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EU und Kroatien – kurze Chronologie

Nachdem Kroatien am 25. Juni 1991 seine Unabhängigkeit verkündete, zögerte die Europäische Gemeinschaft zunächst das Land anzuerkennen. Es dauerte fast sieben Monate bis Kroatien von allen EG Mitgliedstaaten schließlich doch anerkannt wurde.51

Kroatien wollte sich nach der Verkündung der Unabhängigkeit der Europäischen Gemeinschaft annähern, doch aufgrund der militärischen Bedrohung verschoben sich die Prioritäten im Land und das Ziel EG rückte in den Hintergrund.52

Der kroatische Präsident Franjo Tudjman war dem Westen gegenüber eher skeptisch eingestellt und fürchtet eine Vereinigung von Kroatien mit einem anderen Staat. Dies, sein autoritäres Regime und die antidemokratische Tendenz seiner Politik führten zur Abkühlung der Beziehungen von EG und Kroatien.53 Im Jahre 1995 gab es schließlich Verhandlungen über ein Abkommen zur Zusammenarbeit zwischen EU und Kroatien, doch kurz vor dessen Abschluss wurde das Abkommen seitens der EU suspendiert. Der Grund hierfür war die Militäraktion Oluja, die den Zweck hatte, Kroatisches Territorium von den serbischen Militärtruppen wieder zurück zu erobern. Eine Wende in der Beziehung Kroatiens mit der EU brachten die Parlamentswahlen von 2000 und die Wahl von Stjepan Mesic als neuen Staatspräsidenten. Somit hatten die

49Cohen/Lampe, Embracing Democracy in the Western Balkans - From Postconflict Struggles toward European Integration(Washington D.C. 2011) 82.

50 KOM(2004) 257endg.

51 Kusic, Zwischen Euphorie und Ernüchterung: Kroatien auf dem Weg in die EU(Wien 2007) 54, 57.

52 Kusic, Kroatien auf dem Weg in die EU62.

53 Kusic, Kroatien auf dem Weg in die EU67.

20 Tudjman Ära und das autoritäre Regime in Kroatien ein Ende. Das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen zwischen EU und Kroatien konnte 2001 abgeschlossen werden und führte das Land an die EU heran. Zwei Jahre später stellte Kroatien den Beitrittsantrag zur Aufnahme in die EU. Die Beitrittsverhandlungen sollten im März 2005 beginnen und der Beitritt wurde u.a. an die Bedingung geknüpft, dass Kroatien mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien in Den Haag kooperierte.54

Die Stimmung gegenüber der EU war überwiegend positiv. Im Jahr 2000 waren 77,6% der Bevölkerung für einen Beitritt Kroatiens in die EU. Vier Jahre später waren noch immer fast zwei Drittel der Kroaten für einen Beitritt.55 Doch obwohl Kroatien sich bemühte alle Kriterien für den Beitritt zu erfüllen, konnte es den General Ante Gotovina nicht an das Tribunal in Den Haag ausliefern. Die Regierung in Kroatien beteuerte nicht zu wissen, wo der General sich versteckte, doch die Chefanklägerin Carla Del Ponte glaubte dies nicht. Daraufhin wurden die Beitrittsverhandlungen kurzerhand auf unbestimmte Zeit verschoben und die Enttäuschung in der kroatischen Bevölkerung wuchs. Im Jahr 2005 war die Stimmung gegenüber der Europäischen Union bei weitem nicht mehr so gut wie im Jahr 2000. Laut dem „Eurobarometer 64“ hatten nur noch 28% der Bevölkerung eine positive Meinung zur EU.56

Innerhalb der EU herrschte kein Konsens darüber, was „uneingeschränkte Kooperation“ bedeutete. Doch im Oktober 2005 kam dann die plötzliche Wende.

Die Verhandlungen wurden nach der Aussage von Carla del Ponte, Kroatien würde mit dem ICTY kooperieren, wieder aufgenommen und schon bald konnte General Ante Gotovina auf einer der Kanarischen Inseln ergriffen und nach Den

54 KOM(2004) 257endg.

55 KroatischesMinisteriumAussen-undEuropapolitik, Rezultati osmog vala istraživanja stavova građana Hrvatske prema EU http://www.mvep.hr/ei/default.asp?ru=338&gl=200401280000005&sid=&jezik=1 (22.02.2012).

