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1 Einleitung und Zielsetzung

2.4 Die Rolle von Substanz P bei entzündlichen Erkrankungen

2.4.1 Infektiöse und nicht-infektiöse Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts

Eine Beteiligung von Substanz P wird vor allem bei Infektionen mit Clostridium difficile und Salmonella spp., sowie bei der Pathogenese des Inflammatory-Bowel-Disease-Komplex diskutiert.

Ein wichtiger Mechanismus der durch Clostridium difficile ausgelösten Colitis ist die Freisetzung von Enterotoxin A und die damit verbundene Sekretion und Entzündung des Darms. Enterotoxin A vermittelt seine Wirkung durch die Aktivierung von intestinalen Neuronen und die Ausschüttung von Neuropeptiden, vor allem von Substanz P (KOON u.

POTHOULAKIS 2006). In Versuchen mit Ratten konnte die parenterale Gabe eines NKR1-Antagonisten alle durch Enterotoxin A ausgelösten inflammatorischen und sekretorischen Effekte hemmen (POTHOULAKIS et al. 1994; MANTYH et al. 1996). Eine Gabe von Enterotoxin A führte bei Ratten innerhalb von 30 Minuten zu einem vermehrten Gehalt von Substanz P in der Ileum-Mukosa und in Makrophagen der Lamina propria. Außerdem wurde die TNF-α-Produktion der Makrophagen gesteigert (CASTAGLIUOLO et al. 1997).

Eine Beteiligung von Substanz P an der Pathophysiologie von Salmonella-Infektionen wird ebenfalls diskutiert. Im Maus-Modell führte eine orale Infektion mit Salmonellen zu einer beachtlichen Hochregulation des NKR1 in Peyerschen Platten und mesenterialen Lymphknoten. Die Gabe eines Substanz P-Antagonisten vor der Infektion führte zu einer erhöhten Mortalität und einer verringerten mRNA-Expression von IL-12 und IFN-γ in intestinalen Makrophagen (KINCY-CAIN u. BOST 1996). Diese Ergebnisse ließen die Autoren vermuten, dass Substanz P ein wichtiger Faktor für die Bildung einer ausreichenden Immunantwort gegenüber Salmonella-Infektionen ist. Eine neuere Studie von WALTERS et al. (2005) zeigte jedoch eine erhöhte Resistenz von NKR1-defizienten Mäusen gegenüber Salmonella-Infektionen, die vermutlich auf eine erhöhte Produktion des anti-inflammatorischen Zytokins IL-10 zurückzuführen ist.

Der Krankheitskomplex Inflammatory Bowel Disease (IBD) schließt die Erkrankungen Morbus Crohn und ulzerative Colitis mit ein. Die Pathogenese von IBD beinhaltet prädisponierende genetische Faktoren sowie exogene und endogene Auslöser, die in einer

rezidivierenden und progressiven Entzündung des Darms münden (SHANAHAN 1993).

Obwohl die Ätiologie von IBD noch nicht hinreichend geklärt ist, wird angenommen, dass Substanz P und der NKR1 eine Rolle bei der Pathophysiologie des Krankheitskomlpexes spielen (KOON u. POTHOULAKIS 2006). Erhöhte Gehalte von Substanz P wurden in Rektum und Kolon von Patienten mit ulzerativer Colitis ermittelt und korrelierten mit den Krankheits-Schüben (MAZUMDAR u. DAS 1992; BERNSTEIN et al. 1993). Eine erhöhte Dichte von SP-haltigen Nervenfasern konnte bei Morbus-Crohn-Patienten in Kolon und in hypervaskulären Läsionen des Darms festgestellt werden (MAZUMDAR u. DAS 1992;

KIMURA et al. 1994). GOODE et al. (2000) untersuchten das Expressionsmuster des SP-Rezeptors in Kolon-Biopsien von gesunden und an IBD erkrankten Individuen. Generell war der Anteil NKR1-haltiger Zellen in den Bioptaten von IBD-Patienten erhöht. Bei Morbus-Crohn-Patienten konnte die Arbeitsgruppe eine erhöhte Expression des NKR1 im myenterischen Plexus ermitteln. Bei Patienten mit ulzerativer Colitis fiel eine verminderte Expression des Rezeptors in Kolon-Epithelzellen im Vergleich zu gesunden Individuen auf.

Die Autoren vermuten eine Herabregulation des Rezeptors aufgrund erhöhter Substanz-P-Sekretion bei ulzerativer Colitis.

2.4.2 Erkrankungen der Atemwege

Bei Asthma-Patienten konnten vermehrt Substanz-P-haltige Nervenfasern in der Submukosa von Bronchien sowie eine erhöhte Menge von Substanz P aus Lungengewebe und Bronchio-Alveolären-Lavagen (BAL) nachgewiesen werden (OLLERENSHAW et al. 1991; NIEBER et al. 1992; LILLY et al. 1995). Substanz P und Neurokinin A werden als potente Mitogene für glatte Muskelzellen, Endothelzellen, Epithelzellen und Fibroblasten beschrieben, und mit der Dickenzunahme der Atemwege bei Asthma in Verbindung gebracht (KUWANO et al.

