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5. DISKUSSION

5.1. Gesamtübersicht der Frakturen der Extremitäten

Im Zeitraum von 2010 – 2013 wurden an der Klinik für Kleintiere der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover 372 Hunde mit 386 Frakturen und 297 Katzen mit 310 Frakturen der Extremitäten vorstellig. Es konnten zwölf Frakturen der Skapula (neun Hunde, zwei Katzen), 89 Frakturen des Humerus (61 Hunde, 23 Katzen), 126 Frakturen von Radius und Ulna (91 Hunde, 29 Katzen), 156 Frakturen des Beckens (74 Hunde, 82 Katzen), 177 Frakturen des Femur (66 Hunde, 101 Katzen) sowie 136 Frakturen von Tibia und Fibula (71Hunde, 60 Katzen) gezählt werden. Diese Häufigkeitsverteilung entspricht den Untersuchungen von HILL (1977), PHILLIPS (1979), NOLTE et al. (2005) und WETSCHER (2012).

51,3% aller Hunde und Katzen mit Frakturen waren männlich, 45,7% weiblich. Bei 3% der Tiere war das Geschlecht unbekannt. 46,8% der männlichen Tiere und 32,4% der weiblichen Tiere waren zum Zeitpunkt der Frakturentstehung kastriert. In der zugänglichen Literatur variieren die Angaben bezüglich der Geschlechtsverteilung und des Kastrationsstatus sehr, sodass keine Aussage bezüglich einer geschlechtlichen Prädisposition erfolgen kann. Häufig wird jedoch, wie auch in den eigenen Untersuchungen festgestellt, von einem höheren Anteil männlicher Tiere berichtet (MEYER 1977; NAKASALA-SITUMA 1979; PHILLIPS 1979; EBEL 1990; SIEME 1990; STEIN 1990; VALLEFUOCO et al. 2016).

Das durchschnittliche Alter der Frakturpatienten lag bei 3,3 Jahren (Median: 1,6 Jahre). Mit einer Häufigkeit von 37,5% waren die meisten Tiere zum Zeitpunkt der Frakturentstehung in einem Alter zwischen einem und fünf Jahren. Weiterhin waren 36,8% jünger als ein Jahr. Am seltensten traten Frakturen bei Tieren älter als zehn Jahren auf. Auch in der zugänglichen Literatur sind überwiegend junge Tiere von Frakturen betroffen. Als Ursachen werden Unerfahrenheit, ein vermehrter Spieltrieb sowie mangelnde Gehorsamkeit genannt (MEYER 1977; EBEL 1990; SIEME 1990;

STEIN 1990; STROHBACH 2007).

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Insgesamt konnten 85 unterschiedliche Hunde- und 13 verschiedene Katzenrassen beobachtet werden. Das Verhältnis kleinwüchsiger Rassen (<15kg) und großwüchsiger Hunderassen war nahezu ausgeglichen (52%:48%). In der zugänglichen Literatur variieren die Angaben bezüglich der Rasseverteilung sehr, sodass auch hier keine Aussage bezüglich einer Rasseprädisposition erfolgen kann.

Häufige Rassen, die genannt werden, sind der Dackel, der Deutsche Schäferhund, der Pudel sowie Mischlinge und Bullterrier (THIMEL 1971; MEYER 1977; EBEL 1990; SIEME 1990; STEIN 1990). In den eigenen Untersuchungen war das Vorkommen juveniler französischer Bulldoggen mit unikondylären Frakturen des distalen Humerus besonders häufig zu beobachten. Auch RØRVIK (1993) berichtet von einem vermehrten Auftreten von lateralen Kondylusfrakturen bei Französischen Bulldoggen. Ebenfalls werden Englische Bulldoggen, Yorkshire Terrier, Zwergpinscher und Gordon Setter genannt.

5.2. Frakturen der Skapula

Unter den Gliedmaßenfrakturen waren Frakturen der Skapula mit einer Häufigkeit von 1,7% sehr selten. Dieses Ergebnis entspricht den Untersuchungen von PHILLIPS (1979), HARARI und DUNNING (1993), COOK et al. (1996) sowie NOLTE et al. (2005). In Übereinstimmung mit BRUNNBERG et al. (1979) kann dies dadurch begründet werden, dass die Skapula als Platte dem kranialen Teil des Brustkorbes anliegt und durch das umliegende Weichteilgewebe vor äußeren Einflüssen geschützt wird.