56 EuropeanCommission, Eurobarometer 64 von Dezember 2005

http://www.culturenet.hr/UserDocsImages/korisno%20-%20statistika/EB64.pdf (22.02.2012).

21 Haag ausgeliefert werden.57 Dennoch blieb die Unterstützung für die EU in Kroatien eher niedrig.

In den folgenden Jahren wurden Fortschritte gemacht und Kroatien sollte 2010 der EU beitreten. Doch das Nachbarland Slowenien blockierte die Eröffnung der letzten elf Verhandlungskapitel zehn Monate lang und somit wurde der Beitritt wieder auf unbestimmte Zeit verschoben. Schließlich konnte Kroatien sich doch mit Slowenien einigen und die letzten Kapitel für den Beitritt konnten eröffnet werden. Die letzten Schritte betrafen Reformen in Justiz und Korruptionsbekämpfung. Seit Juni 2011 sind alle Kapitel geschlossen und die Kommission erteilte Kroatien grünes Licht für den Beitritt, doch die Zustimmung zur EU im Land selbst ist seit der Verurteilung von General Ante Gotovina stark gesunken. Laut Eurobarometer 2011 waren nur noch 30% aller Kroaten für einen Beitritt, wohingegen 34% dagegen waren. 47% der Befragten waren der Meinung, dass Kroatien von einer Mitgliedschaft in der EU nicht profitieren werde.58 Am 22. Jänner 2012 fand in Kroatien ein EU-Referendum statt bei welchem 66,27% für einen Beitritt in die Europäische Union und 33,13% der Bevölkerung dagegen waren. Doch mit einer Beteiligung von nur 43,68% ist Kroatien das Land mit der geringsten Beteiligung an einem EU-Referendum. Zu beachten ist allerdings, dass auch Auslandskroaten mitstimmen konnten und gerade ihre Beteiligung am EU-Referendum besonders niedrig war.

Vernachlässigt man die Auslandskroaten, ist die Zahl der Beteiligten am Referendum in Kroatien selbst um einiges höher.59 Der Beitritt zur Europäischen Union wird Mitte 2013 erwartet.60

57 Kusic, Kroatien auf dem Weg in die EU95-100.

58 EuropeanCommission, Eurobarometer 75 von August 2011

http://ec.europa.eu/public_opinion/archives/eb/eb75/eb75_publ_en.pdf (22.02.2012).

59 Drzavno-izborno-povjerenstvo-Republike-Hrvatske, Drzavni Referendum o pristupanju Republike Hrvatske Europskoj uniji von 2012 http://www.izbori.hr/2012Referendum/rezultati/rezultati.html (22.02.2012).

60 EuropäischeKommission, Kroatiens politische Beziehungen mit der EU

http://ec.europa.eu/enlargement/candidate-countries/croatia/relation/index_de.htm (21.02.2012).

22

Teil B

Nachdem die Beziehungen zwischen Kroatien und der Europäischen Union überblicksmäßig dargestellt wurden, wird in den folgenden Kapiteln genauer auf die größten Herausforderungen und Hindernisse des Kroatischen EU-Beitritts eingegangen. Hierbei handelt es sich um drei sehr sensible und kroatienspezifische Probleme, die auch die nationale Identität berühren.

Zum einen handelt es sich um die Korruptionsbekämpfung in Kroatien. Die EU betonte bereits im positiven Avis der Kommission im Jahr 2004, dass Kroatien Antikorruptionsmaßnahmen setzen müsse. Bei dieser Kondition handelt es sich um eine Acquis Kondition, die auch andere Beitrittskandidaten zu erfüllen hatten und haben.

Im Gegensatz zu dieser Voraussetzung für einen Beitritt in die EU, handelt es sich bei der Kriegsverbrecherkondition um eine, die nur die Länder des Westlichen Balkans betrifft. Die Kommission betonte in ihrem Avis aus dem Jahr 2004, dass die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien zu den wesentlichen Elementen des Assoziierungs- und Stabilisierungsabkommen zwischen Kroatien und der EU gehört und aus diesem Grund auch zu den Konditionen für einen EU Beitritt zählt. Solch eine Beitrittsbedingung gab es für andere Mitglieder der EU im Zuge ihrer Beitrittsverhandlungen nicht. Da diese Kondition ein sehr sensibles Thema für Kroatien darstellt und die nationale Identität berührt, war es für den EU Kandidaten nicht einfach, dieses Beitrittskriterium zu erfüllen. Aus diesem Grund wird auch diese Hürde in dieser Arbeit durchleuchtet.

