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Das physiologische Euterödem besteht ca. bis 8 bis 14 Tage post partum (WEISS, 2007;

HEESCHEN, 1993). Das persistierende pathologische oder auch chronische Euterödem bleibt über den Zeitpunkt hinaus bestehen (LOPPNOW, 1956; MORROW u. SCHMIDT, 1964;

VESTWEBER u. AL-ANI, 1983; HEESCHEN, 1993; AL-ANI u. VESTWEBER, 1986).

Sowohl das physiologische als auch das pathologische Euterödem können verschiedene Komplikationen hervorrufen. Diese sollen im Folgenden erörtert werden.

2.4.1 Persistierendes pathologisches Euterödem

Das persistierende pathologische Euterödem, welches aus der physiologischen Form hervorgehen kann, stellt eine chronische Form dar, die häufig auch in den folgenden Laktationen wieder auftritt und teilweise Monate bestehen bleibt (SIMPSON, 1932;

MORROW u. SCHMIDT, 1964; VESTWEBER u. AL-ANI, 1983).

2.4.2 Milchflussstörung

Eine Milchflussstörung tritt möglicherweise als Folge eines Euterödems auf und zwar über zwei verschiedene Wege. Erstmal erschwert das geschwollene, ödematöse Euter den Prozess des Melkens, weil die Melkmaschine nicht optimal angeschlossen werden kann. Das liegt an dem geringen Bodenabstand des Euters, den kurzen Zitzen und dem weiten Zitzenabstand (WENDT et al., 1994). Andererseits bewirkt die Bindegewebszubildung bei einem stark ausgeprägten Euterödem eine Verengung oder Verlegung der Ductus lactiferi, wodurch der Milchfluss gestört ist (GRUNERT et al., 1996). Als Folge des nicht adäquaten Sitzes des Melkgeschirrs kommt es zur unvollständigen Leerung der Milchdrüse und damit zu einer temporären Einbuße der Milchleistung (MELENDEZ et al., 2006).

Zusätzlich stellt ein ausgeprägtes Euterödem einen prädisponierenden Faktor für Zitzenverletzungen dar, wie in Kap. 2.4.7 besprochen wird. Auch hier kommt ursächlich die phänotypische Ausprägung des Euterödems in Frage, welche Zitzenverletzungen begünstigt.

2.4.3 Ödemplatten mit Indurationen

Die Induration bestimmter Drüsenbezirke durch eine wiederholte, längere Ödematisierung wird schon in der älteren Literatur diskutiert (LOPPNOW, 1956). Denn eine über Wochen andauernde klinische Manifestation des Euterödems kann eine reaktive

Bindegewebszubildung hervorrufen, die zu fortschreitender Verhärtung des ödematisierten Gewebes führt (PEETERS u. VANDEPLASSCHE, 1969; DIRKSEN et al., 2002; WEISS, 2007). Zusätzlich ist es möglich, dass sich die gesamte Konsistenz des Euters ändert, in dem das Euter größer und fester wird und mit jeder Abkalbung mehr „pendelt“ (MORROW u.

SCHMIDT, 1964; VESTWEBER u. AL-ANI, 1983). Dann tritt an die Stelle der Ödemflüssigkeit eine nicht auf entzündlicher Basis beruhende bindegewebige Induration.

Diese wird durch eine Proliferation von Mesenchymzellen und Blutgefäßen eingeleitet, Fibrozyten und kollagene Fasern entwickeln sich, und das Gewebe wird danach zellärmer (WENDT et al., 1994). Diese Gewebsproliferation ist in der Subkutis angesiedelt und erstreckt sich bisweilen auch auf die Zitzenwand und führt zu Schwierigkeiten beim Melken (PEETERS u. VANDEPLASSCHE, 1969).

2.4.4 Schäden am Euteraufhängeapparat

Der Apparatus suspensorius mammarum wird von vier Hauptblättern gebildet, die aus der äußeren Rumpffaszie hervorgehen und die seitlichen und mittleren Aufhängebänder des Euters (Ligamenta suspensorii uberis) bilden. Aus diesen Hauptblättern spalten sich an ihrem Ursprung sowie medial und lateral sieben bis zehn Nebenblätter ab. Zwischen diese Lamellae suspensorii sind die Drüsenlappen eingelagert. Die abwechselnde Anordnung von Bindegewebslamellen und Drüsengewebe wirkt einer übermässigen Druckwirkung auf das Drüsenparenchym entgegen und verhindert durch seine elastischen Elemente eine Zerrung des Gewebes während der Fortbewegung der Tiere (NICKEL et al., 1996). Äußerlich sichtbar ist die Trennungslinie zwischen den beiden rechten und den linken Eutervierteln und wird als Sulcus intermammarius bezeichnet. Mit dieser Trennungslinie kann der Verlauf der beiden mittleren Hauptblätter des Aufhängeapparates verfolgt werden (JENNINGER, 1989).

Mit dem Fortbestehen eines pathologischen Euterödems über die gesamte Laktation oder dem wiederholten Auftreten bei der nächsten Laktation wird der Euteraufhängeapparat beschädigt bis hin zu dem Auftreten von lateral statt vertikal gerichteten Zitzen (MORROW u.

SCHMIDT, 1964). Die Bindegewebszubildung als eine Massenzunahme bewirkt eine Überdehnung des Aufhängeapparates und eine Degeneration der elastischen Fasern (WENDT et al., 1994). Nach wiederholten Euterödemen ist die Schädigung der elastischen Fasern irreversibel und führt zum Hängeeuter (PEETERS u. VANDEPLASSCHE, 1969).

