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Mit Call geht es mir schlecht, indem ich ihn fast immer ver

Im Dokument Schleiermacher an Brinckmann. (Seite 60-64)

fehle. Mit Christ**) bin ich Morgen Abend zusammen und will sehn,

*) Wahrscheinlich ein Vertreter des im August von Hardeleben in Berlin be­

gründeten Tugendbundes, welcher damals die übrigen Comite s mit sich zu ver­

einigen suchte; vielleicht Jochmus?

**) Minister von Stein. — Call: Gneisenau oder Scharnhorst?

Schleiermacher an Reimer. 161 ob ich dann noch eine vertraute Zusammenkunft mit ihm verabreden könnte. Manches ließe sich dann ganz gewiß aufs Reine bringen.

Bis jezt habe ich mit Neubaur am meisten zu thun gehabt; man­

cherlei habe ich ihm mit gutem Erfolg auseinandergesezt, anderes wieder nicht und das läßt sich vielleicht mit Christ*) besser machen.

Ueber die Nothwendigkeit unseres Hauptgeschäftes sind aber alle, wie es scheint, ganz einig; nur für den Fall, daß das Amt im Un­

kraut liegen bleibt ist man bange, und mit Recht. **) Auf den Kohl­

garten wird auch hier gar keine Rücksicht genommen. Einer von dorther hat ausgesagt, daß am 20sten vor. Monats eine entscheidende Unterredung zwischen dem lieben Manne und unsren dortigen Freun­

den habe vorfallen sollen. Von dieser erwartet Christ stündlich Nach­

richt,***) auf diese sowie Christs Conte courante, welches nächstens abgeschlossen werden soll, möchte ich noch warten, f) Vielleicht auch auf Vinke's Ankunft, den Christ täglich erwartet.

Böckler möchte uns gern mit unseren Geschäften in seiner Hand haben; ich glaube aber es wird umgekehrt gehn und er wird uns zur rechten Zeit doch gern dienen. Nur ist wesentlich, daß er jezt nichts weiter erfährt; vielleicht kann man gar bei meiner Rückkehr Veranlassung nehmen, ihn glauben zu machen, wir hätten es auf­

gegeben. Daß Fouqu6 die Gastfreundschaft zu unsrem Schaden so weit ausdehnen würde, hätte ich nicht geglaubt; der Mann ist doch verrückt durch seine Poesie. Es ist nun freilich übel, daß wir auf dieser Seite keine feste Verbindung haben, da sie so sehr interessant ist. Ich bin mit dem hiesigen Amtsverweser in- Gesellschaft gewesen und auch aus seinen Reden habe ich merken können, daß man auf

*) Minister von Stein.

**) „Hauptgeschäfteö wegen der französischen Forderungen zum Krieg zu treiben, nur daß dann auch, wie Scharnhorst schon im August verlangt hatte, die dem Krieg widerstrebenden Elemente nicht länger in der Regierung bleiben („Amt im Unkraut liegen") könnten.

***) Am 10., 13., 17. August fanden die wichtigen Unterredungen zwischen dem Prinzen Wilhelm „dortige Freunde" und dem Prinzen von Champigny statt, da der Kaiser „liebe Mann" immer noch in Paris ausblieb.

t) Entscheidung über Stein's Ministerium, vgl. die Warnung, welche Stein nach Pertz diesen Tagen erhielt.

Aus Schletermacher's Leben. IV.

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Schleiermacher an Reimer.

dem Amte gern noch das Unkraut hegen will und daß man sich scheut der Herde Brod zu geben. *) Die guten Nachrichten von dem Schulzengut weißt Du nun schon. Andere sind noch vortrefflicher, aber mir nicht glaubwürdig genug.

Ich bin den ganzen Morgen durch Besuche aufgehalten worden und nun ist es so spät daß ich nicht einmal mehr an Nanny schrei­

ben kann; das muß also bleiben bis zur nächsten Gelegenheit. Län­

ger indeß als fünf bis sechs Tage noch hoffe ich nicht Hierblei­

ben zu müssen. Der Himmel fahre fort mich gute Geschäfte machen zu lassen. Ouednow und seine Frau**) habe ich noch gar nicht ge­

sprochen und nur in der Kirche gesehn; seine Kinder aber sehe ich oft und diesen Mittag esse ich bei seiner Schwägerin.***)

Bon Lübeck rechne ich wol nicht eher etwas zu erfahren, als bei meiner Rückkunft.

