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Expression ausgewählter Chemokine und Proteine in bovinem Zitzengewebe

Für Genexpressionstudien in bovinem Eutergewebe wurden UXT und RPS9 aufgrund ihrer stabilen Expression als interne Kontrollen (Referenzgene) empfohlen (BIONAZ u. LOOR 2007). Da zum Zeitpunkt der Versuchsdurchführung keine Literatur-Empfehlungen für Referenzgene in bovinem Zitzengewebe bekannt waren, sollte durch Messung der Genexpression von UXT und RPS9 untersucht werden, ob diese als Referenzgene für bovines Zitzengewebe grundsätzlich geeignet sind. Die Korrelation zwischen UXT und RPS9 (r = 0,81; R2 = 0,65) war hoch signifikant (p < 0,0001). Des Weiteren ergab die Relativierung der Kopienzahlen der untersuchten Gene mit den Kopienzahlen von UXT oder RPS9 stets die gleiche Tendenz und häufiger sogar das gleiche Signifikanzniveau. UXT und RPS9 zeigten sich daher im Rahmen dieser Untersuchung als geeignete Referenzgene für die qrtPCR in bovinem formalinfixiertem Zitzengewebe. Normalisierung der Daten ist ein wichtiger Schritt in der qrtPCR, da diese Technik zu analytischen Fehlern und daraus resultierend zu Variation neigt (HUGGETT et al. 2005; VALASEK u. REPA 2005). Die Normalisierung mittels Gesamtzellzahl, Gewebemenge, Gesamt-RNA oder internen Kontrollen wie 18S oder 28S ribosomale RNA stößt jedoch an Grenzen (VANDESOMPELE et al. 2002; PFAFFL et al.

2004; HUGGETT et al. 2005). Die Verwendung interner Kontrollgene (Referenzgene), oft als housekeeping genes (HKG) bezeichnet, ist die verlässlichste Methode um die Quantität der eingesetzten RNA, Probenverlust während der Bearbeitung und Variation in der Kinetik der Reverse-Transkriptions-Reaktion einzuberechnen (BIONAZ u. LOOR 2007). Der Gedanke, dass die Expression eines internen Kontrollgens nicht zwischen den untersuchten Zellen oder Geweben oder als Reaktion auf eine experimentelle Behandlung schwanken sollte, ist das zentrale Konzept der Datennormalisierung mittels HKG (VANDESOMPELE et al. 2002).

Dies war bei UXT und RPS9 im Rahmen dieser Untersuchungen gegeben, sodass diese als interne Kontrollgene verwendet wurden.

Um zu prüfen, ob der immunhistologische Nachweis MAC387- und CD163-positiver Zellen in bovinem Zitzengewebe mit der Genexpression von S100A8, S100A9 und CD163 korreliert, wurde diese mittels qrtPCR analysiert.

S100A8 und S100A9

Die Genexpression von S100A8 und von S100A9 wurde in allen analysierten Proben nahezu simultan reguliert (Abbildung 15). Dies ist als Hinweis zu sehen, dass S100A8 und S100A9 nur als Heterodimer biologische Wirksamkeit besitzen. S100A8 und S100A9 kommen in vivo hauptsächlich als Heterodimer in einem stochastischen Verhältnis von 1:1 vor (EDGEWORTH et al. 1991). Betrachtet man die Genexpression von S100A8/A9 in mittlaktierenden (ML) und in peripartalen (PP) Kühen, so ist festzustellen, dass sie sich kaum zwischen diesen beiden Gruppen unterscheidet. Dies scheint in einem Widerspruch zu den immunhistologischen Ergebnissen zu stehen, da mehr S100A8/A9-positive Makrophagen im Zitzengewebe der PP-Gruppe zu finden waren (Abbildung 7). Ein möglicher Erklärungsansatz könnte sich aus dem Anstieg von Glucocorticoiden in der Phase um die Geburt ergeben (SORDILLO u. STREICHER 2002b). Glucocorticoide wirken anti-inflammatorisch durch Begrenzung der Produktion pro-anti-inflammatorischer Zytokine und Chemokine, welche mit einem vermehrten Leukozyten-Einstrom einhergehen. Dies geschieht vor allem durch Unterdrückung der Gentranskription dieser pro-inflammatorischer Mediatoren (LEUNG u. BLOOM 2003). Da S100A8/A9 verschiedene pro-inflammatorische Eigenschaften zugeschrieben werden (NEWTON u. HOGG 1998), könnte es durchaus sein, dass der peripartal erhöhte Glucocorticoidspiegel zu einer Herunterregulation der Genexpression von S100A8/A9 führt. In der Literatur finden sich widersprüchliche Angaben über die Regulation von S100A8/A9 durch Glucocorticoide; so fanden GEBHARDT et al.

