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Evaluationskriterien und Messinstrumente

2. Methoden

2.4. Evaluationskriterien und Messinstrumente

Zur Erfassung trainingsinduzierter Veränderungen wurden Instrumente ausgesucht, die zufriedenstellende Gütekriterien aufweisen und in der Therapieevaluation anerkannt und etabliert sind. Im Folgenden werden die Evaluationskriterien und Messinstrumente detailliert beschrieben.

Baseline-Parameter

Im Rahmen dieser Evaluations-Studie wurde eine Reihe von sogenannten baseline-Parametern erhoben, um diese als weitere mögliche Einflussfaktoren auf die Effekte der Videotherapie zu untersuchen. Dazu zählte neben den demographischen und klinischen Angaben auch das Vorstellungsvermögen und die Selbstwirksamkeitserwartung. Diese Prameter wurden lediglich vor Therapiebeginn erhoben, da sie nicht als abhängige Variablen zur Therapieevaluation dienten.

Händigkeit

Die Händigkeit wurde anhand eines modifizierten Händigkeitsfragebogens nach Oldfield (1971) bestimmt, bei dem die Probanden verschiedene alltägliche Handlungen (z.B. schreiben, malen, mit dem Besen fegen, eine Dose öffnen, Zähne putzen...) gestisch darstellen sollten. Die Versuchsleiterin hielt dabei fest, mit welcher Hand die Tätigkeiten ausgeführt wurden und berechnete anschliessend einen Händigkeitsquotienten.

Selbstwirksamkeitserwartung

Der Fragebogen zur allgemeinen Selbstwirksamkeitserwartung (SWE) ist eine psychometrische Skala mit 10 Items zur Erfassung von allgemeinen optimistischen Selbstüberzeugungen. Er misst die optimistische Kompetenzerwartung, also das Vertrauen darauf, eine schwierige Lage zu meistern, wobei der Erfolg der eigenen Kompetenz zugeschrieben wird. Das Instrument ist auf der Grundlage des Selbstwirksamkeitskonzepts (perceived self-efficacy), welches Bandura erstmalig 1977 formulierte, entstanden. (Bandura, 1997, zitiert nach http://www.RalfSchwarzer.de, Stand: Dezember 2007) Die Selbstwirksamkeit macht auch einen wesentlichen Aspekt seiner sozial-kognitiven Theorie aus. „Es ist eigentlich als ein situationsspezifisches Konstrukt gedacht, wobei der Grad an Spezifität jedoch sehr variieren kann. Allgemeine SWE stellt dazu einen extremen Pol dar und beruht auf der Annahme, daß Menschen ihre Erfolgs- und Misserfolgserfahrungen sich selbst zuschreiben und danach generalisieren können. Dabei finden nicht nur induktive Prozesse (von spezifisch zu allgemein), sondern auch deduktive Prozesse (von allgemein zu spezifisch) statt. Die Skala misst die subjektive Überzeugung, kritische Anforderungssituationen aus eigener Kraft erfolgreich bewältigen zu können. Dabei wird an neue oder schwierige Situationen aus allen Lebensbereichen gedacht sowie an Barrieren, die es zu überwinden gilt. SWE soll die konstruktive Lebensbewältigung vorhersagen (Jerusalem, 1990; Schwarzer, 1994).“ (zitiert nach http://www.RalfSchwarzer.de, Stand: Dezember 2007).

Vorstellungsvermögen

Das Vorstellungsvermögen wurde sowohl anhand eines Selbstbeurteilungsverfahrens, dem Vividness of Movement Imagery Questionnaire (VMIQ), der den Probanden in deutschsprachiger Übersetzung vorgelegt wurde, als auch mithilfe eines standardisierten Verfahrens, der mentalen Version eines motorischen Tests, dem sogenannten mentalen Nine Hole Peg Test (mNHPT) erfasst.

