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Expression und Regulation des Substanz-P-Rezeptors in vivo und in vitro

3 Geräte, Material und Methoden

5.1 Expression und Regulation des Substanz-P-Rezeptors in vivo und in vitro

Unter den zurzeit bekannten drei Neurokininrezeptoren (NKR) besitzt Substanz P die höchste Affinität für den NKR1. Für das Rind konnte die Expression des NKR1 in Alveolarmakrophagen und Lutealzellen sowie ovariellen Makrophagen nachgewiesen werden (REIBIGER et al. 2001; BRYLLA et al. 2005; ROGERS et al. 2006). Aus diesem Grund wurde in der vorliegenden Arbeit ausschließlich die Expression und die Regulation des hauptsächlichen Substanz-P-Rezeptors NKR1 untersucht.

Expression und Regulation in vivo

Eine Beteiligung von Substanz P an der Immunregulation beim Rind setzt voraus, dass SP-Rezeptoren in dem von der Entzündung betroffenen Gewebe exprimiert werden. In der vorliegenden Arbeit wurde daher Eutergewebe aus zwei zeitlich und räumlich voneinander getrennten Mastitismodellen retrospektiv auf die Expression des NKR1 untersucht. In dem von PETZL (2005) beschriebenen Modell zeigte sich bei einer sequentiellen Infektion von drei Eutervierteln mit E. coli oder S. aureus eine um mehr als das 10-fache geringere Expression des SP-Rezeptors bei den mit E. coli infizierten Tieren. Dieser Effekt war bei allen Infektionszeitspannen (6 h, 12 h und 24 h) und auch bei den Placebovierteln zu beobachten (Abb. 12). Bei dem von MEYER (2008) beschriebenen Mastitismodell wurde jeweils eine Gruppe gesunder Kühe (Goldstandard) und eine Gruppe experimentell mit E. coli infizierter Kühe auf die Expression von NKR1 untersucht. Eine Basisexpression von NKR1 konnte sowohl im Eutergewebe gesunder als auch infizierter Tiere nachgewiesen werden (Abb. 13). Auffallend war bei diesem Modell, dass die NKR1-Expression bei Tieren, die 6 Stunden mit E. coli infiziert waren, im Bereich der Rezeptor-Expression gesunder Tiere lag.

In den beiden voneinander getrennt durchgeführten Mastitismodellen konnte 24 Stunden nach der Inokulation mit E. coli eine deutliche Herabregulation der NKR1-Expression beobachtet werden. Da sich in dem Modell nach MEYER (2008) in der frühen Phase (bis 6 h) einer E.-coli-Infektion die Expression des Rezeptors nicht von der in gesunden Tieren unterschied, kann geschlussfolgert werden, dass die Herabregulation kein unmittelbares und schnelles Ereignis nach Erregerkontakt darstellt. Interessanterweise konnte die Herabregulation nicht nur im infizierten Viertel sondern auch in den benachbarten nicht infizierten Kontroll- und Placebovierteln beobachtet werden. Da diese Viertel nachweisbar keinen direkten Erregerkontakt hatten, kann daraus geschlossen werden, dass die Herabregulation des NKR1 systemisch über induzierte Zytokine oder andere - noch nicht identifizierte - Regelsysteme induziert wurde. Der in diesem Modell nachgewiesene systemische Effekt erklärt die Herabregulation der Expression bei den nach PETZL (2005) infizierten Tieren in den Placebovierteln und in den Vierteln, die kürzer als 24 Stunden infiziert waren. Mit den beiden zeitlich und räumlich voneinander getrennten Modellen konnte somit reproduzierbar nachgewiesen werden, dass eine intramammäre Infektion mit E. coli zwischen 6 und 24 Stunden zu einer signifikanten Herabregulation des NKR1 führt.

Die Regulation der NKR1-Expression in akuten Stadien der Entzündung ist in der Literatur kaum beschrieben. In einer Studie von BHATIA et al. (2008) konnte bei akuter Pankreatitis und damit einhergehenden Lungenschäden eine signifikante Hochregulation des NKR1 sowohl im Pankreas- als auch im Lungengewebe festgestellt werden. Bei chronischen Entzündungen wird in vielen Studien ebenfalls eine Hochregulation des Substanz P-Rezeptors beschrieben (ADCOCK et al. 1993; KRAUSE et al. 1995; KINCY-CAIN u. BOST 1996;

CHU et al. 2000; KING et al. 2001). Lediglich GOODE et al. (2000) konnten eine verminderte Expression von NKR1 in Kolonepithelien von Patienten mit ulzerativer Colitis feststellen, und führen dies auf eine Herabregulation durch eine verstärkte Substanz-P-Sekretion im Kolon zurück.

