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Dennoch bleibt der innere Zusammenhang von Besteuerungsgrundlagen einerseits und Freibetrags- wie Tarifgestaltung andererseits

unver-kennbar, hergestellt nämlich im Postulat der Besteuerung nach der

Leistungsfähigkeit. Inwieweit Einkommen und Vermögen die Grundlagen

für dieses Postulat sein können, und zwar in

wirtschaftstheoreti-scher wie in steuerlicher Sicht, ist die Darstellungsabsicht der

vorliegenden Untersuchung, ist zugleich Ausdruck der Gliederung der

Arbeit in den ersten beiden Teilen. Erst der dritte Teil

problemati-siert das Leistungsfähigkeitspostulat selbst.

b) Fragt man nach den Zielen der Steuerpolitik und nach den Wir-kungen auf die ökonomischen Aktivitäten und Anpassungsreaktionen, der Menschen, die man mit den Personalsteuern - und unter diesen insbesondere mit der Einkommensteuer - erreichen kann bzw. ver-binden muß, so entdeckt man zwei voneinander analytisch grund-sätzlich zu trennende, nämlich die a 1 1 ok a t i v e n und die d i s t r i b u t i v e n. Mithin unterscheiden wir -zunächst in vereinfachender Formulierung - den allokativen

vom distributiven Bereich des Wirtschaftens und der Politik. Allo-kative und distributive Phänomene sind einerseits miteinander verknüpft und von einander abhängig, stehen andererseits auch im Gegensatz zueinander; im ersteren Fall meinen wir die Interde-pendenz-Beziehung, im letzteren die "trade-off"-Beziehung. Und beide, die Interdependenz- wie Gegensatzbeziehungen sind sowohl ein wirtschaftstheoretisches als auch ein steuerliches Problem.

Alle Steuerwissenschaften1 ) versuchen, diese Probleme bewußt zu machen.

Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit ist die Bestim-mung der Einkommens- und Vermögensbegriffe. Das Problematische der s t e u e r 1 ich e n Begriffe wird dadurch herausgear-beitet, daß sie einerseits den wirtschaftstheoretischen gegen-übergestellt werden, um die Abweichungen aufzeigen zu können, daß sie aber andererseits an drei grundlegenen Besteuerungspostulaten geprüft werden, an jenen nämlich, die steuerpolitisch für Ein-kommen und Vermögen als Richtgrößen wichtig sind. Das im Rhythmus 1) Darunter versteht man die Betriebswirtschaftliche Steuerlehre,

die Finanzwissenschaft, die Steuerrechtswissenschaft und - so besonders G. Rose 1976 - die Staats- und Verfassungslehre. Die interdisziplinäre Befruchtung scheint vorerst noch in den An-fängen zu stehen. Erstaunlich ist, daß z.B. in der Betriebs-wirtschaftlichen Steuerlehre und in der Steuerrechtslehre die gegenseitige Abhängigkeit und Ergänzungsnotwendigkeit klar ge-sehen, daß sie aber in der Finanzwissenschaft kaum so klar for-muliert wird; eine Ausnahme macht hier G. Schmölders 1981b, s. 1371 ff. Als Indiz mag gelten, daß das Handbuch der Finanz-wissenschaft sowohl der 2. als auch: 3. Auflage und auch die renommierten Lehrbücher der Finanzwissenschaft das Stich-wort "Steuerwissenschaften" nicht enthalten; hingegen ist es in den steuerrechtlichen Lehr- und Handbüchern sehr wohl ausge-wiesen, siehe z.B. HwStR 2. Aufl.; Wacker, Steuerlexikon 1975, und K. Tipke 1991. - Siehe schließlich die Reihe "Steuerwis-senschaft", hg. von Freericks, Friauf, Kirchhof u. Ruppe, die augenblicklich noch vorwiegend rechtswissenschaftlich besetzt ist.

der 12 Kapitel stets wiederkehrende Thema ist die Interdependenz-beziehung zwischen Allokation und Distribution im Zusammenhang mit den steuerlichen Begriffen Einkommen und Vermögen.

c) Für die Besteuerung wird das Phänomen "Leistung" dann maßgebend, wenn die personale Steuerlast nach dem L e i s t u n g s f ä -h i g k e i t s p r in z i p verteilt werden soll (2. Kapitel).

