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Frauen im US-amerikanischen Militär

Im Folgenden geht es um die Entwicklung von Frauen in den US-amerikanischen Streitkräften. Dabei werde ich darauf eingehen, wie der Prozess der Öffnung der Streitkräfte begonnen, wie er sich bis zum heutigen Stand entwickelt hat und was wir noch an Arbeit vor uns haben.

Zu den US-Streitkräften gehören derzeit über 200 000 Frauen. Das entspricht einem Frauenanteil von etwa 14  Prozent an der Gesamtstärke. Mittlerweile sind Frauen in allen Dienstgraden zu finden. Bis dahin war es jedoch ein langer Weg. So waren Frauen bereits seit der Nationsbildung in den amerikanischen Streitkräften aktiv, doch wurden Art und Umfang ihrer Tätigkeit erst 1917 gesetzlich festgelegt.

Während der beiden Weltkriege konnten Frauen lediglich im medizinischen Bereich oder als Unterstützungskräfte in der Heimat arbeiten. Sie wurden administrativ in separaten Organisationen innerhalb der Teilstreitkräfte geführt, so etwa im Women’s Army Corps (WAC)), in der Womens’ Air Force (WAF) und in dem Women Accepted for Volunteer Emergency Service Marine (WAVE).

Während des Krieges in Vietnam in den 1970er-Jahren übte die amerikanische Frauenbewegung erheblichen Druck auf Präsident Ford aus, so dass er im Laufe der Zeit einige der Restriktionen, denen Frauen im amerikanischen Militär unterworfen waren, aufhob und damit Frauen beinahe die gleichen Rechte wie Männer einräum-te. Frauen wurden in der Folge ein fast normaler Teil der amerikanischen Streitkräfte, sie durften jedoch nicht in Kampffunktionen tätig werden. 1976 sind die ersten Frauen als Offizieranwärterinnen in die verschiedenen Militärakademien eingetreten und wurden dann nach einem vierjährigen Studium aktive Offizierinnen.

Erst geraume Zeit später, im Jahr 1992, hat der Kongress das Gesetz, dass die Tätig keit von Frauen in Kampfverwendungen untersagte, teilweise aufgehoben.

Frauen durften von nun an Kampfflugzeuge fliegen und auf ausgewählten Kriegs-schiff en ihren Dienst verrichten. Ich selbst profitierte von dieser Änderung der gesetz lichen Geschäftsgrundlagen, als ich im Jahr 1992 in den aktiven Dienst eintrat.

Nach wie vor blieben Frauen jedoch Verwendungen verschlossen, die sie in einen direkten Bodenkampf führen würden. Dies galt beispielsweise für die Infanterie, die Artillerie, die Spezialkräfte und andere Bereiche mehr. Die Tätigkeit auf U-Booten wiede rum war Frauen nicht möglich, da hierfür erhebliche Umbaukosten der U-Boote erwartet wurden.

Während des Irakkrieges waren Frauen jedoch in Einheiten tätig, die den Boden-kampf im Irak unterstützten. Da es im modernen Krieg jedoch keine fügliche Trennung mehr zwischen Front und Etappe gibt, gerieten auch diese Unterstützungseinheiten

und damit die weiblichen Soldaten unter Feuer. Das Ausnehmen der Soldatinnen aus Kampffunktionen blieb somit bis in unsere Tage hinein von einer großen Zwiespältigkeit gekennzeichnet.

Auch die US-amerikanische Counterinsurgency-Strategie der letzten Kriege kam im kampf- und im kampfnahen Geschehen nicht ohne Soldatinnen aus. So setzte die Strategie auf den Kontakt mit allen Einwohnern des Einsatzlandes. Wenn man jedoch auch die Frauen im Einsatzgebiet erreichen wollte, konnte man auf Frauen nicht verzichten. So hielten dann die amerikanischen Soldatinnen den Kontakt und die Kommunikation zu den irakischen und afghanischen Frauen. Dafür wurden so-gar gesonderte Fraueneinheiten gebildet, die sog. Female Engagement Teams, die auch außerhalb der geschützten Zonen arbeiten mussten. Sie haben die ihnen gesetz-ten Aufgaben vorbildlich gelöst und auch unter Beschuss großen Mut gezeigt. Zwei Soldatinnen dieser Einheiten wurden deswegen auch mit dem Silver Star ausgezeich-net, für eine Tätigkeit, die ihnen streng genommen eigentlich bis in das Jahr 2013 hinein gesetzlich untersagt war.

