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4. Ergebnisse

4.1 Standortuntersuchungen

4.1.3 Festung Wrocław

Allgemeines

Nachdem 1807 die ursprüngliche preußische Stadtfestung Breslau als Folge der Napoleonischen Kriege entfestigt wurde, kam 1889 der Auftrag zur erneuten Befestigung. Die neue preußische Festung Breslau wurde als Gürtelfestung, oder auch Großfestung, ausgeführt, bei der auf großflächige Artillerieforts verzichtet wurde. Dies war auch der neuen aufkommenden Explosivmunition geschuldet. An Stelle dieser wurden befestigte Infanterie-stützpunkte verschiedener Größen errichtet, die selten mehr als 0,5ha Grundfläche hatten.

Daneben sollte Feldschanzen als Artilleriestützpunkte dienen. Bis zur erneuten Erklärung Breslaus zur preußischen Festung 1910 wurden beidseitig der Oder mehrere Dutzend derartige Infanteriestellungen um die Stadt herum errichtet. Danach folgten bis 1915 weitere Befestigungsmaßnahmen der Stadt, so z.B. die Errichtung von 14 Stauwehren zwischen 1913 und 1915, die im Belagerungsfall die Flutung der Oderauen herbeiführen sollten. Dazu kamen weitere komplexe wasserbauliche großflächige Arbeiten (Rolf, 2000: 145-149; Pardela, pers.

Komm.). Im Zuge der neuen Befestigungen wurden einzelne späte Infanterieforts gänzlich in Betonbauweise ausgeführt. Teilweise wurden bereits aus Ziegelmauerwerk errichtete Forts mit aufliegenden Betonplatten verstärkt oder waren bereits in der Planung derart vorgesehen, um einen gewissen Bombenschutz für die Infanterie zu gewährleisten. Auch wurden nachträglich in späten Bauphasen Betonfassaden als Splitterschutz errichtet (Pardela, pers. Komm.).

Die Festung Wrocław ist in Mitteleuropa als eine der letzten errichteten neuzeitlichen Festungen zu begreifen, die zudem durch die Abwesenheit klassischer Artillerieforts gekennzeichnet ist. Die Festung wurde nach dem Ende des ersten Weltkrieges nicht geschleift und wurde während der Spätphase des zweiten Weltkrieges als solche wieder kurzzeitig und erfolglos verwendet. Vergleiche hierzu auch die Monographie von Pardela und Kolouszek (2017). Zusätzlich sei auf den aktuell noch im Druck deutschsprachigen befindlichen Aufsatz von Ł. Pardela im Verlag der Deutschen Festungsforschung verwiesen.

Abbildung 7: größeres Infanteriefort der Festung Wrocław (Infanterieraum 20), Juli 2014, © Junghans, 2014

Schutzstatus

Aktuell sind einige Objekte als Baudenkmäler gelistet. Andere weichen der aktuell stattfindenden Stadterweiterung oder werden in Bebauungspläne integriert (Pardela, pers.

Komm.).

Klima

Wrocław liegt im Übergangsbereich zwischen ozeanischem und sub-ozeanischem Klima (Abb.

A-8). Die Jahresmitteltemperatur der zugehörigen WMO-Klimastation Wrocław (PL) (CLIMAT ID 12425) betrug im Zeitraum 1961-1990 ca. 8,3°C. Die durchschnittliche Temperatur des kältesten Monats (Januar) betrug -2,0°C, die des wärmsten (Juli) 18,0°C. Der durchschnittliche Jahresniederschlag beträgt etwa 609mm, mit höher ausfallenden Sommerniederschlägen (Abb. B-4).

Wrocław ist dem Klimaraum Cfb (warm temperiert, humid, warme Sommer) nach der Köppen-Geiger Klassifikation zuzuordnen (Abb. A-6 und A-7).

Geographie und biogeographische Einordnung

Wrocław liegt in der Makroregion der schlesischen Tiefebene (Nizina Śląska) beiderseits der Oder im saaleeiszeitlichen Breslau-Magdeburger-Urstromtal und ist der kontinentalen biogeographischen Region (Abb. A-9) zuzuordnen. Nach der FAO eco zones Klassifikation befindet sich Wrocław bereits in der temperierten kontinentalen Waldzone (Abb. A-10).

