• Keine Ergebnisse gefunden

Die Familie Geverdes

Im Dokument Familie und Memoria in der Stadt. (Seite 164-175)

Die Familie geh ¨ort von der Anzahl ihrer Familienmitglieder und ihrer Zugeh ¨origkeit im Rat und der Zirkelgesellschaft eher zu den kleineren Geschlechtern dieses Kreises; in politischer und sozialer Betrachtung kann sie sich aber durchaus mit den von Alen und Darsow messen. In L ¨ubeck lassen sich seit der Mitte des 15. Jahrhunderts bis in das erste Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts drei Generationen dieser Sippe nachweisen; die letzten m¨annlichen Nachkommen sind 1503 bzw. 1504 kinderlos verstorben. Ein am Ende des 16. Jahrhunderts in L ¨ubeck lebender Hermann Geverdes kann keineswegs zu diesem Familienstamm gerechnet werden; auch steht er in der archivalischen ¨Uberlieferung recht alleine da: F ¨ur ihn ist nur ein Hauskauf im Jahre 1581 bezeugt; diese Immobilie erbten 16 Jahre sp¨ater seine Witwe und Kinder1.

Das Wappen zeigt auf einem gelben Schild einen gr ¨unen Baum, vor dem ein laufen-der weißer Hund mit rotem Halsband abgebildet ist; als Helmzier wielaufen-derholt sich das Motiv mit zwei B¨aumen, durch welche der Hund l¨auft. Die Darstellung der B¨aume im dem von C. J. Milde wiedergegebenen B ¨urgersiegel gleicht zwar eher Stangen, muß aber wohl eindeutig als Baum interpretiert werden2.

3.1 Herkunft, Zuwanderung und Generationenfolge3

Um bzw. vor 1444 kam als erster Andreas Geverdes [III.2], aus Magdeburg in die Tra-vestadt; aus diesem Jahr ist der erste Immobilienerwerb in L ¨ubeck ¨uberliefert Da f ¨ur diese Jahre keine Neub ¨urgerlisten ¨uberliefert sind, ist der Zeitpunkt der Zuwanderung nur unter dem Gesichtspunkt des terminus ante quem, n¨amlich dem Jahr 1444, zu bestim-men4. Von Beruf war er Gewandschneider und geh ¨orte in L ¨ubeck sicherlich zu den Tuch-großh¨andlern5. Seine Geschwister Drewes[III.10], Elisabeth[III.12], Johann[III.13] und Tile

1Vgl. MMQu 408.

2Vgl. dazu die Abbildungen VIII.9 und VIII.10 im Anhang C.3 auf Seite 489 sowie Milde, C. J., B ¨urgersie-gel, Tafel VII, Nr. 54.

3Zu den Personen vgl. die Stammtafel im Anhang C.3 auf Seite 488, die Erkl¨arung im Anhang C auf Seite 479 sowie die Fußnote 4 auf Seite 107.

4Vgl. Siehe zu der vorhandenen und fehlenden ¨Uberlieferung an Neub ¨urgerlisten Ahlers, O., S. 5f.

Zwar sind die von ihm noch als Kriegsverlust bezeichneten K¨ammereib ¨ucher mit den Listen der L ¨ubecker Neub ¨urger wieder im Archiv vorhanden, doch reichen diese lediglich bis 1356; weitere Neub ¨urgeraufzeich-nungen sind dann erst wieder mit Beginn des Jahres 1591 ¨uberliefert.

5Vgl. dazu Fehling 529 sowie Dittmer, G. W., Nachrichten, S. 35f.

Familie Geverdes 147

[III.18]sind in Magdeburg geblieben. Elisabeth[III.12]trat dem dortigen Poenitentiarinnen–

Kloster Maria Madgalena bei und verstarb zwischen dem 4. Juni 1466 und dem 24. No-vember 14706. Von den Br ¨udern Drewes [III.10] und Tile[III.18] ist kaum etwas bekannt, lediglich daß ersterer einen Sohn namens J ¨urgen [III.11]hatte und alle drei in ihrer Hei-matstadt Magdeburg verblieben. Der Bruder Andreas’[III.2]Johann Geverdes[III.13]hatte aus der Ehe mit einer Margareta [N.] zwei S ¨ohne — Andreas[III.14]und Tile[III.17]— so-wie zwei T ¨ochter — Elisabeth[III.15]und Margareta[III.16]. Letztere heiratete den l ¨ubecki-schen B ¨urger Johann Lipperade; von den anderen vier Personen ist nur ihr Verbleib in Magdeburg ¨uberliefert.

