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Aktueller Bezug

Im Dokument EUROPEAN BUSINESS SCHOOL (Seite 21-24)

Die öffentliche Diskussion um Möglichkeiten des nachhaltigen Bauens sowie die Zunahme von Gebäudeleasing, PPP- oder BOT-Verträgen (Build-Operate-Transfer) hat das Bewusstsein aller an der Immobilienwirtschaft Beteiligten für die langfristigen2 Auswirkungen von Planungsentscheidungen geschärft3. Auch das Ansteigen der laufenden Kosten aus der Nutzung einer Immobilie u.a.

durch die stetige Erhöhung der Kosten für Wasser und Abwasser4 bzw. durch den sprunghaften Anstieg der Energiekosten im Jahr 2004 bewirkten das aktu-elle Interesse an den Lebenszykluskosten.

Bereits zu Beginn des Lebenszyklus´ einer Immobilie werden Entscheidungen getroffen, welche die Kosten während der folgenden Lebensphasen determinie-ren. In der Konzeptionsphase werden die Kosten für den Bau, die Nutzung, eine evtl. Revitalisierung und für den Abriss eines Gebäudes zu weiten Teilen bereits festgelegt5. Spätere Änderungen sind mit einem erheblichen Aufwand

2 langfristig wird hier im Verhältnis zur Standzeit einer Immobilie verstanden und nicht zum Zeitraum bis zur Veräußerung, der mit rund 10 Jahren bereits als langfristig angesehen wird, vgl.

3 vgl. o. V., 2003, S. 36: zur Prüfung der PPP-Eignung ist ein Wirtschaftlichkeitsvergleich erforderlich „unter Betrachtung des gesamten Lebenszyklus der Maßnahme.“

4 vgl. von Petersdorff, 2003, S. 32; Random, 2003, S. 15f.

5 z.B. Grabatin, 2001, S. 149: „Die während der Nutzungsdauer anfallenden Betriebskosten

… überschreiten bereits nach wenigen Jahren die Baukosten eines Gebäudes […] und

wer-Einleitung Seite 3

den und dadurch wenig effektiv.

Die Berechnung von Lebenszykluskosten ist ein Planungshilfsmittel, das dieser langfristigen Perspektive gerecht wird. Dazu werden alle im Laufe des Le-benszyklus´ einer Immobilie anfallenden Kosten erfasst und ggf. zur Berück-sichtigung des zeitabhängigen Wertes von Geld auf einen Betrachtungszeit-punkt hin diskontiert, d.h. auf- oder abgezinst. Für verschiedene Gebäudealter-nativen kann man so überprüfen, ob es sich lohnt, Kosten aus der einen Phase in eine andere zu verschieben, z.B. im Falle von Maßnahmen zur Energieein-sparung durch höhere Baukosten niedrigere Nutzungskosten in der Folgezeit zu erreichen6.

Das Ergebnis der LZK-Berechnung ist ein Ranking der verglichenen Alternati-ven hinsichtlich ihrer langfristigen Kosteneffektivität. So können die LZK zur Vorbereitung strategischer Entscheidungen genutzt werden. Für eine Nutzung als Benchmark fehlt bisher jedoch eine differenzierte Standardisierung des Be-rechnungsansatzes.

Die vom Prinzip her einfache Aufsummierung der LZK wird zu einer Herausfor-derung angesichts der Komplexität und der Langlebigkeit einer Immobilie.

Es müssen vielfältige Abhängigkeiten erfasst werden, die nicht ohne weiteres in Kostenwerte überführt werden können, wie z.B. im Falle der Gestaltung. Auch die Lage eines Gebäudes spielt bei der bisher praktizierten Berechnung von LZK lediglich eine untergeordnete Rolle7. Die in Umweltaspekten impliziten Kostenrisiken werden ebenfalls nur selten in LZK-Berechnungen integriert.

Zwar ist die Standardisierung der ökologischen Analyse von Stoffströmen (Ma-terial-Input und –Output) über den gesamten Lebenszyklus von Produkten als

den im Wesentlichen von den vorgelagerten Phasen: Planung, Konstruktion und Errichtung vorbestimmt!“

6 nicht in jedem Falle bewirken höhere Investitionskosten eine Reduktion der Folgekosten.

Einmal eingebaute Technik muss gewartet und unterhalten werden. Umgekehrt kann eine Reduktion des Standards sowohl Erst- als auch Folgekosten einsparen, vgl. Bundesminister für Bildung und Wissenschaft, 1977, S. 7.

7 z.B. für das Abrufen der zugehörigen Klimadaten, bzw. von regionalspezifischen Kostenda-ten für Arbeit oder Rohstoffe, vgl. Kapitel 6, nicht jedoch für die Bestimmung der wirtschaftli-chen Nutzungszyklen.

