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Die Diagnose des physiologischen Euterödems kann auf der Basis der klinischen Symptome gestellt werden. Das sind z.B. eine symmetrische Beteiligung beider Euterhälften, ein Fingerabdruck im Gewebe, der für mehrere Minuten bestehen bleibt, fehlende entzündliche

Wärme und ein Auftreten zum Zeitpunkt der Abkalbung herum (THAKUR et al, 1989).

2.2.1 Adspektion

Bei der klinischen Untersuchung des Euters fällt ein pralles, umfangsvermehrtes Euter auf (WENDT et al., 1994). Besonders stark scheinen in vielen Fällen die Hinterviertel betroffen zu sein (LOPPNOW, 1956; SANDERS u. SANDERS, 1981). Im frühen Stadium erstreckt sich die Anschwellung auf den distalen Bereich des Drüsenkörpers und umfasst eventuell auch die Zitzen, im späteren Stadium zeigen diese Lokalisationen eine besonders starke Ausprägung (WENDT et al., 1994). Speziell die Haut der Zitzen scheint eher selten betroffen zu sein (VESTWEBER u. AL-ANI, 1983). Bei einer stärkeren Ausprägung ist der gesamte Drüsenkörper geschwollen und kann sogar den Unterbauch, das Perineum und die Vulva mit einschließen (MITTELHOLZER, 1959; VESTWEBER u. AL-ANI, 1983; HEESCHEN, 1993; GRUNERT et al., 1996; WEISS, 2007).

2.2.2 Palpation

Bei Palpation der Haut der Milchdrüse ist auf Oberflächentemperatur, Verdickungen oder Verhärtungen, verklebte Zusammenhangstrennungen sowie auf die Abziehbarkeit zu achten.

Denn als wesentliche Charakteristika bei der Palpation des ödematösen Euters sind die weiche, teigige Konsistenz der Euterhaut und der Fingereindruck, der mehrere Sekunden nach dem Druck auf die Euterhaut bestehen bleibt, sowie die fehlende Abziehbarkeit der Haut und bei stärkerer Ausprägung die eingeschränkte Möglichkeit, das Drüsengewebe palpatorisch zu beurteilen, zu nennen (VESTWEBER u. AL-ANI, 1983; THAKUR et al., 1989; HEESCHEN, 1993; WENDT et al., 1994).

Hinzu kommen fehlende Entzündungsanzeichen wie Rötung, Wärme und Schmerz (GRUNERT et al., 1996). Stark betroffen sind der Zitzenbasisbereich und die Zitzen, die eine derbe und feste Konsistenz aufweisen (SIMPSON, 1932; HEESCHEN, 1993).

2.2.3 Differentialdiagnosen

Differentialdiagnostisch kommen alle Veränderungen, die mit einem vergrößerten Euter einhergehen, in Frage. Dies kann ein Hämatom sein, welches sich durch fluktuierendes Gewebe und dem nicht bestehen bleibenden Fingereindruck abgrenzen lässt (GRUNERT et al., 1996; WENDT et al., 1994).

Auch ein nicht ausgemolkenes Euter kann sich adspektorisch wie ein Euterödem darstellen (WENDT et al., 1994). Mit Hilfe der Palpation nach dem Ausmelken kann eine Differenzierung getroffen werden.

Im Zuge einer Mastitis kann auch ein entzündliches Euterödem auftreten, welches sich mit Hilfe der klassischen Entzündungsanzeichen wie vermehrte Wärme, Rötung und Schmerz unterscheiden lässt (AL-ANI u. VESTWEBER, 1986).

2.2.4 Ultraschall als ergänzendes Diagnostikum

Ein Ultraschallbild wird durch hochfrequente Schallwellen erzeugt, die in den Körper eingestrahlt und vom Gewebe teilweise reflektiert werden. Die Frequenzen liegen zwischen zwei und zehn MHz und werden von einem piezoelektrischen Kristall produziert, welcher bei elektrischer Anregung zu schwingen beginnt und Schallwellen aussendet. Der Kristall arbeitet als Sender und Empfänger, indem er kurz nach Aussenden eines Impulses auf Empfang umschaltet und die Fraktionen der Schallwellen registriert, welche an den Grenzflächen unterschiedlich reflektiert wurden. Diese auftreffenden Wellen versetzen den Kristall in Schwingung und dieser wandelt sie in ein elektrisches Signal um (FLÜCKIGER, 1997).