Wrocław liegt zudem in der temperaten Florenzone Europas (Abb. A-14) in der mitteleuropäischen Vegetationsprovinz (Abb. A-15 und A-16).

4.1.3.1 Flora

Im Sommer 2014 wurden Kartierungen von 10 Infanterieforts unterschiedlicher Größe der Festung Wrocław durchgeführt. Diese befinden sich außerhalb des eigentlichen Stadtgebietes, teilweise von ackerbaulich genutzten Flächen umgeben. Zusätzlich wurde ein Standort innerhalb der Stadt gewählt, Brama Cegliarska (W-010). Bei diesem handelt es sich einen der wenigen sichtbaren Reste der alten Stadtfestung Wrocławs (vor der napoleonischen Schleifung). Des Weiteren kommt ein Standort hinzu, bei dem die historischen Ursprünge nicht gänzlich klar wurden (W-008). Dieser befindet sich im Waldgebiet des Las Rakowiecki.

Vermutlich handelt es sich aber um reine ehemalige Flak-Stellungen des 2.ten Weltkrieges. Für exemplarische Fotographien der Kartierflächen siehe Abbildungen G-4 bis G-6 im Anhang G.

Abbildung 8: Kartierte Forts der Festung Wrocław

Offenland-Biotope

Die Offenlandbiotope zeigen den Einfluss von Wirtschaftsgrünland sowie eine unterschiedlich ausgeprägten Ruderalität, so dass das verbindende Element Arrhenatherum elatius durch seine hohe Stetigkeit (fidelity 61,8) als Namensgeber der ersten Hierarchieebene der TWINSPAN Auswertungen gewählt wurde (Gruppengröße 12). Je nach Feuchtegradient lassen sich weitere Standorte herausstellen: eine Phragmites australis (fidelity 100) dominierte Gruppe (2 Standorte) und eine Gruppe trockenerer Standorte, die Achillea–Artemisia Gruppe der Hierachieebene 2 in allen gewählten TWINSPAN Einstellungen. Letztere lässt sich in den TWINSPAN Einstellungen unterschiedlich ausdifferenzieren. In der favorisierten Einstellung 4 unterteilt sich diese nochmal in eine Erigeron acris–Festuca ovina Gruppe und eine Achillea–

Solidago Gruppe. Letztere (5 Standorte) hat eine hohe Stetigkeit von Cirsium arvense, Silene vulgaris, Achillea millefolium und Solidago canadensis (alle fidelity 71,8). A. elatius hat hier mit Artemisia vulgaris eine Stetigkeit von 60,4. Diese Gruppe lässt sich nochmals unterteilen:

eine Equisetum arvense–A. millefolium Gruppe stark anthropogen beeinflusster Offenland-Standorte und eine verbuschte halboffene Gruppe (2 Offenland-Standorte) mit verschiedenen Prunus-Arten. Eine exakte Übersicht ist in Tabelle C-64 des Anhangs C zu finden.

In den anderen getesteten TWINSPAN Auswertungen kommt es zu anderen Ausdifferenzierungen auf unteren Hierarchieebenen (Tabelle C-63).

Die obige beschriebene Phragmites Gruppe, v.a. die Aufnahme W-002a aus dem Deichvorland des Infanterieforts, ist als Molinio-Arrhenatheretea (Mähwiesen und Weidegesellschaft) zu klassifizieren, bei dem P. australis und Eleocharis palustris, auf feuchte bis temporäre nasse Standortbedingungen hinweisen. Dieses Relevee steht im Kontrast zur Kartierung des eigentlichen Forts (Aufnahme W-002), bei dem nur Alopecurus geniculatus als alleiniger Vertreter frischer Standorte auftritt und die Klasse durch das Vorhandensein typischer Vertreter nur angedeutet wird.

