3 Diskussion
3.1 Rca1 – vom Inhibitor zum Substrat des APC Fzr
3.2.1 Die Etablierung des Messsystems
3.2.1.1 Auf den Abbau Einfluss-‐nehmende Faktoren
Für die Untersuchung des Rca1-‐Abbaus in der G1-‐Phase wurden Schneiderzellen tran-‐
sient mit Plasmiden transfiziert. Die Expression der auf den Plasmiden kodierten Prote-‐
ine wurde über einen Metallothionein-‐Promotor induziert. Die Ermittlung der Abbause-‐
quenz erfolgte mit Hilfe von live-‐cell-‐imaging-‐Aufnahmen und der Durchflusszytomet-‐
rie. Dazu wurde neben dem GFP-‐ oder Cherry-‐epitopmarkierten Rca1 ein Kontrollpro-‐
tein co-‐exprimiert. Das verwendete Rca1-‐Derivat wurde entweder mit einem N-‐terminalen HA-‐NLS-‐GFP oder einem C-‐terminalen GFP fusioniert. Während die N-‐terminale GFP-‐Fusion keinen Einfluss auf die Aktivität von Rca1 besitzt, scheint die C-‐terminale Epitopmarkierung einen negativen Einfluss auf die Aktivität auszuüben (Abb. 2.29 C). Aller Wahrscheinlichkeit nach behindert das relativ große GFP-‐Protein am C-‐terminalen Ende Rca1 in seiner Funktion. Aus den Studien der Rca1-‐Funktionalität ist bekannt, dass eine C-‐terminale Deletion um sieben Aminosäuren ausreichend ist, um Rca1 vollständig zu inaktivieren (Abb. 2.48 d). Im humanen Ortholog Emi1 ist der RL-‐Tail mit den beiden Aminosäuren Arginin-‐Leucin (RL) am C-‐Terminus für die Inhi-‐
bierung des APC/C-‐Komplexes verantwortlich. Auch in Rca1 ist der RL-‐Tail hoch kon-‐
serviert und könnte eine ähnliche Funktion besitzen. Ein GFP am C-‐Terminus blockiert wahrscheinlich diesen RL-‐Tail, was der Grund für die Inaktivierung von Rca1 sein dürf-‐
te. Eine N-‐terminale GFP-‐Epitopmarkierung hingegen kann keinen oder zumindest nur einen geringen Einfluss nehmen. Interessanterweise zeigten einfache N-‐ bzw. C-‐ter-‐
minale Cherry-‐Epitope ähnliche Effekte. N-‐terminales Cherry-‐Rca1 ist aktiv, C-‐termina-‐
les Rca1-‐Cherry genauso wie Rca1-‐GFP inaktiv (Abb. 2.30). Während die Rca1-‐Aktivität stark von der Fusion des Fluorochroms beeinflusst wird, zeigt eine einfache Cherry-‐
oder GFP-‐Epitopmarkierung eine geringe Einflussnahme auf die G1-‐Stabilität. Während für ein N-‐ und C-‐terminales Cherry-‐Epitop kein signifikanter Unterschied im Abbauver-‐
halten festgestellt werden konnte, wird Rca1-‐GFP etwas langsamer als HA-‐NLS-‐GFP-‐
Rca1 in G1 abgebaut (Abb. 2.29). Aus der Literatur ist bekannt, dass Epitopmarkierun-‐
gen häufig einen Einfluss auf die Stabilität ausüben können. Auch die Anzahl an Epitop-‐
markierungen kann dabei eine Rolle spielen. Ein 3xCherry-‐ und auch ein 3xGFP-‐
Fluorochrom an Geminin_Del-‐102-‐192 führte sowohl bei einer N-‐terminalen wie auch bei einer C-‐terminalen Fusion zu einer vollständigen Stabilisierung des Proteins (Ka-‐
wall, 2011). Auch bei 3xCherry-‐Rca1 trat eine Stabilisierung auf, während Rca1-‐
3xCherry noch abgebaut werden konnte (Abb. 2.30). Wie aus den verschiedenen Epitopmarkierungen ersichtlich wird, ist für die Untersuchung der Rca1-‐Stabilität eine einheitliche Verwendung eines Epitops zwingend erforderlich, um eine Aussage treffen zu können. Da eine N-‐terminale Epitopmarkierung weder Aktivität noch Stabilität von Rca1 erkennbar beeinflusste, wurde in den Untersuchungen einheitlich die N-‐terminale HA-‐NLS-‐GFP-‐Epitopmarkierung verwendet.
