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Ich wollte nur wir könnten uns fleißig darüber schreiben; allein ich sehe nicht die Zeit dazu, wie ich überhaupt verzweifle diesen

Im Dokument Schleiermacher an Brinckmann. (Seite 84-88)

Winter für Eines meiner Collegien viel zu thun. DaS neue exe- getieum wird fast alle Zeit wegnehmen. **) Leider ist nun noch

*) Dieser und die andere» hier folgenden Briefe an Gaß find nicht enthalten in „Fr. Schleiermacher's Briefwechsel mit I. Chr. Gaß. Herausgegeben von Dr. W. Gaß. Berlin, bei Reimer 1852." Sie sind erst später wieder gesun­

de» »nd jetzt dem Herausgeber von Herrn Pros. Dr. W. "Gaß freundlich zur Disposition gestellt. Was von Schl.'s Correspondenz mit den Behörden in der Agendensache unter seinen Papieren vorhanden ist und unten mitgetheilt wird, ist in seinem Zusammenhange nur aus diesen wichtigen Briefen zu verstehen.

So ist aus ihnen auch manches zu berichtigen in dem Aussatze „Schleiermacher in seiner Wirksamkeit für Union, Liturgie und Kirchenverfassung. Von Jonas.

Monatsschrift für die unirte evangelische Kirche, Band 5 Hest 4, 5, 6." (Anmerk, von JonaS.)

**) Schleiermachrr las im Wintersemester 1811/12 Moral — die Briese an die Kolosser, Epheser, Philippcr, den Timotheus, Titus und die Hebräer — theolog. Encyklopädie und Geschichte der griechischen Philosophie.

Schleiermacher an Brinckmann.

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Süvern krank. Bis jezt werden seine meisten Arbeiten zurückgelegt;

Gott gebe daß er sich bald erholt. Sollte es schlimmer werden:

so wird das hernach einen Stoß geben vor dem mir graut.

Hier haben Sie Bernhardi's Programm und meine Kircheu- ordnung. *) Bon lezterer habe ich kein anderes Exemplar. Stu- dircn Sie sie nun ordentlich und theilen Sie mir auch alle Ihre Einwendungen mit. Sie haben deren vielleicht jezt mehrere, seitdem Sie die Sachen und die Geschäfte damit genauer kennen. Ich habe nicht Zeit gehabt sic jezt noch einmal durchzulesen.

Bartholdy ist hier, aber ohne seine Frau. Er scheint mir ziem­

lich munter zu sein und kommt jezt eben mich zum Spaziergange abzuholen. Diesen Mittag essen wir zusammen bei Reimer. Er grüßt und läßt sagen, er würde eö nicht übel nehmen wenn Sie ihm auch einmal schrieben. Grüßen Sie alle Freunde und Merckeln em­

pfehlen Sie mich herzlich. Was für eine klatrige Wendung die po­

litischen Angelegenheiten genommen haben, wissen Sie. Indeß muß man nicht verzagen. Die Niederträchtigkeit und Inkonsequenz ist freilich ungeheuer. Adio.

Schleiermacher an Brinckmann.

d. 4. Juli 1812.

Eine so unmittelbare, und wenn nicht ein besonderes Unglück eintritt so höchst sichere Gelegenheit kann ich unmöglich vorbeigehn lassen, mein theurer Freund, ohne Dir einige Lebenszeichen zu geben.

Dies laß mich Dir zuerst sagen daß Alle, auf die Du je hast rechnen können als auf solche die Dich wahrhaft lieben und zu schäzen wissen, mich an der Spize und zunächst die herrliche Boß auch ganz unverändert geblieben sind in ihrer Gesinnung, und wo die Vorwizigen zum Tadel bereit waren an jenen Glauben an die Unveränderlichkeit eines wahren Menschen sich gehalten haben, ohne den es keine Liebe giebt und ohne den nichts menschliches einen sonderlichen Werth hätte.

*) Die erwähnte, Dove Zeiischr. [■ Kirchr. I. 2,1861. S. 326 ff. mitgetheilte.

lSß Schleiermacher an Brinckman».