Aufgrund der Seltenheit von Skapulafrakturen konnten auch in den eigenen Untersuchungen nur die Ergebnisse sehr kleiner Kollektiven (neun Hunde, zwei Katzen) ermittelt und verglichen werden.

Ähnlich wie bei BRUNNBERG et al. (1979), HARARI und DUNNING (1993) sowie COOK et al. (1996) war die Cavitas glenoidalis zu 25% betroffen. Häufiger waren in den eigenen Untersuchungen auch Frakturen des Corpus und der Spina scapulae mit 58,3%.

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Als Einteilung der Skapulafrakturen hat sich das Klassifizierungssystem von COOK et al. (1996) bewährt. Mit einer Häufigkeit von 55,6% handelte es sich bei den extraartikulären Frakturen um instabile Frakturen. Alle instabilen extraartikulären Frakturen sowie die intraartikulären Frakturen wurden, wie von COOK et al. (1996) empfohlen, operativ versorgt. Bei Avulsionsfrakturen des Tuberculum supraglenoidale hat sich die Drahtzuggurtung bewährt. Aufgrund der geringen Fallzahl können keine Vergleiche zu weiteren chirurgischen Versorgungsmöglichkeiten gemacht werden. Jedoch stellte sich die Versorgung mittels Drahtzuggurtung als kostengünstige und komplikationslose Methode heraus.

BRUNNBERG et al. (1993) erzielten gute Resultate nach Einsatz der Veterinär-Mini-T-Platte zur Versorgung von Frakturen des Tuberculum supraglenoidale.

Alle telefonisch befragten Besitzer berichteten nach Frakturen des Tuberculum supraglenoidale von einem sehr guten Ergebnis.

In Übereinstimmung mit COOK et al. (1996) können stabile nichtartikuläre Frakturen konservativ versorgt werden. Auch alle stabilen extraartikulären Skapulafrakturen konnten telefonisch befragt werden. Alle berichteten von einem sehr guten Ergebnis.

Lediglich eine dieser Frakturen wurde mittels PDS-Cerclagen operativ versorgt.

Hierbei handelte es sich um eine offene Fraktur infolge einer Bissverletzung, die eine operative Wundversorgung erforderte.

In Übereinstimmung mit BRUNNBERG et al. (1979), PHILLIPS (1979), HARARI und DUNNING (1993) sowie JOHNSTON (1993) war der Unfall im Straßenverkehr Hauptursache für die Entstehung von Skapulafrakturen (36%). Bei freilaufenden Katzen, die nicht unter ständiger Beobachtung stehen, können oft keine Informationen zum Vorbericht gegeben werden. Auch in den eigenen Untersuchungen konnte bei beiden Katzen mit Skapulafrakturen keine Ursache angeben werden.

Zusätzliche Verletzungen traten im Vergleich zu BRUNNBERG et al. (1979), COOK et al. (1996), HARARI und DUNNING (1993) und WETSCHER (2012) etwas seltener auf. In den eigenen Untersuchungen zeigten 55% der Patienten mit Frakturen des Schulterblattes weitere Verletzungen. Diese betrafen überwiegend die vordere Körperhälfte (Schädel und Thorax). Verletzungen des Schädels, als Begleitverletzungen zu Skapulafrakturen, wurden in der zugänglichen Literatur

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deutlich seltener beobachtet, als in den eigenen Untersuchungen mit 33,3%. Im Gegensatz zu COOK et al. (1996) mit einer Häufigkeit von 56,2% orthopädischer Begleitverletzungen, konnten in den eigenen Untersuchungen nur in 13,3%

zusätzliche Verletzungen des Bewegungsapparates festgestellt werden.

Lediglich 18,2% der Patienten mit einer Skapulafraktur waren Katzen. Eine Katze wies eine beidseitige Fraktur des Schulterblattes auf. Auch in der zugänglichen Literatur sind nur wenige Fallzahlen und Langzeitstudien nach Skapulafrakturen bei der Katze bekannt. In Übereinstimmung mit KURZBACH (2000) und WETSCHER (2012) sind Schulterblattfrakturen mit Beteiligung des Gelenkes bei der Katze selten.