1993; HARRISON et al. 1995; KIM et al. 1995). In den Epithelzellen des Respirationstrakts von Asthmatikern wurde eine erhöhte Expression von Substanz P und NKR1 gemessen (ADCOCK et al. 1993; CHU et al. 2000). Das in Speichel und Bronchialsekret von Asthmatikern erhöhte Zytokin IL-1β verursacht eine Hyperreagibilität der Atemwege (BORISH et al. 1992; BROIDE et al. 1992). In Studien von WU et al. (2002) konnte gezeigt werden, dass IL-1β zu einer vermehrten Freisetzung von Substanz P in Neuronen und glatter Muskulatur der Atemwege führt und dadurch die Hyperreagibilität vermittelt.

Eine Beteiligung von Substanz P an der Immunantwort bei Virus-Erkrankungen der Atemwege wird ebenfalls diskutiert. TRIPP et al. (2002) konnten eine verstärkte Expression des Substanz-P-Rezeptors auf CD4-positiven T-Zellen nach Infektion mit Para-influenzavirus 3 und Respiratorischem Synzytialvirus feststellen. In Tierversuchen führten Infektionen mit dem Respiratorischen Synzytialvirus zur verstärkten Expression von NKR1 in Lungengewebe von Ratten (KING et al. 2001). Die Behandlung von Meerschweinchen mit einem NKR1-Antagonisten bei Infektionen mit Parainfluenzaviren konnte die Einwanderung von Makrophagen in das Lungengewebe sowie die Hyperreagibilität der Bronchien hemmen (JACOBY et al. 2000).

Chronischer Raucherhusten wird mit einer vermehrten Synthese und Freisetzung von Substanz P in Neuronen der Lunge und oberen Atemwege in Verbindung gebracht (KWONG et al. 2001). Mehrere Studien belegen, dass eine Freisetzung von Substanz P durch Zigarettenrauch die Adhäsion von Leukozyten an der Tracheal-Schleimhaut induziert und die Aktivität der neutralen Endopeptidase herabsetzt (DUSSER et al. 1989; BALUK et al. 1996).

2.4.3 Arthritis

Eine Beteiligung von Substanz P an der Entstehung von rheumatoider Arthritis wird schon seit längerer Zeit diskutiert. Die rheumatoide Arthritis (RA) ist durch eine chronische Entzündung der Gelenke charakterisiert, die mit der Infiltration und Anhäufung von aktivierten Immunzellen, hauptsächlich T-Zellen, Monozyten, Makrophagen und Plasmazellen einhergeht. Durch die hauptsächlich von T-Zellen und Monozyten ausgeschütteten Zytokine kommt es zu einer fortschreitenden Zerstörung von Knorpel und Knochen (FELDMANN et al. 1996). LEVINE et al. (1984) ermittelten in Tierversuchen, dass Sprunggelenke, die zu schweren Arthritiden neigen, dichter mit Substanz-P-haltigen Nervenfasern innerviert waren als Kniegelenke, die in der Regel nur milde Arthritiden entwickeln. Außerdem führte eine Injektion von Substanz P in Kniegelenke von Ratten zu einer Verschlimmerung der Arthritis, während ein Antagonist diesen Effekt nicht auslösen konnte. Bei humanen Synoviozyten führte Substanz P zu Zell-Proliferation und zur Freisetzung von Prostaglandin E2 und Collagenase (LOTZ et al. 1987). Bei Patienten mit rheumatoider Arthritis konnten außerdem erhöhte Gehalte des Neuropeptids in Gelenkflüssigkeit und Serum gemessen werden (MARSHALL et al. 1990; MENKES et al.

1993). Erhöhte Gehalte von Substanz P wurden auch in Kniegelenken von Kaninchen gemessen, denen die pro-inflammatorischen Zytokine IL-1β oder TNF-α injiziert wurden (O'BYRNE et al. 1990). KRAUSE et al. (1995) konnten feststellen, dass Synoviozyten von Patienten mit rheumatoider Arthritis den Substanz-P-Rezeptor NKR1 exprimieren, während er bei Synoviozyten von gesunden Individuen nicht ausgebildet wird. Bei Monozyten isoliert aus Patienten mit RA führte eine Stimulation mit Substanz P zu einer vermehrten Produktion von TNF-α im Vergleich zu Monozyten von gesunden Individuen (LAVAGNO et al. 2001).

Bei bakteriell ausgelösten Arthritiden konnte im Tiermodell gezeigt werden, dass eine Blockade des NKR1 die Eliminierung der Bakterien verschlechterte und zu stärkeren Läsionen im Gelenk führte (VERDRENGH u. TARKOWSKI 2008).