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In zahlreichen Studien an Wiederkäuern wurde bis zum jetzigen Zeitpunkt versucht, die genauen Regulationsprozesse der Calciumhomöostase zu untersuchen und de-ren positive Beeinflussung zu erzielen. Mit der Entwicklung eines wirksamen Konzep-tes, mit dem es zu einer Verbesserung der peripartalen Calciumhomöostase kom-men würde, ist nicht nur aus Sicht der Tiergesundheit, sondern auch aus wirtschaftlicher Sicht in Bezug auf die Milchproduktion, eine Besserung zu erwarten.

Ob die allgemein für monogastrische Tiere erforschten Mechanismen der aktiven Calcium-Absorption - vor allem bezogen auf die proximalen Dünndarmabschnitte - auch für den Wiederkäuer gelten, muss noch untersucht werden (SCHRÖDER &

BREVES 2006). So wurden beispielsweise Mechanismen des aktiven Calciumtransportes, wie sie bei der monogastrischen Spezies weitläufig erforscht wurden, noch nicht hinreichend bei Wiederkäuern nachgewiesen, um eindeutige Aussagen diesbezüglich treffen zu können.

Durch In-vitro-Versuche zur Untersuchung der aktiven Ca-Absorption bei Wieder-käuern konnte die Annahme, dass beim Wiederkäuer, verglichen mit dem monogast-rischen Tier, der vordere Dünndarm-Abschnitt keine vergleichsweise dominante Rol-le bei der aktiven Calcium-Absorption spielt, unterstützt werden (SCHRÖDER et al.

1997). Auch wenn die primär durch Vitamin D regulierte aktive Calciumresorption bei der monogastrischen Spezies mehr oder weniger auf das Duodenum und das vorde-re Jejunum beschränkt ist (HOENDEROP 2005), so konnte durch Studien der letzten Jahre - zumindest für das Schaf und die Ziege - der Beweis erbracht werden, dass

auch im Reticulorumen aktive Calciumtransportprozesse ablaufen (HOELLER et al.

1988; SCHRÖDER et al. 1997).

2.4.1 Untersuchungen an Schafen und Ziegen

Insbesondere unter dem Aspekt der Grundlagenforschung waren Untersuchungen unterschiedlicher Abschnitte des Gastrointestinaltraktes in Bezug auf die Calcium-Absorption Gegenstand diverser Studien. In Bilanzstudien fistulierter Schafe konnte gezeigt werden, dass generell nicht nur der Dünn- und der Dickdarm, sondern auch präintestinale Abschnitte des Gastrointestinaltraktes sowohl an der Nettosekretion als auch an der Nettoresorption von Calcium beteiligt sind. Allerdings differierten da-bei die Ergebnisse über den Umfang der Transportleistungen zum Teil erheblich. In In-vivo-Versuchen kamen PHILLIPSON und STORRY (1965)bei Versuchen am ge-waschenen Reticulorumen anästhesierter Schafe zu dem Ergebnis, dass das Pansenepithel für Calcium nahezu undurchlässig ist. In anderen Studien wiederum konnte im Labmagen und in den Vormägen zum Teil eine Sekretion von Calcium festgestellt werden, die durch eine Nettoresorption im Dünndarm bzw. Dickdarm kompensiert wurde (PFEFFER et al. 1970; GREENE et al. 1983(a); WYLIE et al.

1985). Des Weiteren konnten RAYSSIGUIER und PONCET (1980) eine beträchtli-che Sekretion von Calcium im präintestinalen Bereich feststellen. Aus diesen Versu-chen ließ sich ableiten, dass das Vormagensystem eine wichtige Rolle bei der Auf-rechterhaltung der Calciumhomöostase spielt und es folgten In-vitro-Versuche für Untersuchungen zu den beteiligten Transportmechanismen. Mit Hilfe der Ussing-Kammer-Technik wurde der Calciumtransport über die isolierte Pansenschleimhaut untersucht. Zum einen konnte bei diesen Versuchen festgestellt werden, dass in Ab-wesenheit eines elektrochemischen Gradienten ein Nettoflux von Calcium zur serosalen Gewebeseite vorlag, was auf einen aktiven Transportmechanismus für Calcium hinwies. Des Weiteren konnte durch eine Blockierung der Na+/K+-ATPase mit Ouabain das Verschwinden der Calciumresorption festgestellt werden, was den Schluss zuließ, dass dieser Calciumtransport von der Existenz der Na+/K+-ATPase abhängt sowie energieaufwändig ist(BREVES & HOELLER 1988).

