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Gebäudeanalyse

Im Dokument EUROPEAN BUSINESS SCHOOL (Seite 105-111)

5.3 Ergebnisse der empirischen Untersuchung

3.4.1 Konzeption

3.4.1.4 Gebäudeanalyse

Im Rahmen der Gebäudeanalyse wird die Anwendbarkeit der Verwertungsstrategie Re-vitalisierung in Abhängigkeit der bautechnischen Konstruktion einer Bestandsimmobilie untersucht. Hierbei gilt es, zwei elementare Fragen zu beantworten:

1. Lassen sich moderne qualitative und evt. mieterseitige Anforderungskriterien in die

„alten“ Gebäudestrukturen der Bestandsimmobilie integrieren?

2. Mit welchem Aufwand ist die Integration von Anforderungskriterien in die „alten“

Gebäudestrukturen der Bestandsimmobilie verbunden?

Nutzungsflexibilität und Flächeneffizienz zählen, wie in Abschnitt 3.2 erörtert, zu den wichtigsten Anforderungskriterien an eine moderne Büroimmobilie; ihre jeweiligen Erfüllungsgrade bestimmen in hohem Maße die Konkurrenzfähigkeit eines Objekts.

Inwieweit sich diese wie auch weitere Anforderungskriterien in einem

345Die Relevanz der Einflussfaktoren ergibt sich zumeist aus einer Symbiose der qualitativen Anforde-rungskriterien des Marktes und der subjektiven Einschätzung von z.B. Maklerunternehmen oder den Erfahrungen des institutionellen Investors.

346 Vgl. Engelhardt, A. (2004b), S. 15.

objekt umgesetzt werden können, hängt in hohem Maße von den spezifischen Primär-strukturen, dem Rohbau einer Bestandsimmobilie, ab. Von zentraler Bedeutung sind hierbei die Elemente: Tragkonstruktion, Gebäudetiefe, Geschosshöhe und Erschlie-ßungssituation.347

Die Praxiserfahrung zeigt, dass die ideale Tragkonstruktion für ein Revitalisierungsvor-haben die Stahlbetonskelettbauweise mit einem Stützraster mittleren Achsrastermaßes ist. Diese spezifische Tragkonstruktion, deren Bauweise Ortbetonteile durch Skelettbau-teile ersetzt,348 zeichnet sich durch eine besonders hohe Anpassungsfähigkeit bei an-nehmbarem Aufwand aus, da lediglich Stützen und Unterzüge als inflexible Elemente im Rahmen einer neuen Raumplanung zu berücksichtigen sind.349

Im Gegensatz hierzu stellt die Existenz tragender oder aussteifender Wände ein Revita-lisierungsprojekt vor eine besondere Herausforderung. Diese überwiegend auf Druck beanspruchten, mehr als ihre Eigenlast tragenden und horizontale Kräfte ableitenden oder zur Aussteifung des Gebäudes dienenden Wände können lediglich durch die auf-wändige Integration von Unterzügen und neuen Deckenelemente entfernt werden.350 Eine solche Vorgehensweise stellt einen sowohl planerischen, statischen als auch finan-ziellen hohen Aufwand dar, und es bleibt zu prüfen, ob das angedachte „neue“ Nut-zungskonzept auf Grund z.B. verringerter Deckenhöhen überhaupt noch integrierbar ist.

Es zeigt sich, dass die „Tragfähigkeit“ eines Revitalisierungsprojekts durch die unvor-teilhafte Tragkonstruktion einer Bestandsimmobilie in Frage gestellt werden kann.

Die optimale Gebäudetiefe für ein Revitalisierungsvorhaben liegt zwischen zwölf und 22 Metern. Diese Maße begründen sich dadurch, dass Raumtiefen unter zwölf Metern in der Regel nur Einzelbüros zulassen, die über schmale Flure miteinander verbunden sind; moderne Büroraumkonzepte wie z.B. Kombi- oder Revi-Büros, aber auch Multi-funktionsräume, die in der Regel über ausgeprägte Kommunikationsbereiche verfügen, sind hingegen kaum integrierbar.351

347Vgl. Schulte, K.-W./Bone-Winkel, S./Rottke, N. (2002), S. 46-48; Harlfinger, T./Wünsche, A. (2003), S. 575-577; Väth, A./Hoberg, W. (2005), S. 376-378; Bone-Winkel, S./Isenhöfer, B./Hofmann, P.