Andreas[III.2]war in erster Ehe mit Gertrud, der Tochter des l ¨ubeckischen B ¨urgers Johann von Vreden, verheiratet und ehelichte nach deren Tod um 1465 Anna Bilring, die Schwester des Ebeling Bilring. Aus den Partnerschaften des Andreas[III.2]ging lediglich der Sohn J ¨urgen[III.3]hervor, der im November des Jahres 1470 als m ¨undig erkl¨art wird7. Dieser J ¨urgen wird in einigen Quellen wie auch in der Sekund¨arliteratur z. T. unter dem Namen Georg Geverdes gef ¨uhrt; an der Identit¨at dieser Person besteht jedoch keinerlei Zweifel8.

J ¨urgen Geverdes [III.3] heiratete zun¨achst Adelheid, die Tochter des l ¨ubeckischen Ratsherren Johann L ¨uneburg, und nach ihrem Ableben Anna Kastorp, deren Vater Jo-hann Kastorp ebenfalls im Rat vertreten war. Gemeinsam zeugten sie zwei S ¨ohne, An-dreas [III.4] und J ¨urgen [III.7] sowie drei T ¨ochter. Gertrud Geverdes [III.6] war mit dem l ¨ubeckischen consul Fritz Grawert, welcher im Jahr 1538 verstarb, verheiratet. Von den beiden anderen T ¨ochtern ist aus der ¨Uberlieferung nur zu erfahren, daß eine als Nonne in das Kloster St. Kreuz in Rostock eingetreten war9. Andreas Geverdes[III.4]ehelichte An-na, die Tochter des l ¨ubeckischen Ratmannes Heinrich Kerkring. Aus dieser Ehe ging vor seinem Tode im Jahre 1503 ein Sohn[III.5]hervor, von dem aber keinerlei ¨ Uberlieferungs-spuren in L ¨ubeck vorhanden sind. Sein Bruder J ¨urgen[III.7]starb vor 1481 unverheiratet und kinderlos10. Somit endet der Familienstrang in der dritten L ¨ubecker Generation.

6Vgl. dazu die Testamente des Andreas Geverdes [III.2] vom 4. Juni 1466 und 24. November 1470; im ersten wird Elisabeth Geverdes [III.12] noch bedacht, w¨ahrend sie im zweiten nicht mehr erw¨ahnt wird — AHL, Test. 1466 Juni 4 [Andreas Geverdes [III.2] und 1470 Nov. 24 [Andreas Geverdes [III.2].

7Vgl. dazu NStB 1470, fol. 339; JakQu 447; JohQu 240, 523, 535f., 542, 647; MarQu 631, 801f.; Fehling 529;

Brehmer 194 sowie Dittmer, G. W., Nachrichten, S. 35f.

8Bei Fehling 596 sowie Brehmer 223 wird als Vorname Georg genannt; in AHL, Hs. 8172, S. 561 steht J ¨urgen. Die Schr ¨oder’schen Notizen bringen nur im Ankauf des Hauses H ¨uxstraße 62 [JohQu 372f.] den Vornamen Georg, ansonsten wird der Sohn immer als J ¨urgen bezeichnet; doch kann aufgrund der Ehefrauen des Andreas Geverdes [III.2] die Personenidentit¨at bestimmt werden — vgl. dazu JakQu 447; JohQu 240, 523, 535f., 542, 647 sowie MarQu 631, 801f. Daß es sich hierbei um ein und dieselbe Person handeln muß, geht aus dem Namen der Tochter, Gertrud [III.6], und des Ehemannes derselben, Fritz Grawert, hervor.