Adieu grüße alle Freunde und Dein ganzes Haus und nimm

Dich meiner guten Nanny an. Schl.

d. 20. September 1808.

Qnednow's Gast f) geht heute ab, und so wird eS wol keine Schwierigkeit haben daß ich Donnerstag oder Freitag auch meine Rück­

reise antrete. Von denen'die am meisten mit dem Manne gewesen sind habe ich noch keinen gesprochen, komme auch wol erst Morgen dazu.

Christ und Quednow haben gestern eine lange Unterredung in Ge­

schäftssachen mit ihm gehabt, aus der Christ sehr vergnügt heraus­

gekommen sein soll. Man schließt daraus, der Mann habe ver­

sprochen, auf der Erfurter Messe unsere Geschäfte mit zu überneh­

men, ff) Es sollte mir leid thun, wenn ich Euch solche Nachrichten

*) Zu den stillen Rüstungen Waffen auszutheilen.

**) König und Königin.

***) Prinzeß Wilhelm. Briefw. II. 127, IV. 166.

t) Kaiser Alexander.

tt) Alexander'« Unterredung mit dem König und Stein; Alexander bewog den König ihm für den Erfurter Eongreß die Vermittlung in Betreff der (tan- zöstschen Forderungen zu überlassen.

Schleiermacher an Reimer.

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mitbrächte, wie es mir überhaupt leid thut, daß man sich mit dem Mann auf irgend etwas Ernsthaftes eingelassen hat. Die wahre Feinheit hätte ohnstreitig betritt bestanden, es so zu karten, daß dort gar nichts für uns geschähe durch ihn, sondern daß er sich nur im­

mer tiefer mit dem lieben Manne eingelassen hätte; denn je mehr und je besser er unftre Geschäfte in Erfurt besorgt, um desto we­

niger Brod wird für uns dabei herauskommen. *) Käme er dann so zurück, so hätte man sehen sollen, daß man ihn hier in der Nähe auf eine angenehme Weise so unterhalten hätte, daß er an der wei-

•teren Rückreise wäre gehindert worden. Dann hätten unterdeß die Freunde über See seinen Kohlgarten an sich bringen können. Nun fürchte ich leider, wir werden eine mittelmäßige Messe machen und am Ende nichts als erbärmliches Unkraut davon haben.**) Ahlemanns mit der lezten Gelegenheit angekommene Briefe sind mit so schlechter Dinte geschrieben, daß Friedrich und Neubaur schon mehrere Stun­

den darauf zugebracht haben, sie zu enträthseln, heute will ich nun allch noch helfen. Das wenige was davon zum Vorschein gekommen ist, hat die Neugierde sehr gespannt, aber wie es scheint auf keine recht angenehme Weise.***) Mir habt Ihr mit dieser Gelegenheit wol nichts mehr geschickt, weil Ihr nicht wußtest, daß sie mich noch tret«

fett würde. Nun brennt mir aber auch die Stelle unter den Füßen.

Daher ich auch, was ich sonst noch schreiben könnte, lieber verspüre, da ohnedies alles erst seine Haltung bekömmt durch das was ich von Christ, Call und Mansfeld über den Gast erfahren werde, f)

Vielleicht wenn ich auch Freitag selbst reise schreibe ich doch noch Freitag früh ein paar Zeilen an Nanny um ihr meine Ankunft ge­

nau zu bestimmen. Grüße unterdeß alles herzlich.

(Ohne Unterschrift.)

*) Schleiermacher wünscht keine Verinittlung Alexanders, sondern Krieg.

**) Veränderung des Ministeriums und dabei niittelmäßige Resultate in Er­

furt, denen sich der König füge.

***) Die Briefe waren nicht zu enträthsekn; nach Stessens wurde bei wich­

tigen in der That chemische Tinte angewandt,

t) Von Stein, Scharnhorst und Gneisenau über Alexander.

Im Dokument Schleiermacher an Brinckmann. (Seite 60-64)

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