(2005), S. 250 f.; Schlote, A. (2000a), S. 187-196; Downs, J. C. (1980), S. 77-79; Harlfinger, T./Richter, D. (2004), S. 13.

348 Vgl. Frey, H./Herrmann, A./Krausewitz, G./Kuhn, V./Lillich, J./Nestle, H./Nutsch, W./Schulz, P./Traub, M./Waibel, H./Werner, H. (2001), S. 363 f.

349 Vgl. Harlfinger, T./Wünsche, A. (2003), S. 577.

350 Vgl. Frey, H./Herrmann, A./Krausewitz, G./Kuhn, V./Lillich, J./Nestle, H./Nutsch, W./Schulz, P./Traub, M./Waibel, H./Werner, H. (2001), S. 242 f.

351 Vgl. Harlfinger, T./Wünsche, A. (2003), S. 577.

Raumtiefen über 22 Meter stellen das gegenteilige Extrem dar. So lassen sich moderne Büroraumkonzepte zumeist nur in Verbindung mit voluminösen, fensterlosen und un-ökonomischen Innenbereichen realisieren, deren Statik durch ausgeprägte und kostenin-tensive Unterzüge gewährleistet werden muss.352

Die Geschosshöhe einer Bestandsimmobilie sollte für ein aussichtsreiches Revitalisie-rungsprojekt mindestens 3 bis 3,50 Meter betragen. Hohe Decken ermöglichen die fle-xible Installation moderner Gebäudetechnik (z.B. Be- und Entlüftung, Elektroinstallati-onen), da sich abgehängte Decken- und Fußbodenkonstruktionen (z.B. Doppelböden) problemlos integrieren lassen. Zusätzlich bilden ausgeprägte Deckenhöhen die Voraus-setzung für großflächige Büroräume und offene Bürozonen.353

Hinsichtlich der Erschließungssituation gilt es, speziell zu überprüfen, ob das Bestands-objekt per Revitalisierung sowohl für einen Einzelmieter als auch für eine kleinteilige Vermietung nutzbar gemacht oder aber dem Wunsch nach der Schaffung eines besonde-ren Eingangsbereichs nachgekommen werden kann. Erheblich erschwert wird hierbei z.B. die kleinteilige Untergliederbarkeit durch eine gegebene Ringstruktur oder durch unzureichende Haupt- und Neben- sowie innere Erschließungsstrukturen der Bestands-immobilie. Die Schaffung eines besonderen Eingangsbereichs bedarf im Gegensatz hierzu z.B. einer speziellen Öffenbarkeit nach draußen, ausreichender Deckenhöhen und einer günstigen Lage des Erschließungskerns (Aufzüge und Treppen).354

Im direkten Zusammenhang mit den Primärstrukturen stehen drei weitere Faktoren, die im Rahmen der Überlegungen zur „Revitalisierbarkeit“ einer Bestandsimmobilie nicht unberücksichtigt bleiben dürfen. Bei ihnen handelt es sich um den Denkmalschutz, po-tenzielle Schadstoffbelastungen sowie konstruktive Gebäudeschäden.

Die rechtlichen Beschränkungen eines unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes kön-nen den Spielraum eines Revitalisierungsvorhabens erheblich eingrenzen und sogar als K.-o.-Kriterium desselben fungieren. Grundsätzlich gilt für die Revitalisierung von Baudenkmälern, dass für jegliche Form bautechnischer Veränderung die

352Das Problem zu ausgeprägter Gebäudetiefen kann eventuell durch die Integration eines Lichthofs ge-löst werden.

353 Vgl. Harlfinger, T./Wünsche, A. (2003), S. 577.

354 Vgl. Harlfinger, T./Wünsche, A. (2003), S. 576.

gungspflicht der zuständigen Denkmalschutzbehörde besteht. Diese Pflicht kann mit langwierigen zeitlichen Verzögerungen verbunden sein, die einen unökonomischen Aufwand begründen können.355

Für den Denkmalschutz muss ergänzt werden, dass nicht unter Denkmalschutz stehende Gebäude mit dem Bekanntwerden von Änderungs- bzw. Revitalisierungsabsichten schon häufig unter denkmalrechtlichen Gesichtspunkten betrachtet und per Eilentschei-dung in die Denkmalliste aufgenommen worden sind.356