9Vgl. dazu Bibl.HL, Ms.Lub. 40352, fol. 189r.

10Vgl. dazu JakQu 447, JohQu 78f., 126, 240, 523, 535f., 542, 545f., 636 und 647; MarQu 631 und 721; Fehling 596 sowie Brehmer 223, 257 und 263.

3.2 Mitgliedschaft im Rat und der Zirkelgesellschaft

Von dieser Familie war nur Andreas Geverdes [III.2]im Rat der Stadt L ¨ubeck vertreten und zwar relativ kurz nach dem Zeitpunkt seiner Zuwanderung nach L ¨ubeck: Etwas sieben Jahre sp¨ater wurde er schon in das Verfassungsgremium gew¨ahlt11. Einschl¨agige soziale Kontakte von ihm oder fr ¨uheren Familienmitgliedern sind aus seiner Heimatstadt Magdeburg nicht ¨uberliefert, sicher ist lediglich, daß er schon dort erfolgreich im Tuch-großhandel t¨atig gewesen sein muß, denn schon vier Jahre nach seiner ersten Erw¨ahnung in L ¨ubecker Quellen begann er gemeinsam mit Wennemar Overdyk Handelsgewinne in Renten anzulegen; gegen Ende der 50–er Jahre erwarb er dann auch ansehnlichen Grund-besitz innerhalb von L ¨ubeck, welcher bis zu seinem Enkel zum großen Teil in Familienbe-sitz verblieb12. Wie im Falle der Familie von Alen war auch Andreas Geverdes[III.2]nicht durch Heirat mit ratssitzenden Geschlechtern verwandt, bevor er zum consul erw¨ahlt wurde; dort konnte es noch mit einer fr ¨uhen Zuwanderung in die Travestadt erkl¨art wer-den, doch ist jener knapp 200 Jahre sp¨ater B ¨urger der Hansestadt geworden13. Andreas Geverdes[III.2]ist somit ein deutliches Beispiel daf ¨ur, daß wirtschaftlich erfolgreiche Per-sonen relativ schnell den Aufstieg zur ratssitzenden F ¨uhrungsschicht erreichen konnten;

bei einem abgeschlossenen Patriziat w¨are so etwas gar nicht m ¨oglich gewesen.

Tabelle IV.5 Mitgliedschaft in Rat und Zirkelgesellschaft Name Ratssitz Zirkelgesellschaft14 Andreas15[III.2] 1451–1477 seit 1460 Andreas16[III.4] – seit 1495 J ¨urgen17[III.3] – seit 1470

Neun Jahre nach Erlangung eines Ratssitzes wurde Andreas Geverdes [III.2] in die L ¨ubecker Zirkelgesellschaft aufgenommen; nun war er vollends in der sozialen F ¨uhrungsschicht von L ¨ubeck etabliert. Sein Sohn J ¨urgen[III.3]gelangte mit dem Erreichen der M ¨undigkeit im Jahre 1470 ebenfalls in diesen gesellschaftlichen Zirkel; der Enkel An-dreas[III.4]weitere 25 Jahre sp¨ater18.

11Zum Zeitpunkt seiner Zuwanderung vgl. die Ausf ¨uhrungen im Abschnitt IV. 3.1 auf Seite 146f.

12Vgl. zum Erwerb von Renten und zum Immobilienkauf in L ¨ubeck die Ausf ¨uhrungen in den Abschnitten IV. 3.4 auf Seite 150ff. und IV. 3.5 auf Seite 152ff.

13Zur Familie von Alen vgl. die Abschnitte IV.1.2 und IV.1.3.

14Siehe Fußsnote 32 auf Seite 112.

15Vgl. AHL, SchafferbuchB, fol. 7v; Fehling 529; Brehmer 194 sowie Dittmer, G. W., Nachrichten, S. 35f.

16Vgl. AHL, SchafferbuchB, fol. 8vsowie Brehmer 257.

17Vgl. AHL, SchafferbuchB, fol. 8rsowie Brehmer 223.

18Vgl. zum Zeitpunkt der M ¨undigsprechung des J ¨urgen Geverdes [III.3] NStB 1470, fol. 339.

