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Frauen in politischen Entscheidungspositionen

Im Dokument Manifestierte Ungleichheitsstrukturen (Seite 159-163)

V. Die Teilhabe von Frauen in öffentlichen Bereichen – Kristallisationsbereich: politische Partizipation

7. Frauen in politischen Entscheidungspositionen

„In den fünf Jahren seit der Vierten Weltfrauenkonferenz 1995 in Beijing hat sich am Anteil der Frauen in den obersten nationalen und internationalen Macht- und Entscheidungspositionen nichts geändert. Obwohl Frauen in fast allen Ländern die Mehrheit der Wähler ausmachen, sind sie weltweit mit einem durchschnittlichen Anteil von 13 Prozent im Jahr 1999 in den nationalen Parlamenten nach wie vor unterrepräsentiert.

Die in Beijing verabschiedete Aktionsplattform macht deutlich, dass das Leben der Frauen im sozialen, wirtschaftlichen und politischen Rahmen der Gesellschaft gesehen werden muss, und nicht außerhalb. Die Konferenz von Beijing hat bekräftigt, dass die gleichberechtigte Teilhabe der Frau an Entscheidungsprozessen nicht nur eine Forderung nach Gerechtigkeit oder Demokratie darstellt, sondern als eine notwendige Vorbedingung betrachtet werden kann. Ohne die aktive Mitwirkung von Frauen und die Einbeziehung ihrer Perspektiven auf allen Entscheidungsebenen können die Ziele Gleichberechtigung, Entwicklung und Frieden nicht erreicht werden.

Trotz der schon lange bestehenden Anerkennung des Grundrechts von Frauen und Männern, am politischen Leben teilzuhaben, bleibt in der Praxis die Kluft zwischen der rechtlichen und der tatsächlichen Gleichstellung im Bereich von Macht- und Entscheidungspositionen groß. Daraus ergibt sich, dass die Interessen und Belange der Frauen bei der Politikgestaltung nicht berücksichtigt werden und dass Frauen wichtige Entscheidungen in gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Bereichen, die die Gesellschaft als ganzes betreffen, nicht beeinflussen können.“469

469 Hauptabteilung Presse und Information der Vereinten Nationen (Hg.): Frauen in Macht- und Entscheidungspositionen, Hindergrundinformation Nr. 7, Juni 2000.

7.1. Frauen in den Landesregierungen

Politische Entscheidungspositionen auf Länderebene nahmen bis Mitte der 1960er Jahre hauptsächlich die Männer ein.470

In den 1970er Jahren änderte sich das Bild. „Frauentypische“ Ressorts, wie zum Beispiel Jugend, Gesundheit, Kultur und Bildung, wurden zögerlich Ministerinnen zugestanden. Heute sind die von Frauen besetzten Ressorts sehr viel breiter gestreut. So war im Gegensatz zur Bundesebene, in den Ländern weit früher das traditionelle Muster der politischen Partizipation der Frauen einem Wandel unterzogen. Bereits 1988 amtierten z.B. in Schleswig-Holstein eine Ministerin für Bundesangelegenheiten, eine Finanz- und eine Kultusministerin. In Hessen wurden 1991 fünf der Ministerien an Frauen vergeben, darunter das Finanz- sowie das Justizministerium.

Die Zahl der Frauen in Regierungspositionen auf Länderebene differiert, wie das zuvor erarbeitete Material vermuten lässt, in Abhängigkeit davon, welche Parteien jeweils die Regierung stellen. Die SPD- bzw. die rot-grün-regierten Länder haben in den letzten Jahren bedeutend häufiger Frauen als Ministerinnen eingesetzt als etwa CDU/CSU-geführten Länder. Die rot-grüne Koalition in Berlin besetzte zum Beispiel 1989 von 13 Senatorenposten acht mit Frauen, während sich die CSU in Bayern und die CDU in Baden-Württemberg 1992 nur für eine bzw. zwei Ministerinnen entscheiden konnten.

Richtungsweisend war die bis Anfang 2005 regierende rot-grüne Koalition in Schleswig-Holstein, in dem vier Frauen und vier Männer vertreten sind.

Schlusslichter in dieser Hinsicht sind Sachsen (CDU-Regierung) mit einem Frauenanteil in der Landesregierung von 11,1 Prozent, sowie Sachsen-Anhalt (CDU/FDP-Koalition) mit ebenfalls 11,1 Prozent. 2003 ergibt sich eine durchschnittliche Frauenbeteiligung in den Landesregierungen von 26 Prozent (40 von 154) zu Beginn der Wahlperiode. Somit reduzierte sich die Repräsentanz der Frauen auf dieser Ebene von 1997 bis 2003 um 4,2 Prozent (1997 = 30,2 Prozent).471

470 Cornelissen 1993, S. 340.

471 Berechnet nach Daten des Gleichstellungsberichts 2003 der SPD, S. 29-30.

Im Mai 1993 wurde Heide Simonis (SPD) zur ersten und bisher einzigen Ministerpräsidentin (Schleswig-Holstein) gewählt.472 Im Frühjahr 2005 ging ihre Amtszeit zu Ende.

In Gremien auf Landes- und kommunaler Ebene waren Frauen bisher nur ungenügend vertreten.473

7.2. Frauen in der Bundesregierung

Auch die Bundeskabinette bestanden zwischen 1949 und 1961 aus reinen Männerriegen. Die erste Ministerin (Elisabeth Schwarzhaupt) wurde 1961 ernannt.