(2002) eine Dexamethason-vermittelte Herunterregulation der Genexpression von S100A8/A9 im Kontext einer Phorbolester-induzierten Dermatitis in Mäusen. Auf der anderen Seite konnten HSU et al. (2005) eine durch Glucocorticoide verstärkte Genexpression von S100A8 in murinen Makrophagen zeigen. Dieser Glucocorticoid-Effekt galt jedoch nur für LPS-stimulierte Makrophagen, Glucocorticoide alleine zeigten kaum einen Effekt auf die Genregulation von S100A8. Weiterhin fand die Arbeitsgruppe um HSU (2005) eine durch Glucocorticoide verstärkte basale Genexpression von S100A8 und S100A9 in humanen Monozyten. In der humanen Makrophagen-Zelllinie U937 wird S100A8 durch Dexamethason und 1α,25-(OH)2 Vitamin D3 induziert (SELLMAYER et al. 1992). Glucocorticoide scheinen also eine wichtige Rolle in der Regulation der Genexpression von S100A8/A9 zu spielen, die Art der Antwort hängt jedoch vermutlich vom Zelltyp und von eventuell zusätzlich vorhandenen stimulierenden Substanzen ab. Ein fast identisches Genexpressionsniveau von S100A8/A9 in PP- und ML-Kühen bei gleichzeitig höherer Anzahl S100A8/A9-positiver Makrophagen in der PP-Gruppe ließe sich durch den erhöhten Glucocorticoidspiegel in der Phase um die Geburt erklären, wenn man davon ausgeht, dass die Wirkung von Glucocorticoiden nur auf der Regulation der Genexpression beruht.

Im Vergleich zwischen Fürstenberg’scher Rosette und Zitzenzisterne wurde eine höhere Genexpression von S100A8/A9 in der Fürstenberg’schen Rosette erfasst. Dies galt sowohl für die peripartale als auch für die mittlaktierende Gruppe (Abbildung 15). Auch hier stehen die Ergebnisse der qrtPCR in scheinbarem Widerspruch zu den immunhistologischen

Untersuchungen, wo sich die Anzahl S100A8/A9-positiver Makrophagen zwischen Fürstenberg’scher Rosette und Zitzenzisterne nahezu nicht unterschied (Abbildung 7). Ruft man sich die anatomisch-histologischen Verhältnisse der bovinen Zitze ins Gedächtnis, so könnte man sich die höhere Genexpression von S100A8/A9 in der Fürstenberg’schen Rosette folgendermaßen erklären: in der Zitzenwand sind proximal weitlumige Venen ausgebildet.

Daher ist anzunehmen, dass auch mehr arterielles Blut in den proximalen Bereich der Zitze (Zitzenzisterne) fließt. Möglicherweise ist der Bereich der Fürstenberg’schen Rosette weniger gut mit Blutgefäßen versorgt, sodass der Glucocorticoidspiegel im Gewebe der Fürstenberg’schen Rosette geringer ist als in der Zitzenzisterne. Unter der Hypothese, dass Glucocorticoide zu einer Herunterregulation der Genexpression von S100A8/A9 führen (siehe oben) und dass der Glucocorticoidspiegel im Gewebe der Fürstenberg’schen Rosette durch eine geringer Blutversorgung niedriger ist als im Gewebe der Zitzenzisterne, ließe sich die höhere Genexpression in der Fürstenberg’schen Rosette im Vergleich zur Zitzenzisterne erklären.