Familie Geverdes 149 3.3 Verwandtschaft zu anderen ratssitzenden Familien

Schon bei der Familie von Alen konnte das Ph¨anomen beobachtet werden, daß an-scheinend erst die Generationen nach der ersten Ratszugeh ¨origkeit des Geschlechtes als Heiratspartner f ¨ur den Kreis der ratssitzenden Sippen interessant wurden. Ein weiteres Merkmal dieser sozialen Schichtung best¨atigt sich auch in diesem Fall: Verwandtschaft-liche Bindungen werden nicht nur zu altehrw ¨urdigen, sondern ebenso zu gleichzeitig oder zeitlich gesehen sp¨ater aufstrebenden Familien gesucht19. Mit Ausnahme der Fami-lie L ¨uneburg war keine der f ¨unf ratssitzenden Sippen im l ¨ubeckischen oder ausw¨artigem Domkapitel vertreten; der h ¨ohere Klerus rekrutierte keine Mitglieder aus Familien, deren Zuwanderung nach 1400 geschah.

In der zweiten Generation war es zun¨achst J ¨urgen Geverdes[III.3], der sich durch die Heirat mit T ¨ochtern l ¨ubeckischer Ratsherren mit diesem Umfeld versippte. Seine erste Frau stammte aus der angesehenen Familie L ¨uneburg, die knapp 450 Jahre das politische Geschehen in der Travestadt mitbestimmte, w¨ahrend das Geschlecht der zweiten Frau, Anna Kastorp, ein Jahr sp¨ater als sein Vater Andreas im Rat vertreten war. Seine Cousine Margareta [III.16] heiratete ein Mitglied der seit 1439 im Rat vertretenen Familie Lippe-rade, allerdings keinen consul. Auch die Heiratsverbindung seiner Kinder Andreas[III.4]

mit Anna Kerkring und Gertrud[III.6]mit Fritz Grawert teilen sich wieder auf ein fr ¨uher im Rat vertretenes und auf ein ungef¨ahr zeitgleich emporstrebendes Geschlecht.

Tabelle IV.6 Verwandtschaft zu anderen ratssitzenden Familien

Familien Amt Ehen Geverdes

Rh. Bgm. Kleriker

Grawert20 HL 1 Gertrud[III.6]

Kastorp21 HL HL 1 J ¨urgen[III.3](2. Ehe)

Kerkring22 HL HL 1 Andreas[III.4]

Lipperade23 HL 1 Margareta[III.14]

L ¨uneburg24 HL HL Dh. HL 1 J ¨urgen[III.3](1. Ehe)

19Siehe dazu auch die Ausf ¨uhrungen in den Abschnitten IV. 1.3 auf Seite 113ff. und IV. 2.3 auf Seite 133ff.

20Zur Familie Grawert vgl. Fehling 249, 258, 505, 523, 544 und 596; Brehmer 133, 152, 154, 159, 172, 183, 190, 214, 215, 232, 263, 269 und 282 sowie Dittmer, G. W., Nachrichten, S. 37f.

Siehe zur Bedeutung der Nummern in italic die Ausf ¨uhrungen in Anmerkung 50 auf Seite 113.

21Zur Familie Kastorp vgl. Fehling 453, 533, 572, 573, 582, 614, 615, 624 und 625; Brehmer 155, 186, 218, 223, 236, 261, 289 und 297; Dittmer, G. W., Nachrichten, S. 22f. sowie Neumann, G., Hinrich Castorp. Ein L ¨ubecker B ¨urgermeister aus der zweiten H¨alfte des 15. Jahrhunderts (Ver ¨offentlichungen zur Geschichte der Freien und Hansestadt L ¨ubeck, hrsg. v. Staatsarchiv zu L ¨ubeck, Bd. 11, L ¨ubeck 1932).