Es konnten keine Frakturen der Cavitas glenoidalis bei der Katze in den Jahren 2010 – 2013 festgestellt werden. WETSCHER (2012) begründet dies durch eine bessere Beweglichkeit infolge des Vorliegens einer sehr viel kleineren Gelenkspfanne im Vergleich zum sehr viel größeren Caput humeri bei der Katze.

Geringe Fallzahlen der Skapulafrakturen bei Hunden und besonders bei Katzen erschweren die Erstellung und Beurteilung von Langzeitergebnissen. In den eigenen Untersuchungen wurden keine winkelstabilen Implantate zur Frakturversorgung verwendet. Daher ist kein Vergleich von konventionellen Platten-Schrauben-Systemen und internen Fixateuren möglich. ACQUAVIVA et al. (2012) verglichen den Einsatz einer 2,7 mm SOP und einer 2,7mm LC-DCP, fixiert in der Fossa supraspinata, an der kaninen Skapula. Es konnten sowohl bezüglich der Kraft bis zum Implantatversagen, als auch zur Art des Implantatversagens keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Plattensystemen festgestellt werden.

Auch wenn keine klinischen und röntgenologischen Kontrollen erfolgen konnten, ist anhand der telefonischen Befragung der Patientenbesitzer von einer guten Prognose auszugehen. Oft ist nicht die Skapulafraktur der limitierende Faktor, sondern die lebensbedrohlichen weiteren Verletzungen. Eine gründliche allgemeine Untersuchung des Patienten ist aufgrund der zusätzlichen Verletzungen dringend indiziert. In Übereinstimmung mit PARKER (2003) verheilen Skapulafrakturen, aufgrund der starken Bemuskelung der Schulter und der damit hervorragenden extraossären Blutgefäßversorgung, in der Regel ohne Komplikationen.

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5.3. Frakturen des Humerus

Vergleichbar zu den Untersuchungen von STAIMER (1980) mit einer Häufigkeit von 12,7% bei der Katze, EBEL (1990) mit 11,3% bei der Katze und 16,7% beim Hund waren Frakturen des Humerus sowohl beim Hund als auch bei der Katze selten.

Beim Hund zeigte sich bei den eigenen Gliedmaßenfrakturen eine Häufigkeit von 21,5% und bei der Katze von 10,7%.

Humerusfrakturen im Bereich der proximalen Epi-/Metaphyse kamen mit einer Häufigkeit von 1,6% (Hund) bzw. 4,3% (Katze) ebenfalls selten vor. Vergleichbare Ergebnisse zeigten BRUNNBERG und WAIBL (2002) mit einer Häufigkeit von 2,9%

und LINDENA et al. (2012) mit 8,7% bei der Katze, BRUNNBERG et al. (1981) mit einer Häufigkeit von 2% beim Hund sowie BARDET et al. (1983) mit 4% bei Hund und Katze. In den eigenen Untersuchungen handelte es sich bei den proximalen Humerusfrakturen um juvenile Tiere mit einem durchschnittlichen Alter von 7,5 Monaten. Alle betroffenen Tiere wiesen eine SH-Fraktur vom Typ II auf. Auch LINDENA et al. (2012) untersuchten sechs proximale Humerusfrakturen. In fünf der sechs Fälle konnte eine SH-Fraktur ermittelt werden. Das durchschnittliche Alter der Tiere lag bei 9,1 Monaten.

Die Frakturversorgung proximaler Humerusfrakturen erfolgte in den eigenen Untersuchungen aufgrund des jungen Alters der Tiere mittels Kirschnerbohrdrähten.

Wachstumsrestriktionen werden dadurch, entsprechend den Angaben von STAIMER (1980) und BRINKER et al. (1983), weitestgehend vermieden. Es konnten keine postoperativen Komplikationen festgestellt werden. Informationen über Langzeitergebnisse können aufgrund der geringen Fallzahlen und des Mangels an klinischen und röntgenologischen Nachuntersuchungen nicht erfolgen.

BRUNNBERG und WAIBL (2002) berichten allerdings in allen untersuchten Fällen bei der Katze von einem guten anatomischen und funktionellen Ergebnis. Auch BARDET et al. (1983), LINDENA et al. (2012) und WETSCHER (2012) lieferten vergleichbare Ergebnisse. Letztendlich stellt sich die Versorgung proximaler Wachstumsfugenfrakturen mittels Bohrdrähten als kostengünstig heraus und es kann mit einer guten Prognose gerechnet werden.

