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Bedeutung und Stellung der Kommunikationspolitik

A. Grundlagen der Kommunikationsforschung

3 Formen der Kommunikation

Die Kommunikationsaktivitäten von Unternehmen lassen sich ordnen, indem auf gewisse

„Urbausteine“ der Kommunikation, im Folgenden Kommunikationsformen genannt, ge-danklich zurückgegriffen wird (Steffenhagen 2008, S. 129 ff.). Kommunikationsformen stellen gedanklich isolierbare Dimensionen dar, die jeden Kommunikationsvorgang charakterisieren.

Jede Kommunikationsaktivität kann demnach als spezifisches Konglomerat von Kommunika-tionsformen interpretiert werden. Insgesamt kann zwischen fünf sich ergänzenden Kommu-nikationsformen differenziert werden, die sich in bipolaren Ausprägungen gegenüberstehen:

(1) Persönlich – Unpersönlich, (2) Einseitig – Zweiseitig,

(3) Kommunikation mittels Form- und/oder Stoffzeichen – Kommunikation mittels Wort-, Schrift-, Bild- und/oder Tonzeichen,

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Vahlen Allg. Reihe Bruhn – Unternehmens- und Marketingkommunikation (3. Auflage) Herstellung: Frau Deuringer Ausgabedatum: 03.09.2014 Änderungsdatum: 03.09.2014 Status: Druckdaten Seite 14

Vahlen Allg. Reihe Bruhn – Unternehmens- und Marketingkommunikation (3. Auflage) Herstellung: Frau Deuringer Ausgabedatum: 03.09.2014 Änderungsdatum: 03.09.2014 Status: Druckdaten Seite 15

(4) Personen- und/oder organisationsspezifisch gerichtet – An ein anonymes Publikum ge-richtet,

(5) Unternehmensgesteuert – Nutzergeneriert.

Nach diesen Kriterien wird z. B. der Persönliche Verkauf insbesondere durch das Merkmal „per-sönliche Kommunikation“ abgegrenzt. Mediawerbung wird durch die Merkmalskombination

„unpersönlich, einseitig, nicht-physisch und an ein anonymes Publikum gerichtet sowie un-ternehmensgesteuert“ beschrieben. Direktwerbung wird durch die Merkmale „unpersönlich, einseitig, nicht-physisch, personen- und organisationsspezifisch und unternehmensgesteuert gerichtet“ klassifiziert. Schaubild I-A-6 zeigt die aufgezeigten Formen der Kommunikation.

Merkmal (1):

Persönliche Kommunikation findet im unmittelbaren zwischenmenschlichen Kontakt, also in der persönlichen Begegnung „Face to Face“, statt. Sie erfolgt daher immer live und bietet stets die Möglichkeit zur zweiseitigen Kommunikation. Diese Kommunikationsform ist typisch für das Verhalten von Verkäufern, Propagandisten, Beratern und Managern, die in Ausübung ihres Berufes eine Vielzahl persönlicher Kontakte wahrnehmen müssen. Beispiele für persön-liche Kommunikation sind personifizierte Websites und Mailings.

Unpersönliche Kommunikation hingegen ist durch eine raum-zeitliche Trennung zwischen Kommunikationssender und -empfänger gekennzeichnet. Sie kann live und zweiseitig erfolgen – z. B. bei der Übertragung eines Fußballspiels mit anschließender telefonischer Rückkoppe-lungsmöglichkeit. Im Regelfall bedient sie sich jedoch konservierter, mehrfach reproduzier-barer Botschaften und ist dann einseitiger Natur. Diese Kommunikationsform ist charakteris-tisch für die Mediawerbung, im Rahmen derer die Konsumenten mit den gleichen Spots und Anzeigen mehrfach konfrontiert werden, ohne eine Rückkoppelungsmöglichkeit zu erhalten.

Natürlich kann bei der Abgrenzung zwischen persönlicher und unpersönlicher Kommuni-kation auch ausschließlich auf den Live-Charakter und die Zweiseitigkeit abgestellt werden.