Um damit die gewünschte Bildqualität zu erhalten, wurde für die Untersuchungen von JENNINGER (1989) eine 5 MHz Sonde benutzt. Es stellte sich auch die 7,5 MHz Sonde als geeignet zur sonographischen Untersuchung des Euters dar. Eine noch höhere Ultraschallfrequenz (13 MHz) konnte die Darstellung der Zitzenstrukturen noch weiter verbessern (FLÖCK et al., 2004). Bei der Schnittführung sind Vertikal- und Horizontalschnitte als gleichwertig zu betrachten (STOCKER u. RÜSCH, 1997).

Mit dem eindimensionalen A-Mode Verfahren mit einer 1 MHz Sonde konnten CARUOLO und MOCHRIE (1967) erstmalig innere Strukturen der Milchdrüse darstellen und auch unter verschiedenen physiologischen Zuständen auch ausmessen. Denn die ultrasonographische Untersuchung der Milchdrüse des Rindes als ergänzende Methode zur klinischen Untersuchung bietet inzwischen gute Diagnosemöglichkeiten für Zitzenstenosen und andere Erkrankungen des Euters (FLÖCK u. WINTER, 2006), wobei sich die anatomischen Strukturen an der Zitze unter Verwendung eines Wasserbades gut darstellen lassen (CARTEE et al., 1986; WILL et al., 1990; SARATSIS, 1991; MOTOMURA et al., 1994). In anderen Untersuchungen hat sich eher das direkte Anlegen der Sonde an die Zitze bewährt, da

die Dreischichtigkeit der Zitzenwand gut zu erkennen war und die Ergebnisse reproduzierbar waren. Wurde ein Wasserbad benutzt, so erwiesen sich die Ergebnisse als schlecht reproduzierbar (AYADI et al., 2003; FLÖCK et al., 2004). Bezogen auf klinische Fälle konnten auch SANTOS et al. (2004) den direkten Kontakt der Sonde empfehlen, wobei eine Differenzierung der einzelnen anatomischen Strukturen allerdings doch unter Verwendung des Wasserbades besser gelang. So erschien die Zitzenwand als dreischichtige Struktur. Die Zitzenhaut stellte sich als dünne, helle echogene Linie dar, gefolgt von der Muskelschicht mit Blutgefäßen als homogene weniger echogene Struktur. Als innere Schicht präsentierte sich die Mukosa als dünne, helle Linie (STOCKER u. RÜSCH, 1997; FRANZ et al., 2001).

Der Vertikalschnitt schien dabei gute Schnittbilder zu liefern (SARATSIS, 1991). Einen Überblick über die physiologischen und einige pathologische Befunde, die ultrasonographisch erhoben wurden, zeigten die Untersuchungen von JENNINGER (1989) auf und stellten weitgehend die Basis dar für Ultraschall-Untersuchungen am Euter des Rindes (STOCKER u.

RÜSCH, 1997).

Es ließ sich eine vermehrte Ansammlung von Gewebsflüssigkeit beim physiologischen Euterödem hauptsächlich in der Unterhaut und in den Blättern des Aufhängeapparates sonographisch darstellen. Die wechselweise Anordnung von echogebendem Bindegewebe und echofreiem Raum, den die Ödemflüssigkeit einnahm, ergab ein zwiebelschalenartiges Bild. Das pathologische Euterödem wurde deutlich von einer Zubildung von Bindegewebe charakterisiert (TAKEDA, 1989; STOCKER u. RÜSCH, 1997).

Eine andere Anwendungsmöglichkeit stellt die Untersuchung des Euters mittels Ultraschall zur Beurteilung der zu erwartenden Milchleistung bei Färsen dar. Dabei erlaubte die Beurteilung der Helligkeitsunterschiede eine Einteilung in Drüsengewebe (128-255 Pixel) und in Fettgewebe (0-127 Pixel). Dabei ergab sich eine hoch signifikante Korrelation (P0,0001) zwischen dem Anteil des Drüsengewebes und der späteren Milchleistung (STRZETELSKI et al., 2004).