Im Jahr 2013 schließlich haben dann sowohl das Verteidigungsministerium als auch der Kongress anerkannt, dass sich etwas ändern muss. Somit wurde das Ground Combat Exclusion Law endlich aufgehoben. Seitdem dürfen Frauen in fast allen Bereichen der Streitkräfte dienen. Den einzelnen Teilstreitkräften wurde es jedoch erlaubt, bis in das Jahr 2016 hinein Ausnahmen wie z. B. in den Spezialkräften fest-zulegen. Allerdings haben die ersten Soldatinnen bereits den USMC Infantry Course aufgenommen und dienen auch auf U-Booten.

Natürlich gibt es Gegner und Kritiker des nun erreichten Öffnungsgrades der amerikanischen Streitkräfte für Frauen, aber eben auch viele Fürsprecher. Auf die gro-ße Debatte, ob Frauen nun kämpfen können oder nicht, möchte ich an dieser Stelle nicht eingehen – aber ich begrüße es sehr, dass die ehemals eigentlich ungesetzlichen Aktivitäten von Frauen in unserer Armee im Auftrag unserer Nation nun eine gesetz-liche Grundlage haben. Obwohl Frauen immer noch nicht in allen Bereichen dienen können, haben sie es bis in die höchsten Dienstgrade hinein geschafft, auch trotz der viel zitierten „glass ceiling“. Die drei weiblichen Vier-Sterne-Generäle und Admiräle und die vielen Kommandantinnen und Kommandeurinnen in allen Dienstgraden zeigen, dass diese „glass ceiling“ durchbrochen werden kann. Nach wie vor sind es nicht viele, doch die amerikanischen Streitkräfte befördern nach Fähigkeiten und Dienstzeit, nicht nach Geschlecht oder Hautfarbe. Vizeadmiral Michelle Howard, die am 1. Juli 2014 zum Stellvertretenden Marineinspekteur ernannt worden ist, hat als eine der ersten Frauen im Jahr 1982 in Annapolis ihren Abschluss gemacht. Sie war die erste Afroamerikanerin, die ein Kriegsschiff kommandierte und ebenfalls die Erste ihres Jahrgangs, die zum Admiral ernannt wurde. Wer sie einmal getroffen hat, versteht gleich, warum sie ein Vier-Sterne-Admiral geworden ist – ganz bestimmt nicht wegen ihres Geschlechts oder ihrer Hautfarbe. Mittlerweile halten die Frauen in den US-amerikanischen Streitkräften und auch ich selbst es für selbstverständlich, dass wir genau so gute Chancen auf einen Admiralsrang haben wie unsere männli-chen Kameraden. Dennoch gibt es zwei Themenfelder, die mir noch Sorgen mamännli-chen, nämlich sexuelle Gewalt im Militär und die Vereinbarkeit von Familie und Dienst.

Eine Studie des Pentagons hat gezeigt, dass es in unseren Streitkräften im Jahr 2012 über 26 000 Fälle von sexueller Gewalt gegeben hat. Davon wurden jedoch nur 3 300 und damit weniger als 15 Prozent zur Anzeige gebracht. Im zivilen Leben kommen demgegenüber drei Mal so viele Fälle zu einer Anzeige. Überspitzt formu-liert besteht für eine Soldatin im Einsatzgebiet eine größere Gefahr, von Angehörigen der eigenen Streitkräfte sexuelle Gewalt zu erfahren als von Soldaten der gegneri-schen Streitkräfte verwundet oder getötet zu werden. Immer noch wird weiblichen Soldaten vor einem Einsatz geraten, im Lager stets ein Messer bei sich zu haben, nicht für den Feind, sondern für den Freund.

Die militärische Führung bemüht sich zwar sehr, dieses Problem zu lösen, und wird dabei vom Kongress unterstützt, der entsprechende Gesetze verabschiedet hat, doch letztlich muss sich die militärische Organisationskultur verändern. Und da ha-ben wir meiner Ansicht nach noch einen langen Weg vor uns.