Schlussendlich wird in Punkt 6 auf den Grenzstreit zwischen Kroatien und Slowenien eingegangen. Slowenien blockierte die Beitrittsverhandlungen zwischen Kroatien und der Europäischen Union monatelang. Bei diesem neuen, erst 2008 relevant gewordenem Kriterium, handelt es sich um keine Acquis

23 Kondition. Slowenien nutzte ihren Vorteil als EU-Mitgliedsstaat insofern aus, indem es die Beitrittsverhandlungen mit Kroatien blockierte um eigene Interessen durchzusetzen. Aus diesem Grund wird auch dieses Beitrittskriterium in dieser Arbeit thematisiert.

4 Korruption

Im Jahr 2004 stellte die Kommission in einem positiven Avis zu Kroatiens Beitrittsantrag fest, dass das Land über solide demokratische Institutionen verfüge. Jedoch bestand in einigen Punkten auch Verbesserungsbedarf. Diese waren unter anderem die Bekämpfung der Korruption und eine Lösung bei der Kriegsverbrecherproblematik. Ebenfalls zählte die Kommission der Europäischen Union die Zusammenarbeit Kroatiens mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien zu den Konditionen, die umzusetzen waren. Diese Prioritäten müsse Kroatien vor einem EU-Beitritt erfüllen.61

Die Bekämpfung der Korruption in Kroatien ist sehr wichtig für die ganze EU.

Korruption ist in allen EU-Ländern vorhanden, doch unterscheidet sie sich in Art und Umfang von Land zu Land. Korrupte Handlungen führen zu geringeren Investitionen, behindert das Funktionieren des Binnenmarkts und schmälern die öffentlichen Finanzen. Sie verursachen einen großen finanziellen Schaden, der geschätzt 120 Milliarden Euro jährlich beträgt. Wird nichts gegen Korruption unternommen, besteht die Gefahr, dass das Vertrauen in die demokratischen Einrichtungen schwindet und die Rechenschaftspflicht der politischen Führer abgeschwächt wird.62

Seit dem positiven Avis der Kommission im Jahr 2004 wurden jährlich Fortschrittsberichte der Europäischen Kommission veröffentlicht, in denen

61 KOM(2004) 257endg.

62 Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss über die Korruptionsbekämpfung in der EU, KOM(2011)308 endgültig vom 06.06.2011.

24 Kroatiens Fortschritte bei der Umsetzung der Beitrittskriterien dokumentiert wurden.63 Neben den Fortschrittsberichten erschienen jährlich auch Dokumente der Kommission an das Europäische Parlament und an den Rat über die weitere Erweiterungsstrategie und die Herausforderungen für das folgende Jahr. In beiden Dokumenten wurde immer wieder betont, wie wichtig die Korruptionsbekämpfung sei.64 Vor allem nach dem Beitritt Bulgariens und Rumäniens erkannte die Europäische Union, dass schwierige Themen wie die Justizreform und Antikorruptionsmaßnahmen frühzeitig in Angriff genommen werden müssen.65 Selbst fünf Jahre nach dem EU-Beitritt von Bulgarien und Rumänien lässt die Korruptionsbekämpfung in beiden Ländern zu wünschen übrig.66

Im Oktober 2011 forderte die Kommission in ihrer positiven Stellungnahme zum Antrag Kroatiens auf den Beitritt zur Europäischen Union das Land auf, seine Anstrengungen bei der Anpassung an den Besitzstand der EU weiterhin zu stärken und insbesondere in den Bereichen der Justiz, der Korruptionsbekämpfung und der Grundrechte seine Verpflichtungen einzuhalten und weitere Fortschritte zu erzielen.67

63 Fortschrittsbericht Kroatien 2011, SEC(2011) 1200 final vom 12.10.2011.

64 Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über die Erweiterungsstrategie und wichtigsten Herausforderungen 2011-2012, KOM(2011) 666 endgültig vom 12.10.2011.

65 Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat zur Erweiterungsstrategie und den wichtigsten Herausforderungen für den Zeitraum 2006 - 2007, Kom(2006) 649 endgültig vom 08.11.2006.

66 DiePresse.com, Viel zu korrupt: Die EU rügt Bulgarien und Rumänien von 20.07.2011

http://diepresse.com/home/politik/eu/679625/Viel-zu-korrupt_Die-EU-ruegt-Bulgarien-und-Rumaenien (11.06.2012).