Mit weiter entwickelter Technik wurde der Einsatz des dreidimensionalen Ultraschalls an der bovinen Milchdrüse getestet und es wurde erkannt, dass diese Technik für die Zukunft viel versprechende Möglichkeiten bietet (FRANZ et al., 2004). Gerade die nicht-invasive Technik der Sonographie wurde im Vergleich verschiedener bildgebender Verfahren an der Zitze von Rind, Schaf und Ziege als Vorteil hervorgehoben (FRANZ et al., 2001).

2.2.5 Verschiedene Beurteilungsmöglichkeiten

Um die subjektive Einschätzung des Schweregrads eines Euterödems objektiver in Zahlen ausdrücken zu können, wurden als erstes Längen- und Breitenmessungen des Euters durchgeführt (LOPPNOW, 1956). Da das Volumen des Euters durch den Melkvorgang beeinflusst wird, fand diese Messung am Morgen zur selben Uhrzeit statt. Aus den Daten konnte abgeleitet werden, dass die Ausprägung des Euterödems kurz nach der Geburt wesentlich stärker ist als zum Zeitpunkt der angenommenen höchsten Milchleistung in der 6.

Laktationswoche (LOPPNOW, 1956).

In den folgenden Publikationen wurde eine Skala von 1 bis 5 vorgestellt, nach der die Euterödeme beurteilt wurden (GREENHALGH u. GARDNER, 1958; SCHMIDT u.

SCHULTZ, 1959; EMERY et al., 1969; HEMKEN et al., 1969; RANDALL et al., 1974;

BEARDSLEY et al., 1976; MITCHELL et al., 1976; CONWAY et al., 1977; DENTINE u.

MCDANIEL, 1984; VESTWEBER u. AL-ANI, 1986; NESTOR et al., 1988; MARCAL u.

WESTERING, 2002).

Dabei wurden die Abstufungen sehr pauschal nach folgendem Schema beschrieben ohne konkrete Hinweise auf die Lokalisationen der Veränderungen am Euter (Tab. 1).

Tabelle 1: 5-stufige Beurteilungsskala für Euterödeme nach DENTINE und MCDANIEL (1983)

Genauere Beschreibungen der einzelnen fünf Stufen fanden sich bei NESTOR et al. (1988).

Sie gaben bei dem leichten Ödem (2) an, dass es sich an der Zitzenbasis und um die Zitzen herum befindet, beim mittleren Ödem, dass es verbunden ist mit einer Schwellung in der unteren Hälfte des Euters, beim schweren Ödem, dass fast das gesamte Euter betroffen ist und beim sehr schweren Ödem, dass zusätzlich der Unterbauch und die Schenkel involviert sind.

Ein differenzierteres Schema zur Beurteilung von Euterödemen beim Rind zogen TUCKER et

al. (1992) sowie CINI und CUNHA (2004) heran, indem sie ein zehnstufiges Modell verwendeten. Dabei entsprach die Zahl 0 keinem Ödem und die Zahl 10 einem schweren Ödem. Eine der fünf Personen, die die Euterödeme beurteilten, wurde als Referenz eingesetzt.

Der Unterschied zwischen den Untersuchern und dem Referenzuntersucher fiel zwischen der Stufe 2 und 8 am niedrigsten aus und bestätigte somit die Genauigkeit der erhobenen Daten.

In Bezug auf die fünfstufigen Modelle bemängelten die Autoren eine fehlende präzise Beschreibung jeder einzelnen Stufe und hoben den Vorteil des zehnstufigen Modells zur Beurteilung von Euterödemen hervor. Die Charakteristika jeder einzelnen Stufe sind in Tabelle 2 aufgeführt.

Tabelle 2: 10-stufige Beurteilungsskala für Euterödeme nach TUCKER et al. (1992) 1 Kein Euterödem klinisch manifest

2 Euterödem an der Basis von drei oder vier Eutervierteln 3 Euterödem mit Beteiligung der unteren Hälfte des Euters 4 Euterödem auch an der Mittellinie zwischen rechten und linken

Eutervierteln und dem Nabel

5 Flüssigkeitsansammlung an der Mittellinie und am Nabel 6 Euterödem mit Beteiligung des gesamten Euters 7 Flüssigkeitsansammlung bis zum Brustbereich

8 Flüssigkeitsansammlung erstreckt sich noch weiter dorsal. Die subkutane Bauchvene ist nicht mehr erkennbar

9 Flüssigkeitsansammlung bis zu den Schenkeln 10 Schweres Euterödem in allen Bereichen und

Flüssigkeitsansammlung an der Vulva