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Bedeutung und Stellung der Kommunikationspolitik

A. Grundlagen der Kommunikationsforschung

2 Funktionen der Kommunikationspolitik

Der Einsatz der Kommunikation erfolgt in der Regel zweckgerichtet. Die unternehmerische Kommunikationspolitik erfüllt in diesem Zusammenhang verschiedene Funktionen. Um eine systematische Durchdringung der im zugrunde liegenden Kontext relevanten Funktionen der Kommunikationspolitik zu erleichtern, erscheint es sinnvoll, diese in eine gedankliche Ordnung zu bringen. Dazu bietet sich es an, zunächst eine grundlegende Unterscheidung in die beiden folgenden zwei Kategorien vorzunehmen (vgl. Schaubild I-A-5):

(1) Mikroökonomische Funktionen, (2) Makroökonomische Funktionen.

Im Rahmen der mikroökonomischen Funktionen lässt sich eine weitere gedankliche Untertei-lung vornehmen, die ein umfassenderes und differenzierteres Verständnis kommunikativer Funktionen auf mikroökonomischer Ebene gewährleistet. Es können demnach drei Funktio-nen unterschieden werden:

(1) Informationsfunktion, (2) Beeinflussungsfunktion, (3) Bestätigungsfunktion.

Der Einsatz kommunikativer Aktivitäten ist grundsätzlich in der Lage, Informationsfunktio-nen wahrzunehmen. Die Kommunikation kann dazu eingesetzt werden, den Konsumenten bezüglich des betreffenden Gegenstandes beziehungsweise seiner Eigenschaften in Kenntnis zu setzen (Olbrich 2007, S. 177). Bei dem kommunikativ zu unterstützenden Gegenstand kann es sich z. B. um das Unternehmen, eine Marke, ein Produkt, eine Dienstleistung und/oder spezielle Verhaltensweisen handeln. Da die Kommunikationspolitik im Vergleich zu anderen Marke-tinginstrumenten in besonderem Maße dazu geeignet ist, Informationen zu vermitteln bezie-hungsweise zielgerichtet zu steuern, wird sie vielfach auch als „Sprachrohr des Marketing“

bezeichnet (Nieschlag/Dichtl/Hörschgen 2002, S. 985 ff.). Aber auch die anderen Marketingin-strumente vermitteln dem Konsumenten Informationen. So entsenden beispielsweise Ent-scheidungen der Produktpolitik ebenfalls Informationen, die jedoch nach den getroffenen pro-duktpolitischen Entscheidungen nur schwer steuerbar sind. Dies gilt für die Produktsubstanz-, die Verpackungsgestaltung sowie die Markierung gleichermaßen. So erhält der Konsument z. B. über eine farbintensive und phantasievoll gestaltete Flasche eines Erfrischungsgetränkes bereits erste Informationen bezüglich des Geschmacks des Getränkes (Schweiger/Schrattenecker 2009, S. 125 f.). Gerade bei Produkten, die ohne Beratung in Selbstbedienungsgeschäften ver-kauft werden, nimmt die Verpackung eine besondere Stellung ein, da sie Informationen über das Produkt transportiert und dem Kunden überdies als Entscheidungshilfe dient.

Funktionen der Kommunikationspolitik

Informationsfunktion

Beeinflussungsfunktion Bestätigungsfunktion

Mikroökonomisch

Wettbewerbsgerichtete Funktion

Sozial-gesellschaftliche Funktion

Makroökonomisch

Schaubild I-A-5: Funktionen der Kommunikationspolitik

12 Teil I: Bedeutung und Stellung der Kommunikationspolitik

Vahlen Allg. Reihe Bruhn – Unternehmens- und Marketingkommunikation (3. Auflage) Herstellung: Frau Deuringer Ausgabedatum: 03.09.2014 Änderungsdatum: 03.09.2014 Status: Druckdaten Seite 12

Vahlen Allg. Reihe Bruhn – Unternehmens- und Marketingkommunikation (3. Auflage) Herstellung: Frau Deuringer Ausgabedatum: 03.09.2014 Änderungsdatum: 03.09.2014 Status: Druckdaten Seite 13