Der allokationspolitische Aspekt der Besteuerung nach der Lei-stungsfähigkeit kommt in der Schonung der Leistungsmotivation und -kraft sowie in der Beachtung der Dauerergiebigkeit der Steuer-quelle (Einkommen- und Vermögensteuer) zum Ausdruck; der distri-butionspolitische Aspekt liegt in der den persönlichen Verhält-nissen des steuerpflichtigen angemessenen Beachtung der steuer-entlastenden (Freibeträge) bzw. steuerbelastenden (Tarifprogres-sivität) Umstände begründet. Daß Steuerpolitik überhaupt auf Allokation und Distribution einwirken kann, liegt in der Funk-tion der Steuer begründet,. SteuerfunkFunk-tionen sind die der Be-steuerung gesellschafts- und wirtschaftspolitisch zugedachten Aufgaben; die Steuer kann solche Aufgaben übernehmen, weil sie - unter rechtlichem Aspekt - eine Zwangsabgabe ohne den Anspruch auf eine spezielle Gegenleistung seitens des Staates ist und weil sie - unter ökonomischen Aspekt - einen Transfer von Wer-ten aus der Verfügungsgewalt der Individuen in die des Kollek-tivs und damit letztlich eine Einkommenseinbuße bei den Indivi-duen bewirkt. Diese Einbuße setzt Signale für die allokativen und distributiven Entscheidungen des einzelnen. Aber fast aus-nahmslos hat jede Steuer innerhalb ihrer Wirkungsfunktion einen Einfluß sowohl auf die Allokation als auch auf die Distribution, so daß es "Allokationssteuern" wie auch "Distributionssteuern"

in nuce kaum geben kann.

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Das ändert nichts daran, daß es ana-lytisch notwendig ist, den allokativen vom distributiven Wir-kungsbereich zu trennen.

2) Gleichwohl können Distributionswirkungen in einer einzelnen Steuerart die Allokationswirkungen überwiegen und umgekehrt.

Es besteht eine Abhängigkeit zwischen den beiden Steuerfunk-tionen derart, daß die Betonung der einen Funktion die Steuer um so weniger brauchbar macht für die Sicherung auch ihrer zweiten Funktion. Wird sie z.B. in erster Linie zur Sicherung der Finanzierungsaufgabe herangezogen, engt man damit ihre Verwendbarkeit für wirtschaftspolitische Zwecke ein (Mack-sc~eidt/Steinhau~en !977, S. 125), da sie auf Dauerergiebig-keit angelegt sein mußte und allokative oder distributive Wir-kung~n unter ~leichzeitiger Schonung der Steuerquelle nur bis zu einem bestimmten Grade erzielen kann.

Ihre distributive bzw. redistributive Funktion, also die Korrek-tur der marktlichen Verteilung, erfüllt die Besteuerung nur in-soweit, wie erstens die marktliche (primäre) Verteilung tatsäch-lich aus leistungsentsprechender Entlohnung hervorgeht und zwei-tens die gesellschaftspolitischen Korrekturabsichten für diese-kundäre Verteilung - orientiert an den herrschenden Gerechtig-keitsidealen - auch konkretisiert werden können. Entscheidend für eine solche Beurteilung sind die Einkommens- und Vermögens-begriffe, genauer: ist das Herausstellen des Gegensatzes zwischen den wirtschaftstheoretischen Begriffen einerseits und den steuer-lichen andererseits.

d) Unsere Vorgehensweise beim Erarbeiten der wir t -s c h a f t -s t h eo r et i -s c h e n Begriffe ist sowohl eine logisch-analytische als auch eine literarisch-kritische.

