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Forschungsmethodisches Vorgehen

Im Dokument EUROPEAN BUSINESS SCHOOL (Seite 42-46)

1.5 Gang der Untersuchung

1.5.1 Forschungsmethodisches Vorgehen

Die wissenschaftliche Hypothese dieser Arbeit lautet: „Die Leistung einer Im-mobilie, die u.a. durch ihre Lage, ihre Gestaltung und ihre Umweltaspekte defi-niert wird, beeinflusst die zeitliche Struktur und die Höhe der Lebenszykluskos-ten in maßgeblicher Weise.“ Damit verengt sie die Aussage von Wübbenhorst, der nicht die Prognose der Kosten, sondern die Abstimmung der drei Variablen

101 weitere Einflussfaktoren sind z.B. Management-Prozesse wie Marketing, Facilities Mana-gement, etc.

Kosten, Zeit und Leistung als die eigentliche Zielsetzung des Konzeptes der LZK definiert hat.102 Als Mittel zur Abstimmung der drei Variablen sollen hier die prognostizierten LZK dienen, da Kosten ein allgemein akzeptiertes Entschei-dungskriterium darstellen.

Nach der Definition von Bortz/Döring muss eine wissenschaftliche Hypothese

• auf reale, empirisch untersuchbare Sachverhalte bezogen und

• verallgemeinerbar sein,

• zumindest implizit der Formalstruktur eines Konditionalsatzes entsprechen und

• potenziell falsifizierbar sein103.

Verallgemeinerbarkeit auf alle Immobilien, Konditionalsatz104 und Falsifizierbar-keit durch eine genügende WahrscheinlichFalsifizierbar-keit für Immobilien, die keinen Ein-fluss von Lage, Gestaltung oder Umwelt auf ihre LZK beobachten lassen, sind für die gewählte Hypothese gegeben.

Die empirische Untersuchung des Lebenszyklus´ von Immobilien stellt sich wegen dessen Länge jedoch in der praktischen Durchführung als problematisch heraus. Selbst die für Wohngebäude als kurz zu bezeichnende Standzeit von 50 Jahren überschreitet den zeitlichen Untersuchungsrahmen langfristig ange-legter Forschungsprojekte bei weitem. Auch eine Erforschung aktuell am Ende ihres Lebenszyklus befindlicher Gebäude anhand von Daten aus der Vergan-genheit ist wegen mangelnder Verlässlichkeit105 bzw. Vollständigkeit der ver-fügbaren Daten über mehrere Jahrzehnte hinweg wenig aussichtsreich.

Da also eine Abbildung tatsächlich beobachteter LZK aus praktischen Gründen nicht für die wissenschaftliche Beweisführung herangezogen werden kann,

102 vgl. Wübbenhorst, 1984, S. 2.

103 vgl. Bortz/Döring, 2002, S.6f.

104 „Wenn sich zwei Immobilien hinsichtlich ihrer Lage-, Gestalt- oder Umweltqualität unter-scheiden, dann werden sie auch unterschiedliche LZK aufweisen.“

105 z.B. hinsichtlich Bezugsgrößen, Ermittlungsansatz, Verifizierung von Planungsdaten, etc.

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müssen Indikatoren106 für die Richtigkeit der formulierten Zusammenhangs-hypothese gefunden werden. Dazu werden in dieser Arbeit zwei verschiedene Wege beschritten:

• Im Rahmen einer Einzelfalluntersuchung ermittelt ein Berechnungsmodell die pagatorischen Auswirkungen von virtuellen, d.h. nur im Datenmodell vollzogenen Veränderungen hinsichtlich der Lage, der Gestaltung und der Umweltaspekte auf die LZK am Beispiel von zwei realen Gebäuden107.

• Der zweite Ansatz besteht in einer Befragung von Akteuren der Immobi-lienwirtschaft hinsichtlich ihrer Wahrnehmung von Zusammenhängen zwi-schen den Zahlungsströmen einer Immobilie und deren Lage-, Gestaltungs- oder Umweltaspekten.

Die Dualität der Ansätze verbessert bei übereinstimmender Richtung der Er-gebnisse deren externe Validität, da der eine Ansatz die Defizite des anderen ausgleicht: Das Berechnungsmodell erzeugt theoretische LZK, die erst in ferner Zukunft verifiziert werden könnten, während die Befragung eine Bewertung der Einflussfaktoren durch die Praktiker wiedergibt, jedoch keine Kostenberechnun-gen enthält. Beide Vorgehensweisen erfüllen die AnforderunKostenberechnun-gen an Wissen-schaftlichkeit durch Replizierbarkeit, Transparenz und präzise Terminologie108. Das induktive Vorgehen der beiden Ansätze109 liegt im Prognosecharakter der LZK begründet. Da keine Ableitungen in die Zukunft gemacht werden dürfen, können die Berechnungsergebnisse lediglich die Plausibilität der

106 Indikatoren sind „direkt messbare Ersatzgrößen für das Phänomen“, Müller-Böling/Klandt, 1996, S.12.

107 die Einzelfalluntersuchung funktioniert auf der Basis eines „intuitiven Gedankenexperimen-tes“, das die Ergebnisse eines Realexperimentes gedanklich vorwegzunehmen versucht, vgl. Chmielewicz, 1979, S. 112.