CD163

Die Genexpression von CD163 war in den verschiedenen Gruppen (ML, PP) und Lokalisationen (FBR, ZZ) von einer großen Varianz geprägt (CV = 69,9%). So schien es fast, als ob es zwei Gruppen gab aus Tieren mit einer hohen CD163-Expression und solchen mit geringer CD163-Expression (Abbildung 16). Die höhere CD163-Expression in der Zitzenzisterne im Vergleich zur Fürstenberg’schen Rosette in der PP-Gruppe und in der Zitzenzisterne der PP-Gruppe im Vergleich zur ML-Gruppe beruht vermutlich auf der großen Streuung der gemessenen Werte. Zudem waren die Unterschiede nur für die Relativierung mit UXT signifikant, während die Relativierung mit RPS9 lediglich die gleiche Tendenz aufwies.

Somit scheint es, als ob die Genexpression von CD163 recht gut mit der immunhistologischen Auswertung CD163-positiver Makrophagen übereinstimmt, da für beide Analyseverfahren wenn überhaupt, dann nur geringe Unterschiede zwischen den Gruppen (ML, PP) und auch zwischen den Lokalisationen (FBR, ZZ) festgestellt wurden.

Die getrennte Analyse von subepithelialem und perivaskulärem Gewebe war in der qrtPCR nicht möglich, sodass nicht beurteilt werden konnte, inwieweit die immunhistologisch festgestellten Unterschiede in der Detaillokalisation S100A8/A9-positiver und CD163-positiver Makrophagen mit einer differenziellen Genexpression zwischen subepithelialem und perivaskulärem Gewebe einhergehen. Abschließend ist zu sagen, dass von der Genexpression nicht auf die Expression auf Proteinebene geschlossen werden konnte.

CXCL1 und CXCL8

Die Migration neutrophiler Granulozyten ins Gewebe ist ein wichtiger Schritt in der initialen Phase einer Entzündung. Diese werden durch Chemokine, die u.a. von Monozyten/Makrophagen sezerniert werden, angelockt. Aus diesem Grund wurde die

Genexpression der Chemokine CXCL1 und CXCL8 (für die Anlockung von neutrophilen Granulozyten) im Zitzengewebe untersucht.

Während die Genexpression von CXCL1 keine Unterschiede zwischen den Gruppen und zwischen den Lokalisationen aufwies (Abbildung 17), wurde CXCL8 in der Zitzenzisterne der PP-Gruppe höher exprimiert als in der Fürstenberg’schen Rosette der PP-Tiere und in der Zitzenzisterne der ML-Tiere (Abbildung 18). Für CXCL1 und CXCL8 bestehen Unterschiede in der Rezeptorbindung. CXCL1 ist ein selektiver CXCR2-Ligand, wohingegen CXCL8 CXCR1 und CXCR2 bindet (MANTOVANI et al. 2004a). In Stimulationsversuchen des bovinen Euters mit E. coli wurde sowohl CXCL1 als auch CXCL8 12 Stunden nach Infektion in der Zitzenzisterne und in der Drüsenzisterne hochreguliert (150-fach und > 390-fach).