67 Stellungnahme der Kommission zum Antrag der Republik Kroatien auf den Beitritt zur Europäischen Union, KOM(2011) 667 endgültig vom 12.10.2011.

25 4.1 Definition

Korruption ist der Missbrauch von anvertrauter Macht zum privaten Nutzen. Dies ist die Definition von Transparency International, einer weltweit agierenden nichtstaatlichen Organisation, die sich in der Korruptionsbekämpfung engagiert.

Transparency International erhebt jährlich in über 100 Ländern den CPI, Corruption Perceptions Index, den Korruptionswahrnehmungsindex. Er konzentriert sich auf die Wahrnehmung der Korruption im öffentlichen Sektor durch Amtsträger, Beamte oder Politiker. Hauptsächlich werden zur Bestimmung der Indexe Zahlungen von Schmiergeldern, Bestechungen von Amtsträgern und Unterschlagungen öffentlicher Gelder beobachtet.

Der Korruptionswahrnehmungsindex setzt sich aus verschiedenen Umfragen und Untersuchungen zusammen, die die Wahrnehmung von Korruption durch die Bevölkerung angeben.

Gemäß dem CPI von 2011 liegt Kroatien mit einem Wert von 4,0 auf Platz 66. Die am wenigsten korrupten Länder sind Neuseeland, Dänemark, Finnland und

Abbildung 2: Abbildung Corruption Perceptions Index 2011 von Transparency International

26 Schweden mit Werten zwischen 9,3 und 9,5. Zu den korruptesten Ländern zählen Somalia, Nordkorea oder Afghanistan. Die EU Länder bewegen sich zwischen den Plätzen zwei und 86, der von Bulgarien besetzt wird. Österreich befindet sich mit Platz 16 im obersten Viertel der EU Mitgliedsstaaten.68

In Kroatien fallen folgende Delikte unter den Begriff der Korruption: das Geben und Erhalten von Bestechungsgeldern, illegale Vermittlung, Amtsmissbrauch, Missbrauch der Stellung und Abschluss eines schädlichen Vertrages, Offenlegung von Amtsgeheimnissen und Offenlegung und unberechtigter Zugriff zu Amtsgeheimnissen.69

68 TransparencyInternational, Corruption Perceptions Index 2011

http://cpi.transparency.org/cpi2011/in_detail/#myAnchor3 (26.01.2012).

69 Vasiljevic/Bajo/Cestar, National Integrity System Study

http://www.transparency.hr/dokumenti/tekstovi/NATIONAL_INTEGRITY_SYSTEM_STUDY.pdf (29.02.1012).

27 4.2 Wieso ist in Kroatien die Korruption ein so großes Problem?

Zuerst soll anhand einiger prominenter Fälle die Korruptionsproblematik in Kroatien veranschaulicht werden. Im Folgenden wird versucht, sowohl die Ursachen als auch die Folgen von Korruption zu erläutern.

Einer der wohl prominentesten Korruptionsfälle in Kroatien ist der des ehemaligen Premierministers Ivo Sanader. Er ist ein kroatischer Politiker, der nach dem Tod des Präsidenten Franjo Tudjman zum Vorsitzenden der Partei HDZ, Kroatische Demokratische Union, gewählt wurde. Von 2003 bis 2009 war er Kroatiens Premierminister und wollte das Land in die NATO und in die EU bringen.70 Im Jahr 2009 gab er plötzlich und ohne Bekanntgabe von Gründen seinen Rücktritt als Premierminister und Parteivorsitzender der HDZ bekannt.71 Aufgrund von Korruptionsvorwürfen und Untersuchungen von USKOK (Ured za suzbijanje korupcije i organiziranog kriminaliteta), einer Behörde zur Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität, wurde seine politische Immunität Ende 2009 aufgehoben, woraufhin er Kroatien verließ. Er konnte jedoch bald darauf in Österreich festgenommen werden.72

In Zagreb laufen aktuell mehrere Prozesse gegen den früheren Premier. Ihm wird vorgeworfen Anfang der 1990iger Provisionen über eine halbe Million Euro von der Kärntner Hypo Bank erhalten zu haben. Ebenso soll er Bestechungsgelder in Höhe von 10 Millionen Euro vom ungarischen Erdölkonzern MOL bekommen haben.73 Eine weitere Anklage betrifft illegale Geldtransfers aus staatlichen

70 biografije.org, Ivo Sanader http://www.biografije.org/sanader.htm (03.02.2012).