Beispiel: Verpackungsgestaltung bei Coca-Cola

Der Getränkeanbieter Coca-Cola hat vor einigen Jahren im Rahmen der Verpackungsgestaltung die Entscheidung getroffen, die ursprüngliche Form der Coca-Cola-Flasche, die sich an der Idealfigur einer Frau orientierte, so zu verändern, dass ein wohlgeformter Frauenkörper nicht mehr erkennbar war. Dies führte zu erheblichen Absatzeinbrüchen bei Coca-Cola, da die neue Verpackungsgestaltung durch den Wechsel in der jahrzehntelangen kontinuierlichen Verpackungspolitik keine zielführen-den Informationen im Sinne der Wiedererkennbarkeit der Marke entsendete. Wenige Wochen später entschied sich der Getränkeanbieter daher, wieder die alte Flasche einzusetzen.

Eng verbunden mit der Vermittlung von Informationen ist es vor allem die besondere Fä-higkeit der Kommunikation, eine Beeinflussungsfunktion wahrzunehmen, die sie zu einem leistungsfähigen Instrument des Marketingmix macht. Oftmals wird in diesem Zusammen-hang auch von der Emotionalisierungsfunktion der Kommunikationspolitik gesprochen. So wird die Kommunikation vor allem im kommerziellen Marketing im Regelfall nicht nur dazu eingesetzt, um über die Vermittlung von Informationen den Kenntnisstand der Kommuni-kationsadressaten zu verbessern, sondern um eine Vielzahl weiterer (innerer und äußerer) Verhaltensreaktionen im Sinne der Kommunikationsziele zu steuern. Die Kerninhalte der Market-Power und Market-Competition School als wichtige psychologische Strömungen zur Erklärung menschlichen Verhaltens sind in besonderem Maße dazu geeignet, Möglichkeiten aufzuzeigen, wie dieses Zusammenspiel zwischen der Wahrnehmung der informativen und beeinflussenden Funktion erfolgen kann (Vernon 1971, S. 146 ff.; Moriarty/Mitchell/Wells 2009, S. 9 f.). Nach Auffassung der Market Power School kann die Kommunikationspolitik dazu eingesetzt werden, das Interesse des Konsumenten vom Preis abzulenken. Eine dazu konträre Auffassung ist, mit Hilfe der Kommunikationspolitik die Preissensibilität des Konsumenten zu erhöhen (Market-Competition School).

In beiden Fällen vermittelt die Kommunikation Informationen. Allerdings ist die Art der übermittelten Informationen unterschiedlich, so dass auch die Art der Informationsverar-beitung beim Konsumenten anderen gedanklichen Richtlinien folgt. Es wird deutlich, dass die Wahrnehmung der informativen Funktion gleichzeitig beeinflussende Wirkung entfaltet.

Die Wahrnehmung der Beeinflussungsfunktion durch die Kommunikation kann sich in einer Vielzahl veränderter Verhaltensreaktionen beim Konsumenten äußern (Trommsdorff 2008, S. 31;

Kroeber-Riel/Gröppel-Klein 2013, S. 51 ff.):

• Ausgelöste Emotionen,

• Eine bestimmte Motivationshöhe,

• Eine bestimmte Einstellungsausprägung,

• Geschaffene Präferenzen,

• Überzeugtheit,

• Ausgelöstes Kaufverhalten,

• Ausgelöstes Verwendungsverhalten.

Es wird deutlich, dass sich die beeinflussende Kraft der Kommunikation auf eine Vielzahl menschlicher Verhaltensweisen erstrecken kann. Aufgabe des Entscheidungsträgers muss es in diesem Zusammenhang sein, die Verhaltensweisen der Konsumenten durch den Einsatz der Kommunikation so zu steuern, dass Kommunikationsziele bestmöglich erreicht werden.