22Zur Familie Kerkring vgl. Fehling 415, 435, 513, 531, 533, 541, 566, 572, 575, 583, 609, 619, 643, 645, 646, 666, 670, 671, 673, 715, 716, 737, 767, 776, 780, 783, 792, 808, 812, 821, 825 und 847; Brehmer 64, 112, 145, 156, 159, 185, 195, 200, 201, 211, 220, 221, 236, 244, 253, 267, 271, 285, 291, 296, 305, 309, 311, 317, 321, 324, 329, 333, 337, 339, 345, 352, 353, 354, 359, 363, 369, 375, 377, 386, 389, 390 und 393 sowie Dittmer, G. W., Nachrichten, S. 49f.

23Zur Familie Lipperade vgl. Fehling 524 und 560 sowie Brehmer 168 und 225.

24Zur Familie L ¨uneberg vgl. Fehling 272, 281, 400, 481, 503, 511, 519, 535, 549, 563, 616, 623, 625, 646, 651, 657, 666, 674, 679, 683, 709, 713, 717, 721, 722, 730, 738, 739, 741, 765, 768, 772, 828, 848 und 861; Brehmer 89, 117, 161, 165, 175, 181, 223, 227, 228, 234, 241, 243, 251, 254, 265, 270, 273, 284, 289, 291, 301, 302, 303, 304, 310, 319, 322, 327, 330, 332, 334, 342, 343, 348, 357, 370, 372 und 392; Dittmer, G. W., Nachrichten, S. 56–59 sowie Friederici 175 und 176.

Bis auf die Verbindung mit der Familie Lipperade waren die Ehepartner des Gever-des’schen Geschlechtes im Falle des Fritz Grawert l ¨ubeckische Ratsherren bzw. T ¨ochter derselben. Hervorzuheben bleibt, daß der Heiratskreis der Geverdes’ andere ratssitzende Geschlechter umfaßte als jener der von Alen und Darsow. Die Ausnahme hiervon ist die Sippe der L ¨uneburg, welche schon als Verwandte der Familie von Alen hervortrat.

3.4 Grund- und Immobilienbesitz in L ¨ubeck25

Der erste Hauserwerb des Andreas Geverdes[III.2]f¨allt in das Jahr 1450 und somit sechs Jahre nach seiner Zuwanderung in die Hansestadt L ¨ubeck; es ist das sp¨atere Wohnhaus seiner Familie in der Sandstraße 13. Dieses wurde ein Jahr nach seinem Tode 1477 von sei-nen Provisoren an den Sohn verkauft, welcher es 1481 wieder ver¨außerte26. Mit diesem Kauf legte er auch den Grundstein f ¨ur die Aufnahme in den Kreis der Ratsherren, denn zu den Bedingungen dieser Wahl geh ¨orte eigener Grundst ¨ucksbesitz in der Travestadt27. Weitere Ank¨aufe folgten erst im Jahr 1458; diese zeitliche Spanne bekr¨aftigt die ¨ Uberle-gung, daß er kurz nach Erhalt der l ¨ubeckischen B ¨urgerschaft, diese Immobilie gekauft hatte.

W¨ahrend er seit 1454 auf dem Lande, besonders im Herzogtum Schleswig, Ren-tenk¨aufe t¨atigte28, begann er im Jahre 1458 mit großen Grund- und Hauserwerb in der Travestadt: Zun¨achst erwarb er in dem besagten Jahr das Haus mit vier dazugeh ¨orenden Buden Stavenstraße 4–10 und weiterhin Stavenstraße 35 und 37; diesen Komplex mit ge-werblichem Nutzungsrecht erweiterte er 1459 noch um Stavenstraße 39. Diesen Besitz erbte 1477 zun¨achst sein Sohn J ¨urgen [III.3]und 1504 brachte ihn seine Tochter Gertrud

[III.6] nach dem Tode des Vaters und ihrer zwei Br ¨uder in die Ehe mit dem consul Fritz Grawert ein29. Aus dem gleichen Jahr stammte auch der Erwerb des Areals M ¨uhlenstra-ße 87–95, welches neben H¨ausern, Buden und H ¨ofen auch sieben Morgen Ackerland vor dem M ¨uhlentore by der Megedebeke30 umfaßte; auch hier wurde wieder sein Sohn J ¨urgen als Besitzer eingew¨altigt und sp¨ater, im Jahre 1499, verkauften die Vorm ¨under seiner Kin-der das Grundst ¨uck dem Schwiegersohn Fritz Grawert.