71 Cohen/Lampe, Embracing Democracy in the Western Balkans148.

72 DiePresse, Kroatiens Ex-Premier in Österreich verhaftet von 10.12.2010

http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/617228/Kroatiens-ExPremier-Sanader-in-Oesterreich-verhaftet?_vl_backlink=/home/index.do (03.02.2012).

73 DiePresse, Sanader: Zwei Korruptionsprozesse auf einen Streich von 08.11.2011

http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/706948/Sanader_Zwei-Korruptionsprozesse-auf-einen-Streich?from=simarchiv (03.02.2012).

28 Firmen durch fiktive Aufträge.74 Seit Dezember 2011, nachdem die höchste bisher in Kroatien gezahlte Kaution von 1,6 Millionen Euro bezahlt wurde, befindet sich Ivo Sanader nicht mehr in Untersuchungshaft.75

Korruption kommt in Kroatien leider in noch vielen anderen Bereichen vor.

Daher ist es von Bedeutung, dass in den Medien davon berichtet wird. Doch gerade dies stellt in Kroatien ein großes Problem dar. Journalisten, die über Korruptionsfälle berichten, begeben sich oft in große Gefahr.76 So zum Beispiel der Journalist und Zeitungsherausgeber Ivo Pukanić. Er berichtete im Jahr 2001 unter Anderem in einer Artikelreihe über Zigarettenschmuggel auf dem Balkan und wurde daraufhin in Zagreb ermordet.77 Pukanić scheute nicht davor, kritisch über Kriminelle und auch Politiker, die mit korrupten Handlungen in Verbindung gebracht werden konnten, zu berichten.78

Doch er ist leider nicht der einzige, der sich durch seine Berichte in Gefahr begab.

Hrvoje Appelt, der sich für Medienfreiheit einsetzt und viel über Korruptionsfälle informierte, wie zum Beispiel die Hypo Alpe Adria Affäre und Ivo Sanader, wurde selbst Opfer von Morddrohungen und erhielt des Öfteren Polizeischutz.79 Laut Appelt sind mehr als 90% aller Angriffe auf Journalisten nicht aufgeklärt und in 99% der Fälle wird keine Anklage erhoben.80 Kroatischen Journalisten wird immer häufiger Geld geboten, damit sie nicht über Korruptionsfälle berichten.81

74 DerStandard, Sanader aus U-Haft entlassen von 16.12.2011

http://derstandard.at/1323916652793/Sanader-aus-U-Haft-entlassen (03.02.2012).

75 DerStandard, Sanader kommt auf Kaution frei von 07.12.2011

http://derstandard.at/1323222424713/Sanader-kommt-auf-Kaution-frei (03.02.2012).

76 Cohen/Lampe, Embracing Democracy in the Western Balkans207.

77 KleineZeitung, Pukanic-Mord: Erinnerung an die "montenegrinische Episode" von 24.10.2008 http://www.kleinezeitung.at/nachrichten/chronik/1596933/index.do (09.02.2012).

78 Index.hr, Economist: Posljednja ubojstva pokazala da je Hrvatska i dalje balkanska zemlja von 31.10.2008 http://www.index.hr/vijesti/clanak/economist-posljednja-ubojstva-pokazala-da-je-hrvatska-i-dalje-balkanska-zemlja/407942.aspx (11.06.2012).

79 VolksgruppenORF, Journalist mit Bombenattrappe bedroht von 25.11.2008 http://volksgruppen.orf.at/kroatenungarn/aktuell/stories/92940 (09.02.2012).

80 Appelt, Napadi na novinare http://www.appeltreport.com/hr/appeltreport-com-nagrada-100-000-kuna/www-napadi-na-novinare-com/ (09.02.2012).

81 tportal.hr, "Novinarima se sve cesce nudi novac da ne pisu o korupciji" von 24.01.2012

http://www.tportal.hr/vijesti/hrvatska/172322/Novinarima-se-sve-cesce-nudi-novac-da-ne-pisu-o-korupciji.html (09.02.2012).

29 Auch auf den kroatischen Universitäten ist Korruption kein Fremdbegriff. Im Jahr 2008 wurden im Zuge der Aktion „Indeks“ 105 Personen festgenommen, darunter hauptsächlich Professoren. Studenten bezahlten für Prüfungen bis zu 2000 Euro. Einschreibungen auf Universitäten kosteten sogar bis zu 9000 Euro.82 Reiche Studenten kauften sich guten Noten, Studenten aus ärmeren sozialen Verhältnissen sollten lernen. Die höchsten Strafen gegen Professoren betrugen bis zu 34 Monate Haft.83

Diese Liste von Korruptionsfällen in Kroatien könnte man beliebig fortsetzen.