Vividness of Movement Imagery Questionnaire

Dieser Fragebogen (Isaac et al., 1986) testet die Intensität der Bewegungsvorstellung hinsichtlich zweier Faktoren: der Bewegung als solches und der damit verbundenen kinästhetischen Wahrnehmungen. Die Beurteilung der Lebendigkeit der Vorstellung erfolgt anhand 24 Items, jeweils auf einer Beurteilungsskala von 1 (vollkommen klar und lebhaft wie bei direkter Beobachtung) bis 5 (überhaupt kein Bild, Sie „wissen“ nur, daß Sie über die Bewegung nachdenken). Die Items sind so konzipiert, daß sie bestimmte Bilder im Kopf hervorrufen sollen, wie beispielsweise einen Kreis auf Papier zu zeichnen. Und zwar soll dies aus der Ersten- und Dritten-Person-Perspektive (VMIQ-1te-pers und VMIQ-3te-pers) geschehen. D.h. so, als ob man selbst die Bewegung ausführt oder jemanden anderen dabei zuschaut wie er diese ausführt.

Mentaler Nine Hole Peg Test

Die mentale Version des NHPTs ist eine in den Kliniken Schmieder entwickelte und sich derzeit noch in Erforschung befindende Abwandlung des standardisierten Nine Hole Peg Tests (NHPT, näheres dazu siehe weiter unten). Bei der mentalen Variante wird vor der realen Ausführung des NHPTs, dieser zuerst imaginär durchgeführt und entsprechend die Zeit, die für die Durchführungsvorstellung erforderlich ist, festgehalten. Zur Ermittlung des Vorstellungsvermögens wurde die Differenz zwischen der mentalen und der realen Durchführung berechnet und deren absoluter Wert in Relation zur realen Durchführung gesetzt. Diese Normalisierung anhand des Quotienten (Q=|r-m|/r) diente zur Reduktion der Varianz und machte die sehr stark gestreuten Durchführungszeiten der Patienten gegeneinander vergleichbar.

Outcome-Parameter

Die Wirkung des Videotrainings auf die Rehabilitation der Armparese und andere Lebensbereiche wurde mittels einer Vielzahl von abhängigen Variablen auf Verhaltens- und neurophysiologischer Ebene evaluiert.

Verhaltensdaten

Die Evaluationskriterien auf Verhaltensebene waren objektiver und subjektiver Art.

Objektiv wurden die Geschwindigkeit und die Qualität der Bewegungen (in PRE und POST) mittels der beiden standardisierten motorischen Funktionstests bewertet: dem NHPT sowie dem Wolf Motor Function Test (WMFT). Der Letztere wurde auf Video aufgenommen und am Ende der Studie von einem Physiotherapeuten verblindet ausgewertet. Subjektive Maße waren der Motor Activity Log (MAL) und Stroke Impact Scale (SIS). Sie erfassen die Einsatzhäufigkeit und -Qualität des betroffenen Arms im Alltag sowie die Folgen des Schlaganfalls - sowohl auf körperlicher, als auch auf geistiger und seelischer Ebene. Die beiden wurden in Form von Fragebögen vor der Therapie, nach Therapieende sowie im Rahmen der Nachbefragung eingesetzt.

Nine Hole Peg Test

Der Nine Hole Peg Test (NHPT) ist ein quantitatives Mass für die Funktion der oberen Extremität (Arm und Hand) und ist zur Messung der Handgeschicklichkeit geeignet.

Der NHPT wurde 1971 zum ersten Mal von Kellor und seinen Kollegen (Kellor et al., 1971) eingeführt und 1985 von Mathiowetz und seinen Kollegen für gesunde Individuen normiert und etabliert (Mathiowetz et al., 1985). Die Aufgabe des Patienten bestand darin, so schnell wie möglich neun Dübel aus Holz einzeln mit einer Hand aus einem flachen Behälter an einem Ende des Testbrettes zu nehmen und in die dafür vorgesehenen Löcher am anderen Ende auf dem Testbrett zu stecken. Die Zeitmessung erfolgte nach der Aufforderung, den Test zu beginnen, und endete mit dem Zeitpunkt, an dem der Proband das letzte Stäbchen eingesteckt hatte. Die Testung begann mit der betroffenen Hand und wurde mit beiden Händen jeweils zwei Mal aufeinanderfolgend durchgeführt. Wenn der Patient allerdings nicht in der Lage war, den Test durchzuführen, wurde dieser abgebrochen und ein Maximalwert von 300 Sekunden

(entsprechend Fischer et al., 1999) notiert. Für die statistische Auswertung wurde abschliessend für jede Seite ein Mittelwert über die beiden Testdurchgänge gebildet.