Die Erigeron acris–Festuca ovina Gruppe wird gekennzeichnet durch Klassen-Vertreter der Molinio-Arrhenatheretea (7 Arten) und Artemisietea (4 Arten) und Agrostietea stoloniferae (4 Arten). Durch hohe Stetigkeit von Erigeron acris (fidelity 78,9) als Charakterart des Mesobromion (Kalk-Halbtrockenrasen (magere Wiesen, Weiden)) wird auf die zumindest temporären thermophilen Bedingungen des Standortes der Gruppe hingewiesen, welche u.a.

durch Corynephorus canescens als Vertreter auf dem gleichen Standort (W-005a) besonders

mittleren N-Zahlen 4,4 bis 5,4. Der Standort W-010 (Brama Cegliarska) ähnelt in seiner Artenzusammensetzung den stärker ruderal beeinflussten Trocken- und Halbtrockenstandorten des Offenlandes im Fort Hahneberg (D).

Die Equisetum arvense–A. millefolium Gruppe ist gegenüber der Erigeron acris–Festuca ovina Gruppe v.a. durch höhere Stickstoffzeigerwerte gekennzeichnet (5,6-6,2), sowie durch leicht höhere und engere F-Zahlen (4,8-5,2). Neben 7 Charakterarten der Molinio-Arrhenatheretea (Mähwiesen und Weidegesellschaften) kommen 6 Charakterarten der Artemisietea (Stickstoff-Krautfluren) in dieser Gruppe vor. 3 Vertreter der Chenopodietea (Hackunkraut- und Ruderalgesellschaft) (Geranium rotundifolium, Sisymbrium officinale und Tripleurospermum perforatum) verdeutlichen den stärkeren ruderalen Einfluss auf diesen Standorten, obgleich mit Armeria maritima ssp. elongata am Standort W-005c auch ein Vertreter der Festuco-Brometea (Trocken-, Halbtrockenrasen, basiphile Magerrasen) auftritt.

Die Prunus Gruppe, mit den Gattungsvertretern Prunus spinosa, Prunus cerasus agg. und Prunus avium, wird zusätzlich von Vertretern der Klasse Artemisietea gekennzeichnet (4 Arten). Die Stetigkeit von Sambucus nigra und Urtica dioica in beiden Relevees weist auf grundsätzliche nitrophile Standortbedingungen hin.

Aufgrund der starken ruderalen Einflüsse und teilweise extremen abiotischen Standortbedingungen einzelner Forts sind exakte soziologisch eindeutige Zuordnungen der einzelnen Aufnahmen nicht begründbar. Es muss daher bei einer Klassenähnlichkeit von zusammengefassten Relevees der Offenlandstandorte bleiben. Vorgefundene Standorte werden bis auf die Phragmites Gruppe (undifferenzierte Molinio-Arrhenatheretea) in die hier nicht näher ausdifferenzierbare Klasse der Artemisietea eingeordnet.

Folgend der Ausarbeitungen sind obige Gruppen und Aufnahmen in die Biotoptypen ruderale Wiese (05113-GMR) bzw. Staudenfluren und Säume (05140-GS) einzuordnen. Je nach Standortbedingungen können diese nochmals in die Biotoptypen 05141-GSF (feuchter bis nasser Standorte), 05142-GSM (frischer, nährstoffreicher Standorte) und 05143-GST (trockenwarmer Standorte) unterteilt werden.

Waldbiotope

Alle als Waldstandorte kartierten Forts der Festung sind sekundärer Natur. Es dominieren Acer-Arten. Daneben sind teilweise nennenswerte Robinia pseudoacacia Bestände vorzufinden.

Zeugnisse anthropogenen Einflusses sind u.a. Aesculus hippocastanum sowie Malus domestica.

Die TWINSPAN-Auswertungen ergeben eine dominante Robinia–Acer platanoides Gruppe auf der Hierachieebene 1, beide mit einer hohen Stetigkeit (fidelity 88,3). In der einfachsten Klassifizierung (setting 4) wird diese in zwei Untergruppen unterteilt: eine Tilia platyphyllos–