In diesem Fall würde beispielsweise das Telefongespräch der persönlichen Kommunikation als Kommunikationsform subsumiert werden müssen. Allerdings verliert die Abgrenzung von Kommunikationsformen dadurch an Präzision, da dies keine konsequente Offenlegung gedanklich isolierbarer Dimensionen implizieren würde.

Merkmal (2):

Zweiseitige Kommunikation ist durch sofortige Rückkoppelungsmöglichkeit (Interaktion) der am Kommunikationsprozess Beteiligten gekennzeichnet. Es besteht die Möglichkeit, die Rollen des Kommunikators und des Adressaten unmittelbar zu vertauschen. Zweiseitige

(a) (b)

(1) Persönliche Kommunikation – Unpersönliche Kommunikation (2) Zweiseitige Kommunikation – Einseitige Kommunikation (3) Kommunikation mittels Form- und/oder

Stoffzeichen (physische Kommunikation) – Kommunikation mittels Wort-, Schrift-, Bild- und/oder Tonzeichen

(4) Personen- und/oder

organisations-spezifisch gerichtete Kommunikation – An ein anonymes Publikum gerichtete Kommunikation (5) Unternehmensgesteuerte Kommunikation – Nutzergenerierte Kommunikation

Schaubild I-A-6: Abgrenzungsmöglichkeiten von Kommunikationsformen (in Anlehnung an Steffenhagen 2008, S. 129)

16 Teil I: Bedeutung und Stellung der Kommunikationspolitik

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Kommunikation tritt in hohem Maße bei persönlichen Gesprächen auf, die dialogorientiert geführt werden. Aber auch die unpersönliche Kommunikation, z. B. in Form von Telefonge-sprächen oder Direct-Response-Maßnahmen im Internet, ist häufig durch eine Zweiseitigkeit gekennzeichnet.

Einseitige Kommunikation ist durch lediglich einen Kommunikator charakterisiert. Bei dieser Kommunikationsform hat der Adressat keine Möglichkeit, über einen Rückkanal seinerseits zum Kommunikator zu werden, um beispielsweise Fragen zu stellen, Beschwerden zu äu-ßern oder Verbesserungsvorschläge zu unterbreiten. Diese Form der Kommunikation ist ein zentrales Charakteristikum der Mediawerbung oder Internetspiele mit marken- oder unter-nehmensbezogenen Inhalten.

Merkmal (3):

Physische Kommunikation vollzieht sich durch die reine Präsenz gestalteter Gebilde oder Personen. Es handelt sich um die Kommunikation mittels Form- und/oder Stoffzeichen.

Diese Kommunikationsform wird in der einschlägigen Literatur auch als nonverbale Kom-munikation bezeichnet, wobei dieser Begriff in seiner inhaltlichen Bedeutung sowohl die Kommunikation mittels materieller Gegenstände als auch die Gesichts- und Körpersprache beinhaltet (Fuchs/Unger 2003, S. 179). Beispiele für die physische Kommunikation sind etwa die Vorführung von Exponaten in Schaufenstern, ein gestalteter Messestand oder die Präsentation neuer Modekollektionen auf Modenschauen.

Der Kommunikation mittels Wort-, Schrift-, Bild- und/oder Audiozeichen (gleichgültig, ob bewegt oder unbewegt) ist dem Großteil kommunikativer Aktivitäten im Markt zuzuordnen.

Dabei zählen gestaltete Druckstücke, wie Anzeigen, Kataloge, Prospekte oder Werbebriefe, ebenso zu dieser Kommunikationsform, wie die Kommunikation via Internet, Fernsehen, Rundfunk, Lautsprecheranlagen oder in Einzelhandelsläden. Der Kommunikator bedient sich verschlüsselter Kommunikationsbotschaften (Kommunikationsmittel), um dadurch die Reichweite kommunikativer Aktivitäten zu vervielfachen.

Merkmal (4):

Der personen- und/oder organisationsspezifischen Kommunikation als Kommunikationsform sind sämtliche Kommunikationsaktivitäten zuzuordnen, die auf namentlich bezeichnete beziehungsweise speziell ausgewählte Organisationen oder Personen gerichtet sind. Dazu gehört beispielsweise die persönliche Werbe-E-Mail oder die persönliche Überreichung eines Werbegeschenkes.

