestellt.

Was sich aber aus dem Konzept der Betriebsteuer klar ergibt, ist die mit ihm versuchte Abgrenzung des allokativ-betrieblichen Be-reichs vom distributiv-privaten, ferner die Maßgeblichkeit einer rein allokativ motivierten Besteuerung in eben jenem betrieblichen Bereich. 241 Eine solche Abgrenzung ist nicht sämtlichen Konzepten einer "Unternehmensbesteuerung" zu eigen.

Grundsätzlich kann eine neben der persönlichen Besteuerung exi-stierende selbständige Unternehmensbesteuerung nur in 2 Versionen durchgeführt werden: 251 entweder basierend auf den Ordnungsstruk-turen des Zivilrechts oder basierend auf den Organisationsvor-stellungen des Wirtschaftslebens, auf dem sozioökonomischen Tat-bestand, daß die Wirtschaftenden sich Unternehmensorganisationen schaffen, die sie ungeachtet der rechtlichen Ordnungsstrukturen zur Erreichung ihrer ökonomischen Ziele (Ertrags-/Gewinnerzielung) einsetzen. Aus der ersten Version folgt eine ungelöste allokativ-distributive Abgrenzung wie auch eine steuerliche Ungleichbehand-lung; denn entweder hat die Unternehmung keine eigene Rechtsper-sönlichkeit, dann werden das Unternehmen und sein Inhaber als identisch betrachtet und die Unternehmensgewinne als persönliche Inhabereinkommen definiert; oder die Unternehmung hat eine eigene

24) So auch H. Schulte 1967, S. 41: Die Betriebsteuer kann nur eine

"Realsteuer" sein, und zwar in dem Sinn, daß die persönlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen unberücksichtigt bleiben.

Rechtspersönlichkeit (z.B. als Kapitalgesellschaft), dann wird der Unternehmergewinn erst bei der Ausschüttung an den Inhaber

(Anteilseigner) zu Einkommen.

Werden die Unternehmensgewinne in persönliche Einkommen umdefi-niert (der Fall der Unternehmen ohne eigene Rechtspersönlich-keit) und steuerlich wie andere Einkommen progressiv belastet, ergeben sich ganz andere Verhaltensweisen (und Uberwälzungsmög-lichkeiten) als im anderen Fall. Allokativ motivierte, auf den Gewinn ausgerichtete Steuererleichterungen und -belastungen ha-ben im ersten Fall ihre unmittelbaren Auswirkungen auf den di-stributiven Bereich.

Demgegenüber folgt aus der zweiten Version (der Betriebsbesteue-rung) - da die individuellen Wirtschaftsplaner ihre Unternehmung als Instrument, als Objekt, als Ertragsquelle betrachten - die steuerliche Behandlung als Objekt der Ertrags- bzw. Gewinnbe-steuerung. Dies ist ein rein allokativer Vorgang. Daß mit der Betriebsbesteuerung nicht sämtliche steuerlichen Belastungen enden müssen, sondern daß sich eine distributive Besteuerung an-schließen kann, 26) ist ein Umstand, der ja gerade die grundsätz-liche Trennung zwischen allokativer und distributiver Sphäre und Besteuerung als sinnvoll und zielrational erscheinen läßt. 27>

Die mögliche Anrechnung der Betriebsteuer auf die persönliche Einkommensteuer macht den Ubergang der Größe "Ertrag" in den distributiven Bereich besonders sinnfällig; die Anrechenbarkeit dient der "Vermeidung der Gleichsetzung von Gewinn und Einkommen"

(C. Boettcher 1960,

s.

144).281

26) Mit oder ohne Anrechnung der "Allokationssteuer" auf die

"Distributionssteuer"; siehe auch das Anrechnungsverfahren in der Körperschaftsteuer.

27) Die Anwendung der Einkommensteuer auf den Betriebsgewinn ver-fälscht den Grundgedanken eines modernen Steuersystems; in der historischen Entwicklung ist eine fast überall geübte

"Gleichsetzung des gewerblichen Gewinns mit dem (aus ihm ab-geleiteten) Einkommen" festzustellen, G. Schmölders 1949a, Sp. 976 f.