Chelidonium Gruppe (3 Standorte) und eine Acer platanoides–Fraxinus–Populus alba Gruppe (4 Standorte). Erstere und deren Bestände sind grundsätzlich in die Klasse Querco-Fagetea einordbar, mit einer Tendenz zum Verband Tilio (platyphyllis)-Acerion pseudoplatani (Edellaubbaum-Mischwälder, Linden-Ahorn-Wälder). Daneben weisen Carpinus betulus und Stellaria holostea auf Ansätze der potentiellen Ausbildung des Verbandes Carpinion betuli (Eichen-Hainbuchen-Wälder) hin. Denkbar ist hier die Ausprägung der Assoziation Tilio-Carpinetum Traczyk 1962 (Pott, 1992: 555f). Vergleiche hierzu auch die Ausarbeitungen zu Ausprägungen der Eichen-Hainbuchenwälder in West-Polen in Matuszkiewicz und Matuszkiewicz (1985), die um Wrocław die Oder-Warthe Rasse des Galio-Carpinetum als typische Gebietsassoziation herausgestellt haben, die zudem noch in verschiedene planare und submontane Ausprägungen zerfällt. Auch die Acer platanoides–Fraxinus–Populus alba Gruppe ist soziologisch in die Klasse Querco-Fagetea sowie in den Verband Tilio (platyphyllis)-Acerion pseudoplatani einordbar. Durch die Ruderalität und sekundäre Natur der Standorte sind die Bestände zudem soziologisch nahe den Ahorn-Parkwäldern (Passarge, 1990).

Die Waldbestände werden zusammengefasst als Biotoptyp 08290 (WS) Naturnahe Laubwälder und Laub-Nadel-Mischwälder mit heimischen Baumarten bewertet. Eine nähere Zuordnung erscheint nicht sinnvoll.

Zusammenfassung

Die Offenlandstandorte wie auch die Waldstandorte der Forts der Festung Wrocław zeigen hohe Ruderalitätsgrade. Exakt gleiche Artenkombinationen wurden nicht vorgefunden. Die Offenlandstandorte sind tendenziell in die Klasse der Artemisietea, die Waldstandorte in die Klasse Querco-Fagetea einordbar. Andere Zugehörigkeiten sind je nach Standort möglich.

Nähere Zuordnungen sind derzeit nur bedingt möglich, aber auch nicht zwingend notwendig.

Hintergrund ist auch die oftmals geringe Fläche der Forts und damit der jeweiligen Biotope.

Die Existenz von Robinia pseudoacacia auf den Standorten kann analog zur Entwicklung der Trümmerfolgeart in Berlin nach dem Zweiten Weltkrieg bewertet werden.

4.1.3.2 Fauna

Systematische faunistische Untersuchungen fanden nicht statt.

Unterirdische Bauwerksstrukturen

Nicht in allen Bauwerken konnten die unterirdischen Strukturen begutachtet werden, da diese einerseits verschlossen oder aber auch überflutet waren. Die Anwesenheit von Microchiroptera kann in den meisten Anlagen nicht ausgeschlossen werden.

Offenland-Biotope

Auf Offenland und halboffenen Standorte sind oftmals verschiedene Insekten- oder Spinnenarten vorzufinden. Anwesenheit von Lacertidae kann gerade auf den wärmeren sonnenexponierten Standorten vermutet werden. Vergleiche hierzu auch die Listung der Sichtungen am Standort W-003 in Tabelle C-48.

Waldbiotope

Waldbiotope sind oftmals entsprechend der Umgebung und Hemerobiegraden mit unterschiedlicher Avifauna ausgestattet.

Zusammenfassung

Die Biotopstandorte des Forts sind durch ihre Artenkombinationen und geringen anthropogenen Nutzungsdruck trotz ihrer Ruderalität Lebensraum vielfältiger Fauna. Tendenziell weisen die Offenlandstandorte höheren (sichtbaren) faunistischen Reichtum auf als die Waldstandorte.

Unterirdische Strukturen können ggf. Quartiere für diverse Microchiroptera-Arten sein.

Vermutet wird hier vor allem die Relevanz als Interims- und Sommerquartier, Zugänglichkeit vorausgesetzt, u.a. durch die relative Nähe zum NATURA 2000 Gebiet Nietoperek, einem der Hauptüberwinterungsquartiere im westlichen Polen (EEA, 2017; Tena, 2019), sowie der Nähe zu wichtigen Winter- und Sommerquartieren der Ostsudeten (Furmankiewicz et al., 2008).