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3.2 Der Festkörperlaser als Werkzeug

3.2.4 Erzeugung kurzer Pulse

Nach Abbildung 3-3 rechts entspricht die Fläche unter dem zeitlichen Pulsprofil der Pulsenergie Q, während die maximale Höhe der Kurve die Pulsspitzenleistung PPk definiert.

Erzeugt man nun kürzere Pulse, so staucht sich das zeitliche Pulsprofil zusammen und steigt in die Höhe. Somit lassen sich mit Hilfe von kurzen Pulsen extrem hohe Leistungsspitzen erreichen, ohne die durchschnittliche Laserleistung anzuheben. Berücksichtigt man darüber hinaus die Tatsache, dass die bei verschiedenen Pulsdauern zur Verfügung stehende Pulsenergie bei kürzeren Pulsen um Größenordnungen geringer ist (im Bereich von J für High-Power-Laser verglichen mit µJ für die sogenannten „ultraschnellen“ Pico- und Femtosekundenlaser), reduziert sich darüber hinaus der Gesamtenergieeintrag in das zu bearbeitende Material, was aufgrund der kürzeren Einwirkzeit und der dadurch geringeren Wärmediffusion generell zu einer kleineren wärmegeschädigten Zone20 führt. Während für thermische Prozesse, wie beispielsweise dem Löten und Schweißen, eine lange Einwirkzeit mit relativ niedrigen Leistungsdichten zur Vermeidung von zu starker Erhitzung und damit der Ablation des zu bearbeitenden Materials benötigt wird, steigt die Prozessgüte beim Ablatieren und Strukturieren mit zunehmender Leistungsdichte und damit abnehmender Pulslänge (siehe Kapitel 3.4). Durch entsprechend hohe Leistungsdichte ist es möglich, das Material innerhalb kürzester Zeit bis zum Siedepunkt und darüber zu erhitzen und damit einen Abtrag bzw. eine Sublimation zu erreichen. Somit führen die kurzen Einwirkzeiten zu einem geringeren thermischen Energieeintrag in das darunter liegende Material und dadurch zu einer minimalen Schädigung des nicht bearbeiteten Bereichs.

Pulse im Mikrosekundenbereich

Die Erzeugung von kurzen Pulsen ist auf mehreren Wegen möglich. Die naheliegendste Lösung ist das direkte Pulsen des zum Pumpen des aktiven Mediums verwendeten Lichtes.

Dies kann zum Beispiel über Xenon-Blitzlampen erfolgen, welche kurzzeitig hohe optische Strahlungsleistungen erbringen können. Aufgrund der oben erwähnten Probleme mit Alterungseffekten von Pumplampen werden heutzutage verstärkt Halbleiterlaserdioden zum Pumpen von Festkörperlasern eingesetzt. Sie emittieren das Laserlicht zunächst kontinuierlich im Dauerstrichbetrieb. Ein gepulster Betrieb lässt sich hier nur durch eine Regelung des Pumpstroms erreichen. Da hierzu jedoch hohe Ströme elektronisch geregelt werden müssen, sind die minimal mögliche Pulslänge und damit die maximal mögliche

18 Aus der englischen Bezeichnung „Second / Third / Fourth Harmonic Generation“, frei übersetzt mit Frequenzverdopplung / -verdreifachung / -vervierfachung

19 Die am häufigsten verwendeten Kristalle sind Kaliumhydrogenphosphat (KDP), Beta-Bariumborat (BBO), Lithiumtriborat (LBO) und Lithiumniobat (LiNbO3)

20 Im Englischen als Heat Affected Zone“ HAZ, übersetzt wärmebeeinflusste Zone bezeichnet.

Repetitionsrate limitiert und liegen im Bereich der minimal möglichen Schaltzeit für die Pumpquelle (siehe Abbildung 3-9 links). Mit beiden Methoden lassen sich darum nur Pulse im Mikrosekundenbereich erzeugen, was für die meisten Anwendungen in der Mikromaterialbearbeitung noch deutlich zu lang ist.

Pulse im Nanosekundenbereich

Will man kürzere Pulse im Nanosekundenbereich erzeugen, wie sie für Ablations- und Strukturierungsprozesse verwendet werden, bedient man sich der Güteschaltung des Resonators (Q-Switch21). Bei diesem Verfahren wird die Resonatorgüte variiert, weshalb mit einem Q-Switch ausgerüstete gepulste Laser auch gütegeschaltete Laser genannt werden.