Täglich werden auf der Homepage von USKOK neue Fälle von Korruption bekanntgegeben.

Im Jahr 2010 wurden von UNODC, United Nations Office on Drugs and Crime, mehrere Umfragen über die Erfahrungen der Kroatischen Bevölkerung mit Korruption durchgeführt. 11,2% der Befragten gaben an, mindestens einmal in den letzten 12 Monaten eine Person im öffentlichen Sektor bestochen zu haben.

In fast 45% der Fälle wird Geld gegeben, in 37% Nahrungsmittel.

Durchschnittlich werden zwischen 100 und 280 Euro gegeben, in 3% der Korruptionsfälle sogar bis zu 1300 Euro. Am häufigsten, werden Ärzte bestochen, an zweiter Stelle sind Krankenschwestern, gefolgt von Polizisten. 35% aller Befragten gaben an, Personen im öffentlichen Sektor deshalb zu bestechen, damit die jeweiligen Vorgänge beschleunigt werden. Andere Gründe sind, sich eine bessere Behandlung zu sichern oder zusätzlichen Problemen zu entgehen. Bei 16% der Befragten ist der Grund für korruptes Handeln der, einer Strafe zu entgehen und 14% erhoffen sich eine Information. 26% aller Befragten würden Korruption nicht anzeigen, da sie Vorteile durch diese erfahren. 24% gaben an, die Bestechung sei nur ein Zeichen von Dankbarkeit gewesen und 23% sehen in

82 index.hr, Akcija Index: Studenti priznaju, policija ih pusta von 18.09.2008

http://www.index.hr/vijesti/clanak/akcija-index-studenti-priznaju-policija-ih-pusta-90-zaplijenjenih-indeksa/402584.aspx (09.02.2012).

83 JutarnjiList, Finale za USKOK-ove akcije Index: Zatvor za osam profesora Pormetnog fakulteta von 30.01.2012

http://www.jutarnji.hr/afera-index--zatvor-za-osam-profesora-prometnog-fakulteta/1003296/ (09.02.2012).

30 einer Anzeige keinen Sinn weil sich keiner damit auseinandersetzen würde. Fast 5% aller Befragten würden korruptes Handeln aus Angst vor Rache nicht anzeigen und 3% wissen nicht einmal, wo sie Korruption melden sollen.84

Im Folgenden wird versucht die Ursachen und Folgen für Korruption in Kroatien zu erläutern. Dies ist jedoch sehr schwierig, da die Beteiligten alles daran setzen, ihr Handeln zu verbergen.

Es gibt viele verschiedene Ursachen für korruptes Handeln, welches in allen Lebensbereichen und auf der ganzen Welt vorkommt. Zu den grundlegenden Ursachen zählen im Allgemeinen vor allem die Abwesenheit von Gesetzen und das Fehlen von Institutionen, die Kontrollen ausüben können. In Kroatien sind zwar die Gesetze mittlerweile größtenteils gegeben, doch müssen die Rechtsvorschriften noch vollständig in die Praxis umgesetzt werden.85 Die Gesetze werden oft unpräzise formuliert oder sie werden nicht ordnungsgemäß angewendet.86

Seit dem Jahr 2000 existiert USKOK, eine Behörde zur Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität in Kroatien. Es wurden auch weitere USKOK-Behörden bei der Kriminalpolizei und im Justizwesen erschaffen. Für weitere Ausführungen wird an dieser Stelle auf Kapitel 4.4 verwiesen.

Gemäß dem Fortschrittsbericht der EU von 2011 ist es wichtig, dass in Kroatien die Wahlkommissionen noch gestärkt werden, um die Finanzierung politischer Parteien und Wahlkampagnen besser zu kontrollieren. Der Zugang zu Informationen muss gewährleistet sein und vor allem muss Korruption auf hohen

84 UNODC, Korupcija u Hrvatskoj: Stvarna korupcijska iskustva gradjana.

85 SEC(2011) 1200 final.

86 Vasiljevic/Bajo/Cestar, National Integrity System Study

86 Vasiljevic/Bajo/Cestar, National Integrity System Study