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Funktionsweise der Marktwirtschaft (Überblick)Koordinierungsmechanismus Markt

2 Funktionsweise der Marktwirtschaft(Überblick)

2.1 Funktionsweise der Marktwirtschaft (Überblick)Koordinierungsmechanismus Markt

dem Prinzip des Privateigentums an Produktionsmitteln. Beide Elemente zu-sammen konstituieren ein Wirtschaftssystem, das durch Effizienz und Freiheit gekennzeichnet ist. Allerdings gibt es eine Reihe von Ausnahmetatbeständen, bei denen der Markt nicht gut funktioniert, die ein so genanntes Marktversa-gen begründen. Daneben gibt es in der Marktwirtschaft das grundsätzliche Pro-blem der Ungleichheit der Einkommens- und Vermögensverteilung und das temporäre Problem von Konjunkturschwankungen. In der konkreten Gestal-tung von Wirtschaftssystemen wird stets versucht, ein Marktversagen zu korri-gieren und die Marktprobleme zu lösen. Die so genannte Soziale Marktwirt-schaft ist ein Beispiel für ein solches WirtMarktwirt-schaftssystem. Bei Diagnose und Therapie von Marktversagen und Marktproblemen darf nicht außer Acht gelas-sen werden, dass auch der Staat und die staatliche (Wirtschafts-)Politik versa-gen können. Diese Elemente der Marktwirtschaft werden in diesem Kapitel kurz beschrieben und analysiert. Zum Schluss geben wir einen Überblick über die theoriegeschichtlichen Wurzeln der kapitalistischen Marktwirtschaft.

Bevor wir den Koordinationsmechanismus »Markt« näher betrachten, wollen wir zunächst den Wirtschaftskreislauf modellhaft darstellen. Wir fassen sämtli-che private Haushalte zu einer großen Gruppe Haushalte zusammen (man spricht auch vom Sektor Haushalte). Ebenso verfahren wir mit den Unterneh-men, die zusammengefasst den Sektor Unternehmen bilden. In unserem einfa-chen Modell sehen wir ab von staatlicher wirtschaftlicher Tätigkeit und von au-ßenwirtschaftlichen Beziehungen. Die beiden Sektoren Haushalte und Unter-nehmen sind auf zweierlei Weise miteinander ökonomisch verbunden. Wenn die privaten Haushalte Konsumgüter kaufen wollen, treten sie auf den Konsumgü-termärkten als Nachfrager auf, wo die Unternehmen ihrerseits Konsumgüter an-bieten. Da Käufe mit Geld bezahlt werden, fließt dem Strom der Konsumgüter von Unternehmen an die Haushalte ein wertgleicher Strom von Konsumausga-ben (Geldstrom) entgegen. Zum anderen begegnen sich Haushalte und Unter-nehmen auf den Märkten für Produktivleistungen. Für die Produktion müssen die Unternehmen Produktionsfaktoren einsetzen, für deren Nutzung sie den Haushalten ein Geldeinkommen zahlen. Dem Strom der Produktivleistungen (z. B. der Arbeitskraft) fließt auch hier ein Geldstrom entgegen.

Wie in Abbildung 2-1 dargestellt, fließt also zwischen dem Sektor private Haushalte und dem Sektor private Unternehmen ein Güterstrom und entgegen-gesetzt ein Geldstrom. Man spricht daher in Anlehnung an den Blutkreislauf vomWirtschaftskreislauf.

Mithilfe des Wirtschaftskreislaufs und seiner Märkte soll die marktwirt-schaftliche Lösung des Koordinationsproblems erläutert werden. Dabei sind ei-nige Vorgriffe auf die Preisbildung notwendig, die wir in Kapitel 6 eingehend behandeln werden. Zudem ist hervorzuheben, dass es sich bei den folgenden Erörterungen um eine reine Modellbetrachtung handelt. Erläutert wird, wie der Marktmechanismus grundsätzlich funktioniert. Beobachtbare Mängel markt-wirtschaftlicher Systeme und die sich daraus ergebenden Einschränkungen für die folgenden Ausführungen werden in Kapitel 2.4 und 2.5 behandelt.

Konsumgüter fließen von

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Koordinierungsmechanismus Markt

Wie wird in der Marktwirtschaft entschieden, welche Güter in welchen Mengen produziert werden? (Das»Was« der Produktion.)