Mit Hilfe des Güteschalters wird der Laserstrahl im Resonator daran gehindert, durch Reflektionen am End- und Auskoppelspiegel das aktive Medium zu passieren und dadurch die stimulierte Emission einzuleiten. Aufgrund des andauernden Pumpvorgangs wird während dieser Phase der reduzierten Resonatorgüte das obere Laserniveau maximal besetzt. Wird nun durch Ermöglichung der Reflektion an den Spiegeln die Güte des Resonators wieder erhöht, entlädt sich der Resonator innerhalb kurzer Zeit in einem energiereichen Puls (siehe Abbildung 3-9 rechts). Aufgrund der kurzen Pulse und vor allem der hohen Repetitionsraten, welche sich mit den Güteschaltern erzielen lassen, wird das aktive Medium kontinuierlich gepumpt.

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Puls

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Puls

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Abbildung 3-9: Darstellung der Mechanismen zur Erzeugung eines Pulsbetriebs. Links ist das Pulsen der Pumpquelle zu sehen, rechts die Güteschaltung (Q-Switch).

Als Güteschalter können verschiedene Schalter verwendet werden ([66], [67]):

− Die einfachste Lösung ist ein mechanischer Schalter, bestehend zum Beispiel aus einem Drehprisma oder einer Lochscheibe. Diese Systeme haben jedoch den Nachteil, dass sie nur langsam schalten können und darum keine hohen Repetitionsraten und Pulsenergien ermöglichen.

− Schnelle Schaltvorgänge sind mit Hilfe eines elektrooptischen Schalters (EOS oder elektrooptischer Modulator EOM) möglich [43]. Hierzu wird üblicherweise eine Pockels- oder Kerrzelle verwendet, welche bei angelegter Spannung doppelbrechend wird. Mit Hilfe eines zusätzlichen polarisierenden Elements kann man sich diese Eigenschaft zu Nutze machen, um das am End- oder Auskoppelspiegel reflektierte Licht mit sich selbst

21 aus dem englischen „Quality-Switch“, übersetzt Güteschalter; gemeint ist damit die Resonatorgüte

zu interferieren und damit zu verstärken oder auszulöschen. Aufgrund der hohen Spannungen, welche an einer Pockelszelle innerhalb kurzer Zeiten geschaltet werden müssen, steigen hier bei hohen Pulsrepetitionsraten die technologischen Probleme.

− Alternativ kann ein akustooptischer Modulator (AOM, auch Braggzellen genannt) eingesetzt werden, welcher statt Polarisation nach dem Prinzip der Beugung und dem photoelastischen Effekt funktioniert [43]. Er besteht aus einem durchsichtigen Festkörper (häufig Gläser oder Kristalle, z.B. LiNbO3 oder PbMoO4), an dem zur Erzeugung von Schallwellen ein Piezoelement sowie am anderen Ende ein Schallabsorber zur Vermeidung von stehenden Wellen angebracht ist. Beim Durchlaufen der Schallwellen durch den Festkörper bewirken diese eine periodische Dichteänderung und damit eine periodische Brechungszahlmodulation. Durch dieses optische Gitter wird der Lichtstrahl gebeugt und somit ebenfalls aus der optischen Achse herausgebrochen. Durch die Verwendung von Ultraschall (~ 50 MHz – 1 GHz) kann der Lichtstrahl sehr schnell beeinflusst werden.

− Im Gegensatz zu diesen aktiv schaltbaren Elementen können auch nicht aktiv beeinflussbare verwendet werden, sogenannte passive Schalter. Hier verwendet man sogenannte sättigbare Absorber. Diese können zum Beispiel aus einem organischen Farbstoff oder dotierten Kristall bestehen und als Zwei-Niveau-System angesehen werden. Dabei muss das obere Niveau eine ausreichend lange Lebensdauer besitzen, sodass eine Verarmung der Zustände im unteren Niveau möglich ist. Platziert man nun diesen sättigbaren Absorber im Resonator, so ist er zu Beginn opak und setzt somit die Güte des Resonators herab. Durch diese Absorption füllt sich das obere Niveau mit Elektronen und das untere verarmt, weshalb der Absorber keine Photonen mehr absorbieren kann und transparent wird. Dies erhöht die Resonatorgüte, ein Laserpuls wird emittiert und die Besetzungsinversion des aktiven Mediums reduziert. Nach der Emission des Pulses fallen die Elektronen aus dem oberen Zustand des Absorbers zurück in den Grundzustand und unterbrechen den Resonator wieder.