108 vgl. Bortz/Döring, 2002, S. 36.

109 Im Berechnungsmodell selber wird deduktiv vom Allgemeinen auf das Besondere im Rah-men der Logik des Modells geschlossen. Da aber eine Verknüpfung der Modellergebnisse mit der Wirklichkeit nicht über eine Plausibilitätsvermutung hinausgehen kann, bleibt die Vorgehensweise insgesamt induktiv: sie schließt von dem besonderen Ergebnis auf einen allgemeinen Zusammenhang, vgl. Wöhe, 2000, S. 37f.

hypothese erhöhen110.

Ebenso liefert die Wahrnehmung von Zusammenhängen durch die Akteure der Immobilienwirtschaft keinen Tatsachenbeweis für deren tatsächliches Vorhan-densein. Hier kann jedoch mit Kant111 argumentiert werden, dass jegliche Er-kenntnis mit der Wahrnehmung des Erkennenden untrennbar verbunden ist112. Eine Tatsache außerhalb der Wahrnehmung mag zwar existieren, kann jedoch nur durch die Wahrnehmung in die Diskussion eingebracht werden und besitzt somit ohne eine Wahrnehmung keine eigene Beweiskraft113. Daher ist die Ab-bildung der Wahrnehmung eines Zusammenhangs durch die Befragung ein weiteres Indiz für die Plausibilität der Hypothese.

Die induktive Vorgehensweise, die vom kritischen Rationalismus114 strikt abge-lehnt wird, stellt nach Ansicht von Wöhe keinen Mangel in der betriebswirt-schaftlichen Forschung dar, vielmehr hält er das Arbeiten mit wahrscheinlichen Annahmen anstelle von (deduktiv erlangten) wahren Urteilen für ein Charakte-ristikum der Erfahrungswissenschaften wie der Betriebswirtschaftslehre (BWL)115.

Auch Steinmann weist darauf hin, dass menschliches Handeln – das For-schungsobjekt der Betriebswirtschaftslehre – nie durch Kausalzusammenhänge vollständig determiniert ist und deshalb keine deduktiven Ableitungen daraus getroffen werden können116.

Aus den Erkenntnissen über das Bestehen von Zusammenhängen zwischen

110 eine vergleichbare Problematik tritt auch bei der prädiktiven Analyse von Immobilienzyklen auf, vgl. Wernecke, 2004, S. 15.

111 vgl. Höffe, 2004, S. 50ff.: Hinweis auf Kants 2. Auflage der „Kritik der reinen Vernunft“, S. B333f.

112 über den Zusammenhang von „Wahrheit und Erfahrung“, vgl. Feyerabend, 1998, S. 133ff.

113 Feyerabend unterscheidet zwischen Wahrnehmung und „natürlicher Interpretation“, die mit der Wahrnehmung unmittelbar verbunden ist, vgl. Feyerabend, 1976, S. 113.

114 z.B. bei Popper, 1971, S. 3.

115 Wöhe, 2000, S. 22f.

116 vgl. Steinmann, 1978, S. 77, zur Schwierigkeit der Wahrheitswertermittlung vgl.

Chmielewicz, 1979, S. 106

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Lage, Gestaltung und Umweltaspekten einer Immobilie und ihren LZK wird im nächsten Schritt die Forderung abgeleitet, die genannten Einflussfaktoren bei der Berechnung von LZK zu berücksichtigen. Dazu werden zunächst die beste-henden Berechnungsverfahren auf ihren Integrationsansatz hin untersucht und sodann weitere mögliche Integrationsmethoden erörtert.

Eine grafische Aufarbeitung der Vorgehensweise erfolgt in Abbildung 3.

These:

Lage, Gestaltung und Umwelt wirken sich auf die Lebenszykluskosten einer Immobilie aus

Beweis:

Durch Berechnungsmodell undBefragung

Schlussfolgerung:

Lage, Gestaltung und Umwelt müssen in die Berechnung von Lebenszykluskosten einbezogen werden.

Bestehende Ansätze:

Verfahrensanalyse

Eigener Ansatz:

Bewertung als Potenzial (spezifisch für Objekt und Subjekt) Grundlagen

Lage, Gestaltung und Umwelt wirken sich auf die Lebenszykluskosten einer Immobilie aus

Beweis:

Durch Berechnungsmodell undBefragung

Schlussfolgerung:

Lage, Gestaltung und Umwelt müssen in die Berechnung von Lebenszykluskosten einbezogen werden.

Bestehende Ansätze:

Verfahrensanalyse

Eigener Ansatz:

Bewertung als Potenzial (spezifisch für Objekt und Subjekt) Grundlagen

Erweiterte LZK

Abbildungs-prozess

Abbildung 3: Gang der Untersuchung

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