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Bei der Katze waren die Frakturen der Diaphyse mit 58% am häufigsten. Ähnliche Ergebnisse zeigten die Untersuchungen von STAIMER (1980) mit 52,2% und BRUNNBERG und WAIBL (2002) mit 51,3%. EBEL (1990) berichtet sogar von einer Häufigkeit von 75%. BRUNNBERG und WAIBL (2002) führen dies auf die Morphologie des felinen Humerus, als schlanken langen Knochen, zurück. Am häufigsten unter den Schaftfrakturen waren einfache Querfrakturen vom Typ 12A3 (35,7%).

Im Gegensatz zur Katze waren beim Hund nur 20% der Frakturen im Bereich der Diaphyse lokalisiert. Am häufigsten waren hier mit 33,3% die Keilfrakturen (12A3).

Zur Klassifizierung der Frakturen hat sich das System nach UNGER (1990) bewährt.

Probleme traten lediglich bei der Zuordnung artikulärer interkondylärer Frakturen z.B.

infolge einer IOHC auf, da für diese Frakturen kein Klassifizierungscode vorgesehen ist. Solche Frakturen wurden in den eigenen Untersuchungen als 13B klassifiziert.

Frakturen im Bereich der proximalen und distalen Epi-/Metaphyse waren besonders häufig beim Jungtier anzutreffen. Während Frakturen des proximalen Humerus nur bei Tieren jünger als einem Jahr (Altersklasse 1) auftraten, waren 76,7% der Hunde mit distalen Humerusfrakturen jünger als ein Jahr. Bei der Katze waren alle Tiere, mit Frakturen im Bereich der Knochenendstücke, jünger als ein Jahr. Entsprechendes stellte STAIMER (1980) in ihren Untersuchungen fest. Nach MARCELLIN-LITTLE (1998) und RADASCH (1999) ist das häufige Auftreten von Frakturen am distalen Humerus beim noch wachsenden Hund bedingt durch den sehr weichen Physenknorpel, der mechanisch und strukturell die schwächste Zone des Knochens darstellt. Zusätzlich artikuliert der proximale Radius überwiegend mit dem lateralen Kondylus und übt demnach eine asymmetrische Kraft auf den lateralen Condylus des Humerus aus, was die Häufigkeit dieses Frakturtyps bedingt. Dies erklärt auch, warum Humerusfrakturen am häufigsten nach einem anamnestischen Sturz entstehen. Durch eine erhöhte Krafteinwirkung auf den lateralen Kondylus, bedingt durch den Sturz, in Kombination mit dem weichen Physenknorpel beim jungen Tier, kommt es zur Ausbildung einer distalen Humerusfraktur.

Bei 13% war ein Unfall im Straßenverkehr ursächlich. Diese Häufigkeitsverteilungen entsprechen etwa den Beobachtungen von BRUNNBERG und WAIBL (2002). 20%

der Hundebesitzer berichteten von einem Bagatelltrauma als Ursache für die

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Entstehung einer distalen Humerusfraktur. Auch VANNINI et al. (1988a) berichteten in 90% von minimalen Traumata als Ursache für unicondyläre Frakturen des distalen Humerus.

Frakturen der Wachstumsfuge konnten problemlos nach SALTER und HARRIS (1963) klassifiziert werden.

Am häufigsten mit 78,5% waren beim Hund Frakturen des distalen Knochenendstückes. Hier lagen mit 68,6% SH-Frakturen vom Typ IV vor. In Übereinstimmung mit ENGEL und KNEISSL (2014) stellt die SH-Fraktur vom Typ IV des distalen Humerus die am häufigsten auftretende SH-Fraktur beim Hund dar.

Anders als bei VANNINI et al. (1988a), die keine lateralen und medialen Kondylusfrakturen bei der Katze beobachteten, konnten in 66,6% der distalen Humerusfrakturen vergleichbare Frakturen bei der Katze diagnostiziert werden. Nach BARDET et al. (1983) ist die Seltenheit dikondylärer Frakturen bei der Katze damit zu erklären, dass zum einen die Epikondylen breiter und stärker ausgebildet sind als beim Hund, zum anderen durch das Fehlen der Fossa olecrani. Auch in den eigenen Untersuchungen konnten keine dikondylären Frakturen bei der Katze beobachtet werden. ENGEL und KNEISSL (2014) verweisen auf eine ordnungsgemäße Klassifikation distaler Humerusfrakturen. Nur bei ausgewachsenen Tieren mit geschlossenen Wachstumsfugen dürfen Bezeichnungen wie laterale- und mediale Kondylusfraktur, sowie Y-Fraktur verwendet werden. Auch in den eigenen Untersuchungen konnte festgestellt werden, dass bei der Einteilung kein Bezug zum Alter erfolgte und demnach SH-Frakturen vom Typ IV immer als laterale-, mediale Kondylusfrakturen oder als Y- oder T-Frakturen fehlbezeichnet wurden.