Für eine dauerhafte Sicherstellung des Kommunikationserfolgs ist es notwendig, den Konsu-menten in seinen (Kauf-)Verhaltensreaktionen zu bestätigen. Die Kommunikation kann daher auch zur Wahrnehmung einer Bestätigungsfunktion eingesetzt werden. Dies gilt sowohl für die inneren (nicht beobachtbaren) als auch für die äußeren (beobachtbaren) Verhaltensweisen.

Dabei ist festzustellen, dass die erfolgreiche Bestätigung innerer Verhaltensreaktionen, wie z. B. die Vertiefung von Kenntnissen, die Verstärkung von Interessen, die Stabilisierung von

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Einstellungen, die Konkretisierung von Handlungsabsichten u. a. m., durch kommunikative Aktivitäten erheblich einfacher ist als eine erfolgreiche kommunikative Zustimmung zu äu-ßeren Verhaltensreaktionen.

Die makroökonomischen Funktionen der Kommunikation lassen sich ebenfalls weiter unter-gliedern. Hier sollen vor allem zwei zentrale Funktionen hervorgehoben werden:

(1) Wettbewerbsgerichtete Funktion, (2) Sozial-gesellschaftliche Funktion.

Bei der Wahrnehmung der wettbewerbsgerichteten Funktion wird die Kommunikation zu-nehmend dazu eingesetzt, um sich gegenüber der Konkurrenz zu profilieren und dadurch Wettbewerbsvorteile zu erzielen (Liebl 2003, S. 37; Bruhn 2015, S. 24). Selbst wenn die Jahre 2008 bis 2010 für den Werbemarkt in Deutschland das vorläufige Ende der kontinuierlich steigenden Investitionsvolumina in kommunikative Aktivitäten brachte, äußert sich die wettbewerbsge-richtete Funktion der Kommunikation in einem anhaltenden Werbedruck sowie dem stetigen Bemühen um eine effektive und effiziente Kommunikationspolitik (Media Perspektiven 2013).

Eine zentrale Ursache für die zunehmende Verlagerung der Wettbewerbsaktivitäten auf den Einsatz der Kommunikation ist in der Verschärfung der allgemeinen Wettbewerbsbedin-gungen zu sehen (Pradel 2001, S. 58). Aufgrund der nachlassenden wettbewerbsorientierten Leistungsfähigkeit des klassischen Marketinginstrumentariums wird immer mehr dazu übergegangen, neuere Formen der Marktbearbeitung einzusetzen, um dem Unternehmen und seinem Leistungsprogramm auf diese Art und Weise eine einzigartige Stellung in den Köpfen der Zielpersonen zu verschaffen. So ist die Kommunikation in den letzten Jahren zu einem zentralen Erfolgsfaktor geworden. Die Diffusion dieser Erkenntnis bei den Unternehmen hat dazu geführt, dass ein Kommunikationswettbewerb entstanden ist, der gesteigerte Anforde-rungen an die Unternehmenskommunikation stellt.

Weiterhin nimmt die Kommunikation eine sozial-gesellschaftliche Funktion wahr, deren Ausübung sich in vielfältiger Art und Weise äußern kann. Zunächst ist in diesem Zusam-menhang festzuhalten, dass die Kommunikation – neben z. B. dem Erziehungsstil – Einfluss auf die Struktur und Dynamik des gesellschaftlichen Wertesystems nimmt. Obwohl neben der Kommunikation zahlreiche weitere Bestimmungsgründe, wie z. B. Veränderungen in den Knappheitsbedingungen usw., für Werteveränderungen angeführt werden können, ist sie doch als ein zentraler Einflussfaktor für die Struktur und Dynamik des gesellschaftlichen Wertesystems einzustufen. Ein klassisches Beispiel dafür liefert das erhöhte Umweltbewusst-sein in der Gesellschaft, das in hohem Maße auf die verstärkt umweltorientierte Ausrichtung der Kommunikation in den letzten Jahren zurückzuführen ist.