In schwerwiegenden oder besonders lang anhaltenden Fällen von Euterödemen können Schäden am Aufhängeapparat bleibende Schäden hinterlassen, wie z.B. ein pendelndes Euter (VESTWEBER u. AL-ANI, 1983; DENTINE u. MCDANIEL, 1984).

2.4.5 Nekrose der Euterhaut

Im Verlauf des manifesten pathologischen Euterödems kann die Euterhaut durch Nekrose betroffen sein, wie einige Autoren beobachteten. Im Zuge der Ödematisierung des Gewebes wurde der Fall eines schwer ausgeprägten Euterödems bei einer Färse beschrieben, welcher mit einer Schwarzfärbung und Nekrotisierung großer Bereiche der Zitzenhaut einherging (COOK, 1998). Dann kann die Haut des Euters und der Zitzen möglicherweise reißen (MORROW u. SCHMIDT, 1964). Wie schon im Fall vorher beschrieben, färben sich die betroffenen Hautpartien schwarz und bekommen eine trockene, harte Konsistenz. Teilweise entwickelt sich eine charakteristische, fragile Euterhaut (WENDT et al., 1994).

2.4.6 Mastitis

Infolge der starken Schwellung des Euters betrachten verschiedene Autoren das Euter als infektionsgefährdet durch die schlechte Melkbarkeit, welche die Residualmenge an Milch erhöht, die nach dem Melkvorgang im Euter verbleibt. Solches unvollständiges Ausmelken begünstigt eine Entzündung (PEETERS u. VANDEPLASSCHE, 1969).

Das ödematöse Euter ist deutlich anfälliger für Infektionen und einen irreparablen Schaden am Aufhängeapparat des Euters (GOUGE et al., 1959; VIGUE, 1961; WENDT et al., 1994).

Begründet wird das mit einer herabgesetzten Abwehrleistung, weil die Ödematisierung des Gewebes eine schlechtere Blutversorgung der Milchdrüse nach sich zieht und auch die Zellmigration in das Gewebe einschränkt (WENDT et al., 1994). Etwas genauer werden ein verringerter Zitzen-zu-Boden-Abstand (P = 0,02) und das geburtsbedingte Euterödem (P 0,01) als signifikante Risikofaktoren für die klinische Mastitis definiert (SLETTBAKK et al., 1995).

Generell wird postuliert, dass ein schweres Euterödem sich prädisponierend auf das Auftreten einer klinischen Mastitis auswirkt (LOPPNOW, 1956; MORROW u. SCHMIDT, 1964; AMSTUTZ, 1982; VESTWEBER u. AL-ANI, 1983; NESTOR et al., 1988;

GRUNERT, 1990; GRÖHN et al., 1990; WAAGE et al., 2001; MELENDEZ et al., 2006). Als sensitiver Zeitraum stellten sich die ersten 30 Tage der Laktation heraus, da in dem

Zeitfenster ein direkter Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Euterödemen und einer klinischen Mastitis hergestellt werden kann (VAN DORP et al., 1999).

2.4.7 Trauma

Ein Euterödem bedingt oft Bewegungsstörungen. Traumen und Melkschwierigkeiten können das Ödem komplizieren (LOPPNOW, 1956). Zu dem Ergebnis kamen auch andere Autoren und ergänzten noch die Gefährdung für Mastitis und Zitzenverletzungen (MORROW u.

SCHMIDT, 1964; MITCHELL et al., 1976; VESTWEBER u. AL-ANI, 1983; VESTWEBER et al., 1987; NESTOR et al., 1988; TUCKER et al., 1992, HEESCHEN, 1993; WENDT et al., 1994; FLÖCK et al., 2004; MELENDEZ et al., 2006).

2.4.8 Milchleistung

Die Angaben zur Verringerung oder Konstanz der Milchleistung bei von Euterödemen betroffenen Kühen fallen in den Studien uneinheitlich aus. Die verbreitete Auffassung unter Landwirten, die ein ausgeprägtes physiologisches Euterödem in Verbindung mit einer späteren höheren Milchleistung setzt, kann nicht belegt werden (ANDREAE, 1968). Im Gegensatz dazu wird von anderen Autoren formuliert, dass ein aufgrund eines Euterödems, beeinträchtigtes Allgemeinbefinden die Milchleistung in Mitleidenschaft zieht (VIGUE, 1961; PEETERS u. VANDEPLASSCHE, 1969). Auch MELENDEZ et al. (2006) kommen zu dem Ergebnis, dass Kühe mit Euterödemen um den 20. Tag der Laktation herum 3,6 kg signifikant weniger Milch geben als die Kühe ohne Euterödeme zu dem Zeitpunkt (P 0,01).

Das erklären sie sich mit der Tatsache, dass ein vollständiges Ausmelken meist nicht möglich ist und die Melkmaschine auch schlecht an das ödematöse Euter angeschlossen werden kann.

Drastischer fiel der Milchrückgang in einem Milchviehbetrieb aus, der die Inzidenz von Euterödemen mit 95 % angab, und Einbußen von 50 % gegenüber der früheren Milchleistung verzeichnete (AMSTUTZ, 1982).

In Bezug auf die Qualität des Milchdrüsensekrets wurden der California-Mastitis-Test und bakteriologische Untersuchungen zur Hilfe genommen. Fast alle Tests bei den 60 Tieren waren negativ und die bakteriologische Untersuchung ergab einen negativen Befund (SANDERS u. SANDERS, 1981). Farbe und Konsistenz der Milch bleiben normalerweise unverändert (MORROW u. SCHMIDT, 1964).