Ich weiß nicht wie weit Du von hiesigen Dingen unterrichtet bist, sonst schriebe ich Dir eine kleine Zeitung. Um den Tod unseres guten Spalding weißt Du gewiß. Das Glück den Tod recht kom­

men zu sehn was wir uns so oft wünschten um mit Besonnenheit zu schließen ist ihm freilich nicht geworden; aber cs ist der schönste schnelle Tod der mir vorgekommen ist, recht in der Art des Daseins in welcher sich sein Wesen am reinsten aussprach, in einer so heiteren Stimmung als er den ganzen Winter nicht gehabt hatte und nur eben mit dem Sommer wieder zu finden anfing. An dem Tage seines Todes war ich so elend als ich mich nie besinne gewesen zu sein. Ein böser Magenkrampf hatte mich in 7 Monaten bei den harten Anstrengungen, indem ich keines meiner Geschäfte je auösezte und oft im ParoxismuS 2 Stunden hier einander Vorlesungen hielt, fast aufgerieben. Ich bin seitdem durch den Magnetismus, dessen höhere Erscheinungen indessen bei mir nicht eingetreten sind, geheilt, wenigstelis habe ich seit einem Jahr keinen Anfall gehabt. Ich gehe übrigens fast unter in Geschäften, von denen ich doch keins möchte fahren lassen. Am wenigsten interessirt mich wol was mir am mei­

sten Geld giebt das Departement für den öffentlichen Unterricht, zu dessen Chef ich Dich nach Humboldts Abgang gern gehabt hätte.

Aber doch sind hier die wenigen interessanten Geschäfte an denen ich Theil nehme der Zeit wol werth, die man an den currenten Sachen verschwenden muß. Nur verrückt finde ich es daß man mich in das Unterrichts-Departement allein und gar nicht in das für den Cultus gesezt hat wo ein Ferment wie ich sehr nöthig wäre. Das Vorlesungen-Halten bringt mich sehr vorwärts; ich habe wirklich Aussicht noch eine Art von gelehrtem Theologen zu werden und fange an mir ein Schule zu bilden ans der viel Gutes hervorgehen kann.

Ich habe nun schon zweimal Geschichte der Philosophie gelesen zu meiner großen Belehrung und könnte mit mehr solchen Monographien wie der Heraclit im Museum auch aus der dunkeln Zeit des Mittel­

alters hervortreten. Zwei kleine griechische, den Anaximandros und den Diogenes von Apollonia, habe ich schon ausgearbeitet für die Akademie. Dann habe ich auch eine Art von speculativer

Philoso-Schleicrmacher an Brinckmami.

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phie vorgetragen unter dem Titel Dialektik, und ich hoffe daß schon auch das erste Mal der Grund wenigstens zu einer ziemlich klaren Darstellung gelegt ist. Aber freilich meine litterarische Thätigkeit liegt ganz und ich sehe noch nicht ab, wann ich den Platon werde vollenden können. Ich tröste mich darüber, denn ich bin doch zum Schriftsteller am wenigsten gemacht. Der hiesige wissenschaftliche Kreis hat bedeutenden Zuwachs erhalten durch die Universität, aber den bedeutendsten durch einen Mann der der Universität nicht an­

gehört, sondern ursprünglich für Staatsgeschäfte berufen war, nem- lich Niebuhr. Ich weiß nicht ob Du ihn persönlich kennst. Ich habe nie eine so bewundernswürdige Gelehrsamkeit gesehn und ein so vielseitiges und tiefes kritisches Talent, und selten ein so schönes Gemüth; ich würde auch hinzusezen einen so großen Charakter, wenn er nicht unter den Einwirkungen eines schwächlichen Körpers stände.

Gräfin Voß ist hier. Ich habe das Glück gehabt ihr näher zu kommen, und muß sie täglich mehr lieben und achten. Auch meine Frau theilt dieses Gefühl und die Gräfin zeigt sich ihr sehr gütig und freundlich. Wahrhaftig ich weiß nicht ob ich schon als Ehe­

mann an Dich geschrieben habe, leider aber ist nun nicht mehr Zeit Dir meine Frau oder unsere Ehe zu beschreiben. Ich verstehe auch von ihr eben so wenig zu reden als von mir selbst, und überlasse es auch ungern Andern, weil Niemand sie recht kennen kann als ich' am meisten weiß wol für jczt die Herz von ihr. Zwei Kinder mei­

nes lieben Freundes hat sie mir mitgebracht und zweie, beides Mäd­

chen, hat sie mir geboren. Meine Schwester die Du einmal gesehen hast, lebt auch noch bei uns, und so bilden wir eine ganz ansehn­

liche Familie.

Von den großen Verhältnissen schreibe ich nichts; es läßt sich darüber doch nur sprechen. Die Litteratur ist fast todt. Das Ka­

tholischwerden auS Weichlichkeit ist mir zu verächtlich und Streitig­

keiten wie die, welche Schelling gegen Jakobi führt, ekeln mich an.

Hätte doch Jakobi aus seinem freilich in speculativer Hinsicht nicht bedeutenden, aber sonst doch sehr schönen, ja selbst lehrreichen Buche die einigen Stellen weggelassen, die den argwöhnischen verbissenen

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Schleierinacher an Gaß.

Menschen reizen mußten, so hätte er uns ein ärgerliches Schauspiel

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