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2. LITERATURÜBERSICHT

2.3. Frakturen der Extremitäten bei Hund und Katze

2.3.3. Frakturen von Radius und Ulna

Die Inzidenz reicht bei der Katze von 3 – 8,4% und liegt beim Hund bei 17,3% (HILL 1977; PHILLIPS 1979). Unterarmfrakturen beim Hund sind nach Frakturen von Ober- und Unterschenkel die dritthäufigsten unter den Gliedmaßenfrakturen (MEYER 1977;

SCHEBITZ et al. 1981b; HARASEN 2003b). Frakturen von Radius und Ulna sind

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häufiger bei kleinwüchsigen Hunderassen anzutreffen und hauptsächlich bei Tieren, jünger als einem Jahr (MEYER 1977; EULER 1979; EBEL 1990).

Frakturen der Diaphyse von Radius und Ulna sind die häufigsten Frakturen des Unterarmes bei Hund und Katze (MEYER 1977; EULER 1979; PHILLIPS 1979;

EBEL 1990; WETSCHER 2012). Mit einer Häufigkeit bis 85% sind Frakturen im distalen Drittel von Radius und Ulna lokalisiert (HARASEN 2003a).

Isolierte Radiusfrakturen sind häufiger distal anzutreffen, wohingegen isolierte Ulnafrakturen eher proximal am Knochen lokalisiert sind (MEYER 1977). EULER (1979) berichtet von einer Häufigkeit von 27,4% isolierter Radiusfrakturen und 14,9%

isolierter Ulnafrakturen bei der Katze. Auch bei der Katze sind am häufigsten der mittlere und der distale Anteil von Radius und Ulna betroffen (EULER 1979; SCOTT 2005). Frakturen der proximalen Meta- und Epiphyse kommen bei Hund und Katze selten vor (MEYER 1977; EULER 1979).

Am Unterarm gilt der Radius als Träger der Hauptlast und benötigt demnach eine primäre Stabilisierung nach Frakturentstehung (HARARI 2002).

Bei großwüchsigen Hunderassen waren Unfälle im Straßenverkehr hauptsächlich für Frakturen des Unterarmes verantwortlich, während bei kleinwüchsigen Rassen Frakturen häufiger im Lauf und durch Stürze verursacht wurden (MEYER 1977;

HARASEN 2003a). Hauptursache für Unterarmfrakturen bei der Katze ist der Sturz aus größerer Höhe (EULER 1979; EBEL 1990).

Zusätzliche Verletzungen traten bei EULER (1979) in 26% der Katzen auf, bei EBEL (1990) hingegen in 60,3% der Katzen und 46% der Hunde. Sowohl bei EULER (1979) als auch bei EBEL (1990) waren bei Katzen am häufigsten zusätzliche Frakturen anderer Knochen.

Nach NOLTE et al. (2005) ist bei Katzen der proximale Abschnitt der Ulna anfälliger für die Entwicklung von Nonunions. Vermutlich sind weitere prädisponierende Faktoren wie hohes Alter, Übergewicht, offene Frakturen, Trümmerfrakturen, sowie Frakturen die mit einem Fixateur externe vom Typ II versorgt wurden für die Entstehung von Nonunions ursächlich.

Die Frakturversorgung sowie die Prognose richten sich nach der Größe des jeweiligen Hundes. Während mittlere bis große Hunderassen eine recht gute Prognose aufweisen, ist diese bei kleinen Rassen und den sogenannten Toy-Rassen

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deutlich vorsichtiger (HARASEN 2003a). Bei kleinen Hunderassen sind Nonunions nach Frakturen des distalen Drittel von Radius und Ulna sehr häufig (VAUGHAN 1964). WELCH et al. (1997) begründen dies, mit dem Vorliegen einer unterschiedlichen intraossären Blutgefäßversorgung am distalen Radius bei kleinen und großen Hunderassen. Bei kleineren Rassen liegt eine geringere Dichte und Aufzweigung der Blutgefäße im Bereich der distalen Metaphyse des Radius vor.

Daher ist eine stabile interne Fixation mittels Plattenosteosynthese oder Fixateur externe zur Förderung der Revaskularisierung zwingend erforderlich (WELCH et al.).