Vergleichbar mit den Ergebnissen von ENGEL und KNEISSL (2014) handelte es sich in mehr als der Hälfte der SH-Typ-IV Frakturen des distalen Humerus (62,9%) um kleiwüchsige Rassen mit einem Gewicht weniger als 15kg.

Weitere Verletzungen zeigten 20% der Hunde und 48% der Katzen. STAIMER (1980) berichtet hingegen nur von 37,6% zusätzlicher Verletzungen bei Katzen. Wie unter anderem bereits von STAIMER (1980) empfohlen, ist, aufgrund des hohen Anteils weiterer Verletzungen eine vollständige Untersuchung des Patienten zwingend erforderlich.

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21,7% der Humerusfrakturen wiesen Frakturheilungskomplikationen auf (55,6%

Implantatlockerungen, 44,4% Implantatbrüche). Am häufigsten mit 77,8% traten Komplikationen nach Frakturversorgungen am distalen Humerus auf. 12 der insgesamt 52 distalen Frakturen des Humerus von Hund und Katze zeigten Komplikationen in der Heilungsphase (23,1%). Bei VANNINI et al. (1988c) lag die Komplikationsrate mit 31,8% deutlich höher als in den eigenen Untersuchungen.

Auch MORGAN et al. (2008) berichtet von einer Komplikationsrate von 30% nach chirurgischer Versorgung lateraler Kondylusfrakturen bei Hunden. Die häufig zu beobachtenden Implantatlockerungen distaler Humerusfrakturen ist bedingt durch die Weichheit des distalen Knochenendstückes. Nach VANNINI et al. (1988c) treten Implantatlockerungen von Spongiosaschrauben mit der gleichen Häufigkeit auf, wie nach Verwendung von Corticalisschrauben. Jedoch ist die Gefahr des Schraubenbruches bei Verwendung von Spongiosaschrauben höher, da der Kerndurchmesser der Schraube, aufgrund des tieferen Gewindes, deutlich kleiner ist als der Kerndurchmesser äquivalenter Kortikalisschrauben. Aus diesem Grund wurde bei den eigenen Patienten auf den Einsatz von Spongiosaschrauben zur Versorgung distaler intraartikulärer Frakturen des Humerus verzichtet.

95,5% der eigenen Humerusfrakturen wurden operativ versorgt. 79,2% der Humersschaftfrakturen wurden mittels Plattenosteosynthese (57,9% nicht winkelstabile Implantate, 42,1% winkelstabile Implantate) stabilisiert. Im Vergleich zu STAIMER (1980) ist dies eine deutliche Steigerung in der operativen Versorgung von Humerusfrakturen. Bei ihren Untersuchungen wurden damals lediglich 58% operativ und 42% konservativ versorgt. Die deutlich schwerwiegenderen Komplikationen nach konservativen Therapien (Gliedmaßenverkürzungen, Achsenfehlstellung) sowie der ständige Fortschritt und Erfolg in der Implantatentwicklung können zu dieser Entwicklung und dem Umdenken im Laufe der Zeit beigetragen haben.

Die Komplikationsrate lag nach Einsatz konventioneller Plattensysteme mit 33,3%

etwas schlechter als nach Einsatz winkelstabiler Platten-Schrauben-Systeme mit 27,3%. VOSS et al. (2009) erklärt die höhere Komplikationsrate am Humerus, nach Einsatz des Unilock Systems bei Frakturen der langen Röhrenknochen von kleinen Hunden und Katzen damit, dass generell höhere Komplikationen nach Frakturen des distalen Humerus auftreten. Auch stellen winkelstabile Plattensysteme eine Neuheit

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in der Tiermedizin da, sodass Komplikationen oft auf die Unerfahrenheit des Chirurgen zurückzuführen ist (HAALAND et al. 2009; VOSS et al. 2009).