Es läßt sich nachweisen, daß literarische Begriffsverwirrungen zwischen Ertrag und Einkommen einerseits wie auch zwischen Kapi-tal und Vermögen andererseits darauf zurückzuführen sind, daß zwar die allokativ-distributive Interdependenz dieser ökonomi-schen Größen gesehen, nicht aber ihre analytische Trennungsnot-wendigkeit erkannt wurde (3. Kapitel). Als die Kriterien der wirtschaftstheoretischen Einkommens- und Vermögensbegriffe stel-len sich die "Zugangsregel", die "Verfügbarkeit" und die "Indi-vidualentscheidung" heraus. Die Reichweite einer solchen "be-grifflichen" Theorie anhand des "Kriterien-Ansatzes" und ihr Ver-hältnis zu weiterreichenden Theorien wird im 4. Kapitel nachge-wiesen.

e) Die Vorgehensweise beim Erarbeiten der s t e u e r 1 ich e n Einkommens- und Vermögensbegriffe ist sowohl eine gesetzes-empi-rische als auch eine normative. Unter dem ersteren Aspekt werden die steuergesetzlichen Einzelbestimmungen daraufhin untersucht, inwieweit sie mit den für die wirtschaftstheoretische Begriffs-bestimmung als konstitutiv erachteten Kriterien vereinbar sind.

Unter dem zweiten Aspekt wird vorgetragen, daß die steuerlichen Begriffe zwangsläufig von den wirtschaftstheoretischen in Inhalt u.Umfang abweichen, weil sie normativ gebildet sind:

Die konstitutiven Ausgangspunkteder Begriffsbildung sind die Po-stulate der Allgemeinheit, der Gleichmäßigkeit und der Verhält-nismäßigkeit (= Leistungsfähigkeit) der Besteuerung (6. Kapitel);

die konstitutive Verwirklichung der Begriffe jedoch wird durch Einschränkungen der Postulate infolge der politischen Eingriffe

(7. Kapitel) sowie der Verstöße gegen sie (8. Kapitel) erreicht.

Dabei wird das Postulat der A 1 1 gemein h e i t der Besteuerung als das für die Fassung des steuerlichen Einkommens-und Vermögensbegriffs grEinkommens-undlegende angesehen, das notwendiger-weise zur Erfüllung des Leistungsfähigkeitspostulats vorausge-setzt werden muß. Es hat, wie das Gleichmäßigkeitspostulat, eine der Leistungsfähigkeits-Besteuerung vorgeschaltete, dienende Funktion. Die vollständige Konkretisierung des Leistungsfähig-keitspostulats zeigt sich über die Definition der Einkommens-und Vermögensbegriffe hinaus in der Tarifproblematik Einkommens-und in der Frage der Besteuerungseinheiten (Individual-, Ehegatten- oder Haushaltsbesteuerung).

f) Daß grundsätzlich die Probleme einer Bestimmung der Be m es -s u n g -s g rund 1 a q e n und der Tarif- und Einheitenbe-stimmung zu trennen sind, wird mit einer Lehre vom "Drei-Stufen-System" der leistungsfähigkeitsorientierten Besteuerung (5. Kapi-tel) begründet. Da die Tarif- und Einheiten-Bestimmung als Phä-nomene der "Personalisierung" bzw. "Individualisierung" aus dem Untersuchungsthema ausgegrenzt wurden, verbleibt als Untersuchungs-gegenstand die " O b j e k t i v i e r u n g " der Leistungsfähig-keit, die in eine theoretisch gestaltete (6. Kapitel) und eine praktisch gestaltete (7. u. 8. Kapitel) gegliedert wird: Die praktisch gestaltete nimmt die bereits erwähnten Einschränkun-gen des Allgemeinheitspostulats und die Verstöße geEinschränkun-gen das Gleich-mäßigkeitspostulat auf. Der große Umfang, den die Untersuchung an dieser Stelle annimmt, erklärt sich aus der Notwendigkeit, die Fülle der Einschränkungstatbestände und Verstöße zu erfassen und ihnen eine angemessene Systematik voranzustellen. Dies gilt insbesondere für das 7. Kapitel. Unter der theoretisch gestalte-ten Objektivierung wird die grundsätzliche Diskussion um die In-dikatoren der Leistungsfähigkeit verarbeitet, um u.a. festzustel-len, inwieweit die gesetzes-empirisch ermittelten Objektivierun-gen der Indikatoren bereits eine Einschränkung der Leistungsfähig-keitsindikatoren festschreiben.

