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2. LITERATURÜBERSICHT

2.3. Frakturen der Extremitäten bei Hund und Katze

2.3.5. Frakturen des Femur

Frakturen des Femur sind die häufigsten Frakturen unter den langen Röhrenknochen bei Hund und Katze (STEIN 1990; UNGER et al. 1990; HARASEN 2003b; ENGEL u.

KNEISSL 2014). Die Inzidenz reicht bei der Katze von 28,2% - 38% und liegt beim Hund bei 14,8% (HILL 1977; PHILLIPS 1979). Offene Frakturen des Oberschenkels sind mit 3% beim Hund und 6,7% bei der Katze aufgrund der stark ausgebildeten Weichteilmasse selten (STEIN 1990; BEALE 2004).

Am häufigsten ist der Verkehrsunfall für Frakturen des Oberschenkels bei Hunden und Katzen ursächlich (THIMEL 1971; SCHÜRRLE 1979; STEIN 1990). Bei KÖSTLIN (1973) sowie MATIS und WAIBL (1985) waren Fensterstürze am häufigsten für die Entstehung von Femurfrakturen bei der Katze verantwortlich. Bei FUCHS (1978) konnte bei 57,5% der Katzen mit Femurfraktur keine Frakturursache beobachtet werden.

Zusätzliche Verletzungen konnten bei 56,2% der Hunde und 33,3% der Katzen nachgewiesen werden. Am häufigsten traten sowohl beim Hund als auch bei der Katze Beckenfrakturen auf (FUCHS 1978; MATIS u. WAIBL 1985; STEIN 1990).

Auch KÖSTLIN (1973) berichtet in 20% der Femurfrakturen von weiteren multiplen Beckenfrakturen bei kleinen Hunden.

Frakturen der proximalen Epiphyse sind sowohl beim Hund als auch bei der Katze mit 10,4% bzw. 7,7% selten (STEIN 1990). Bei Frakturen der proximalen Wachstumsfuge handelt es sich meist um SH Typ I oder II Frakturen, welche mittels Bohrdrähten fixiert werden können. Alternativ kann eine FKHR oder eine Totalendoprothese durchgeführt werden (HARARI 2002; MACIAS u. MCKEE 2003;

BEALE 2004). Auch Frakturen des Collum femoris sind selten und können mittels Bohrdrähten oder mittels Zugschraube operativ versorgt werden (MACIAS u. MCKEE 2003). Bei noch im Wachstum befindlichen Tieren sollten möglichst Implantate Verwendung finden, die keinen vorzeitigen Fugenschluss fördern. Hierzu eignen sich besonders dünne Bohrdrähte, die den Fugenknorpel möglichst senkrecht kreuzen (MATIS u. WAIBL 1985). Mittel der Wahl bei Avulsionsfrakturen des Trochanter

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major sind die Drahtzuggurtung oder die Zugschraubenosteosynthese (MACIAS u.

MCKEE 2003). MATIS und WAIBL (1985) berichten nach Osteosynthese proximaler Femurfrakturen von 83% lahmheitsfreien – und 64% arthrosefreien Ergebnissen.

Schaftfakturen treten bei Hund und Katze am häufigsten auf (THIMEL 1971; FUCHS 1978; SCHÜRRLE 1979; STEIN 1990; SCOTT 2005). In fast 70% der Schaftfrakturen liegen Splitter- und Trümmerbrüche vor (FUCHS 1978).

Das Femur ist der am besten geeignete Knochen zur Platzierung eines intramedullären Kraftträgers (SCOTT 2005).

KÖNNING et al. (2013) verglichen den Einsatz des Fixateur externe, der Plattenosteosynthese sowie dem Einsatz der Plattenosteosynthese in Kombination mit einem intramedullärem Bohrdraht (plate and rod) an Frakturen der Diaphyse der Katze. Es konnte kein statistisch signifikanter Unterschied in der Zeit bis zur Frakturkonsolidierung zwischen den drei unterschiedlichen Versorgungsarten ermittelt werden. Alle eignen sich hervorragend zur Versorgung von Schaftfrakturen des Oberschenkels. Die meisten Komplikationen konnten nach Versorgung mittels Fixateur externe ermittelt werden, allerdings handelte es sich dabei meist um geringgradige Komplikationen (Patellaluxation (n=3), Irritationen der Haut am Bohrdraht (n=3), Lockerung von Bohrdrähten (n=1) sowie Fraktur nach Implantatentfernung (n=1)). Die geringsten Komplikationen traten nach Versorgung mittels Plate and Rod auf. Allerdings handelte es sich bei den Komplikationen immer um schwere Komplikationen, die eine erneute Operation oder die Amputation forderten.

Kondylus- und interkondyläre Frakturen sind beim Hund seltener (4%) als bei der Katze (13,7%) und erfordern eine exakte anatomische Rekonstruktion mittels Zugschraubenosteosynthese (KÖSTLIN 1973; BEALE 2004). Interkondyläre Frakturen werden mittels Bohrdrähten oder Knochenschrauben operativ versorgt (FRITZSCH 1970; HARARI 2002).