26,3% der kontrollierten Frakturen des Humerus beim Hund erhielten eine sehr gute klinische und röntgenologische Bewertung. 42,1% konnten mit einem guten Behandlungsergebnis und 31,6% mit einem unbefriedigenden Ergebnis bewertet werden. Die Resultate der telefonisch befragten Hundebesitzer fielen deutlich besser aus. 75% waren mit der operativen Versorgung sehr zufrieden, 20% berichteten von gelegentlich auftretenden Lahmheiten, 5% von einer dauerhaften Lahmheit seit der Frakturversorgung.

Alle telefonisch befragten Katzenbesitzer berichteten hingegen von einem sehr guten Therapieergebnis. Da die Besitzer lediglich das funktionelle Therapieergebnis (Lahmheitsfreiheit) beurteilen können, sind telefonische Befragungen nur eingeschränkt für eine Beurteilung des Therapieerfolges einsetzbar. Die Kontrolluntersuchungen verdeutlichen, dass bei allen Katzen osteophytäre Zusbildungen nachgewiesen werden konnten, obwohl die betroffenen Tiere in der klinischen Untersuchung keine Lahmheit aufwiesen. Auch LASCELLES et al. (2012) zeigte, dass degenerative Gelenkserkrankungen bei der Katze nicht mit Sicherheit durch eine Palpation und Goniometrie bestätigt werden können.

Auch BARDET et al. (1983) berichten von einer vorsichtigen Prognose bei Humerusfrakturen mit Beteiligung des Ellbogengelenkes. 57% wiesen kontinuierliche Lahmheiten sowie Druckdolenz bei Palpation auf. EBEL (1990) kann bei 60,6% der distalen Oberarmfrakturen ein gutes Therapieergebnis feststellen.

Auch in den eigenen Untersuchungen wiesen 77,8% der klinisch und röntgenologisch kontrollierten Hunde sowie 90% der telefonisch befragten Patienten eine Fraktur im distalen Abschnitt des Humerus auf, was damit den hohen Anteil unbefriedigender Ergebnisse erklärt.

Nach Frakturen des Humerus bei Hund und Katze waren statistisch signifikante Einschränkungen sowohl in der Flexion und Extension als auch in der ROM des Ellbogengelenkes festzustellen. Auch hier handelte es sich in 80% der kontrollierten Humerusfrakturen um partielle oder vollständige distale Gelenksfrakturen.

Die Untersuchungen machen deutlich, dass die Patientenbesitzer bei distalen Frakturen des Humerus über die vorsichtige Prognose aufgeklärt werden müssen.

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Postoperative Komplikationen, Lahmheiten sowie Einschränkungen in der ROM des Ellbogengelenkes, infolge von Arthrosen, sind häufige Komplikationen nach diesem Trauma.

5.4. Frakturen von Radius und Ulna

In Übereinstimmung mit MEYER (1977), SCHEBITZ et al. (1981b) und HARASEN (2003b) liegen beim Kleintier Frakturen des Unterarms mit einer Häufigkeit von 19,5% nach Frakturen von Femur und Tibia an dritter Stelle der Frakturen der langen Röhrenknochen. Insgesamt wurden 91 Hunde mit 97 Frakturen und 29 Katzen mit 29 Frakturen des Unterarmes in der Klinik für Kleintiere der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover vorstellig. Am häufigsten mit 76% traten Frakturen der Diaphyse von Radius und Ulna auf, was auch die Studien von MEYER (1977), EULER (1979), PHILLIPS (1979) und EBEL (1990) bestätigen.

Zur Klassifizierung der Frakturen hat sich auch bei Frakturen von Radius und Ulna das System nach UNGER (1990) bewährt. Allerdings ist eine Unterscheidung zwischen isolierten Radius- bzw. Ulnafrakturen sowie von Monteggiafrakturen nach diesem System nicht möglich.

Isolierte Frakturen der Ulna wurden bei 17,2% der Katzen und 13,2% der Hunde beobachtet. Isolierte Frakturen des Radius traten deutlich seltener mit einer Häufigkeit von 6,9% bei der Katze und 1,1% beim Hund auf. Im Gegensatz zu EULER (1979) konnten somit deutlich weniger isolierte Radiusfrakturen bei der Katze (27,4%) ermittelt werden.