Dies geschah allerdings auf Druck ihrer Unions-Kolleginnen, die damals vehement gegen die bereits fertige und wieder nur Männer umfassende Kabinettsliste von Konrad Adenauer protestierten.474 Nicht wie gewünscht, bekam die Juristin Elisabeth Schwarzhaupt das Justizministerium, sondern das neugeschaffene Gesundheitsressort.

Im Kabinett war bis 1989 in der Regel nur eine Ministerin vertreten. Lediglich der Zeitraum zwischen 1976 und 1978 stellt mit zwei Ministerinnen eine Ausnahme dar. Auch auf Bundesebene ist eine geschlechterspezifische Ressortverteilung auffällig. Erstmals 1976 wurde auf dieser Ebene das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit an eine Frau (Marie Schlei (SPD)) vergeben, später auch das Ministerium für Bildung und Wissenschaft bzw. für innerdeutsche Beziehungen. 1990 übernahm Irmgard Adam-Schwaetzer (FDP) das Bauministerium und etwas später Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) das Justizministerium. Mit Brigitte Zypries (SPD) gibt es auch heute eine Justizministerin. Der Einflussbereich von Ministerinnen als auch von Parlamentarischen Staatssekretärinnen hat sich somit bis heute auch auf

„untypische“ weibliche Politikfelder ausgedehnt. So sind Frauen u.a. im Bundesministerium des Inneren, im Finanzministerium und Verteidigungsministerium als Parlamentarische Staatssekretärinnen tätig.475

472 Vgl. dazu auch: www.frauen-macht-politik.de.

473 Auf Grund eines fehlenden „Gremienberichts“ für die Länder und auf kommunaler Ebene, ist die Datenlage jedoch mangelhaft. Es ist davon auszugehen, dass die Frauenbeteiligung dort, der auf Bundesebene entspricht;

vgl. www.kommunale-info.de

474 Vgl. Feuersenger, Marianne: Die garantierte Gleichberechtigung. Ein umstrittener Sieg der Frauen, Freiburg 1980, S. 129 ff [im folgenden zitiert als: Feuersenger 1980].

475 Vgl. BmFSFJ 2003, S. 128.

Eine Bundesministerin für Außen-, Wirtschafts-, Finanz-, Innen- oder Verteidigungspolitik gab es in der Bundesrepublik allerdings noch nicht.

Was die weibliche Repräsentanz in der Bundesregierung im allgemeinen betrifft, wird nach Betrachtung der 13. Wahlperiode (1994) ein neuerlicher Rückgang der Zahlen deutlich. In diesem Jahr übertrug Helmut Kohl lediglich drei Frauen ein Bundesministerium, und nach dem „freiwilligen“ Rücktritt der liberalen Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger saßen lediglich zwei Frauen (CDU) in der Kabinettsrunde. Mit ca. 12 Prozent fiel daher die weibliche Repräsentanz auf dieser Ebene auf den Stand der 70er Jahre zurück. Zwischen 1963 und 1998 lag der Frauenanteil in den Bundesministerien meist weit unter 20 Prozent.476

In der zweiten Amtszeit der rot-grünen Bundesregierung sind dagegen sechs Ministerinnen und sieben Minister vertreten. Dies stellt mit 46 Prozent (absolut wie prozentual) den bisherigen Höhepunkt der Repräsentanz von Frauen in der Bundesregierung dar. Im Vergleich zur ersten Amtszeit erhöhte sie sich nochmals um 12,7 Prozent (1998: 33,3 Prozent). Doch: der Kanzler, sein Stellvertreter und der Bundespräsident sind Männer – wie seit über 54 Jahren.

Demnach ist zumindest in dem rot-grünen Kabinett von Gerhard Schröder ein deutlicher Schritt in Richtung Gleichstellung der Geschlechter gemacht worden.

Ob diese Geschlechterverteilung Kontinuität besitzt und von den Unionsparteien bei einem möglichen Regierungswechsel mitgetragen würde, ist nach jetzigem Stand der Analyse unwahrscheinlich.

Frauen in Gremien auf Bundesebene

Wie bereits oben angesprochen, sind Frauen in den Gremien auf Bundesebene, so ein Bericht der Bundesregierung vom 18. Juni 2002, nur randständig vertreten.

Dies geschieht ungeachtet der politischen Vorgaben der Europäischen Union zur Gleichstellung von Frauen und Männern in Artikel 2 und 3 des Amsterdamer Vertrages und des Bundesgremienbesetzungsgesetzes. Gemäß dem dritten Bericht der Bundesregierung über den Anteil von Frauen in wesentlichen Gremien im Einflussbereich des Bundes (14/9210), beträgt die durchschnittliche Steigerung des Frauenanteils in diesem noch nicht einmal einen Prozentpunkt pro Jahr. Nach

476 Schindler 1999, S. 634-662, 4349 f.; Kürschner 1999, S. 302 ff.

Angaben der Bundesregierung lag der Frauenanteil der Gremienmitglieder im Jahr 2001 bei 15,9 Prozent, ein Manko von 24,1 Prozent zu der von der EU geforderten Mindestbeteiligung von 40 Prozent. Der Anteil der Gremien ohne Frauen hat 1990 noch 53,2 Prozent betragen und ist bis 2001 auf 21,4 Prozent gesunken. Laut des Berichts, haben nur 3,1 Prozent der Gremien einen Frauenanteil von 50 Prozent oder mehr.477

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