Die Grundst ¨ucke Kr¨ahenstraße 26 und 28 erstand Andreas Geverdes[III.2]1459 und hinterließ diese seinem Sohn J ¨urgen [III.3]; diesen beerbte der Sohn Andreas [III.4] und nach dessem Tode gingen sie in den Besitz der Schwester Gertrud [III.6] und somit in

25Siehe zur Wahl und Einschr¨ankung des l ¨ubeckischen Immobilienbesitzes die Ausf ¨uhrungen in Anm. 70 auf Seite 116.

26Vgl. JohQu 821 sowie Fehling 529; siehe dazu den Stadtplan im Anhang D auf S. 513.

27Vgl. dazu die Ausf ¨uhrungen im Abschnitt II.3 auf S. 31.

28Siehe dazu den Abschnitt IV. 3.5 auf Seite 152 im folgenden.

29Vgl. JohQu 535f. [Stavenstraße 35–39] und 542 [Stavenstraße 4–10]; siehe dazu den Stadtplan im Anhang D auf S. 513.

30AHL, PK [Andreas Geverdes [III.2]]; vgl. JohQu 647 und siehe dazu den Stadtplan im Anhang D auf S. 513 sowie UBStL IX, Nr. 73: Item dominus Andreas Geuerdes de orto humulum et parte caulium prope viam publicam, prout itur ad Megedebeke tenetur V s.

Familie Geverdes 151 denjenigen des Fritz Grawert ¨uber31. Im selben Jahr kaufte er den Straßenkomplex Kleine Gr ¨opelgrube 4–32, dabei handelt es sich um die gesamte s ¨udliche Straßenseite dieser kleinen Straße im Norden der Stadt. Auch hier sehen wir zun¨achst den Sohn J ¨urgen[III.3]

als Besitzer und nach Erreichen der Vollj¨ahrigkeit 1503 wurde die Tochter Gertrud[III.6]

eingew¨altigt und brachte es mit dem anderen Eigentum ein Jahr sp¨ater in die Ehe ein32. Andreas Geverdes [III.2] war auch 1460 auf dem L ¨ubecker Immobilienmarkt aktiv und erstand die drei Buden Lichte Querstraße 3–7, welche wiederum zun¨achst sein Sohn J ¨urgen [III.3]und danach dessen Tochter Gertrud[III.6]erbte33. F ¨unf Jahre sp¨ater wurde Andreas[III.2]f ¨ur eine Forderung in unbekannter H ¨ohe in das Grundst ¨uck Schmiedestra-ße 18 eingew¨altigt, welches er 1467 verkaufte; seine Witwe, Anna Bilring, wurde jedoch 1486 als Besitzerin eingesetzt und verkaufte es erneut vier Jahre sp¨ater. Im Jahre 1503 wurden diesmal die Vorm ¨under der Witwe f ¨ur diese mit den Eigentumsrechten betraut, bevor es 1511 endg ¨ultig als Erbe an den Bruder der Witwe fiel34.

1466 erwarb Andreas [III.2]den Hagen mit 16 Buden in der Schlumacherstraße 25–

31, welcher ¨uber seinen Sohn J ¨urgen[III.3]und dessen Tochter Gertrud[III.6]in den Besitz ihres Ehemannes Fritz Grawert ¨uberging35. Gemeinsam mit Heinrich Ebeling und Kord Grawert erwarb er 1470 das Brauhaus Fleischhauerstraße 89 und kaufte dem Heinrich Ebeling dessen Anteil direkt ab; f ¨unf Jahre sp¨ater ¨ubernahm er auch den Anteil des Kord Grawert, so daß er nun Alleinbesitzer dieser Immobilie war. Die Vorm ¨under seines En-kel Andreas[III.4]erwarben das Haus aus seinem Nachlaß im Jahre 1489 und 1511 erbte der Bruder seiner Witwe Anna, Johann Kerkring, den Besitz36. F ¨ur das Jahr 1472 ist als letztes eine Einsetzung f ¨ur eine Forderung ¨uber 16 Ml ¨ub Weichbildrente ¨uberliefert: Das Haus H ¨uxstraße 62 stieß er aber ein Jahr sp¨ater wieder gegen eine erneute j¨ahrliche Rente von 15 Ml ¨ub ab. Letzteres war 1500 im Besitz seines Enkels; der weitere Verbleib dieses Grundst ¨uckes ist nicht gesichert37.