Aufgrund des relativ einfachen Aufbaus und der hohen technologischen Reife dieser Verfahren ist die Verwendung eines Q-Switchs die dominierende Technologie zur Erzeugung kurzer Pulse. Durch das Speichern der Anregungsenergie im Resonator werden bei einer kurzen Entladung Pulse bis in den niedrigen Nanosekundenbereich und dadurch hohe Pulsspitzenleistungen erreicht. Ein Nachteil der Güteschaltung ist das unterschiedliche Niveau der Besetzungsinversion vor dem ersten Puls relativ zu einem beliebigen Puls im Dauerbetrieb. Da das aktive Medium kontinuierlich gepumpt wird, führt dies zu einer höheren Besetzungsinversion vor Beginn der Pulsentnahme verglichen mit einem kontinuierlichen Pulsbetrieb, was sich in deutlich höheren Pulsenergien zu Beginn bemerkbar macht und im Bearbeitungsprozess zu Problemen führen kann. Diese unvermeidbare Erstpulsüberhöhung wird mit Hilfe von verschiedenen Technologien unterdrückt. Ein weiterer Nachteil dieses nichtstationären Systems ist, dass die Einschwing- und Abklingzeiten eine weitere Reduzierung der minimalen Pulsdauern verhindern.

Bei den bisher beschriebenen Verfahren zum Güteschalten wird der Laserpuls wie bei cw- und gepulsten Lasern durch den teilreflektierenden Auskoppelspiegel emittiert. Damit lässt sich jedoch immer nur ein Teil der im Resonator gespeicherten Energie entnehmen. Will man dem Resonator die gespeichterte Energie vollständig entnehmen, so verwendet man das sogenannte Cavity Dumping22. Hier besitzt der Resonator nur noch vollreflektierende Spiegel, so dass das Licht kontinuierlich hin- und herreflektiert wird. Mit Hilfe eines schnellen Schalters (meist die oben erwähnten EOM oder AOM) wird die Strahlung kurzzeitig soweit abgelenkt, dass sie einen Endspiegel verfehlt und somit an dieser Stelle aus dem Resonator ausgekoppelt wird. Beim Cavity Dumping ist somit die Pulslänge lediglich von der Geometrie

22 diese englische Bezeichnung bedeutet übersetzt etwa „Ablassen der Kavität“ (gemeint ist damit das vollständige Entleeren der Kavität bzw. des Resonators)

bzw. Länge des Resonators abhängig. Mit diesem Verfahren können darum etwas kürzere Pulslängen erzeugt werden.

Pulse im Piko- und Femtosekundenbereich

Will man die Pulslänge weiter reduzieren, stößt man mit den eben vorgestellten Ansätzen an die physikalischen Grenzen. Eine weitere Reduzierung ist jedoch mit Hilfe der Modenkopplung möglich. Die dabei verwendeten Moden sind mit den in Kapitel 3.1.4 erwähnten longitudinalen Moden im Resonator identisch. Wie dort bereits erwähnt, schwingen in einem unbeeinflusst arbeitenden Laser eine Vielzahl longitudinale Moden unabhängig voneinander an. Mit zusätzlichen frequenzselektiven Elementen wie Frequenzfilter oder sättigbaren Absorbern kann der Resonator gezwungen werden, durch die selektive Verstärkung lediglich einer longitudinalen Mode alle anderen Moden zu unterdrücken. Die hier verwendeten sättigbaren Absorber unterscheiden sich von denen zur Erzeugung von Güteschaltung durch die Lebensdauer des oberen Zustands, welcher im Bereich von Femtosekunden statt Nanosekunden liegt. Üblicherweise sind die emittierten Pulse im MHz-Bereich jedoch so energiearm, dass sie meist durch eine nachgeschalteten Verstärkerstufe geleitet werden. Mit schnellen optischen Schaltern (AOM / EOM) ist es darüber hinaus möglich, einzelne Pulse herauszupicken und somit Repetitionsraten vom Einzelpuls hin zu mehreren 100 kHz zu erreichen. Für eine ausführlichere Beschreibung der aktiven und passiven Modenkopplung sowie den einzelnen Konzepten zum Resonatoraufbau wird auf die umfassende Beschreibung in [43] verwiesen.