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Fallbeispiel

Im Dokument EUROPEAN BUSINESS SCHOOL (Seite 85-89)

5.3 Ergebnisse der empirischen Untersuchung

3.3.2 Aktive Verwertungsstrategien obsoleter Büroimmobilien

3.3.2.3 Revitalisierung

3.3.2.3.3 Fallbeispiel

Nachdem die Charakteristika einer Revitalisierung erarbeitet worden sind, soll nun fol-gend ein Fallbeispiel die Praxis verdeutlichen. Es beschreibt eine facettenreiche Revita-lisierung, die durch einen institutionellen Investor, der nicht genannt werden möchte, in kooperativer Zusammenarbeit mit einem Dienstleistungsunternehmen erbracht und im

278 Vgl. Porten, T. (2001), S. 12.

279 Vgl. Ringel, J./Bohn, T./Harlfinger, T. (2003), S. 52.

280Weder im Investmentgesetz (InvG), Kreditwesengesetz (KWG), Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG), in der Anlageverordnung (AnlV) in Rundschreiben (R) noch im Aktiengesetz (AktG) wird die Revita-lisierung thematisiert.

281 InvG § 67 Abs. 1 Satz 2.

282 Die seit dem 1. Mai 2002 bestehende Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ist im öffentlichen Interesse mit dem Ziel der deutschen Allfinanzaufsicht tätig. Sie wacht über Kreditinstitu-te, FinanzdienstleistungsinstituKreditinstitu-te, Versicherungsunternehmen und den Wertpapierhandel. Siehe zu weiteren Informationen auch www.bafin.de.

Jahre 2003, mit anschließender Vollvermietung, erfolgreich abgeschlossen werden konnte.

Ausgangssituation:

Zur Verwertung stand eine im Jahre 1991 erstbezogene und auf spezielle Nutzerbedürf-nisse zugeschnittene Büroimmobilie, die bereits Anfang des Jahres 2002 vollständig leer stand.

Strukturen der Bestandsimmobilie:

Die in einer guten bis sehr guten Lage und an einem deutschen Hauptstandort gelegene Bestandsimmobilie verfügt über zwei Untergeschosse (Tiefgaragennutzung), ein So-ckelgeschoss, ein Erdgeschoss und fünf Obergeschosse.

Die Gebäudeform gleicht einem verschobenen Fünfeck, wobei eine Flanke durch ein Nachbargebäude ergänzt wird. Die übrigen vier Seiten des Objekts bestehen aus zwei abnickenden Riegeln.

Während der größere Riegel (Fronttrakt) eine von Südosten frei einsehbare Fassaden-front entlang einer Hauptverkehrsstraße und einer kleinen Seitenstraße bildet, beschreibt der kleinere, auf der Nordseite gelegene Riegel eine Innenhofsituation mit teilweise angrenzender Nachbarschaftsbebauung (Hoftrakt).

Zwischen Front- und Hoftrakt besteht ein Niveauunterschied von etwa einem Meter, der durch Treppen überbrückt wird. Ein Lichthof, begrenzt durch die durchgängige Decke des Erdgeschosses, fällt fünf Stockwerke tief zwischen die Trakte ein.

Das Bürogebäude umfasst eine Brutto-Grundfläche283 von knapp 12.000 m² und weist eine Stahlbeton-Skelettbauweise mit Stützen auf. Das 7,50 m, in Teilen auch nur 7,40 m betragende Stützraster verläuft parallel zur Fassade mit einem Achsmaß von 1,50 m.

Die Gebäudetiefe des Objekts liegt bei ca. 14,15 m bis 14,45 m.284

Defizite der Bestandsimmobilie:

Eine eingehende Analyse der Bestandsimmobilie ließ erkennen, dass eine ökonomisch tragfähige Neuvermietung bzw. Wiedernutzung nach dem Auszug des Erstnutzers auf

283Die Brutto-Grundfläche (BGF) umfasst unabhängig von der Klassifizierung nach Vollgeschossen alle nutzbaren Grundrissebenen eines Gebäudes. Vgl. Schulz-Eickhorst, A./Focke, C./Pelzeter, A. (2005), S. 156.

284Siehe zu der Aufsicht und zum Schnitt der Bestandsimmobilie des Fallbeispiels Abbildung 65 und Abbildung 66 im Anhang. Fröhlich, P. (2004), S.

Grund ausgeprägter Gebäudedefizite nicht realisierbar war. Als Defizite konnten festge-stellt werden:

1. Mangelhafte Gebäude- und Flächenflexibilität

Auf Grund einer nur unvollständigen und nicht behindertengerechten Erschließung des Hoftrakts (nur Treppensituation, kein Aufzug) und insgesamt unzureichend vorhandener Sanitärkerne erwies sich eine kleinteilige Untergliederung der Bestandsimmobilie in separate Mietbereiche als unmöglich. Zweibündige Bürokonzepte, die die gesamte Be-standsimmobilie prägten, untermauerten zusätzlich die mangelhafte Flächenflexibilität.