J ¨urgen Geverdes[III.3], der den gesamten bislang aufgef ¨uhrten Grundbesitz seines Vaters erbte, vergr ¨oßerte diesen im Jahr 1473 durch den Kauf des Hauses ¨Agidienstraße 22, welches nach seinem Tode von der Tochter Gertrud[III.6]in ihre Ehe mit dem l ¨ubecki-schen Ratsherrn Fritz Grawert eingebracht wurde38. Als Mitgift seiner zweiten Frau An-na Kastorp, der Tochter des l ¨ubeckischen Ratmannes Heinrich Kastorp, erhielt er 1491 die Grundst ¨ucke Stavenstraße 12–18, welche sich an das v¨aterliche Erbe in derselben Straße anschlossen; auch hier war seine Tochter Gertrud[III.6]die Erbin39.

31Vgl. JohQu 523; siehe dazu den Stadtplan im Anhang D auf S. 513.

32Vgl. JakQu 447; siehe dazu den Stadtplan im Anhang D auf S. 513.

33Vgl. MarQu 631; siehe dazu den Stadtplan im Anhang D auf S. 513.

34Vgl. MarQu 801f.; siehe dazu den Stadtplan im Anhang D auf S. 513.

35Vgl. JohQu 240; siehe dazu den Stadtplan im Anhang D auf S. 513.

36Vgl. Joh 78f.; siehe dazu den Stadtplan im Anhang D auf S. 513.

37Vgl. JohQu 372f.; siehe dazu den Stadtplan im Anhang D auf S. 513.

38Vgl. JohQu 636; siehe dazu den Stadtplan im Anhang D auf S. 513.

39Vgl. JohQu 545f.; siehe dazu den Stadtplan im Anhang D auf S. 513.

Im Jahre 1481 wurde der Sohn des vorgenannten J ¨urgen[III.3], ebenfalls J ¨urgen Ge-verdes [III.7], f ¨ur eine j¨ahrliche Forderung von 17 Ml ¨ub in die Eigentumsrechte an dem Haus Fleischhauerstraße 29 eingesetzt, welches nach seinem Tode in den Besitz seiner Schwester ¨uberging40. Mit Ausnahme der H¨auser und Grundst ¨ucke Fleischhauerstraße 89, M ¨uhlenstraße 87–95, Sandstraße 13 und Schmiedestraße 18 war Gertrud Geverdes

[III.6]die Erbin des gesamten innerhalb der Hansestadt L ¨ubeck angekauften Immobilien-besitzes der Familie Geverdes, welchen sie 1504 in ihre Ehe mit Fritz Grawert einbrachte und der somit zum Grawert’schen Familienbesitz wurde.

Wird die Verteilung des innerst¨adtischen Immobilienbesitzes des Andreas Geverdes

[III.2]betrachtet, f¨allt auf, daß ein Großteil seines Eigentums ebenso wie sein Wohnhaus in der Sandtstraße 13 im Johannis–Quartier angesiedelt ist, hier noch einmal st¨arker kon-zentriert um die Umgebung der St. ¨Agidienkirche. Einen weiteren gr ¨oßeren Komplex bildet die H¨auserzeile Kleine Gr ¨opelgrube 4 bis 32 im n ¨ordlichen Teil der Travestadt.

Ansonsten zeigt sich, besonders im Blickfeld des gesamten Stadtbildes, eine gr ¨oßere Ver-sprengtheit des Grundst ¨uckeigentums, wie es schon bei der Familie Darsow beobach-tet werden konnte: Die sehr starke Konzentrierung st¨adtischen Hausbesitzes des Ge-schlechtes von Alen um die Marienkirche wird von beiden nicht erreicht41. Auch wenn das Wohnhaus des Andreas Geverdes nicht zum Kernbereich kaufm¨annischer consules geh ¨orte, liegt es doch im dem Bereich, welchen erfolgreiche Kaufleute noch bis ins 18.