Auf denKonsumgütermärkten treffen Angebot und Nachfrage nach Gütern zusammen und bestimmen die Preise der Güter. Bei diesen »gleichgewichtigen«

Preisen sind Angebot und Nachfrage ausgeglichen, und die Unternehmen erzie-len einen bestimmten Gewinn.

Angenommen, die Nachfrage nach einem Gut (z. B. nach Einfamilienhäu-sern) steigt, ohne dass sich zunächst die Produktionskosten wesentlich verän-dern. Die Folge wird sein, dass der Preis für dieses Gut steigt und der Gewinn in diesem Produktionszweig zunimmt. Dies veranlasst die Unternehmer, ihre Pro-duktion des Gutes auszudehnen, und lockt neue Unternehmer auf den lukrati-ven Markt. D.h. aber zugleich, dass insbesondere mehr Arbeiter und Maschi-nen, Boden und Rohstoffe zur Produktion von Einfamilienhäusern gebraucht werden.

Was bedeuten diese Vorgänge für das»Was« der Produktion? Die gestiegene Nachfrage, die letztlich Käuferwünsche widerspiegelt, regt über den gestiege-nen Preis und Gewinn die Produktion dieses Gutes an.

Abb. 2-1

Der einfache Wirtschaftskreislauf

Einkommen Einkommen

Konsumausgabe

Konsumausgabe Konsumgüter

Konsumgüter

Produktivleistungen

Produktivleistungen Unternehmen Haushalte

Märkte für Produktiv-leistungen

Konsum- güter-märkte

Das »Was« der Produktion

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Funktionsweise der Marktwirtschaft (Überblick) Koordinierungsmechanismus Markt

Die Nachfrager entscheiden also letztlich durch ihre Käufe (»Stimmzettel«), was in der Volkswirtschaft in welchen Mengen produziert wird.

Man spricht deshalb auch von der Konsumentensouveränität. Mit der Ent-scheidung über die Menge der zu produzierenden Güter wird gleichzeitig ent-schieden, in welche Verwendungen die knappen Produktionsfaktoren der Volks-wirtschaft fließen. Preise und Gewinne haben in diesem Prozess die wichtige Aufgabe, dem Unternehmer zu signalisieren, welche Produktion die Konsumen-ten wünschen. Nur solche Unternehmer, die diese Signale beachKonsumen-ten, können langfristig am Markt bleiben.

Wenden wir uns der Frage zu,»Für Wen« in der Marktwirtschaft produziert wird.

Güter kann nur kaufen, wer ein Einkommen erzielt. (Zur Vereinfachung wol-len wir von Käufen aus Vermögen absehen.) Ein Einkommen erzielt nur, wer seine Arbeitskraft oder sonstige Produktivleistungen für Produktionsprozesse erfolgreich anbietet. Die Höhe des Einkommens ergibt sich dabei – abgesehen vom Gewinn, der sich als Restgröße ergibt (Umsatz – Kosten) – als mathemati-sches Produkt aus der Menge der verkauften Leistungen und ihrem Preis. Die Preise und die ge- bzw. verkauften Mengen der Produktivleistungen ergeben sich auf den so genanntenFaktormärkten, die Preise für die Arbeitskraft z. B.

auf dem Arbeitsmarkt.

Die Angebots- und Nachfragesituation auf den Faktormärkten entscheidet also über die Höhe der Einkommen und damit über das »Für Wen« der Produk-tion.

Wie, d. h. durch Einsatz welcher Produktionsfaktoren, werden die produ-zierten Güter erzeugt?

Angenommen, der Faktor Arbeit ist aufgrund einer hohen Nachfrage nach Arbeit relativ (d. h. im Verhältnis zu anderen Produktionsfaktoren) teuer. Es leuchtet ein, dass die Unternehmer, die zum Zwecke der Gewinnerhöhung mög-lichst niedrige Kosten anstreben, in einem solchen Fall versuchen werden, möglichst wenig Arbeitskraft einzusetzen, Arbeitskraft also durch Kapital zu ersetzen.

Da sich der Preis des Faktors Arbeit (Lohn) und des Faktors Kapital (Zins) auf den Faktormärkten bildet, entscheidet – bei gegebenem Stand des techni-schen Wissens – die Preisbildung auf den Faktormärkten über das Einsatzver-hältnis der Produktionsfaktoren und damit über das »Wie« der Produktion.