In-Vitro-Versuche mit Ziegen zeigten eine durch Calcitriol ausgelöste Stimulation der ruminalen Calcium-Absorption (BREVES et al. 1989). SCHRÖDER et al. (1997) stell-ten fest, dass ein erhöhter Calcitriolspiegel, ausgelöst durch eine Calcium-restriktive Ernährung, die Calcium-Absorption im Rumen erhöhte und somit für das Vorhanden-sein aktiver und durch Calcitriol stimulierbare Transportprozesse sprechen würde.

Hinsichtlich der Regulation des gastrointestinalen Calciumtransportes sind jedoch auch Speziesunterschiede feststellbar. Untersuchungen ergaben, dass die Resorpti-on vResorpti-on Calcium aus dem Vormagensystem bei Schafen nicht durch Calcitriol regu-liert zu werden scheint (SCHRÖDER et al. 2001).

Für die intestinale Calcium-Absorption konnten durch Studien zwar Voraussetzungen für einen aktiven und Calcitriol-regulierten Calciumtransport bei Schafen und Ziegen aufgezeigt werden; die Regulation konnte aber funktionell noch nicht eindeutig be-wiesen werden. Dahingehend wurden im Dünndarm von Schafen der VDR, PMCA sowie Calbindin-D9K nachgewiesen (SCHRÖDER et al. 2001). Bei laktierenden Scha-fen, die 10 Tage mit 0,1 µg/kg 1 α-Hydroxyvitamin D3 i.m. behandelt wurden, stellte man einen deutlichen Anstieg der Calcium-Absorption aus dem Gastrointestinaltrakt fest (BRAITHWAITE 1978). Auf Grund des Versuchsdesigns dieser Studie konnten dabei jedoch keine Rückschlüsse auf die genaue Lokalisation im Darmtrakt gezogen werden. Des Weiteren konnten auch im Dünndarm der Ziege der VDR sowie Calbindin-D9K nachgewiesen werden (SCHRÖDER et al. 1995; RITTMANN 1996). Eine alimentär bedingte Calciumdepletion führte allerdings trotz deutlichen Anstieges des Calcitriolspiegels zu keinem signifikanten Anstieg der Calciumnettofluxraten im Dünndarm junger Ziegen (SCHRÖDER et al. 1997).

Schlussfolgernd lässt sich demnach die Aussage treffen, dass die bisherigen Ver-suchsergebnisse zur gastrointestinalen Calciumresorption des Wiederkäuers auf Vi-tamin D-sensitive sowie ViVi-tamin D-insensitive Mechanismen hinweisen. Ob dabei in Analogie zu monogastrischen Tieren dem oberen Dünndarm eine dominierende Rol-le bei der Calcium-Absorption zukommt, ist in weiteren Studien zu untersuchen.

2.4.2 Versuche mit Rindern

Die relativ wenigen Studien, die sich mit der Lokalisation bzw. den Mechanismen der gastrointestinalen Calcium-Absorption beim Rind beschäftigt haben, kommen zu un-terschiedlichen und zum Teil widersprüchlichen Ergebnissen. Auf Grund der Prakti-kabilität fanden die Versuche zur Untersuchung von Calcium-Transportvorgängen bei Wiederkäuern meist bei kleinen Wiederkäuern, wie Schaf und Ziege, statt. Auch war die Anzahl der eingesetzten Versuchstiere meist gering und die Tiere unterschieden sich oft in Bezug auf Alter, Laktationsstadium, Geschlecht oder Trächtigkeitsstadium, was die Vergleichbarkeit der Ergebnisse einschränkt.

