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2. Literatur und theoretische Grundlagen

2.6 Biotopmanagement in Festungsanlagen

2.6.1 Zielsetzungen

Management von Biotopen beinhaltet einerseits die Umsetzung von speziellen Arten- und allgemein orientiertem Naturschutz und andererseits die Umsetzung von allgemeinen landschaftsplanerischen Aspekten. Diese stehen im Zusammenhang (Haug, 2000). Das Management geschützter Biotope erfolgt nach einer Schutzgebietsverordnung, die Entwicklungsziele und Maßnahmen festlegt. Das Management anderer nicht geschützter Biotope und Flächen, da diese auch Biotope sind, beinhaltet in der Regel auch eine Berücksichtigung allgemeiner naturschutzfachlicher Aspekte, z.B. Schnittverbot von Gehölzen während der Brutsaison, oder die Berücksichtigung von Aspekten der Verkehrssicherheit.

Biotopmanagement dient im weitesten Sinne dem Erhalt der Erhalt der Biodiversität und bedeutet hier Erhalt der Arten und Erhalt und ggf. auch die Neuschaffung von Biotopen als kleinste Teile des landschaftlichen Ökosystems und ist als Naturschutzpraxis zu bewerten.

Biotopmanagement ist in seiner Zielsetzung inhaltlich gleichsetzbar mit Biotopflege.

Grundsätzlich steht hierbei der Aspekt „Schutz durch Nutzung“ in Vordergrund naturschutzfachlicher Pflege- und Managementaufgaben, die im Detail sehr unterschiedlich sein können. So erfordert die Biotoppflege bzw. das Biotopmanagement von Waldrändern (Joachim, 2000) andere Aktivitäten als die Pflege von Flur- und Feldgehölzen (Joachim und Schrödl, 2000) und die Pflege von Trockenrasen und Heiden (Schohknecht, 2000) andere als die von Feuchtgrünland (Baeck, 2000).

2.6.2 Ansätze und Methoden

Die Förderung dynamischer Prozesse (Management durch massive Störungen) (Bundesamt für Naturschutz, 2018) ist eine mögliche Lösung für die Umsetzung der Naturschutzpraxis mittels des Biotop-managements. So wird v.a. die Dynamik in einem größerem landschaftlichen Teil des Öko-systems gefördert und meist in größeren Offenlandbiotopen angewendet (Riecken et al., 1998).

Die Förderung dynamischer Prozesse ist nur ein Teil des Flächenschutzes. Belange der Biotopvernetzung sind zu berücksichtigen und sollen zur Erhaltung der Biodiversität beitragen (Frey und Lösch, 2010: 503-514). Ziele und Umsetzung des Flächenschutzes sind im Hinblick auf das einzelne zu schützende Biotop zu betrachten, welches in sich stabil und resilient gegenüber externen und internen Störungen sein sollte. Dabei erfordert die Segregation von Naturschutz und übriger Landschaftsnutzung (Kunz, 2017: 9ff) für das Biotopmanagement einen „erheblichen steuerfinanzierten Aufwand“, v.a. um die negativen Effekte der umliegenden Areale abzupuffern.

Grundsätzlich andere Möglichkeiten der Biotopflege manifestieren sich durch gezielte Eingriffe und Gestaltungen von einzelnen kleineren Biotopstrukturen, Objekten und Landschaftselementen, wie z.B. die Pflege und Gestaltung von Kopfweiden (Schrödl und Joachim, 2000), Flurgehölzen (Joachim und Schrödl, 2000), Streuobstwiesen (Dietrich, 2000), Pflege und Gestaltung von Mauern, Zäunen und Wegen (Peters und Schneegans, 2000). Hier werden durch Pflegemaßnahmen landschaftsgestalterische sowie ökologisch-naturschutzfachliche Ziele umgesetzt, wobei die die resultierende Aufwertung und Erhaltung des ökologischen Potentials im Sinn der Biotopvernetzung erfolgt.

Zugleich kann eine Biotoppflege bzw. ein Biotopmanagement auch im urbanen Raum erfolgen, wobei spezieller Artenschutz, wie z.B. für Fledermäuse (Teubner et al., 2000; Bayerisches Landesamt für Umwelt, 2001; Schmidt, 2017), oder aber allgemeine Naturraumpflege und Aufwertung (Peters und Holzhausen, 2000) möglich ist.