2. Unzureichende Flächeneffizienz

Der Anteil der Hauptnutzflächen an der Brutto-Grundfläche der Bestandsimmobilie erwies sich insgesamt als zu gering. Im Gegensatz hierzu zeigte die Analyse des Funk-tionsflächen-Anteils, dass dieser zur Brutto-Grundfläche proportional zu groß war.285 3. Veraltete Haustechnik

Die Untersuchung der Haustechnik machte deutlich, dass die vorhandene Vollklimati-sierung Auslöser hoher Nebenkosten war, unterschiedliche Beleuchtungssysteme zu hohen Ersatzteilvorhaltungskosten führten, die vorhandenen Elektro- und IT-Installationen auf den Vormieter nutzerspezifisch zugeschnitten waren sowie das Ge-bäude lediglich über ein zentral steuerbares Heizungssystem verfügte.

4. Sonstige Defizite

Die Bestandsimmobilie zeichnete sich durch weitere Defizite in Form von Arbeitsplät-zen unterschiedlichen Komforts und abweichender Qualitäten, einem unattraktiven Lichthof, einer zu geringen Anzahl an Teeküchen bzw. Pantrys und einer geschlossenen Fassade (keine natürliche Belüftung) aus.

Begründet durch diese Defizite resultierte für das angestrebte Revitalisierungsprojekt eine sehr hohe Komplexität, welche nur anhand schlüssiger und kreativer Maßnahmen überkommen werden konnte. Als Ziele für die Revitalisierung wurden folgerichtig for-muliert:

285 Vgl. zu weiteren Ausführungen zu Flächen und Rauminhalten auch Fröhlich, P. (2004).

1. Schaffung einer flexiblen klein- bzw. großteiligen horizontalen Vermietbarkeit der Bestandsimmobilie mit ebenfalls ausgeprägten vertikalen Vernetzungsmöglichkei-ten

2. Verbesserung der baulichen und bautechnischen Qualität der Bestandsimmobilie 3. Reduzierung der Betriebskosten der Bestandsimmobilie.286

Durchgeführte Revitalisierungsmaßnahmen

Das Ziel der Schaffung einer nutzeranzahlflexiblen Vermietbarkeit des Objekts bei ver-tikaler Vernetzungsmöglichkeit wurde erreicht durch:

1. Integration horizontaler sowie vertikaler und damit auch separater Erschließungs-möglichkeiten sämtlicher Gebäudeteile in Form eines Aufzugs und verbindender Brücken zwischen den Gebäudetrakten287

2. Integration ausreichender Sanitärbereiche 3. Integration ausreichender Teeküchen

4. Integration von Schall- und Brandschutzwänden288

5. Trennung des zentralen Heizungssystems in separierbare Teileinheiten.

Das Ziel der Aufwertung der baulichen und bautechnischen Qualität des Objekts wurde erreicht durch:

1. Schaffung flexibler Büroflächen (Multi-Space-Office) durch das Aufbrechen der vorhandenen zweibündigen Bürostrukturen und die Integration der technischen Voraussetzungen für Meetingpoints und innenliegende Besprechungsräume

2. Erhöhung der Flächeneffizienz durch die Reduzierung von Funktions- und Ver-kehrsflächen bei einer Erhöhung der Büronutzflächen

3. Überarbeitung und Aufwertung der Eingangssituation/Lobby 4. Überarbeitung und Aufwertung der Verkehrsflächen

5. Vergrößerung und Aufwertung des Lichthofs durch den Abbruch der Decke des Erdgeschosses, durch die Schaffung eines fensterreichen Glasdachs, durch die

286 Siehe zu den Nebenkosten von Bürogebäuden auch o.V. (2004d), S. 43.

287 Siehe zu der horizontalen und vertikalen Vernetzungen auch Abbildung 67 im Anhang.

288 Siehe zu einer ausführlichen Betrachtung der brandschutztechnischen Beurteilung bei einer Revitali-sierung auch Küsters, R. (2000). Küsters, R. (2000), S.

ration von Balkonen, farblich ausgestalteten Brücken und einem hochmodernen Aufzugschacht.

6. Schaffung einer natürlichen Belüftungssituation des Gebäudes durch den Einbau öffenbarer Fenster

7. Ergänzung, Neuaufteilung und Neuinstallation von Elektro- und IT-Elementen 8. Integration neuer Beleuchtungselemente, Bodenbeläge, Glas- und Systemwände.

Die Betriebskosten des Objekts konnten gesenkt werden durch:

1. Eliminierung eines Teils der Klimaanlage und Umbau des verbleibenden Teils zu einer Lüftungsanlage

2. Schaffung einheitlicher Beleuchtungs-, Elektro- und IT-Systeme

3. Senkung sämtlicher Instandhaltungskosten durch die Aufwertung des Gebäudes und die Beseitigung vorhandener Mängel.

Das angeführte Fallbeispiel unterstreicht den einmaligen Charakter einer jeden Revitali-sierung. Bestandsimmobilien weisen sich durch individuelle Defizite aus und begründen dadurch die jeweilige Spezifität und Komplexität eines Revitalisierungsprojekts; Pau-schallösungen können im Rahmen dieser aktiven Verwertungsstrategie folgerichtig nicht angewandt werden.

Auf das vorliegende Fallbeispiel bezogen bedeutet diese Erkenntnis, dass die aufgezeig-ten Revitalisierungsmaßnahmen lediglich Anhaltspunkte für andere Revitalisierungsprojekte darstellen. Ein Anspruch auf eine grundsätzlich erfolgreiche Revitalisierung kann mit ihnen nicht verbunden werden.289

Im Dokument EUROPEAN BUSINESS SCHOOL (Seite 85-89)