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Einsatz und Übersicht der Osteosyntheseplatten an langen Röhrenknochen

2. LITERATURÜBERSICHT

2.2. Einsatz und Übersicht der Osteosyntheseplatten an langen Röhrenknochen

Das Ausgangsziel der AO/ASIF zu Beginn ihrer Gründung im Jahre 1958 war die frühe funktionelle Wiederherstellung der verletzten Extremität (SCHATZKER 1995;

SCHÜTZ u. SÜDKAMP 2003). Dies erfolgte durch eine möglichst exakte anatomische Rekonstruktion der Frakturfragmente sowie durch eine rigide interne Fixation des Knochens mittels Platten - Osteosynthese (PERREN 2003; EGOL et al.

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2004). Folgeschäden wie Zirkulationsstörungen, Gelenksteife und Muskelschwund bedingt durch lange Immobilisationsphasen der Patienten konnten dadurch verhindert werden (HEIM 2012).

Nur unter absoluter Stabilität ist eine primäre Knochenheilung ohne Kallusbildung möglich. Diese ist erreicht, wenn der Frakturstress weniger als zwei Prozent beträgt.

Der Frakturstress ist definiert als der Quotient zwischen der relativen Veränderung der Frakturspalte unter Belastung und der ursprünglichen Größe des Frakturspaltes.

Liegt der Frakturstress zwischen 2 und 10 Prozent erfolgt eine sekundäre Knochenheilung mit Kallusbildung. Eine Frakturheilung ist unmöglich bei unzureichender Fixation mit einem Frakturstress größer als 10% (EGOL et al. 2004).

L

Abbildung 2: Modifiziert nach Egol et al. 2004. ∆L/L < 2%, absolute Stabilität.

L ∆L

Abbildung 3: Modifiziert nach Egol et al. 2004. ∆L/L > 2% < 10%, relative Stabilität.

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DANIS (1947) gelang erstmals mittels axialer Kompression die Darstellung der primären Knochenheilung ohne Ausbildung von Kallusgewebe im Röntgen bei Frakturen der Vorderextremität sowie bei Frakturen des Femur und der Tibia.

2.2.1. Rundlochplatte

Die erste von der AO im Jahre 1960 entwickelte Platte war die AO – Rundlochplatte.

Mit Hilfe eines Plattenspanners war es möglich axiale Kompression auf den Frakturspalt auszuüben (WAGNER u. FRIGG 2000).

2.2.2. Dynamic Compression Plate (DCP)

Die DCP wurde im Jahre 1969 entwickelt (PERREN et al. 1969). Das neue Plattenlochdesign ermöglichte, im Vergleich zu Rundlochplatten, axiale interfragmentäre Kompression ohne den Einsatz einer separaten Spannvorrichtung (ALLGÖWER et al. 1970). Die exzentrische Insertion der Schraube in das längliche Plattenloch bewirkt eine horizontale Bewegung des Knochens in Richtung des Frakturspaltes. Dies ist möglich, da die Plattenlöcher sowohl aus einem abschüssigen als auch aus einem horizontalen Zylinder bestehen, in die der halbkugelförmige Schraubenkopf, basierend auf dem sphärischen Gleitprinzip, entlang gleitet (PERREN et al. 1969).

Das Konzept der konventionellen Platten – Schrauben – Systeme brachte einige Nachteile mit sich. Offene traumatische Zugänge mit konsekutiver

L ∆L

Abbildung 4: Modifiziert nach Egol et al. 2004. ∆L/L > 10%, Frakturheilungsstörungen.

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Weichteilschädigung waren zur direkten Darstellung der Frakturzone erforderlich (WAGNER u. FRIGG 2000; SCHÜTZ u. SÜDKAMP 2003). Komplikationen wie verzögerte Frakturheilungen, Pseudarthrosen, Malunion sowie Infektionen waren häufig (SCHÜTZ u. SÜDKAMP 2003). Um diese Komplikationen zu reduzieren war ein Abweichen von den mechanischen hin zu den biologischen Aspekten der Frakturbehandlung erforderlich (SCHATZKER 1995). Im Zentrum steht dabei die Biologie des Knochens sowie die schonende Behandlung des Weichteilgewebes mit Erhalt der Blutgefäßversorgung der Knochenfragmente (WAGNER 2010). Die exakte anatomische Reposition der Knochenfragmente ist nicht länger das Ziel einer guten Osteosynthese bei Trümmerfrakturen im Bereich der Diaphyse oder Metaphyse. Viel wichtiger ist die Förderung einer schnellen Integration der vital erhaltenen Knochenfragmente zu einem Brückenkallus, der die Frakturzone stabil überbrückt (GAUTIER et al. 1992). Zwingend erforderlich ist allerdings weiterhin eine genaue anatomische Rekonstruktion bei Gelenksfrakturen zur Verhinderung der Entstehung einer posttraumatischen Arthrose (GAUTIER et al. 1992).

Die minimal invasive perkutane Plattenosteosynthese (MIPO) wurde entwickelt zur Reduzierung der biologischen Schäden. Hierbei wird die Platte perkutan durch einen submuskulären Tunnel auf den Knochen aufgebracht und proximal und distal der Fraktur befestigt (MILLER u. GOSWAMI 2007). Die Frakturzone wird damit überbrückt. Es erfolgt keine direkte Reposition, sodass die Fraktur folglich sekundär mit Kallusbildung verheilt (WAGNER 2010). Obligatorisch ist dabei eine Wiederherstellung der ursprünglichen Länge und Achsenausrichtung des Knochens sowie der Ausgleich von Rotationsfehlern (GAUTIER et al. 1992).