Frakturen der distalen Epiphyse werden in der Literatur mit einer Häufigkeit von 12%

beim Hund und mit 7,2% bei der Katze angegeben (MEYER 1977; EULER 1979). In den eigenen Untersuchungen lagen hingegen distale Epiphysenfrakturen mit einer Häufigkeit von 4,1% beim Hund und 10,3% bei der Katze vor. Mittel der Wahl zur Versorgung von Frakturen der distalen Epiphyse waren Bohrdrähte.

Proximale Frakturen der Ulna wurden überwiegend bei Hund und Katze mittels Drahtzuggurtung operativ versorgt. Beim Hund traten postoperative Komplikationen in 50% der proximalen Ulnafrakturen auf. Katzen zeigten keine Komplikationen

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postoperativ. Auch EBEL (1990) berichtet nur in 53,8% der Fälle von einem guten Behandlungsergebnis, bei MEYER (1977) hingegen zeigten 79% der Olekranonfrakturen des Hundes ein gutes Ergebnis. Auch EULER (1979) konnte keine Komplikationen in der Frakturheilung von Olekranonfrakturen bei Katzen beobachten. Eine Katze mit einer Fraktur vom Typ 21A1 konnte klinisch und röntgenologisch nachkontrolliert werden. Sie zeigte keinerlei Lahmheiten oder Einschränkungen in der Bewegung. Die Besitzer waren mit dem Behandlungsergebnis sehr zufrieden. Röntgenologisch zeigte sich jedoch eine deutliche Arthrose im angrenzenden Ellbogengelenk, sodass hier eine gute Behandlungsbewertung erfolgte.

Monteggia-Frakturen konnten in 2,1% (Hunde) und in 6,9% (Katzen) der Radius- und Ulnafrakturen gefunden werden. Damit traten bei der Katze Monteggiafrakturen etwas häufiger im Vergleich zum Hund auf (MEYER 1977; EULER 1979;

WETSCHER 2012).

Frakturen der Diaphyse wurden zu 98,9% mittels Plattenosteosynthese versorgt (74,5% nicht winkelstabile Implantate, 25,5% winkelstabile Implantate). In Übereinstimmung mit WETSCHER (2012) stellt die Plattenosteosynthese ein geeignetes Verfahren zur Versorgung diaphysärer Unterarmfrakturen dar. In nur 7,4% der Frakturen der Diaphyse traten Komplikationen auf, während in 42,9% der Komplikationen Miniaturrassen mit einfachen Frakturen im Bereich der distalen Diaphyse betroffen waren. Insgesamt lag die Komplikationsrate distaler Unterarmfrakturen bei Miniaturrassen bei 10,7%. In Übereinstimmung mit HAALAND et al. (2009), VOSS et al. (2009) und GIBERT et al. (2015) eignen sich besonders winkelstabile Implantate für die Frakturversorgung distaler Radius-/Ulnafrakturen von Miniaturrassen. In den eigenen Untersuchungen hat sich besonders bei sehr kurzen distalen Fragmenten, wie auch GIBERT et al. (2015) proklamiert, der Einsatz der T-LCP bewährt und gute Ergebnisse geliefert. Insgesamt konnten nach Verwendung winkelstabiler Platten-Schrauben-Systeme bei Radius- und Ulnafrakturen keine Komplikationen beobachtet werden. In Übereinstimmung mit VOSS et al. (2009) stellte sich der interne Fixateur, aufgrund der schonenden Behandlung der Blutgefäßversorgung im Frakturbereich als ein ideales Implantat zur Versorgung von Frakturen des Unterarms herraus.

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Bewertungen zum Einsatz eines Fixateur externe zur Frakturbehandlung können aufgrund der geringen Fallzahl nicht erfolgen.

In Übereinstimmung mit EULER (1979) und EBEL (1990) war der Sturz aus der Höhe hauptsächlich für Frakturen des Unterarms bei der Katze verantwortlich (37,9%). Unfälle im Straßenverkehr als Frakturursache konnten bei der Katze nicht

In Übereinstimmung mit EULER (1979) und EBEL (1990) war der Sturz aus der Höhe hauptsächlich für Frakturen des Unterarms bei der Katze verantwortlich (37,9%). Unfälle im Straßenverkehr als Frakturursache konnten bei der Katze nicht