Wolf Motor Function Test

Der Wolf Motor Function Test (WMFT; (Wolf et al., 1989) diente zur Beurteilung der motorischen Fähigkeiten bei Patienten mit schweren bis mittelmässigen motorischen Defiziten der oberen Exträmität im Hinblick auf die zwei Merkmale:

Bewegungsqualität und Zeit. Hierfür wurden 14 alltägliche normierte Bewegungen mit der paretischen Hand durchgeführt, deren Spektrum von grobmotorischen, proximalen Bewegungen (bspw. die Hand auf den Tisch legen) bis hin zu feinmotorischen Tätigkeiten (bspw. eine Büroklammer ergreifen) reichte. Der Testvorgang wurde zunächst mit Zustimmung der Patienten auf Video aufgenommen. Zu einem späteren Zeitpunkt wurden sie von einem Physiotherapeuten verblindet – d.h. ohne Kenntnisnahme, ob die Daten der PRE- oder POST-Untersuchung entstammten, und welcher Gruppe der Proband angehörte – hinsichtlich der Bewegungsqualität beurteilt.

Die Testwerte lagen dabei auf einer Skala von 0 (keine Bewegung) bis 5 (normale Bewegung). Abschliessend wurden sie zu einem Gesammtwert über alle 14 Aufgaben aufsummiert. Als weiteres Kriterium dieses Tests wurde die Zeit, die der Patient für die Durchführung der einzelnen Aufgaben benötigte, erfasst. Für die statistische Analyse wurde anschliessend ein Summenwert über alle 14 Zeiten gebildet. Wenn der Patient länger als zwei Minuten zur Durchführung einer Aufgabe benötigte oder offensichtlich dazu gar nicht in der Lage war, wurde diese abgebrochen und der Maximalwert von 120 Sekunden notiert.

Motor Activity Log

Der Motor Activity Log (MAL; Taub et al., 1993; Van der Lee et al., 2004), ein strukturiertes Interview, wurde als Selbstbeurteilungsfragebogen zur Qualität und Häufigkeit von Aktivitäten des täglichen Lebens eingesetzt. Die Patienten gaben dabei auf zwei 6-stufigen (0 = gar nicht, 5 = normal) Skalen an, wie gut (Qualität, engl.

quality of movement [QoM]) und wie oft (Häufigkeit, engl. amount of use [AoU]) sie ihren betroffenen Arm in der letzten Woche benutzten, um bestimmte Tätigkeiten durchzuführen. Beurteilt wurden insgesamt 30 alltägliche Beschäftigungen wie

beispielsweise sich die Haare kämmen, Schuhe anziehen oder eine(n) Gabel/Löffel benutzen. Abschliessend wurde über diese jeweils ein Mittelwert pro Skala berechnet.

Stroke Impact Scale

Die Stroke Impact Scale (SIS; Duncan et al., 1999) ist ein spezifisches, im Rehabilitations- und Forschungskontext entwickeltes Messinstrument zur Erfassung gesundheitsbezogener Lebensqualität von Schlaganfallpatienten. Bei der vorliegenden Studie kam die deutsche Version als Selbstbeurteilungsfragebogen zum Einsatz. Dabei wurden körperliche, geistige und seelische Folgen des erlebten Ereignisses (Schlaganfalls) anhand von 64 Items abgefragt. Diese konnte insgesamt acht folgenden Dimensionen zugeordnet werden: „Kraft“, „Gedächtnis- und Denkvermögen“,

„Emotion“, „Kommunikation“, „Alltag“, „Mobilität“, „Handfunktion“ und

„Partizipation“. Die Probanden sollten dazu auf jeweils fünfstufigen Antwortformat angeben, inwieweit bestimmte Fertigkeiten, Fähigkeiten oder kognitive Merkmale in einem bestimmten Zeitraum eingeschränkt waren, bzw. wie zutreffende die jeweilige Aussage war. Abschliessend sollten die Patienten den Grad der Erholung bzw.

Genesung nach dem Schlaganfall auf einer visuellen Analogskala (VAS; 0 = keine Erholung, 100 = vollständige Erholung) einschätzen. Für die statistische Auswertung wurden die Rohwerte der Items innerhalb der Dimensionen aufsummiert und jeweils auf eine Skala von 0 bis 100 transformiert. Abschliessend wurde ein Summenwert über die acht Dimensionen und VAS gebildet, wobei auch hier wieder ein hoher Wert mit einer geringen Einschränkung assoziiert wurde.