g) Weil sich im heute geltenden Steuersystem der Bundesrepublik Deutschland unterschiedlich motivierte Einschränkungen des Allgemeinheitspostulats und mannigfaltige Verstöße gegen das

Gleictnnäßigkeitspostulat häufen, hat sich ein steuerpolitisches und steuerbegriffliches Spezifikum ergeben, das wir als eine

"allokativ-distributive Mischbesteuerung" bezeichnen. Sie kann konstruktionsgemäß die mit ihr anvisierten steuerpolitischen z i e 1 e nie vollständig erreichen bzw. das eine Ziel nur zu Lasten des anderen. Da unter dem Aspekt des Leistungsfähigkeits-postulats (und nur unter diesem!) in den Personalsteuern distri-butive Ziele im Vordergrund stehen, wird im III. Teil geprüft, ob die formulierten Besteuerungskonzepte sämtlich dem distributi-ven Ziel den gleichen Rang einräumen und inwieweit sie der Dar-stellung des allokativ-distributiven "trade-off" in der Zielver-wirklichung Raum geben.

h) Unter dem Zielaspekt ist auf eine Besonderheit einzugehen, die auch für das Gleichmäßigkeitspostulat (8. Kapitel) eine Rolle spielt, nämlich auf die G e r e c h t i g k e i t Der Gesamt-komplex der "Gerechtigkeit in der Besteuerung" konnte ihm Rahmen der vorliegenden Untersuchung nur stellenweise intensiver bearbei-tet werden. Soweit das Gleichmäßigkeitspostulat unter die das steuerliche Einkommen und Vermögen konstituierenden Normen gerech-net wurde, ist es im wesentlichen als "Gleichbehandlung" und in Ubereinstimmung mit weiten Bereichen der Lehre als "horizontale"

Gerechtigkeit aufgefaßt worden. Die vertikale Gerechtigkeit soll sich nach dieser Anschauung in einem gesellschaftlichen Prozeß finden lassen, im Verlaufe dessen man gesellschaftliche Konventio-nen über bestimmte Verteilungsziele und Belastungsmaße vereinbart.

Demnach wird das Leistungsfähigkeitspostulat erst in der politischen Entscheidung über Belastungsmaße (Freibeträge und Tarifprogressivi-tät als Personalisierungsmaßnahmen der Besteuerung) vollends konkret. Somit wurde das Gleichmäßigkeitspostulat als ein die Objektivierungsversuche der Leistungsfähigkeits-Indikatoren

"begleitendes" Postulat aufgefaßt: Wie das Allgemeinheitspostu-lat ist es als eine Voraussetzung und Bedingung für das Lei-stungsfähigkeitspostulat verstanden worden. Diese Sichtweise des Problems ist auch für den III. Teil beibehalten worden:

Als Ziel der Steuerpolitik wird nicht etwa angesehen, in einer Gesellschaft Gerechtigkeit herzustellen, sondern bei der Ver-wirklichung allokativer und distributiver Ziele die Einhaltung der Gerechtigkeitsbedingung zu gewährleisten.

