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2. Literatur und theoretische Grundlagen

2.3 Biodiversität – Grundlagen und Konzepte

2.3.1 Definition und Ebenen von Biodiversität

Biodiversität ist die Vielfalt von Genen, Arten und Ökosystemen. Der Schutz der Biodiversität ist wichtig, da sie Grundlage der Biosphäre ist, reiches ökonomische Potential besitzt, Grundlage für die Anpassung an Störung sowie Voraussetzung für die evolutionäre Weiterentwicklung ist (Wittig, 2012: 242). Im internationalen Rahmen ist die Convention on Biological Diversity seit 1993 das maßgebliche Umweltabkommen hierzu im Status eines völkerrechtlichen Vertrages, d.h. bindend für die Vertragspartner.

Auf der Ebene der Arten sind Verbreitungsaspekte, Häufigkeiten und Entwicklungstendenzen der Population(en) relevant für eine Bewertung der Biodiversität. Aus diesen genannten Aspekten werden Rote Listen erstellte, die die Gefährdungskategorien der Arten darstellen.

Ursachenforschung in Bezug zur Gefährdung ist für die Einleitung von Gegenmaßnahmen relevant. Diese kann dann z.B. in Gesetzen und konkreten Artenschutzmaßnahmen münden.

Letztere können sein: Anlage von Gen- und Samenbänken, Erhaltungszucht, Wiedereinbürgerung und Neuschaffung von Biotopen (Wittig, 2012: 245).

Für die Ebene der Lebensräume sind Schutz und Pflege, Neuschaffung, Renaturierung und Wiederherstellung sowie die Vernetzung von Biotopen sowie die Kontrolle der Schutz-, Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen wichtig für die Erhaltung der Biodiversität. Durch Biotopkartierung werden u.a. Entwicklungstendenzen von und in Biotopen und Minimumareale und Gefährdungsabschätzungen für Biotope umgesetzt (Wittig, 2012: 246ff).

Biodiversitätshotspots sind Areale, die eine hohe Anzahl endemischer Arten aufweisen (Conservation International, 2014). Zur Kritik an diesem Ansatz und weiteren Aspekten des Biodiversitätsschutzes siehe Wittig (2012: 259-264).

2.3.2 Rolle der Biotopvernetzung für die Erhaltung der Biodiversität

In Mitteleuropa existiert die Situation, dass viele naturnahe Flächen, inklusive der Naturschutzgebiete, inselhaft isoliert in der Kulturlandschaft liegen, z.B. naturnahes Ackersöll.

Isoliert heißt in diesem Zusammenhang räumlich so weit voneinander getrennt, dass natürliche Bewegungsradien der örtlichen Fauna keinen Kontakt mit anderen ähnlich oder adäquat gestalteten Habitaten ermöglichen. Hierbei sind v.a. weniger mobile faunistische Elemente wie Laufkäfer, Eidechsen, Spinnen, Amphibien und Kleinsäuger aber auch größere mobile Organismen gemeint. Auf floristischer Ebene ist Isoliertheit schwieriger zu definieren, da ein genetischer Austausch zwischen solchen Habitaten durch Wind via Pollendrift möglich ist.

Isoliertheit bezieht sich hier deshalb auf die Verbreitung von Diasporen, also keimfähigen Samen. Vor allem bei nicht-anemochorer Verbreitung (Schroeder, 1998: 14–47) sinken diese Kontaktreichweiten entsprechend. Eine abiotische und biotische Eignung des Standortes für die Etablierung oder Dominanz der Einzelpflanzen oder der Sippe ist dabei wichtig (Dierschke, 1994: 32-56; Schroeder, 1998: 42; Ellenberg et al., 2001: 25f). Ebenso bedeutet isoliert, dass dazwischenliegende Strukturen die Migration beweglicher Arten verhindern, da diese lebensfeindlich sind (Straßen oder Schienen) oder aus anderen abiotischen (Standort-) Gründen nicht angenommen werden; z.B. keine Wanderung von Waldarten durch Offenland oder Felder.

Bei Kulturlandschaftsmeidern treten daher folgende Effekte auf:

• durch zu geringe Flächengrößen sind Populationen oftmals zu klein und instabil für eine lokale Erhaltung

• fehlender genetischer Austausch und daraus resultierende Genverarmung durch Isolation der Flächen voneinander

Die Wiederherstellung des Kontaktes zwischen isolierten Flächen, Gemeinschaften und Arten ist Ziel der Biotopvernetzung bzw. des Biotopverbundsystems. Hierbei sind linienhafte Ausbreitungskorridore und Trittsteinbiotope vielfach als vorteilhaft bezeichnet und spielen deshalb zwischen den NATURA2000 Gebieten des FFH-Schutzgebietsnetzwerkes eine große Rolle. Linienhafte Vernetzungselemente bzw. Ausbreitungskorridore können in der Agrarlandschaft vielseitiger Natur sein. Zu diesen zählen Hecken, Waldsäume und Feldraine, Fließgewässer aber auch Brachen und andere extensiv genutzte Bereiche (Wittig, 2012: 251).