2.2.3. Low Contact Dynamic Compression Plate (LC–DCP)

Die LC-DCP weist im Vergleich zur DCP einen 50% geringeren Platten-Knochen-Kontakt auf (SCHÜTZ u. SÜDKAMP 2003). Durch die reduzierte Auflagefläche sowie den trapezförmigen Plattenquerschnitt wird die kortikale Durchblutung gefördert.

Zusätzlich ermöglichen die Aussparungen an der Unterseite der Platte eine longitudinale Winkelung der Schrauben bis zu 40°. Die LC-DCP erhält durch symmetrisch angelegte Plattenlöcher, die einen gleichen Abstand aufweisen, eine

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erhöhte Flexibilität im Einsatz bei komplexen Frakturen. Das Einbringen einer Plattenschraube ist dadurch an beiden Seiten des Plattenloches möglich (PERREN 1991).

Auch die LC-DCP führt trotz ihres limitierten Knochen-Platten-Kontaktes beim Anziehen der Schrauben zu einer Kompression der Platte am Knochen. Auch hier ist für ein stabiles Knochen-Platten-Konstrukt eine Reibung zwischen Knochen und Platte erforderlich. Zur Verhinderung dieses Nachteiles kam es zur Entwicklung winkelstabiler Implantate (SCHÜTZ u. SÜDKAMP 2003). Im Gegensatz zu den konventionellen Platten – Schrauben – Systemen ist eine exakte anatomische Anpassung der winkelstabilen Platte an den Knochen nicht mehr erforderlich. Die Gefahr des primären Repositionsverlustes ist dadurch reduziert. Ebenfalls ist durch die Verriegelung des Schraubenkopfes im Gewindeteil des Plattenloches der sekundäre Repositionsverlust bei axialer Belastung des Knochens vermindert. Durch den limitierten Knochenkontakt wird die periostale Durchblutung geschont und die Frakturheilung gefördert. (FAROUK et al. 1997).

2.2.4. Point Contact Fixateur (PC-Fix) und Limited Invasive Stability System (LISS)

Beim PC-Fix wird die Winkelstabilität durch selbstverriegelnde konisch geformte Schraubenköpfe in den Plattenlöchern erreicht. Die Schonung der Blutgefäßversorgung erfolgt zum einen durch punktuelle Auflage der Platte am Knochen sowie dem möglichen Einsatz von monokortikalen Schrauben (TEPIC u.

PERREN 1995). Das LISS stellt interne Fixateure in der Humanmedizin dar, die von ihrer Form an die Anatomie des distalen Femur sowie der poximalen Tibia angepasst sind (SCHÜTZ u. SÜDKAMP 2003).

2.2.5. Locking Compression Plate (LCP)

Bei der LCP handelt es sich um ein Platten – Schrauben – System, welches über ein Kombinationsloch verfügt. Dies ermöglicht sowohl eine Kompressionsverplattung als auch den Einsatz als Fixateur interne. Eine Kombination aus Kompression und

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Winkelstabilität ist möglich (WAGNER u. FRIGG 2000; GAUTIER u. SOMMER 2003;

MILLER u. GOSWAMI 2007).

2.2.6. String of Pearls (SOP)

Die SOP ist ein winkelstabiles Platten – Schrauben – System, bestehend aus zylindrischen - (Internodes) und sphärischen Einheiten (Pearls) (SADAN et al. 2015).

Der sphärische Anteil der Platte besteht an ihrem Grund aus einem Gewinde sowie einem erweiterten Abschnitt in ihrem oberen Anteil, in dem der Kopf der Schraube greift (Press - fit - Technik). Zum Einsatz kommen konventionelle Kortikalisschrauben (NESS 2009).

2.2.7. Advanced Locking Plate System (ALPS)

Das ALPS (Kyon, Zürich, Schweiz) ist ein winkelstabiles Platten – Schrauben – System, welches speziell für die Veterinärmedizin entwickelt wurde (GUERRERO et al. 2014). Die Winkelstabilität wird zum einen durch das Gewinde in der Platte und dem Gewinde des proximalen Schraubenschaftes sowie eine konische Gestalt des Schraubenkopfes und des Plattenloches gewährleistet. Damit werden in Bezug auf die Winkelstabilität die Techniken der SOP und des PC-Fix kombiniert (INAUEN et al. 2009). Sowohl bei der LCP als auch beim UniLock System wird die Winkelstabilität durch ein Gewinde im Schraubenkopf erzielt (KELLER et al. 2005;

MILLER u. GOSWAMI 2007). Das ALPS ermöglicht sowohl den Einsatz von Verriegelungsschrauben als auch von konventionellen Schrauben. Sowohl INAUEN et al. (2009) als auch GUERRERO et al. (2014) halten das ALPS für eine verlässliche Alternative in der Frakturversorgung bzw. bei karpalen und tarsalen Gelenksinstabilitäten.

2.2.8. UniLock System

Das UniLock System (Synthes, Oberdorf, Schweiz) ist ein winkelstabiles Platten – Schrauben – System, welches ursprünglich für die humane Kieferchirurgie entwickelt wurde. Die Winkelstabilität wird wie bei der LCP durch Kopfverriegelungsschrauben

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und ein passendes Gewinde im Schraubenloch erreicht. Das Plattendesign erlaubt sowohl den Einsatz von winkelstabilen Schrauben und konventionellen Schrauben, als auch eine Kombination aus beiden (KELLER et al. 2005). Nach VOSS et al.

(2009) eignet sich das UniLock System zur Frakturversorgung langer Röhrenknochen von Katzen und kleinen Hunden bis 13 Kilogramm (kg).