Schadstoffbelastungen357 (z.B. Asbest, dioxinhaltige Betriebsmittel, halogenhaltige Käl-temittel)358 sowie konstruktive Schäden (z.B. Durchfeuchtungen, Ausblühungen, Abwit-terungen, Abplatzungen, Hohlstellen) in und an einer Bestandsimmobilie bedingen (er-hebliche) Sanierungskosten. So können im Rahmen der konstruktiven Schäden z.B. an Stahlbetonbauteilen nach einer bestimmten Nutzungsdauer Mängel auftreten, die die Standsicherheit, die Dauerhaftigkeit oder das Aussehen beeinträchtigen. Um diese Schäden chemischen (z.B. Karbonatisierung, Rost) und/oder physischen (z.B. Witte-rungsbedingungen, unvorhergesehene Belastungen) Ursprungs zu überkommen, kann ein umfangreicher Instandsetzungsbedarf resultieren. Die ökonomische Attraktivität der Revitalisierung als Verwertungsstrategie kann durch diesen Behebungsaufwand erheb-lich gesenkt und sogar ins Negative umgekehrt werden.359

Zur vollumfänglichen Beantwortung der einleitend angeführten Fragestellungen bedür-fen neben den Primärstrukturen auch die Sekundärstrukturen, worunter der Innenausbau einer Bestandsimmobilie zu verstehen ist, einer näheren Betrachtung. Von besonderem Interesse sind hierbei die Faktoren Wärme-, Feuchte-, Brand- und Schallschutz.

Unter Wärmeschutz werden Maßnahmen verstanden, die die Wärmeübertragung zwi-schen Räumen und Außenluft und zwizwi-schen Räumen mit verschiedenen Raumtempera-turen verringern. Die Wärmedämmfähigkeit einer Bestandsimmobilie ist dabei abhängig von ihrer Fassade, Wänden, Decken, dem Dach, Türen und Fenstern. Weisen diese Bau-teile Mängel oder konstruktive Schäden auf, kommt es zur Abwanderung oder Zufuhr

355 Vgl. Schulte, K.-W. (2001), S. 33.

356 Vgl. Oehmen, K. (2000), S. 46 f.

357Siehe zu rechtlichen Vorgaben zur Schadstoffbelastung: Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG), Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) oder Technische Regeln Gefahrstoffe (TRGS).

358 Siehe zu näheren Ausführungen zu möglichen Schadstoffbelastungen Lemke, H.-J. (2000), S. 120 f.

359Vgl. Bohn, T./Harlfinger, T. (2003), S. 560 f.; Frey, H./Herrmann, A./Krausewitz, G./Kuhn, V./Lillich, J./Nestle, H./Nutsch, W./Schulz, P./Traub, M./Waibel, H./Werner, H. (2001), S. 353-357.

von Wärme, woraus in der Regel gesteigerte Mietnebenkosten und kurz- bis mittelfris-tig nicht zu unterschätzende Modernisierungskosten resultieren.360

Im Rahmen des Wärmeschutzes ist bei einer Revitalisierung speziell darauf zu achten, dass die aktuellen Anforderungen nach DIN 4108 und der Energieeinsparverordnung (EnEv) beachtet werden, die spezifische Wärmeschutz Mindest- und Höchstwerte vor-gegeben.

Unter Feuchteschutz fallen die Maßnahmen, die ein Gebäude vor dem äußeren und in-neren Eindringen von Wasser und Feuchtigkeit schützen. Wie resistent der Feuchte-schutz einer Bestandsimmobilie ist, lässt sich zurückführen auf die Existenz und den Zustand vorhandener Abdichtungen (z.B. Fußbodensperrschichten, waagerechte und senkrechte Sperrschichten) und die allgemeine Ausführung dieser. Ein defizitärer Feuchteschutz kann auf Grund der oftmals schwierigen Lokalisierbarkeit zu erheblichen Folgekosten und anderen Folgeschäden führen. Das Einbringen von z.B. neuen Fugen oder Dränungen garantiert darüber hinaus keinen nachhaltigen Schutz vor weiteren Problemen.361

Mit dem Brandschutz sind Maßnahmen verbunden, die die Sicherheit des Menschen, den Erhalt von Sachwerten und den Betrieb von Arbeitsplätzen brandschutztechnisch gewähren. Bei der Revitalisierung einer Bestandsimmobilie ist deshalb auf die spezifi-schen Brandschutzanforderungen an Baustoffe und Bauteile zu achten, welche sich je nach Art unterschiedlich gegen Feuereinwirkungen verhalten (siehe hierzu auch die Baustoff- und Feuerwiderstandsklassen nach DIN 4102).362

Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass die Notwendigkeit bestehen kann, flexible Brandsysteme in das Revitalisierungsobjekt zu integrieren. Hiermit können sowohl er-hebliche bautechnische Probleme und vor allem Kosten einhergehen als auch die Flä-chenflexibilität sowie -effizienz eines Gebäudes einschränkt werden.363

360 Vgl. Frey, H./Herrmann, A./Krausewitz, G./Kuhn, V./Lillich, J./Nestle, H./Nutsch, W./Schulz, P./Traub, M./Waibel, H./Werner, H. (2001), S. 423.