i) Das Spektrum der distributiven B e s t e u e r u n g s k o n -z e p t e beginnt bei jenen der Sollbesteuerung, die hier als

"Possibilitäts"-Konzepte, als Besteuerung einer evtl. nur mögli-chen Leistungsfähigkeit, präsentiert werden und in denen demnach die allokationspolitisch motivierte Besteuerung dominiert (9. Ka-pitel). Demgegenüber basieren die "Realisierungs"-Konzepte auf den tatsächlich vorhandenen Leistungsfähigkeitsindikatoren; die-se Konzepte werden einerdie-seits norninalistisch, andererdie-seits utili-taristisch begründet. Unter den"norninalistischen"(10. Kapitel) finden sich neben den Einkommen- und Vermögensteuer-Konzepten auch sämtliche Ausgabensteuer-Konzepte. Bei ihnen, die in den persönlichen Ausgaben den Leistungsfähigkeitsindikator sehen, stehen im allgemeinen wegen der Steuerbefreiungen des Sparens allokationspolitische Besteuerungsmotive stärker im Vordergrund als bei den Einkommensteuer-Konzepten. Die "utilitaristischen"

Realisierungs -Konzepte, obwohl sie ein überwiegend distributiv verstandenes Besteuerungs'interesse vorweisen, greifen gleichwohl in der Bemessung ihrer Steueropfer im Kriterium des "Nutzens"

zu einem Allokationsrnaß par excellence. Dieser Widerspruch und die grundsätzlichen Realisierungsmöglichkeiten solcher Besteuerungs-konzepte werden im 11. Kapitel diskutiert. So sind schließlich die "Distributions".-Konzepte noch am striktesten mit dem Vertei-lungsziel verknüpft. Im 12. Kapitel wird dargestellt, wie sich die einzelnen Konzepte vorn traditionellen Leistungsfähigkeitsprin-zip lösen, wie sie das Verteilungsziel direkter in das Besteuerungs-konzept aufnehmen und wie sie aber dazu letztlich bestimmter ge-sellschaftspolitischer Bedarfsnormen bedürfen. Das Problem der Bedarfsnormenfindung wird aber lediglich im Ansatz erwähnt, da seine konkrete Formulierung nur im Zusammenhang mit "Personali-sierungsmaßnahrnen" möglich ist; die wurden aber hier ausgegrenzt.

Verständlicherweise läuft ein solchermaßen strikt auf das Vertei-lungsziel ausgerichtetes Besteuerungskonzept Gefahr, allokativen Absichten und Wirkungen nicht mehr den entsprechenden Raumzuge-währen und sie allenfalls noch als "allokative Nebeneffekte" der distributiven Absichten und Wirkungen wahrzunehmen. Demgegenüber gehört es zum Anspruch insbesondere des "Verteilungs "-Konzepts, sämtliche redistributiven Aspekte aus einer finalisierten und integrierten Sozialpolitik zu berücksichtigen; jedoch auch hier gehören die konkreten Maßnahmen dieser "integrierten Verteilungs-politik" nicht mehr in den hier gezogenen Darstellungsrahmen.

jl Die allokativ-distributive Zielproblematik in den Personal-steuern ist durch eine As y mm et r i e eigener Art gekenn-zeichnet, die sich aus dem steuerlichen Instrument ergibt. Ver-folgt man das allokationspolitische Ziel, das Verhalten der Part-ner und Wettbewerber auf Märkten zu beeinflussen - und zwar durch Steuern ganz allgemein-, so kann das zunächst durch eine grund-legende Korrektur der Knappheitsrelationen bzw. der Umweltsi-tuation geschehen, .ferner durch Herstellung oder Aufrechter-haltung eines funktionierenden Wettbewerbs ·und schließlich

durch steuerliche Veränderung von Angebot und Nachfrage auf Güter-und Faktormärkten. Der Marktteilnehmer hat alle Möglichkeiten der Anpassungen an die neuen steuerlichen Bedingungen, sei es, durch Steuerausweichung dem Steuerzugriff zu entgehen, sei es, durch Steuerüberwälzung die Zahllast von sich abzuwälzen. Vermei-det er durch Steuerausweichung eine Gewinnschmälerung, wird uno actu das allokationspolitische Ziel erreicht.In jedem Falle aber ist die Zielerreichung von der freiwilligen Anpassung abhän-gig. Ganz anders, wenn distributive Ziele angestrebt werden.