LARSEN et al. (1999) untersuchten den Einsatz der Plattenosteosynthese an 22 distalen Radius-/Ulnafrakturen mit einem Erfolgsergebnis von 89%, wobei in 18% der Fälle Komplikationen auftraten, die in 75% eine erneute operative Versorgung mittels Plattenosteosynthese erforderten. HAMILTON und HOBBS (2005) sowie LAKSHMI et al. (2007) empfehlen die Verwendung der AO veterinary mini T-plate zur primären Stabilisierung distaler Radius-/Ulnafrakturen in Toyrassen. Als nachteilig erwies sich eine Einschränkung der ROM im Karpalgelenk sowie eine Resorption der Ulna in 67% der Fälle (HAMILTON u. HOBBS 2005). Insgesamt konnten allerdings nur 43%

mit einem exzellenten Ergebnis bewertet werden. HAALAND et al. (2009) berichten über gute Resultate beim Einsatz von Locking compression plates. Auch GIBERT et al. (2015) erzielten hervorragende Resultate mit dem Einsatz der LCP als Hybridplatte. Besonders die T-LCP eignete sich sehr gut zur Fixation des meist nur sehr kurzen distalen Fragmentes. Auch VOSS et al. (2009) empfehlen zur Versorgung distaler Radius-/Ulnafrakturen einen internen Fixateur (UniLock System), da dieser neben einer stabilen internen Fixation auch die Blutgefäßversorgung im Frakturbereich unterstützt.

SARDINAS und MONTAVON (1997) beschreiben bei distalen Radiusfrakturen das Anbringen einer Knochenplatte von medial, anstelle der häufiger gewählten kranialen Platzierung. Die Gefahr der Fixation der Ulna am Radius mittels Plattenschrauben und der damit einhergehenden Gefahr der Störung von Supination und Pronation wird dadurch reduziert. Auch werden durch einen medialen Zugang Komplikationen der Extensoren vom Karpus und der Zehen vermieden. Die Ausbildung von Synostosen konnte in 70% der Unterarmfrakturen des Hundes und in 41,1% der Katzen beobachtet werden. Besonders häufig waren ältere Tiere betroffen, die

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aufgrund der abnehmenden Elastizität des Knochens zu Trümmerfrakturen neigen und damit gegebenenfalls die Ausbildung einer Synostose begünstigen (EBEL 1990).

MCCARTNEY et al. (2010) versorgten 17 distale Radius-/Ulnafrakturen bei Toy-Rassen mittels perkutaner Transfixation. Sie konnten keine Komplikationen wie Ulnaresorptionen oder Einschränkungen in der Karpalgelenksbeugung verzeichnen.

Allerdings halten sie eine längere Ruhighaltungsphase postoperativ für notwendig.

Lockerungen der Bohrdrähte traten regelmäßig auf, hatten allerdings keine Auswirkungen auf die Frakturheilung.

EGER (1990) berichtet ebenfalls von einer erfolgreichen Versorgung von Radius/UInafrakturen bei Miniaturrassen mittels perkutaner Transfixation.

Auch PIRAS et al. (2011) erzielten gute Erfolge bei der Versorgung distaler Radius- und Ulnafrakturen bei Toy Rassen mittels zirkulärem Fixateur externe, weisen allerdings ebenfalls darauf hin, dass eine lange Nachsorgephase mit guter Zusammenarbeit mit dem Tierbesitzer erforderlich ist.

Nach SCOTT (2005) sollten offene und nicht rekonstruierbare Trümmerfrakturen mit einem Fixateur externe versorgt werden.

Der Radius eignet sich, aufgrund seiner Biegung und seiner engen Markhöhle, nicht zur Einbringung eines intramedullären Bohrdrahtes oder eines Verriegelungsnagels.

Auch wird dabei häufig das radiocarpale Gelenk zerstört (HARASEN 2003a; SCOTT 2005). LAPPIN et al. (1983) berichten von einer Komplikationsrate von 80% bei intramedullärer Versorgung von Unterarmfrakturen.

Olekranonfrakturen müssen aufgrund des Ansatzes des M. triceps brachii und des M. tensor fasciae antebrachii und der damit einhergehenden Dislokation des Fragmentes operativ versorgt werden (BRUNNBERG et al. 1983). Zum Einsatz kommen die Drahtzuggurtung bei einfachen Frakturen, sowie die Plattenosteosynthese bei Splitterfrakturen. Frakturen des Olekranon betreffen überwiegend Hunde kleinwüchsiger Rassen und treten beim Hund mit einer Häufigkeit von 10,7 - 13,7% auf (MEYER 1977; BRUNNBERG et al. 1983; EBEL 1990). Alle nachkontrollierten Katzen mit Frakturen des Olekranon verheilten mit einem guten Behandlungsergebnis (EULER 1979). MEYER (1977) sowie BRUNNBERG et al. (1983) berichten beim Hund von einem guten Erfolg in 71 - 79%

der Fälle, EBEL (1990) nur von 53,8%.