361 Vgl. Frey, H./Herrmann, A./Krausewitz, G./Kuhn, V./Lillich, J./Nestle, H./Nutsch, W./Schulz, P./Traub, M./Waibel, H./Werner, H. (2001), S. 432-442.

362 Vgl. Frey, H./Herrmann, A./Krausewitz, G./Kuhn, V./Lillich, J./Nestle, H./Nutsch, W./Schulz, P./Traub, M./Waibel, H./Werner, H. (2001), S. 448-451. Siehe zu detaillieren Ausführungen zum kon-struktiven, baulichen und abwehrenden Brandschutz Küsters, R. (2000), S. 102-105.

363Vgl. Ringel, J./Bohn, T./Harlfinger, T. (2003), S. 49; Schulte, K.-W./Bone-Winkel, S./Rottke, N.

(2002), S. 48; Pelzeter, A. (2003), S. 41.

Unter Schallschutz versteht man den Widerstand von Wänden, Decken, Türen und Fenstern gegen den Durchgang von Schallenergie. Seine Aufgabe ist es, den Nutzer eines Objekts vor äußerer und innerer Schallausbreitung (z.B. Luft-, Körper- und Tritt-schall) in einem Gebäude zu schützen. Zeichnet sich eine Bestandsimmobilie durch ei-nen mangelnden Schallschutz aus, resultieren in der Regel erhebliche Folgekosten durch schallschluckende Nachbesserungsmaßnahmen. Ähnlich wie für den Brandschutz muss weiterhin darauf aufmerksam gemacht werden, dass die Flächenflexibilität und Gebäu-deeffizienz durch notwendige Schallschutzmaßnahmen erheblich limitiert werden kön-nen.364

Die existenten Tertiärstrukturen, worunter die Haustechnik einer Bestandsimmobilie fällt, haben für die Umsetzung einer Revitalisierung im Gegensatz zu den Primär- und Sekundärstrukturen zumeist keine nennenswerte Bedeutung. Die Erklärung hierfür liegt in der technischen und wirtschaftlichen Nutzungsdauer von z.B. Heizungsanlagen und Elektroinstallationen. Bei älteren Bestandsimmobilien weisen diese in der Regel bereits Mängel auf bzw. sind nicht mehr zeitgemäß und oftmals schwierig flexibel umzunutzen.

Bei der Analyse der Tertiärstrukturen gilt es folglich vielmehr sicher zu stellen, dass eine moderne, modulare und nutzungsflexible Technik in die angedachten Strukturen des Revitalisierungsobjekts integrierbar ist.365

Neben der Analyse der Primär-, Sekundär- und Tertiärstrukturen muss im Rahmen der Gebäudeanalyse zusätzlich sowohl eine marktkonforme Flächenbestandsaufnahme der Bestandsimmobilie als auch eine präzise Flächenzusammenstellung des Revitalisie-rungsobjekts vorgenommen werden. Für die Selektion der Verwertungsstrategie Revita-lisierung spielen die ermittelten Flächen im Rahmen der Gebäudeanalyse jedoch nur eine untergeordnete Rolle; eine zentrale Bedeutung für oder wider die Revitalisierung kommt ihnen jedoch bei der Wirtschaftlichkeitsanalyse (Punkt 3.4.1.7) zu.366

364Vgl. Ringel, J./Bohn, T./Harlfinger, T. (2003), S. 49; Schulte, K.-W./Bone-Winkel, S./Rottke, N.

(2002), S. 48; Pelzeter, A. (2003), S. 41; Frey, H./Herrmann, A./Krausewitz, G./Kuhn, V./Lillich, J./Nestle, H./Nutsch, W./Schulz, P./Traub, M./Waibel, H./Werner, H. (2001), S. 443-448.

365 Vgl. Schulte, K.-W./Bone-Winkel, S./Rottke, N. (2002), S. 48; Harlfinger, T./Wünsche, A. (2003), S.

576.

366 Vgl. Isenhöfer, B./Väth, A./Hofmann, P. (2005), S. 395; Schrodt, T. (2004), S. 42 f.

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