Hierfür kommen von vorn herein die Personalsteuern in Betracht, denen man weniger leicht ausweichen kann, die sich weniger leicht überwälzen lassen und deren Zielerreichungs-"Qualität" darin liegt, daß der Einkommensentzug auf keinerlei freiwillige (oder erzwun-gene) "Mitwirkung" des steuerpflichtigen angewiesen ist. Wo die Allokationspolitik qua Steuer nur einen Rahmen zieht, kann die Distributionspolitik qua Steuer direkt zugreifen und Belastungs-positionen verteilen.

Schon damit ist das Dilemma einer "zielvermischten" Einkommen-steuer angedeutet, wie sie gegenwärtig in der Bundesrepublik er-hoben wird: Sie enthält sowohl allokationspolitisch motivierte

"Anpassungsaufforderungen" (in Form von einkunftsartbezogenen Freibeträgen und Vergünstigungen unterschiedlichster Art) als auch distributionspolitisch motivierte Steuerentlastungen (Exi-stenzminimum und persönliche Freibeträge) wie auch -belastungen

(Progressionstarif). Wer die Vorteile der allokationspolitischen Vergünstigungen wahrnimmt, entgeht zugleich der distributionspo-litisch motivierten Progressivität. Andererseits ist die Erb-schaftsteuer - in enger Verbindung mit dem Verteilungsziel und der persönlichen Leistungsfähigkeit begründet - auch auf das Allokationsziel ausgerichtet, denn gerade für das Funktionieren

der Marktwirtschaftsordnung gilt die Gleichheit der Startchancen, die durch eine fühlbare Erbschaftsteuer ja hergestellt werden soll

(F. Neumark 1970, S. 22),als unerläßlich.

Es liegt demnach nicht im Leistungsfähigkeitsprinzip, sondern im Instrumentellen der Personalsteuern begründet, daß die hier vor-gelegte Untersuchung auf die distributiven Besteuerungs-Konzepte zuläuft und die allokativen Ziele und Wirkungen als - allerdings beachtenswerte und keineswegs minderrangige - Probleme behandelt, die die distributiven Ziele begleiten und oftmals beeinträchti-gen.

k) Wenn der III. Teil unter den allokativ-distributiven Zielaspekt gestellt wird, muß nun begründet werden, warum das St a -b i 1 i s i e r u n g s z i e 1 aus der Untersuchung ausge-schlossen wird. Der wichtigste Grund liegt in dem bereits er-wähnten allokativ-distrib11tiven •trade off" des •efficiency versus equity• als der grundlegenden wirtschafts- und gesellschafts-politischen Problematik.

Aber das Phänomen "Stabilisierung" ist nicht völlig aus dem allo-kativ-distributiven Zielproblem verbannt, es wird hier nur als eigenständiges steuerpolitisches Ziel nicht herausgestellt. Die Verknüpfung der Stabilisierung mit Allokation und Distribution läßt sich aus den Darlegungen von J. Werner (1971 ) , Mackscheidt/

Steinhausen (1978., doch schon in der 1. Aufl. 1973), G. Blümle (1975) und H. Giersch (1977) wie folgt ablesen: Als das Alloka-tionsziel par excellence darf das ProdukAlloka-tionsziel angesehen werden. Solange die Produktionskapazitäten nicht voll ausgenutzt sind, stellen Maßnahmen zur Erreichung der Vollbeschäftigung gleichzeitig solche im Dienste der Produktionsausweitung dar