Life Cycle Assessment (LCA, eine Art ökologische Bilanzierung mit Wirkungs-analyse, vgl. Abschnitt 2.1.1.1) bereits sehr viel weiter gediehen8 als die Erfor-schung der LZK. Die Notwendigkeit einer Verknüpfung zwischen Stoffströmen und Zahlungsströmen wird aber erst allmählich erkannt9.

Die Bedeutung der Lage für die tatsächliche, wirtschaftliche Nutzungsdauer einer Immobilie – und damit für einen wesentlichen Eckpfeiler der Berechnung von LZK – wird durch ein Gedankenexperiment deutlich, indem man sich ein hochwertig ausgestattetes und gestaltetes Gebäude in einer nicht nachgefrag-ten Lage vorstellt. Die evtl. Leerstandskosnachgefrag-ten können das vorzeitige Ende des Lebenszyklus´ des Gebäudes bewirken. Ebenso können mangelhafte Gestal-tung, z.B. durch uneffektive Grundrisse10, schlechte Tageslichtnutzung, etc., oder aber der Einbau von ökologisch bedenklichen Stoffen z.B. in der Nachfol-ge von Formaldehyd11 die vorzeitige Revitalisierung erforderlich machen und damit die Nutzungskosten überproportional erhöhen.

Die Problematik, dass technisch nicht zu beanstandende Räume ungenutzt bleiben, weil sie schlechter an die Anforderungen des Marktes hinsichtlich La-ge, Gestaltung oder Umweltaspekten angepasst sind als andere, wird durch die anhaltend starke Position des Mieters bzw. des Nutzers weiter zunehmen. Die demografische Entwicklung in Deutschland12 wird den Mietermarkt auch lang-fristig etablieren, sodass es für die Akteure der Immobilienwirtschaft unabding-bar wird, ihre Planungen aus der Sicht des Nutzers zu überprüfen.

8 Standardisierung der LCA in ISO 14040ff., vgl. Kapitel 6.3.3.

9 vgl. Hunkeler/Rebitzer, 2003, S. 109; Shapiro, 2001, S. 121f; Klöpffer, 2003, S. 157f.

10 vgl. Heimann, 2005, S. I 2: „Oft werden Häuser abgerissen, obwohl deren Substanz gut ist.

Wie sie zu viel Energie verbrauche oder zu starre Grundrisse haben.“

11 z.B. synthetische Baustoffe, deren Gefahrenpotenzial für die menschliche Gesundheit erst in der zukünftigen Forschung nachgewiesen wird. Nach einem Kölner Gerichtsurteil bewirk-te eine überhöhbewirk-te Formaldehydkonzentration in 2 wichtigen Zimmern 56% Mietminderung sowie das Recht zur fristlosen Kündigung, vgl. Rauch, 2001, S. 32.

12 die negative Bevölkerungsentwicklung wird durch das Wachstum der Wohnfläche je Ein-wohner auf Dauer nicht ausgeglichen, vgl. Schwagenscheidt, 2004, S. 8. Regionale Schwankungen können diesen Effekt abmildern oder aber verstärken, vgl.

Gatzweiler/Meyer/Milbert, 2003, S. 567f.

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Auch in anderen Märkten kann eine Hinwendung zu den ’weichen’ Faktoren beobachtet werden, z.B. an den Finanzmärkten, wo die Sozial- und Umwelt-verträglichkeit von Produkten wegen ihrer langfristig positiven Rendite für einige Anleger zum Prüfkriterium geworden ist13. Durch die Integration von Nachhal-tigkeitskriterien in das System der Finanzkennzahlen wird geprüft, „ob das Ge-schäftsmodell eines Unternehmens in einer sich verändernden Gesellschaft und Umwelt weiter attraktive Gewinne abwerfen kann.“14 Ein weiteres Beispiel ist die deutsche UmweltBank, die ihre Kreditzinssätze von der Umweltfreundlichkeit der zu finanzierenden Baumaßnahme abhängig macht15.

Damit kann man sowohl für die LZK als auch für eine Beschäftigung mit den Einflussfaktoren Lage, Gestaltung und Umwelt auf eine aktuelle Relevanz des Untersuchungsgegenstandes schließen.

Ziel der Untersuchung ist es, den im Konzept der LZK enthaltenen, phasen-übergreifenden Ansatz im Sinne der Ganzheitlichkeit zu erweitern um die Fak-toren Lage, Gestaltung und Umwelt, die auch als soziale und ökologische As-pekte des Nachhaltigen Bauens16 bezeichnet werden können. Dadurch kann die Eignung der LZK als Managementwerkzeug für strategische Entscheidun-gen insbesondere während der Planungsphase einer Immobilie verbessert wer-den.

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