Das Absinken der mRNA-Expression des NKR1 24 Stunden nach einer Infektion mit E. coli unter die Basisexpression gesunder Tiere könnte verschiedene Ursachen haben. Die Expression des NKR1 wird unter anderem durch den Transkriptionsfaktor NFκB reguliert (O'CONNOR et al. 2004). NOTEBAERT et al. (2008) konnten zeigen, dass die Aktivität von NFκB 6 bis 8 Stunden nach Infektion mit E. coli ihr Maximum erreicht, während sie nach 24 Stunden wieder basale Werte erreicht hat. Bei akuten, durch E. coli ausgelösten Mastitiden, erreicht die Produktion pro-inflammatorischer Mediatoren, deren Regulation ebenfalls durch NFκB reguliert wird, 16 Stunden nach Infektion ihren Höhepunkt und befindet sich nach 24 Stunden bereits wieder im Rückgang (BANNERMAN et al. 2004). Dies deutet darauf hin, dass zwischen 6 und 24 Stunden nach der Infektion ein negativer Rückkopplungsmechanismus eingeleitet wird, der die Produktion pro-inflammatorischer Mediatoren herabreguliert und möglicherweise auch zu einer verminderten Expression des NKR1 führt. Damit ist jedoch nicht geklärt, warum die NKR1-Expression unter die Basalwerte gesunder Tiere fiel. Möglicherweise wird durch eine übermäßige Freisetzung von Substanz P innerhalb der ersten 24 Stunden der Infektion die Expression des NKR1 negativ beeinflusst, ähnlich wie GOODE et al. (2000) es bei der ulzerativen Colitis vermuten. Die Herabregulation des SP-Rezeptors während einer akuten E.-coli-Mastitis spielt bei den Überlegungen zur Entwicklung neuer Behandlungskonzepte eine wichtige Rolle. Der in humanmedizinischen Studien häufig diskutierte Einsatz von Substanz-P-Antagonisten bei inflammatorischen Prozessen erscheint während der akuten Phase der E.-coli-Mastitis aufgrund der systemischen Herabregulation der Rezeptoren zunächst weniger sinnvoll. Ist

jedoch die verstärkte Freisetzung von SP während den ersten Stunden und ein damit verbundener Rückgang der NKR1-Expression wesentlich für die Pathogenese, könnten SP-Antagonisten durchaus in der Lage sein, den Verlauf einer E.-coli-induzierten Mastitis zu beeinflussen. Zunächst müssen jedoch weitere Untersuchungen durchgeführt werden, um den zeitlichen Verlauf der Regulation zwischen 6 und 24 Stunden näher zu beleuchten, und um vor allem die Expression von Substanz P im Eutergewebe zu bestimmen.

Expression und Regulation in vitro

Unter der Grundhypothese, dass Substanz P die Funktion boviner Leukozyten modulieren kann, wurde zunächst auf Genexpressionsebene geprüft, ob die eingesetzten Zelltypen (Lymphozyten, Granulozyten, Monozyten, in-vitro-differenzierten Makrophagen, MdM) den NKR1 exprimieren (Tab. 8). Eine Basisexpression von NKR1 konnte dabei in allen Zelltypen festgestellt werden. Interessanterweise lag die Anzahl der mRNA-Kopien in Lymphozyten und Granulozyten ungefähr um den Faktor 10 höher als bei Monozyten und MdM. Generell liegen mRNA-Transkripte von G-Protein gekoppelten Rezeptoren in geringen Mengen in der Zelle vor (O'CONNOR et al. 2004). Die Anzahl der Kopien allein ist daher kein Hinweis auf eine verminderte Ansprechbarkeit von Monozyten und Makrophagen gegenüber Substanz P.

In Studien mit Monozyten und Makrophagen von Mensch und Ratte kam es zu einer Hochregulation des NKR1 nach Simulation mit Lipopolysaccharid (LPS) (BOST et al. 1992;

GERMONPRE et al. 1999). Lipopolysaccharide binden an Toll-like Rezeptoren (TLR), wodurch der Transkriptionsfaktor NFκB aktiviert wird. Dieser induziert die Expression zahlreicher pro-inflammatorischer Zytokine und Chemokine. Aus diesem Grund erschien es interessant, ob durch eine Stimulation mit LPS auch die Expression des Substanz-P-Rezeptors in bovinen Makrophagen und Monozyten reguliert wird. Allerdings konnte nach einer 3-stündigen Stimulation mit LPS keine Regulation des NKR-1-Rezeptors in Monozyten und MdM beobachtet werden (Abb. 14), obwohl die nachgewiesene Hochregulation pro-inflammatorischer Mediatoren (TNF-α, IL-1β, CXCL1, CXCL8, CCL5) die erfolgreiche Stimulation durch LPS bestätigte (4.4.1). Dies stützt die oben ausgeführte Hypothese, dass ein direkter Kontakt mit Erregern beim Rind die NKR1-Rezeptorexpression zunächst unberührt lässt und wahrscheinlich andere Mediatoren für die spätere Herabregulation verantwortlich sind.