Rca1 besitzt im N-‐terminalen Bereich eine NLS-‐Sequenz, die dazu führt, dass Rca1 zu Beginn der G1-‐Phase in den Zellkern aufgenommen wird. Im Verlauf der G1-‐Phase ist Rca1 einem Abbau unterworfen und wird im Zellkern abgebaut. Die Untersuchung eines GFP-‐Rca1-‐Derivates mit deletierter NLS-‐Sequenz führte zu einer Gleichverteilung von Rca1 im Zytoplasma und im Kern. Durch die anteilige zytoplasmatische Lokalisierung weist Rca1 im Vergleich zu vorgeschaltetem HA-‐NLS-‐GFP einen deutlich schlechteren Abbau in der G1-‐Phase auf (Abb. 2.34 B). Vermutlich findet der Abbau von Rca1 größ-‐
tenteils im Kern statt und nur geringfügig im Zytoplasma. Aus diesem Grund wurde vorsorglich eine NLS-‐Sequenz vor das Fluorochrom fusioniert, um den Abbau aller Rca1-‐Derivate einheitlich im Zellkern untersuchen zu können. Das ebenfalls vorhandene HA-‐Epitop besitzt für die Untersuchung der G1-‐Stabilität im Durchflusszytometer und im live-‐cell-‐imaging keine primäre Funktion, es wurde aber in Experimenten zur Rca1-‐
Stabilität nach 4xFlag-‐Fzr-‐Überexpression für die Detektion von Rca1 im Westernblot benötigt (Abb. 2.16).
Bei den Untersuchungen der HA-‐NLS-‐GFP-‐Rca1-‐Deletionen auf ihre G1-‐Stabilität wurde anfänglich eine Linker-‐Sequenz zwischen GFP und Rca1 verwendet. Der Linker soll dem Fluorochrom in seiner Struktur etwas mehr Beweglichkeit verleihen, so dass Rca1 in seiner Funktion weniger eingeschränkt ist. Es stellte sich jedoch heraus, dass der Linker destabilisierend wirkte, was zu einem Zellzyklus-‐unabhängigen Abbau von Rca1 führte.
Untersuchungen der Kontrolle HA-‐NLS-‐GFP-‐(linker) zeigten bei diesem an sich stabilen Protein eine Zellzyklus-‐unabhängige Instabilität (Abb. 2.32 A, b). Ohne Linker konnte die HA-‐NLS-‐GFP-‐Kontrolle gut detektiert werden (Abb. 2.32 B), so dass die Instabilität eindeutig auf den Linker zurückzuführen war.
Eine genaue Sequenzanalyse ergab für die 21 Aminosäuren lange Sequenz keine beson-‐
deren Auffälligkeiten bezüglich der Zusammensetzung auf basische-‐, saure oder aroma-‐
tische Aminosäuren. Die Sequenz beinhaltete jedoch ein R-‐x-‐x-‐L-‐Motiv, eine Erken-‐
nungssequenz für den APC/C-‐vermittelten Abbau (Abb. 2.31). Zwar kann durch dieses Motiv die Instabilität in der G1-‐Phase erklärt werden, die generelle Instabilität von Rca1, die durch den Linker hervorgerufen wird, bleibt jedoch weiterhin ungeklärt.
In den weiteren Experimenten wurde deshalb eine N-‐terminale HA-‐NLS-‐GFP-‐Fusion an das Rca1-‐Derivat verwendet, das außer einem Glycin (G) und Serin (S) – resultierend aus der verwendeten BamHI-‐Schnittstelle – keinen weiteren Linker zwischen GFP und Rca1-‐Derivat besitzt. Zusätzlich gewährleistet die NLS-‐Sequenz die Aufnahme des Rca1-‐
Derivates in den Zellkern.
3.2.1.2 Etablierung der Methoden
Die Untersuchung des Rca1-‐Abbaus sollte in zwei voneinander unabhängigen Methoden erfolgen. Im live-‐cell-‐imaging wurden transfizierte Schneiderzellen unter dem Mikro-‐
skop über 48 h live verfolgt und in Abbaukurven der Verlauf der Fluoreszenzintensität von GFP-‐ oder Cherry-‐markierten Rca1-‐Proteinen in einer Zelle dargestellt. Die Abbau-‐
kurven von 10 unabhängigen Zellen eines Rca1-‐Derivats wurden in einer Kurve zu-‐
sammengefasst, welche die Abbaukinetik eines Rca1-‐Derivates in der G1-‐Phase darstellt (Abb. 2.3 und 2.4).
In einer zweiten Methode wurden im Durchflusszytometer die Zellzyklusprofile der GFP-‐ und Cherry-‐transfizierten Schneiderzellen sowie der untransfizierten Zellen be-‐
stimmt (Abb. 2.25 B und C). Sollte der Rca1-‐Abbau eines GFP-‐epitopmarkierten Rca1-‐
Derivats untersucht werden, wurde HA-‐NES-‐3xCherry als stabile Kontrolle verwendet.