Den Versuchen war gemein, dass die Tiere an verschiedenen Stellen des Gastroin-testinaltraktes mit Kanülen bzw. Fisteln versehen waren. Die Erfassung von segmen-talen Calciumflüssen erfolgte schließlich mit Hilfe einer Markertechnik, meistens in Form von Chromoxid (Cr2O3). Durch diese Technik war es möglich, nicht nur die Ge-samtresorption des Calciums zu untersuchen, sondern auch Umfang der Nettosekre-tion bzw. NettoabsorpNettosekre-tion einzelner Abschnitte des Gastrointestinaltraktes zu analy-sieren. In einer Studie aus dem Jahr 1976 stellte man Calciumsekretionen im präintestinalen Bereich fest, die durch Nettoresorptionsvorgänge im Dünndarm kom-pensiert werden konnten (VAN’T KLOOSTER 1976). Dies ließ vermuten, dass, genau wie bei der monogastrischen Spezies, vor allem im Duodenum und Jejunum Calci-um-Nettoresorptionsvorgänge stattfinden. Des Weiteren konnten GOETSCH und OWENS (1985), sowie ZINN und SHEN (1996) durch ihre Versuche eine vorwiegend in den Vormägen stattfindende Calcium-Sekretion feststellen. Diese Ergebnisse wur-den jedoch durch zahlreiche Studien widerlegt, in wur-denen festgestellt wurde, dass zum Teil eine deutliche Calcium-Nettoresorption im präintestinalen Kompartiment erfolgt.

So stellten GREENE et al. (1983(b)) bei Untersuchungen fest, die primär auf den Einfluss von Kalium auf den Magnesiumhaushalt bei Jungbullen fokussierten, dass eine Calciumnettoresorption zum Großteil im Magen und Dickdarm sowie eine Sek-retion von Calcium im Dünndarm stattfindet. In der Untersuchung des Monensin-Einflusses auf die Magnesium- und Calcium-Resorption konnte gezeigt werden, dass das Vormagen- und Labmagenkompartiment sogar als einziger Bereich des

Gast-rointestinaltraktes für die Calciumnettoresorption zuständig war (GREENE et al.

1988). In einer weiteren Studie wurden die Nettobewegungen des Calciums bei un-terschiedlicher Calciumversorgung von Jersey-Rindern untersucht. Dabei stellte sich heraus, dass in den Vormägen und im Labmagen der größte Teil des Calciums re-sorbiert, im Dünn- und Dickdarm hingegen nur ein kleiner Teil sezerniert oder resor-biert wird (KHORASANI & ARMSTRONG 1992).

Diese differierenden Ergebnisse lassen sich möglicherweise in Einklang bringen, wenn die alimentäre Calciumaufnahme mit berücksichtigt wird. Zu diesem Zweck müssen die präintestinalen sowie die intestinalen Anteile an der gesamten Calcium-resorption in Abhängigkeit der alimentären Calciumversorgung betrachtet werden. So konnte gezeigt werden, dass es bei einem hohen Calcium-Angebot in der Nahrung zu einer Verschiebung der Calciumnettoresorption in den präintestinalen Bereiche kommt (SCHRÖDER & BREVES 2006). Dies lässt den Schluss zu, dass die intesti-nale Resorption erst bei alimentär bedingter Calciumabnahme an Prägnanz gewinnt.

KHORASANI et al. (1997) stellten in ihrem Versuch, der sich mit dem Einfluss ver-schiedener Silagen auf den Resorptionsort von Calcium und weiteren Mengenele-menten bei fünf laktierenden Holstein-Kühen beschäftigte, fest, dass der Umfang der Calciumverdaulichkeit nicht von der Fütterung beeinflusst wird. Allerdings kamen auch sie schon zu der Erkenntnis, dass mit Erhöhung des alimentären Calciumangebotes auch die präintestinale Calciumresorption anstieg. Des Weiteren kamen auch RAHNEMA et al. (1994)bei der Untersuchung zum Einfluss von unter-schiedlichen Fettmengen in der Ration bei Holstein-Kühen zu der Schlussfolgerung, dass die Calciumnettoresorption von der täglich aufgenommenen Calciummenge abhängig war, und dass die meisten Resorptionsvorgänge des Calciums präintestinal stattfanden.

Daraus folgt, dass ein klassisches Funktionskonzept zur Calciumabsorption beim Rind bislang nicht gefunden wurde. Auch wenn YAMAGISHI et al. (2002) und YAMAGISHI et al. (2006) die Expression von VDR, sowie von Calbindin-D9k und PMCA am Duodenum des Rindes nachweisen konnten, so ist des Weiteren noch nicht hinreichend erforscht, inwiefern Calcitriol die Calcium-Absorption beim Rind

beeinflusst und bzw. in welchem Ausmaß der pre-duodenale Bereich eine tragende Rolle bei der Calcium-Absorption einnimmt.