Darüber hinaus ist die Kommunikation über die Ausübung der Informationsfunktion im Rah-men der mikroökonomischen Funktionskategorie in der Lage, auf makroökonomischer Ebene zu einem aufgeklärteren gesellschaftlichen Konsumentenverhalten beizutragen. Die Kom-munikation informiert die Konsumenten z. B. über neue und verbesserte Produkte, ein pro-duktadäquates Verwendungsverhalten, Produktverfügbarkeiten usw. Sie hilft, Unternehmen, Marken, Produkte/Dienstleistungen und Produkteigenschaften/Dienstleistungseigenschaften zu vergleichen und den Preis- sowie Qualitätswettbewerb beurteilen zu können. Es wird deut-lich, dass die Kommunikation ein leistungsfähiges Instrument ist, um die Markttransparenz zu erhöhen. Dies gilt nicht nur für die Endabnehmer der Unternehmensleistungen, sondern vielmehr für sämtliche gesellschaftliche Anspruchsgruppen, wie z. B. Verbraucherorganisa-tionen, Bürgerinitiativen und Umweltorganisationen (Bruhn 2015, S. 24).

14 Teil I: Bedeutung und Stellung der Kommunikationspolitik

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Weiterhin wird die sozial-gesellschaftliche Funktion der Kommunikation durch die Ver-mittlung von Normen und gesellschaftlichen Wertvorstellungen deutlich. Auf diese Art und Weise werden viele Entscheidungen des täglichen Lebens erleichtert, aber auch eingeschränkt.

Über kommunikative Aktivitäten wird den Konsumenten mitgeteilt, welche Entscheidungen von der Gesellschaft befürwortet und welche abgelehnt werden. Insbesondere der Kauf von Konsumgütern des täglichen Bedarfs ist durch eine geringe Ich-Beteiligung am Willensbil-dungsprozess gekennzeichnet. Er wird oftmals von gesellschaftlichen Wertvorstellungen gesteuert, weil dadurch der kognitive Aufwand des Konsumenten im Hinblick auf die Kauf-entscheidung erheblich reduziert wird. Auf der anderen Seite können die Konsumenten durch die Vermittlung gesellschaftlicher Normen und Wertvorstellungen aber auch in ihrer Entscheidungsfreiheit eingeschränkt werden. Dies gilt insbesondere für Konsumenten, deren Persönlichkeitsstruktur in erheblichem Maße fremdbestimmt wird. Ihre Verhaltensweisen werden stark durch externe Einflüsse, wie z. B. gesellschaftliche Normen und Wertvorstellun-gen, determiniert. Die zunehmende Nutzung von Social Media-Plattformen besonders unter Jugendlichen (88 Prozent der 14–19 Jährigen nutzen diese Kommunikationsformen, ARD/ZDF 2013) intensiviert die aufgeführten Prozesse, da die Stärke und Sichtbarkeit der Einflüsse in großem Ausmaß die Einschränkung der (eigenen) Entscheidungsfreiheit determinieren.

Schließlich nimmt die Kommunikation eine sozial-gesellschaftliche Funktion wahr, weil sie sämtlichen Mitgliedern der Gesellschaft die Möglichkeit des Zeitvertreibs und der Unter-haltung bietet. Konsumenten – beziehungsweise ausgewählte Gruppen von Konsumenten – können sich bei viralen Nachrichten „amüsieren“, bei Werbebotschaften „entspannen“

oder auch die Verkaufsförderungsaktion in der Einkaufsstätte „genießen“. Diese Rolle der Kommunikation im Rahmen ihrer sozial-gesellschaftlichen Funktion wird häufig übersehen beziehungsweise unterschätzt. Der Wunsch der Konsumenten nach der Erfüllung dieser Funktion der Kommunikation, insbesondere im werblichen Bereich, geht aus verschiedenen Umfragen hervor (Kroeber-Riel/Gröppel-Klein 2013, S. 631).

Die von den Konsumenten lediglich zur Unterhaltung aufgenommene Kommunikation kann durchaus einschneidende gesellschaftliche Konsequenzen haben. Sie trägt auch zur Sozialisie-rung bei, prägt Vorstellungen sowie Gefühle und ist dadurch in entscheidendem Maße an der Ausformung des Weltbildes, des Wertewandels und des individuellen Verhaltens in Gruppen und in der Gesellschaft beteiligt (Kroeber-Riel 1989).