(J. Werner S. 370), wenngleich dem Wachstumsziel durchaus eine eigenständige Aufgabe zukommt (J. Werner S. 371). Vollbeschäfti-gung und Wirtschaftswachstum sind Aspekte des Produktionsziels

(J. Werner S. 369). Uberdies ist Konjunkturpolitik immer zugleich Allokationspolitik, da jeder Konjunkturverlauf branchenstrukturel-le Unterschiede aufweist (G. Fels 1978). Mackscheidt/Steinhausen

( 1978, S. 11) formulieren die These, "daß ein stabiler Verlauf für eine wachsende Wirtschaft und damit für eine Produktion und Verteilung der Güter in Berücksichtigung des ökonomischen Prinzips

eine notwendige Voraussetzung ist ... Wenn diese These belegt werden kann, ist die Ausgliederung des Stabilitätsziels als Gut sui generis aus dem Katalog aller sonstigen Allokations- und Ver-teilungsziele gerechtfertigt" (ähnlich auch Mackscheidt/Steinhau-sen 1973, s. 18). Bei Instabilität im Wirtschaftsablauf geraten die Allokations- und Verteilungsziele ständig in Gefahr, verfehlt zu werden.

Auch die Geldwertstabilität kann nach J. Werner (S. 373) nicht als Ziel um seiner selbst willen verstanden werden, wenngleich ihre eigenständige Nennung legitim bleibe (S. 374); die Geldwert-stabilität "stellt vielmehr ein Vorziel vor allem im Blick auf die produktionspolitische Zielsetzung dar (S. 373) . 3> Eine man-gelnde Zielerreichung in der Geldwertstabilität ändert daneben aber auch die Einkommensverteilung in regressiver Weise (G. Blilmle S. 9), und dies hat wiederum - als Ergebnis der allokativ-distri-butiven Interdependenz - eine "Verzerrung in der Allokation der Produktionskräfte" (H. Giersch s. 195) zur Folge. So lassen sich im Grunde genommen nur zwei Zielkomplexe für das wirtschafts-politische Handeln feststellen, das Produktionsziel und das Ver-teilungsziel (J. Werners. 378). Insoweit hoffen wir, mit dem den Untersuchungsgegenstand ständig begleitenden Thema der allo-kativ-distributiven Interdependenz und des Gegensatzes "Alloka-tion versus Distribu"Alloka-tion" die Problematik formuliert zu haben, die die Theorie der Personalsteuern bis in die steuerpolitischen Konzeptionen hinein kennzeichnet.

1) Die Verfolgung des f i s k a 1 i s c h e n Ziels gehört nicht zu unsrem Untersuchungsgegenstand. Soweit diese Arbeit zu dem Er-gebnis kommt, daß künftig breiter gefaßte Einkommens- und Vermö-gensbegriffe die steuerliche Bemessungsgrundlage erweitern, kann das unter dem Aspekt der Aufkommensneutralität beurteilt werden.

So ist also keineswegs zwingend zu folgern, die Verbreiterung der Bemessungsgrundlage würde eine Belastungsverschiebung von den in-direkten zu den in-direkten Steuern bedeuten. Denn in jedem Falle

lie-3) J. Werner 1971 , s. 374: "Angesichts einer oft zu isolierten Interpretation des Ziels der Geldwertstabilität bleibt jedoch die grundsätzliche Feststellung bestehen, daß dieses Vorziel letztlich nur instrumentellen Charakter im Blick auf dahinter liegende Ziele hat." - Vgl. auch H. Ohm 1972, S. 65 ff. mit seiner Differenzierung der Zielarten in Fundamentalziele und Vorziele (bzw. Zwischenziele) mit Instrumentalcharakter.

ßen sich ja die Steuersätze der Personalsteuern senken, um eine