Bei der Kommunikation an ein anonymes beziehungsweise disperses Publikum, die gele-gentlich auch als indirekte Kommunikation bezeichnet wird, fehlt eine Spezifizierung des Kommunikationsadressaten. Der Kommunikator richtet seine kommunikativen Aktivitäten lediglich an ein mehr oder weniger abgegrenztes Publikum, dessen einzelne Mitglieder ihm unbekannt sind. Vielfach werden dazu Kommunikationsträger eingesetzt, um eine breitere Streuung kommunikativer Aussagen sicherzustellen.

Merkmal (5):

Die Notwendigkeit der Abgrenzung zwischen unternehmensgesteuerter und nutzergene-rierter Kommunikation ist auf die verschiedenen Möglichkeiten der Kommunikation und Informationsverbreitung des Internet zurückzuführen. Unter unternehmensgesteuerter Kom-munikation sind dabei die Kommunikationsaktivitäten zu verstehen, die aktiv vom Unterneh-men (Sender der Kommunikation) eingesetzt und verbreitet werden. Beispiele sind klassische Maßnahmen wie eine Anzeigenkampagne in Printmedien aber auch Social Media-Maßnah-men, wobei drei unterschiedliche Strategieansätze verfolgt werden können: Die Strategie

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der Beeinflussung, des Mitredens sowie die Strategie der Aktivierung (vgl. vertiefend Bruhn 2014b, S. 239 f.).

Nutzergenerierte Kommunikation umfasst sämtliche Kommunikationsformen, die von Konsu-menten beziehungsweise Nutzern generiert und über das Internet verbreitet werden. Per De-finition handelt es sich somit nicht um eine direkte Kommunikationsaktivität von Unterneh-men. In Deutschland nutzen mehr als 45 Prozent der Bevölkerung Social Media-Plattformen (ARD/ZDF 2013). Zahlreiche Studien bestätigen die wichtige Funktion der nutzergenerierten Kommunikation für Konsumenten als Informationssurrogat bei Konsumentscheidungen (z. B.

Chevalier/Mayzlin 2006; Liu 2006; Delarocas/Zhang/Awas 2007; Bruhn/Schoenmüller/Schäfer 2012).

Dies unterstreicht die Relevanz der nutzergenerierten Kommunikation für Unternehmen und erklärt die Berücksichtigung dieser Kommunikationsform. Auch wenn Unternehmen keinen direkten Einfluss auf die Kommunikationsinhalte sowie deren Verbreitung haben, ist es Unternehmen angeraten, nutzergenerierten Informationsaustausch im Sinne eines Moni-torings zu überwachen, um Chancen, wie Hinweise für Optimierungsprozesse, und Risiken, wie negative Stellungnahmen, zu nutzen beziehungsweise zeitnah entgegenzuwirken (Bruhn 2014b, S. 240).

Es wird deutlich, dass jede Kommunikationsaktivität durch die Ausprägung der unterschied-lichen Dimensionen (Kommunikationsformen) näher gekennzeichnet werden kann. Die Zu-ordnung kommunikativer Aktivitäten zu den entsprechenden Kommunikationsformen trägt dabei in entscheidendem Maße zur funktionalen Abgrenzung kommunikativer Aktivitäten bei. Das zugrunde liegende Denkraster kann somit als Orientierungshilfe interpretiert wer-den, dessen Heranziehung der Kommunikation in dem Bemühen um eine zielführendere Ausrichtung helfen kann.

In Abhängigkeit der Art und Ausprägung der einer jeweiligen Kommunikationsaktivität inne-wohnenden Kommunikationsformen kann eine Kategorisierung von Kommunikationsaktivi-täten vorgenommen werden, deren Ergebnis die Ableitung von Kommunikationsinstrumenten ist, wie z. B. der Mediawerbung, Verkaufsförderung, Direct-Marketing usw. (vgl. vertiefend Dritter Teil). Diese Kategorisierung hat sich in Wissenschaft und Praxis durchgesetzt und trägt in entscheidendem Maße zur Übersichtlichkeit in der Kommunikation bei.