Mittlerweile werden zwar Akte sexueller Gewalt häufiger als früher angezeigt, doch werden nach wie vor die meisten dieser Fälle in ihrem Gang durch die Befehlskette hindurch verschleiert oder von den Frauen selbst aus Sorge vor den möglichen Konsequenzen für die eigene Person und die eigene Karriere nicht angezeigt.

Die Vereinbarkeit von Familie und Dienst ist das zweite heikle Thema. Wenn man sich unsere hochrangigen Soldatinnen anschaut, dann fällt auf, dass die we-nigsten von ihnen Kinder haben und viele nicht verheiratet sind. Das sind letzten Endes natürlich persönliche und individuelle Entscheidungen, doch stellt sich die Frage, ob es für sie eine Möglichkeit gab, Karriere und Familienleben zu vereinen oder mussten sie sich für einen Weg entscheiden. Die USA sind eines der weni-gen zivilisierten Länder dieser Welt, in denen es kein Mutterschutzgesetz gibt. Die Praxis in den Streitkräften, Soldatinnen sechs Wochen Mutterschaftsurlaub1 und den Vätern 10 Tage Erziehungszeit zu gewähren und die weiblichen Soldaten während der ersten vier Monate nach der Geburt nicht in einen Einsatz zu schicken, ist sogar besser als das, was viele Firmen anbieten, doch immer noch relativ wenig. Wir sind eine Nation, die stolz zusieht, wenn Marissa Mayer (CEO von Yahoo) bereits zwei Wochen nach der Geburt ihres Kindes wieder arbeitet. Wir ermöglichen es zwar, dass Frauen trotz Berufstätigkeit Kinder haben können oder trotz der Kinder arbei-ten können, doch bleibt aus meiner Sicht dabei immer noch eine der beiden Seiarbei-ten ein wenig auf der Strecke.

Als ich zum Korvettenkapitän befördert wurde, befanden sich unter den insge-samt 4 000 Korvettenkapitänen lediglich 45 Frauen. Offizielle Zahlen werden sie hierüber jedoch nicht finden. Unter all meinen Freundinnen und Kameradinnen ist lediglich eine, die Kommandant eines Zerstörers ist und gleichzeitig ein Kind hat.

Fast alle von denen, denen ein Kind und Familie wichtig waren, sind mittlerweile aus den Streitkräften komplett ausgestiegen oder in die Reserve eingetreten. Die Reserve ist tatsächlich fast die einzige Möglichkeit, die wir haben, wo man Familie haben und trotzdem unserem Land noch dienen kann. Ich selbst schätze mich glücklich,

1 Die US-Marine hat im Winter 2014/15 allerdings entschieden, den Mutterschutz zu erweitern, und gewährt nun den Soldatinnen 18 Wochen (!) Mutterschaftsurlaub.

dass ich trotz eines Kindes noch eine aktive militärische Karriere haben kann. Aus der Seefahrt allerdings musste auch ich aussteigen.

Aber auch hier werden neue Wege geschaffen. Wir sind zwar noch nicht so weit, dass wir Teilzeitarbeit ermöglichen oder längere Elternzeit gewähren (Ausnahme Marine), aber wir haben jetzt die Möglichkeit erhalten, ohne Karrierenachteile ein Jahr lang auszusteigen und etwas Anderes zu machen, egal, ob Familie, Studium oder Weltreise. Diese Möglichkeit steht beiden Geschlechtern offen. Wir bieten nun auch vermehrt Kinderbetreuungsmöglichkeiten in jeder Kaserne bis zur Einschulung an.

Somit denke ich, dass die jüngeren Offiziere mehr Entscheidungsmöglichkeiten ha-ben, wenn es um die Vereinbarkeit von Familie und Dienst geht.

Ich glaube also, dass wir auf einem guten Weg sind, obwohl wir noch eine Menge Arbeit vor uns haben. Am Ende ist für mich aber das Allerwichtigste, dass wir Frauen die Wahl haben, aus unserem Leben das zu machen, was wir möchten und können – ganz besonders wenn wir etwas unserem eigenen Land und unserer Freiheit geben möchten.

Die Streitkräfte Norwegens – Erfahrungen