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Als Monteggiafraktur bezeichnet man eine Fraktur der Ulna mit gleichzeitiger Luxation des Radius im Ellbogengelenk (BOUDRIEAU 2003). IRUBETAGOYENA et al. (2011) beschreiben das Vorkommen einer Typ IV Monteggiafraktur bei einer Katze. Nach der Klassifikation von BADO (1967) handelt es sich hierbei um eine Fraktur der Diaphyse von Radius und Ulna in Verbindung mit einer kranialen Luxation des Radiuskopfes. BUSH und OWEN (2009) beschreiben eine Typ IV ähnliche Monteggiafraktur in Kombination mit einer proximalen Epiphysenfugenfraktur des Radius bei einer drei Monate alten Katze.

Monteggiafrakturen kommen insgesamt sehr selten vor. EULER (1979) und WETSCHER (2012) berichten von einer Häufigkeit von 1,4%-4,1% bei der Katze, MEYER (1977) von 5% beim Hund. Ein gutes Behandlungsergebnis konnte bei den Katzen nur in 50% der Fälle, beim Hund nur in 33% der nachkontrollierten Patienten erzielt werden.

Die MIPO kann zur Versorgung einfacher oder komplexer diaphysärer Frakturen eingesetzt werden. Retrospektive Untersuchungen im Vergleich zur ORIF von Radius- und Ulnafrakturen lieferten vergleichbare Ergebnisse (POZZI et al. 2013).

Auch distale metaphysäre Frakturen bei Toyrassen können erfolgreich mittels MIPO versorgt werden, vorausgesetzt, dass mindestens zwei bikortikale Schrauben im distalen Fragment Platz finden (HUDSON et al. 2012).

Eine konservative Frakturversorgung mittels Cast ist beim jungen Hund mittlerer Größe möglich, sollte aber besonders bei Miniaturrassen aufgrund der hohen Komplikationsrate von 75% vermieden werden (LAPPIN et al. 1983).

Bei Styloidfrakturen der Katze empfiehlt EULER (1979) zur operativen Versorgung die Drahtzuggurtung. Alle auf diese Weise versorgten Frakturen erzielten ein gutes Kontrollergebnis. Auch alle nachkontrollierten Hunde (zweimal Zugschraube, einmal Zuggurtung, einmal Knochennaht) erhielten ein gutes Ergebnis (MEYER 1977). Die Häufigkeit von Styloidfrakturen liegt beim Hund bei 6,5% (EBEL 1990).

Insgesamt berichtet EULER (1979) in Ihrer Arbeit in 87% der Radius- und Ulnafrakturen und isolierten Radiusfrakturen von einem guten Behandlungsergebnis.

Isolierte Ulnafrakturen verheilten in 81% der Fälle mit einem guten Ergebnis. 67,4%

wurden konservativ und 32,6% operativ versorgt.

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Die Tabellen 5 - 7 liefern eine Übersicht über die Frakturversorgungen und Ergebnisse von Unterarmfrakturen bei Hunden und Katzen.

Tabelle 5: Literaturübersicht der Frakturversorgungen und Ergebnisse von kombinierten Radius- und Ulnafrakturen bei Hunden und Katzen.

Autor Frakturlokalisation

Neutralisationsplatten (3) 1 2

Bohrdrähte (5) 4 1

Styloidfrakturen (7H) Zugschrauben (2) 2

Zuggurtungen (4) 1 3

Diaphyse (191H) Plattenosteosynthese (123H) 53 11 3 56

Konservativ (36H) 10 1 2 23

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u: behandlungsunabhängig, a: behandlungsabhängig, H: Hunde, K: Katzen, +: gutes Ergebnis, -: schlechtes Ergebnis, ?: keine Kontrolle erfolgt

Tabelle 6: Literaturübersicht der Frakturversorgungen und Ergebnisse von isolierten Radiusfrakturen bei Hunden und Katzen.

u: behandlungsunabhängig, a: behandlungsabhängig, H: Hunde, K: Katzen, +: gutes Ergebnis, -: schlechtes Ergebnis, ?: keine Kontrolle erfolgt

Zugschrauben (2H) 1 1 EULER (1979) Proximale Diaphyse (1K) Plattenosteosynthese (1) 1

Mittlere Diaphyse (17K) Konservativ (14) 10 1 3 Plattenosteosynthese (1) 1

Distale Diaphyse (15K) Konservativ (12) 8 4

Plattenosteosynthese (2) 2

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Tabelle 7: Literaturübersicht der Frakturversorgungen und Ergebnisse von isolierten Ulnafrakturen bei Hunden und Katzen.

Proximale Diaphyse (9K) Konservativ (4) 2 2

Plattenosteosynthese

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Konservativ (4) 1 3

Transfixation (1) 1

u: behandlungsunabhängig, a: behandlungsabhängig, H: Hunde, K: Katzen, +: gutes Ergebnis, -: schlechtes Ergebnis, ?: keine Kontrolle erfolgt