Nach 24 Stunden kam es zu einer Herunterregulation und gleichzeitig zu einer Hochregulation im lobulo-alveolären Gewebe (200-fach und 80-fach). In der Fürstenberg’schen Rosette blieb die Genexpression dieser beiden Chemokine nach Infektion mit E. coli jedoch unverändert (RINALDI et al. 2009). In einem Infektionsversuch von MITTERHUEMER et al. (2010) wurde die Hochregulation von CXCL8 in E.-coli-infizierten Eutervierteln, nicht jedoch in den Kontrollvierteln festgestellt. Studien, die den Einfluss des Laktationsstadiums auf die Genexpression im bovinen Euter untersuchten, waren zum Zeitpunkt der Verfassung dieser Dissertation nicht bekannt. Somit kann über die differenzielle Genexpression von CXCL8 bei unveränderter CXCL1-Expression nur spekuliert werden.

Eine Erklärung für die Hochregulation von CXCL8 in PP-Tieren kann nicht gegeben werden, jedoch könnte diese Hochregulation zu einer Refraktion der neutrophilen Granulozyten für CXCR2-Liganden und dadurch zu einer verstärkten Gewebezerstörung führen. Dies wäre ein möglicher Grund für die in der peripartalen Phase gehäuft auftretenden schweren E.-coli-Mastitiden. Es ist bekannt, dass die Chemotaxis neutrophiler Granulozyten hauptsächlich CXCR1-vermittelt ist, da die Blockierung von CXCR1 die Migration nahezu vollständig inhibiert (HAMMOND et al. 1995) oder reduziert (QUAN et al. 1996). Weiterhin wird spekuliert, dass die Aktivierung neutrophiler Granulozyten durch CXCL8 mit einer Unempfänglichkeit der Zellen für CXCR2-Liganden einhergeht (STILLIE et al. 2009). Die Anwesenheit von CXCR2-Liganden begrenzt jedoch vermutlich die Gewebezerstörung während einer Entzündung (STILLIE et al. 2009). Diese Limitierung der Entzündungsreaktion ist jedoch bei Kühen in der peripartalen Phase gestört, wodurch es in dieser Zeit häufiger zu besonders schweren Fällen der E. coli-Mastitis kommt (MITTERHUEMER et al. 2010).

CCL3 und CCL5

Für die Immigration von Monozyten in das Gewebe spielt eine Reihe von Chemokinen eine Rolle. Ob sich deren Expressionsmuster im Zitzengewebe unterscheidet, wurde exemplarisch für die Chemokine CCL3 und CCL5 untersucht. Da für CCL2 keine Primer generiert werden konnten wurde CCL3 als zweites Monozyten-aktivierendes Chemokin gemessen.

Für CCL3 und CCL5 wurde ein sehr einheitliches Genexpressionsmuster über alle Gruppen und Lokalisationen hinweg festgestellt (Abbildung 19). Beide Chemokine aktivieren

Monozyten durch Bindung an CCR1 und CCR5. CCL3 wird jedoch nicht als wahrer CCR1-Ligand betrachtet, da es nur in relativ hohen Konzentrationen an CCR1 bindet (NEOTE et al.

1993). RINALDI et al. (2009) fanden eine geringe Hochregulation von CCL3 nach Infektion des bovinen Euters mit E. coli. Die Änderung der Genexpression von CCL5 wurde in dieser Studie jedoch nicht untersucht. Die Stimulation mit LPS führte in bovinen Milchdrüsenepithelzellen zu einer deutlichen Induktion von CCL5 (PAREEK et al. 2005), jedoch wurde dort CCL3 nicht bestimmt. Die vorliegenden Ergebnisse legen die Vermutung nahe, dass CCL3 und CCL5 in bovinem Zitzengewebe simultan reguliert werden. Diese beiden Chemokine wirken auch auf funktioneller Ebene in ähnlicher Weise; so werden sowohl CCL3 als auch CCL5 pro-inflammatorische Eigenschaften zugeschrieben (DESHMANE et al. 2009). Die nahezu unveränderte Expression von CCL3 und CCL5 in PP-Tieren und ML-PP-Tieren lässt vermuten, dass diese beiden Chemokine nicht für die peripartal erhöhte Anzahl S100A8/A9-positiver Makrophagen verantwortlich sind.