Suprakondyläre Femurfrakturen entstehen durch gewaltsame Überstreckung der Kniegelenke. Gute Ergebnisse werden mittels Zugschraubenosteosynthese erzielt (FRITZSCH 1970). Auch die minimale biologische Osteosynthese ist möglich, sowie der Einsatz von Bohrdrähten, Knochenplatten, Verriegelungsnägeln und in

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eingeschränkter Weise der Fixateur externe. Bei der Rush –Pin Technik werden zwei divergierende Bohrdrähte jeweils am lateralen und medialen Kondylus eingebracht, die die Frakturlinie überqueren und in der proximalen Metaphyse zu liegen kommen (BEALE 2004).

Die distale Epiphyse des Femur ist beim Hund mit 22,5% und bei der Katze mit 29,9% von Frakturen betroffen (STEIN 1990). Insgesamt treten Wachstumsfugenfrakturen bei der Katze am häufigsten am distalen Femur auf (ENGEL u. KNEISSL 2014). Auch beim Hund sind Epiphysenfugenlösungen des distalen Femurs häufiger als im proximalen Abschnitt (STEIN 1990).

Frakturen im Bereich der distalen Meta-/Epiphyse gelten als Gelenkfrakturen der Articulatio femoropatellaris bzw. Articulatio femorotibialis und müssen ebenfalls exakt anatomisch fixiert werden (KÖSTLIN 1973).

THIMEL (1971) berichtet von 449 Femurfrakturen beim Hund, von denen 80,4%

operativ und 19,6% konservativ therapiert wurden. In 17,4% konnten Komplikationen beobachtet werden. Am häufigsten traten Dislokationen mit 38% auf.

FUCHS (1978) untersuchte 217 Femurfrakturen bei der Katze, von denen 66 konservativ (30,4%) und 151 operativ (69,6%) versorgt wurden. Die besten Ergebnisse konnten nach Plattenosteosynthese erzielt werden. Auch die Markraumfixation erwies sich in den meisten Fällen als gutes Osteosyntheseverfahren bei Frakturen der Diaphyse.

Auch SCHÜRRLE (1979) erzielte bessere Ergebnisse beim Hund mittels Plattenosteosynthese als nach Markraumfixation, trotz einer höheren Komplikationsrate. In 28,8% der Markraumfixationen konnten Komplikationen nachgewiesen werden (9x Instabilität mit 4 x konsekutiver Dislocatio ad peripheriam, 1 x Osteomyelitis, 4 x Instabilität und Infektion, 1x Valgusstellung mit Arthropathia deformans im Hüftgelenk). Die Zahl der Komplikationen nach Plattenosteosynthese lag in den Untersuchungen von SCHÜRRLE (1979) bei 32,1% der kontrollierten Femurschaftfrakturen. Am häufigsten waren Instabilitäten mit 55,7% für die Komplikation ursächlich.

STEIN (1990) untersuchte 247 Femurfrakturen beim Hund und 179 Femurfrakturen bei Katzen. Bei den untersuchten Hunden wurden 4% konservativ und 96% operativ (73% intramedullärer Kraftträger, 23,6% Plattenosteosynthese, 3,4% Sonstige)

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versorgt. 4,5% der Katzen wurden konservativ und 95,5% operativ (88,9%

intramedullärer Kraftträger, 9,9% Plattenosteosynthese, 1,2% Sonstige) versorgt.

Gute Resultate konnten in 79,5% beim Hund und in 73,6% der Katzen erzielt werden. Beim Hund zeigte sich die Plattenosteosynthese der Markraumfixation überlegen, während bei der Katze bessere Ergebnisse mit intramedullären Kraftträgern erzielt werden konnten.

Tabelle 10 gibt eine Übersicht über die Frakturversorgungen und Ergebnisse von Femurfrakturen bei Hunden und Katzen.

Tabelle 10: Literaturübersicht der Frakturversorgungen und Ergebnisse von Femurfrakturen.

Autor Lokalisation

Diaphyse Ruhebehandlung (66K) 7 6

Markraumfixation (66K) 22/5 5

Plattenosteosynthese (79K) 39/1 7

Kompressionsosteosynthes

Markraumfixation (73H) 28/8 11

Plattenosteosynthese

Intramedullärer Kraftträger 79H, 3H, 9K 20H, 19K

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Gut: keine Lahmheit, Frakturheilung ohne Fehlstellung, keine arthrotischen Veränderungen der benachbarten Gelenke

* Gut mit Vorbehalt: Bruchlinie noch sichtbar, aber ohne Achsenfehlstellung oder Lahmheit

Befriedigend: ohne Lahmheit und ohne arthrotische Veränderungen der benachbarten Gelenke, aber mit Achsenfehlstellung oder Rotationsfehlern

Unbefriedigend: Lahmheit

a: behandlungsabhängig, u: behandlungsunabhängig, H: Hunde, K: Katzen