Die Steuerung der Konsumgütermärkte und der Märkte für Produktivleistun-gen erfolgt durch die Preise auf diesen Märkten. Diese Preise reflektieren die Präferenzen der Konsumenten und die Kosten der Produktion. Sie steuern nicht nur isoliert die Tauschprozesse auf den einzelnen Märkten, sondern auch die Beziehungen zwischen den Güter- und Faktormärkten. Damit haben die Tauschprozesse auf den Gütermärkten ebenso Rückwirkungen auf die Faktor-märkte wie die Tauschprozesse auf den FaktorFaktor-märkten auf die GüterFaktor-märkte.

Wenn wie in obigem Beispiel der Preis für Einfamilienhäuser steigt und da-raufhin die Produktion ausgedehnt wird, nimmt in der Volkswirtschaft die Das »Für Wen«

der Produktion

Das »Wie«

der Produktion

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Koordinierungsmechanismus Markt

Nachfrage nach Arbeitskräften für diese Branche zu. Die Nachfrage nach Arbeit ist also, wie die Nachfrage nach Produktivleistungen überhaupt, eine abgelei-tete Nachfrage. Die Löhne steigen und damit verändert sich die Kostensitua-tion bei der KonsumgüterprodukKostensitua-tion, was nicht ohne Rückwirkungen auf die Produktionsentscheidungen bleibt: Einerseits lohnt es sich in dieser Branche tendenziell, Arbeit durch Kapital zu ersetzen. Andererseits führen die gestiege-nen Kosten im Marktmodell zu einer Abnahme der Produktion. Ferner ist zu be-rücksichtigen, dass die gestiegenen Löhne Einkommen darstellen und damit nachfragewirksam werden. Hier wird der wechselseitige Zusammenhang zwi-schen den Märkten einer Volkswirtschaft – diegenerelle ökonomische Inter-dependenz – sehr deutlich.

Im Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage bilden sich im freien Wettbe-werb Preise, die im Prinzip und im Durchschnitt Produktionskosten und Konsu-mentenpräferenzen reflektieren. Es bilden sich also Knappheitspreise, ohne dass eine Behörde diese berechnen muss. Es ist geradezu die Überzeugung der Ökonomen, dass der Markt im Preis die Informationen der Wirtschaft besser verarbeiten kann als ein Computer oder ein Planungsamt. Die Grundvorstellung ist, dass ein Markt mit Hunderten von Teilnehmern in seiner Gesamtheit klüger ist als eine Behörde, weil alle diese Teilnehmer Informationen liefern, sammeln und verarbeiten und dabei, anders als die Behörde, finanzielle Risiken tragen.

Der Markt verfügt also über mehr »Experten« als die Behörde und hat zugleich die besseren Anreizmechanismen in Form des Privateigentums. Das ist kurz ge-fasst dieHypothese vom effizienten Markt. Sie besagt, dass die tatsächlichen Preise die besten Schätzungen für den Wert von Gütern sind, basierend auf al-len verfügbaren Informationen. Diese Idee wird etwa in den zahlreichen Wahl-prognosemärkten, z. B. an der Universität Kiel (www.forecastmarkets.org/uni-kiel) angewendet oder in der Internetbörse Policy Analysis Market (PAM) des Pentagon, an der interessierte Händler auf das Geschehen z. B. im Nahen Osten wetten können.

Die Vorzüge der Marktkoordination durch den Preis sind zusammengefasst:

쑺 die große Zahl der Teilnehmer (die »Weisheit der Massen«),

쑺 ihre überlegene spezifische Kenntnis des Marktes (z. B. Golfgeräteproduzen-ten und Golfspieler kennen den Golfgerätemarkt besser als andere Wirt-schaftssubjekte) und

쑺 die finanzielle Motivation der Teilnehmer.

Im Zuge der Finanzkrise ist die Hypothese vom effizienten Markt ein wenig in Misskredit geraten, die Grundvorstellung ist aber sicher richtig: Märkte verar-beiten besser als andere Informationsverarbeitungssysteme eine Fülle von In-formationen über Konsumentenpräferenzen, über Kostenverläufe und über Knappheiten in einem einzigen Indikator, nämlich im Preis, und dieser Preis ist damit ein sehr gutes Informationskonzentrat und ein sehr gutes Lenkungsmit-tel.

Die Nachfrage nach Produktionsfaktoren ist eine abgeleitete Nachfrage.

Knappheitspreise reflektieren Kosten und Präferenzen.

Der Preis ist ein sehr gutes Informationskonzentrat.

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Funktionsweise der Marktwirtschaft (Überblick)