Jahrhundert hinein bewohnten42. Bei dieser Charakterisierung muß jedoch ber ¨ucksich-tigt werden, daß der sogenannte Kernbereich um Marienkirche sowie um K ¨onig- und Breite Straße von alteingesessenen Familien seit dem 12. Jahrhundert belegt war und die-se sicherlich keinerlei Interesdie-se daran hatten, ihre bevorzugten Immobilien abzustoßen, boten sie doch sch ¨one Wohnlagen und sicherlich auch gute Mieteink ¨unfte. So blieb den sp¨ater zugewanderten Personen meistens nur der sogenannte Randbereich zum Erwerb

¨ubrig.

3.5 Grundbesitz außerhalb der Stadt L ¨ubeck

In den acht Jahren, in welchen Andreas Geverdes[III.2]auf dem innerst¨adtischen Immo-bilienmarkt nicht t¨atig war, erwarb er mehrere Rentenanspr ¨uche aus Grundbesitz außer-halb der Travestadt. Zusammen mit den consules Johann Sina und Wennemar Overdyk kaufte er am 23. Januar 1454 von Adolf VIII., Herzog von Schleswig und Graf von Stor-man und Schowenborg, f ¨ur die Summe von 3 000 Ml ¨ub eine j¨ahrliche Rente von 180 Ml ¨ub: Der Herzog ben ¨otigte diesen Betrag zur R ¨uckerlangung und Einl ¨osung seines Schlosses Trittau43. Jeder der drei l ¨ubeckischen Ratsherren hatte ein Drittel an der

Ge-40Vgl. JohQu 126; siehe dazu den Stadtplan im Anhang D auf S. 513.

41Vgl. dazu die Ausf ¨uhrungen in den Abschnitten IV.1.4 auf S. 120 sowie IV.2.4 auf S. 139.

42Vgl. dazu Der L ¨ubecker Kaufmann, S. 45 [Abb. 9] und Tafel III.

43Vgl. dazu UBStL IX, Nr. 174: [...] to wedderlosinge unses slotes Trittouwe unde syner tobehoringe [...].

Familie Geverdes 153 samtsumme gegeben, so daß der Anteil des Andreas Geverdes an der j¨ahrlichen Rente bei 60 Ml ¨ub lag. Der Gesamtbetrag sollte in zwei Raten zu jeweils 90 Ml ¨ub

[...] in den achte dagen der bord sunte Johannis Baptisten [...] unde in allen achte dagen sunte Mertens des werden bisschoppes [...], sunder vortogeringe ysliker tiid unde ane yeni-gerleye hinder gans umbeworen uppe unse unde unser erven unde nakomelinge egene koste arbeyt unde eventure van deme gelde uth deme vorschrevenen unsem gantzen geleyde, pund-gelde, uth unser molen unde krochure unde uth allen anderen dingen unde tobehoringen to Oldeslo yarlikes [...]44

bezahlt werden. Eine Lokalisierung der herz ¨oglichen Besitzungen, aus welchem die j¨ahr-liche Rentenzahlung geleistet werden sollte, ist aufgrund fehlender Ortsangaben nicht m ¨oglich: Aus diesem Grund wird die Stadt Oldesloe in die Landkarte eingetragen45.

Im weiteren Verlauf des sehr ausf ¨uhrlichen Diploms trifft Adolf von Schleswig de-taillierte Bestimmungen ¨uber das Zusammentragen und die Aufbewahrung der Eink ¨unf-te aus seinen angegebenen Besitzungen. In der Stadt Oldesloe soll an einer

[...] sekere stede ene kisten na erem behage setten willen myt twen sloten vorwaret unde

[...] sekere stede ene kisten na erem behage setten willen myt twen sloten vorwaret unde

Im Dokument Familie und Memoria in der Stadt. (Seite 164-175)