Aus den Durchflusszytometriemessungen ergab sich für ein stabiles HA-‐NLS-‐GFP eine relative G1-‐Stabilität von 1,0 (Abb. 2.25 E) und für das C-‐terminale Rca1-‐GFP-‐
Fusionsprotein ein Wert von 0,35 (Abb. 2.26 D). Je schneller ein Protein in der G1-‐Phase abgebaut wird, desto weniger Zellen werden im Durchflusszytometer im Vergleich zum Kontrollprotein detektiert. Aus diesem Grund liegt der Wert von HA-‐NLS-‐CyclinB_Del-‐
286-‐530-‐2xGFP mit 0,14 (Abb. 2.27 D) auch unterhalb von Rca1-‐GFP, da es deutlich schneller abgebaut wird (Abb. 2.7).
Beide Methoden, die Berechnung der G1-‐Stabilität aus den Daten der Durchflusszyto-‐
metrie und die Ermittlung der Abbaukinetik in Abbaukurven aus live-‐cell-‐imaging-‐
Aufnahmen, ergeben ähnliche Stabilitätswerte für die jeweiligen Rca1-‐Derivate. Um die Werte beider Methoden vergleichen zu können, wurde in den Abbaukurven der Zeit-‐
punkt t=200 min nach Beginn der Anaphase als Referenzpunkt gewählt. Zu dieser Zeit ist der Abbau von Rca1 nahezu abgeschlossen und die meisten Zellen sollten sich noch in der G1-‐Phase befinden. Mit diesen Berechnungen wurden für das stabile Kontrollpro-‐
tein HA-‐NLS-‐GFP die Werte Durchflusszytometer/Abbaukurve von 0,99/0,99 erhalten, während für das in der G1-‐Phase instabile Rca1-‐GFP die Werte 0,35/0,37 erhalten wur-‐
den (Abb. 2.29).
Aus früheren Studien ist bekannt, dass die Überexpression eines aktiven Rca1 einen G1-‐
S-‐Phase-‐Übergang induzieren kann, so dass die Zellen sehr kurz in der G1-‐Phase verwei-‐
len oder direkt in die S-‐Phase eintreten. In den Abbaukurven wurde hingegen mithilfe des Kontrollplasmids auf Zellen selektioniert, die sich in der G1-‐Phase befanden. Dieser Nachweis erfolgte für ein GFP-‐Rca1-‐Derivat über ein co-‐transfiziertes, inaktives und
abbaubares Rca1-‐3xCherry. Nahm nach der Zellteilung die Signalintensität von Rca1-‐
3xCherry bis zum „normalen“ Level ab, konnten die Zellen eine G1-‐Phase etablieren und auch über einen ausreichend langen Zeitraum aufrechterhalten, so dass der Abbau des GFP-‐Rca1-‐Derivats in den Abbaukurven bestimmt werden konnte. Im Durchflusszyto-‐
meter hingegen wird der DNA-‐Gehalt aller Zellen bestimmt. Da die Überexpression eines aktiven Rca1 neben einer Verkürzung der G1-‐Phase auch den direkten Eintritt in die S-‐Phase zur Folge haben kann (unveröffentlichte Daten), wird Rca1 in einigen Fällen nicht mehr abgebaut und das Verhältnis von GFP zu Cherry verringert sich. So ergibt sich zum Beispiel für das aktive HA-‐NLS-‐GFP-‐Rca1 ein Wert von 0,66 im Vergleich zum Wert von 0,22 aus den Abbaukurven. Die Veränderung des Zellzyklusprofils durch den G1-‐S-‐induzierenden Effekt von Rca1 führte zu kleinen G1-‐Populationen, bei denen der G1-‐Abbau von Rca1 in Zellzyklusprofilen des Durchflusszytometers nicht mehr verläss-‐
lich bestimmt werden konnte. Allerdings konnte durch das Zellzyklusprofil die Aktivität der verschiedenen Rca1-‐Derivate quantifiziert werden, mit der ein G1-‐S-‐Phase-‐
Übergang induziert wurde.
So ergab sich für das aktive HA-‐NLS-‐GFP-‐Rca1 der Wert 4,31 (Abb. 2.28 C), während der Wert eines inaktiven HA-‐NLS-‐GFP bei 1,72 liegt (Abb. 2.28 B). Die relative Rca1-‐
Funktionalität ergibt sich aus der Normierung durch das aktivste Rca1, HA-‐NLS-‐GFP-‐
Rca1. Je geringer der Wert ist, desto weniger aktiv ist das zu untersuchende Rca1-‐
Derivat. Ein Wert von 0,40 (1,72/4,31) entspricht einem vollständig inaktiven Protein (Abb. 2.28 D). Wird anhand dieser zweiten Formel eine Aktivität bei einem Rca1-‐Derivat festgestellt, führt das zwangsläufig zu einer Abweichung des ursprünglichen Wertes für die G1-‐Stabilität und die Messungen im Durchflusszytometer können nicht für die Be-‐
stimmung des Rca1-‐Abbaus herangezogen werden. In diesem Fall wurde auf die Werte der Abbaukurven zurückgegriffen.
Da das HA-‐NLS-‐GFP vor allen Rca1-‐Derivaten identisch ist, wird es in Zukunft mit *Rca1 abgekürzt.