2.6.3 Management von Novel Ecosystems in Festungsanlagen

Festungsanlagen des mitteleuropäischen Raumes können, wenn sie nicht in intensive parkähnliche Pflegepläne eingebunden sind und auch teilweise aufgelassen wurden, Rückzugsraum für Arten und deren Gemeinschaften bei zerstörten Primär- oder Ersatzhabitaten

sein, wenn diese die gleichen oder ähnlichen Funktionalitäten wie der natürliche Lebensraum aufweisen. So erweisen sich dornige Gestrüppe invasiver Akazien-Arten in Südafrika funktionell geeignet u.a. für Nestbau von einheimischen Vögeln (Rogers et al., 2014) und sind damit in diesem Aspekt funktionell gleichwertig zu anderen einheimischen Gebüschen und Gestrüppen. Diese Erkenntnis kann prinzipiell auch auf Gebüschstrukturen in Europa übertragen werden. Allerdings kann eine veränderte Abundanz einzelner Arten in diesen Systemen auftreten (Lindenmayer et al., 2008), da diese eben nicht das gleiche ursprüngliche Biotopsystem sind.

„Old styles of management, which focused on removing undesirable species or conditions from ecosystems to return them to a prior condition, may no longer be sufficient“ (Kowarik, 2011).

Ein Biotopmanagement in Festungsanlagen kann also z.B. bedeuten, dass die Verbreitung und Ausbreitung invasiver Arten eingedämmt wird oder akzeptable abiotische Bedingungen wieder hergestellt werden, z.B. durch Dekontamination oder Sanierung von Altlasten. Auch eine Ansät und Anpflanzung von standortgeeigneten Arten auf devastierten Standorten in NE ist denkbar (Seastedt et al., 2008), analog zur komplexen Rekultivierung von Braunkohletagebauflächen (Katzur, 1996; Landeck et al., 2017) oder anderer devastierter Standorte (Eschner et al., 1995;

Riesbeck, 2001). Hierbei können positive Nebeneffekte z.B. für die Erholung auftreten die sich u.U. auf Ecosystem Services (ESS) auswirken (Katzur, 1997; Kapitel 2.8).

Biotopmanagement in NE heißt, dass abgewogen und identifiziert werden muss (Hobbs et al., 2009), ob es:

• eine Rückkehr in einen historischen Zustand gibt

• eine Wiederherstellung elementarer Schlüsselelemente geben kann (restoration of key system structures)

• eine Rückkehr zu einem hybriden oder historischen Zustand aufgrund zu großer, systeminterner, Wiederherstellungsbarrieren (restoration thresholds) unwahrscheinlich oder anschließbar ist.

Hierbei können und sollten auch Aspekte von ESS (Kapitel 2.8) berücksichtigt werden.

Allerdings muss bei der Identifikation und Quantifizierung von Wiederherstellungsbarrieren der Bezugsrahmen definiert werden, damit nicht nur monetäre Aspekte eine Berücksichtigung finden (Murcia et al., 2014: 552). Eine klares Konzept zur Ermittlung dieser Barrieren existiert noch nicht bzw. wird aktuell vielschichtig diskutiert (Aronson et al., 2014; Truitt et al., 2015).

Zugleich muss in den Fällen, dass eine Rückkehr zum alten (angenommen) Status quo unmöglich wird, die Umsetzung naturschutzfachlicher Aspekte ein Biotopmanagement in NE von traditionellen Naturschatz und Biotopmanagement flankiert werden, die über die lokale Örtlichkeit hinweg in den Raum wirken (Hobbs et al., 2014).

Die in Truitt et al. (2015: 1222) vorgeschlagenen Maßnahmen zum Umgang mit Vektoren/

Treibern des Wandels in Richtung von NE lassen sich auch auf ein Biotopmanagement in Festungsanlagen prinzipiell anwenden, erfordern aber eine Identifikation dieser Treiber und ein adäquates und begleitenden stetiges Handeln mittels Managementplänen. Somit erfordert der Umgang mit NE ein ausgewogenes Biotopmanagement, welches sowohl diese selbst auch naturnahe und natürliche Systems berücksichtigt („managing the naturalness and wilderness“) (Thompson, 2017).

Damit wird ein Biotopmanagement bzw. eine Biotoppflege in Festungsanalgen von der allgemeinen Debatte, folgend aus den wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Auseinandersetzung zu NE und zur (adaptierten Neu-) Ausrichtung des Naturschutzes flankiert bzw. überlagert (Kowarik, 2011; Thompson, 2017). In dem „kleinen“ Raum der Festungsanlagen verdichten sich also alle denkbaren Ansprüche an die (Kultur-)Landschaft.

Das muss berücksichtigt werden.