28) Daß das geltende Anrechnungsverfahren in der Körperschaft-steuer schließlich die thesaurierten Gewinne mit einer eigen-ständigen und endgültigen Körperschaftsteuer belegt, ist un-ter dem Aspekt der Kapitalbesteuerung ein allokatives Problem, belegt aber auch wiederum die Trennung in die allokativen und distributiven Bereiche. - Schließlich wurde ja auch die Abschaffung der Mehrfachbelastungen von Ausschüttungen alloka-tiv begründet, nämlich mit der Förderung der Finanzierung und

Ziele, Bemessungsgrundlage und steuersystematische Position lassen erkennen, daß die Betriebsteuer als eine "All ok a -t i o n s s -teuer" par excellence gedach-t war:

- sie beabsichtigt die steuerliche Schonung und Förderung derbe-trieblichen Kapitalbildung (Betriebsteuerausschuß 1949, Sp. 935);

die betriebliche Ertragsverwendung wird als Voraussetzung der Einkommensentstehung gesehen (Sp. 941), nicht als Definition, - alle Rechtsformen für gewerbliche Unternehmen werden gleich

be-handelt (Sp. 943), da die Gewinnbesteuerung ausschließlich nach der Ertragskraft ohne Verfälschung der Wettbewerbslage der Be-triebe vorgenommen wird;

- Bemessungsgrundlage ist nur, was nach betriebswirtschaftlicher Auffassung als Gewinn gelten kann (C. Boettcher 1949, Sp. 951);

die Gewinnermittlungsvorschriften sollten in erster Linie auf die Erfolgsrechnung abstellen (C. Boettcher 1949, Sp. 965), die die objektive Ertragskraft des Betriebes zum Ausdruck bringt (G. Schrnölders 1949a, Sp. 973);

- steuersysternatisch ist die Betriebsteuer keine Personal-, son-dern eine Realsteuer (Friedrich Klein 1949, Sp. 1004), unge-achtet dessen, ob sie auf die persönliche Einkommensteuer ange-rechnet wird 291 oder nicht. Der proportionale Steuersatz, der für die Betriebsteuer gelten sollte, unterstreicht den al-lokativen Charakter dieser Ertragsteuerart. zugleich entspricht die relativ geringe Höhe des Steuersatzes der Steuerneutrali-tätsforderung im Sinne einer möglichst geringen allokativen Be-einflussung.

Erstaunlich ist, daß die Steuerreformkommission 1971 die Einwen-dungen gegen die Betriebsteuer als solche bezeichnet, die in der praktischen Anwendung liegen, dann aber erklärt, die gesonderte Besteuerung der betrieblichen Gewinne gegenüber den anderen Einkunftsarten würde eine Aushöhlung des Ein kommen s -begriffes bedeuten (TZ IV 98). Ferner kritisiert sie, die

persön-29) Wird sie aber angerechnet, hat das positive Allokationswir-kungen auf dem Kapitalmarkt, da dort die Risikokapitalbildung

liehe Leistungsfähigkeit wäre hinsichtlich der gewerblichen Ein-künfte nicht ausreichend berücksichtigt.

Beide Einwendungen, das Aushöhlungs- und das Leistungsfähigkeits-argument liegen auf verschiedenen Ebenen: das erste Argument ist steuersystematischer Natur, das zweite begrifflich-theoretischer.

Tatsächlich erführen die gewerblichen Einkünfte durch eine Be-triebsteuer eine Sonderbehandlung, sofern nicht gesichert wäre, daß sämtliche Vorgänge im allokativen Bereich, also alle Ein-kunftsarten ähnlich vorab proportional besteuert würden; der Be-triebsteuerausschuß hat sich mit diesem Argument aus der Steuer-systematik und der Gleichbehandlung nicht auseinandergesetzt.

Jedoch führt die Betriebsteuer keineswegs zur Aushöhlung des Ein-kommensbegriffs, da es sich nicht um einen Vorgang im distributi-ven Bereich handelt. Auch wenn die nach der Betriebsteuer verblei-bende "Restgröße" des Einkommens, die der Einkommensteuer unter-worfen werden kann, geringer ist als vorher, handelt es sich nicht um eine Aushöhlung des Einkommensbegriffs, sondern um eine solche der Steuer. Dies ist tatsächlich mit jeder Ertragsteuer verbunden. Die festzustellende Ungleichbehandlung der Einkunfts-arten geschieht nur im allokativen Bereich. 301 Nas hier hervor-zuheben ist, ist lediglich der Umstand, daß im Betriebsteuervor-schlag das allokativ-distributive Abgrenzungsproblem zum Ausdruck kommt; seine Offenlegung allerdings haben die Autoren nicht nach-haltig genug betont, und die Steuerreformkommission 1971 hat das Problem vollends verschüttet. 311 Das läßt sich insbesondere mit 30) Zuzugeben ist, daß sich die Betriebsteuervorschläge auf die Vermeidung von Belastungsnachteilen und Wettbewerbsverzerrun-gen im Bereich der gewerblichen Einkünfte konzentrieren;

dort aber sah der Ausschuß diese Nachteile besonders ausge-prägt.

31) W. Flume 1972, S. 52, zur Ansicht der Steuerreformkommission, es handele sich bei der Betriebsteuer um einen Rückschritt in der Rechtsentwicklung: "Es geht aber bei der Bestriebsteuer

31) W. Flume 1972, S. 52, zur Ansicht der Steuerreformkommission, es handele sich bei der Betriebsteuer um einen Rückschritt in der Rechtsentwicklung: "Es geht aber bei der Bestriebsteuer