Trittsteinbiotope ermöglichen Arten einen temporären Aufenthalt und können als Brückenbildner für die Überwindung räumlicher Distanzen qualitativ geeigneterer Biotope und Habitate dienlich sein. Siehe zu obigen Aspekten Kapitel 2.5.5. Zur beispielhaften Qualität sowie Funktion sowie Effektivität der Vernetzungselemente u.a. für ausgewählte Arten siehe Drobnik et al. (2013: 32-55).

Günstiger Erhaltungszustand

Nach Art 1. der FFH-RL ist eine günstiger Erhaltungszustand für Lebensräume dann gegeben, wenn:

sein natürliches Verbreitungsgebiet sowie die Flächen, die er in diesem Gebiet einnimmt, beständig sind oder sich ausdehnen und

die für seinen langfristigen Fortbestand notwendige Struktur und spezifischen Funktionen bestehen und in absehbarer Zukunft wahrscheinlich weiterbestehen werden

der Erhaltungszustand der für ihn charakteristischen Arten günstig ist.

Der Erhaltungszustand einer Art wird als wird als „ günstig“ betrachtet, wenn

aufgrund der Daten über die Populationsdynamik der Art anzunehmen ist, dass diese Art ein lebensfähiges Element des natürlichen Lebensraumes, dem sie angehört, bildet und langfristig weiterhin bilden wird, und

das natürliche Verbreitungsgebiet dieser Art weder abnimmt noch in absehbarer Zeit vermutlich abnehmen wird und

ein genügend großer Lebensraum vorhanden ist und wahrscheinlich weiterhin vorhanden sein wird, um langfristig ein Überleben der Populationen dieser Art zu sichern.

Hierfür sind durch verschiedene nationale Institutionen Kriterien, Indikatoren und Schwellenwerte entwickelt worden, die die Bewertung der Erhaltungszustände von Arten und Lebensräumen fachlich nachvollziehbar und begründbar machen (Ellmauer, 2005).

Wichtig ist dabei, dass sich der günstige Erhaltungszustand einer Art auf das gesamte Verbreitungsgebiet bezieht und nicht auf regionale Zustände. Prinzipiell gilt dies auch für Lebensraumtypen. Problematisch wird dieser Ansatz bei endemischen Arten geringer Populationsgrößen, da hier oftmals kleine inselhafte Vorkommen existieren (können).

2.3.3 Messbarkeit, Typen und statistische Beschreibung der (Bio-)Diversität

Maßgebliche Arbeiten zur statistischen Beschreibung von Biodiversität wurden u.a. durch Whittaker (1960) verfasst und später expliziter herausgearbeitet und erweitert (Whittaker, 1965;

1972; 1977). Zur Historie der (statistisch deskriptiven) Biodiversitätsforschungen siehe Beierkuhnlein (2003: 52-59). Whittakers statistische pflanzensoziologische Ausarbeitungen zur Standortdiversität von Wäldern sind auf andere Lebensräume und Arten übertragbar und werden im Folgenden kurz dargestellt.

alpha-Diversität

Die alpha-Biodiversität beschreibt die Artenvielfalt eines bestimmten Lebensraumes. Hierbei werden nur die Arten selbst, nicht aber deren Häufigkeit betrachtet. Die alpha-Diversität beschreibt also nur eine räumlich eingeschränkte und lokale Artenvielfalt und ist damit ein rein quantitatives Maß.

beta-Diversität

Die beta-Diversität beschreibt die unterschiedliche Artenausstattung getrennter Ökotope und Areale. Sie berücksichtigt ausschließlich gemeinsame Arten und beschreibt de facto den Artenwechsel zwischen Biotopen oder Teillebensräumen. Hierbei können z.B. Gradienten auf abiotischer Ebene Unterschiede zwischen Teilbiotopen und deren Artenanzahl verursachen. Sie ist damit ein Maß der Habitatdiversität, welche sich zur Beschreibung größerer Areale eignet.

Ebenso kann die beta-Diversität Daten verschiedener zeitlicher Erfassungen miteinander vergleichen (Beierkuhnlein, 2003: 58). Die beta-Diversität ist ein qualitatives Maß. Es gibt zur Berechnung unterschiedliche Ansätze und theoretische Auseinandersetzungen (Koleff et al., 2003; Jost, 2007; Tuomisto, 2010a; 2010b).

gamma-Diversität

Die gamma-Diversität ergibt sich aus den alpha- und beta-Diversitäten und eignet sich für die Beschreibung der Artenzahl von Gemeinschaften auf größeren Skalen, wie z.B. auf landschaftlicher Ebene. Sie ist quasi der „Artenpool des Gesamtdatensatzes“ (Beierkuhnlein, 2003: 58). Zur Möglichkeit der Ermittlung und Diskussion zur Validität siehe Jost (2007) und Tuomisto (2010a).

2.4 Elemente und Grundlagen der Raumplanung und